Industrie & Technik

undefined
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert Projekte, die eine Abhängigkeit der chemischen Industrie von fossilen Rohstoffen verringern sollen. Das Ziel ist, Kohlenstoffdioxid zu rezyklieren und als Rohölersatz zu nutzen. Für die Fördermaßnahme CO2Plus und ihren Begleiter CO2Net+ stellt die Bundesregierung 15 Millionen Euro zur Verfügung. Damit fördert sie 13 Verbundprojekte – vor allem chemische und biotechnische Verfahren, die Basischemikalien aus CO2 herstellen [<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.chemieundco2.de" target="_blank">www.chemieundco2.de</a></ext-link>]. Außerdem unterstützt sie Forschung zur Elektro- und Photokatalyse sowie zur CO2-Abtrennung. Im Dezember endet die im Jahr 2009 gestartete Fördermaßnahme des BMBF „Technologien für Nachhaltigkeit und Klimaschutz – Chemische Prozesse und stoffliche Nutzung von CO2“. Sie unterstützt 33 Verbundprojekte [Nachr. Chem. 2010, 58, 1229].<h2>Vom Abfall zur Matratze</h2>Eines der geförderten Projekte ist das Vorhaben Dream Productions der RWTH Aachen und von Covestro, ehemals Bayer Materialscience. Die Wissenschaftler haben einen Katalysator entwickelt, der aus CO2 Schaumstoffe macht. Damit reagieren CO2 und petrochemische Rohstoffe ohne zusätzliche Energie zu Polyolen und weiter zu Polyurethanen. Für die CO2-Nutzung erhielt Covestro den Responsible Care Award des europäischen Verbands der chemischen Industrie Cefic.In Dormagen bei Köln hat Covestro die erste industrielle Anlage eröffnet, die ein Polyol mit 20 Prozent Kohlenstoff aus CO2 herstellt (Abbildung). Sie hat eine jährliche Produktionskapazität von 5000 Tonnen. Die neue Schaumstoffkomponente gelangt vorwiegend in Weichschaumprodukte wie Matratzen und Polstermöbel. Das CO2 ist dabei ein Abfallprodukt des Chemieunternehmens Ineos, das ebenfalls im Chemiepark Dormagen sitzt [Nachr. Chem. 2016, 64, 859].<figure><img src="https://media.graphcms.com/k4sm3GFLSmKZhRD4QXol"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Die Anlage von Covestro in Dormagen baut 20 Prozent CO2 in eine Schaumstoffkomponente ein und hat eine Produktionskapazität von 5000 Tonnen pro Jahr. <named-content>Foto: Covestro</named-content></figcaption></figure>
<h2>Begleitforschung</h2>Mit CO2Net+ fördert das BMBF seit Juli erstmals wissenschaftliche Begleitforschung. Dreieinhalb Jahre koordiniert die Dechema diese Förderlinie, unterstützt von der Universität Kassel und dem Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Potsdam.Die Dechema vernetzt Akteure, schätzt Potenziale ein, bewertet Forschungsergebnisse und bereitet diese für die Öffentlichkeit auf. Das Center for Environmental System Research der Universität Kassel entwirft Wege, wie sich die chemische Industrie in Deutschland über das Recycling von CO2 mit einem Rohstoff versorgen kann. Außerdem analysiert es Stoffströme für die Ökobilanz der technischen Verwertungspfade und die CO2-Nutzung. Das IASS erstellt Informationsmaterialien und beantwortet Fragen zu Potenzialen und Risiken sowie zur Reaktion der Gesellschaft auf die Verwertung von CO2.<h2>Hüttengase als Rohstoff</h2>Ein weiteres Projekt, bei dem Covestro und die RWTH Aachen mitwirken, nutzt Hüttengase aus Hochöfen. Ungefähr sechs Prozent der deutschen CO2-Emissionen stammen aus der Stahlproduktion. Beim Hochofenprozess entstehen Abgase, die etwa 23 % CO, 21 % CO2 und 10 % H2 enthalten. Das Projekt Carbon2Chem will diese Gase nutzen, um Vorprodukte für Kraftstoffe, Kunststoffe oder Düngemittel herzustellen.Aus CO, CO2 und H2 entsteht Methanol, das als Treibstoff dienen kann. Die Spaltung von Wasser durch Elektrolyse liefert den nötigen Wasserstoff. Der Strom dafür stammt aus Ökostromanlagen.Die wissenschaftliche Leitung von Carbon2Chem liegt beim Max-Planck-Institut für chemische Konversion, Mülheim an der Ruhr, und dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik, Oberhausen. Es ist in sieben Teilprojekte gegliedert, die je ein Industrieunternehmen koordiniert. Das BMBF fördert das Vorhaben in den ersten vier Jahren mit 62 Millionen Euro. Im November beginnt der Bau eines Technikums auf dem Gelände von Thyssenkrupp in Duisburg. Bis die Technik industriell anwendbar ist, wird es jedoch mindestens 15 Jahre dauern.Helene Märzhäuser ist freie Mitarbeiterin der Nachrichten aus der Chemie.

