Industrie & Technik

<h2>Der Drache will fliegen</h2><p>Der chinesische Chemiemarkt wächst in den Jahren 2020 bis 2025 voraussichtlich um 6 % pro Jahr auf 1,3 Bio. Euro – ein Drittel der weltweiten Chemieumsätze. Petrochemikalien erzeugen nach der Roland-Berger-Studie „Keep the Dragon Flying“ 203 Mrd. Euro des chinesischen Markts. Der Petrochemieanteil wird demnach bei 17 % bleiben. Düngemittel werden 167 Mrd. Euro Umsatz im Jahr 2025 bringen und den zweiten Platz bei den umsatzstärksten Segmenten im Chemiemarkt halten. Der Umsatzanstieg sei dabei weniger mengen-, sondern qualitätsgetrieben. Ein Beispiel sind Präparate, die an die Beschaffenheit der Böden und die Saatgüter angepasst sind. Um zu den führenden Industrienationen aufzuschließen, sollen Maschinenbau und Elektrotechnik weniger Massenware, sondern mehr Spitzenprodukte liefern. Das wird die Nachfrage nach Industriegasen fördern. Deren Umsätze sollen daher von 38 Mrd. Euro im Jahr 2015 auf 85 Mrd. Euro im Jahr 2025 wachsen.</p><p>Die Regelungen des 13. Fünfjahresplans wirken nicht nur auf lokale Chemieunternehmen, sondern auch auf deren Kunden weltweit. Neue Standards für die Bauindustrie etwa ziehen Konsequenzen nach sich für Hersteller und Lieferanten von Kunststoffen, Farben und Beschichtungen sowie Spezialchemikalien. Für Frank Steffen, Partner bei Roland Berger, geht die Nachfrage „weg von Massenware hin zu Spezialchemikalien wie Pestiziden, Elektronikchemikalien und Spezialpolymeren“. Dafür könnten internationale Anbieter etwa Allianzen mit chinesischen Firmen bilden, die auf dem Markt etabliert sind.</p><p>Die chinesische Regierung fördert vernetzte Produktion und datengetriebene Geschäftsmodelle. „Wollen Anbieter auf dem chinesischen Markt bestehen, dürfen sie sich diesen Entwicklungen nicht verschließen,“ sagt Steffen.</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.rolandberger.com" target="_blank">www.rolandberger.com</a></ext-link></p>

Meldung

Blick nach China

Der Drache will fliegenDer chinesische Chemiemarkt wächst in den Jahren 2020 bis 2025 voraussichtlich um 6 % pro Jahr auf 1,3