Artikel

Abgase, die neuen Rohstoffe

undefined Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert Projekte, die eine Abhängigkeit der chemischen Industrie von fossilen Rohstoffen verringern sollen. Das Ziel ist, Kohlenstoffdioxid zu rezyklieren und als Rohölersatz zu nutzen. Für die Fördermaßnahme CO2Plus und ihren Begle...

<h2>Deutsche Klebstoffindustrie 2015</h2>Der Umsatz der deutschen Klebstoffindustrie betrug im Jahr 2015 etwa 3,7 Milliarden Euro. Das sind 2,2 % mehr als im Jahr zuvor und entspricht der Prognose des Industrieverbands Klebstoffe [Nachr. Chem. 2015, 63, 1096]. Treiber für den gestiegenen Umsatz war das Baugewerbe mit 50 000 Tonnen Klebstoff im Wert von 162 Millionen Euro.Aus Deutschland wurden Klebstoffe im Wert von 1,6 Milliarden Euro exportiert, 3 % mehr als im Vorjahr. Weltweit werden mit Kleb- und Dichtstoffen, zementären Baustoffen und Klebebändern jährlich 61 Milliarden Euro umgesetzt, daran hat die deutsche Klebstoffindustrie hat einen Marktanteil von 19 %.Für das laufende Jahr sagt der Verband eine Wachstum von bis zu 1,2 % voraus.Helene Märzhäuser, Frankfurt<h2>Chemie mit Sonnenenergie</h2>Solar geführte (solar-driven) Chemie erzeugt dieselben Produkte wie erdölbasierte Chemie. Aber solar produzierte Stoffe entstehen nicht aus fossilem Kohlenstoff, sondern aus Wasser und rezykliertem Kohlenstoff. Dazu gibt es nun ein Weißbuch der Euchems, der Vereinigung europäischer molekularwissenschaftlicher Gesellschaften. Es soll zeigen, dass es möglich und sogar notwendig ist, chemische Reaktionen mit Sonnenenergie zu fahren, um das Wohlergehen künftiger Generationen zu gewährleisten. Hauptthema ist nicht die Umwandlung von Sonnenenergie in Strom oder Wärme – wie in der Photovoltaik oder der Solarthermie –, sondern die Nutzung von Sonnenenergie direkt zur Herstellung von Brennstoffen, Chemikalien und Materialien.Das Weißbuch ist erhältlich unter <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.euchems.eu/solar-driven-chemistry" target="_blank">www.euchems.eu/solar-driven-chemistry</a></ext-link>.<h2>Nachhaltigkeitsinitiative</h2>Beim 25. Responsible-Care-Wettbewerb des Verbands der Chemischen Industrie gewannen Nölken Hygiene Products aus Windhagen mit einem Projekt, das Auszubildenden Produktverantwortung überträgt, und das Geretsrieder Unternehmen Rudolf mit einem umweltfreundlichen Hydrophobierungsmittel. Umicore in Hanau, BASF in Schwarzheide und Merck in Darmstadt gewannen mit höherer Arbeitssicherheit. Der Currenta-Akzeptanzbericht, entwickelt aus Nachbarschaftsbefragungen in Leverkusen, Dormagen und Krefeld, gewann in der Kategorie „Dialog“. Den Responsible-Care-Mittelstandspreis erhielt Worlée-Chemie. Das Lauenburger Familienunternehmen optimiert Produktionsprozesse in abteilungsübergreifenden Teams, stellt dabei auf umweltfreundliche Rohstoffe um und senkt den Lösemitteleinsatz. MB

Artikel

Abgase, die neuen Rohstoffe

Vom Abfall zur Matratze

Überprüfung Ihres Anmeldestatus ...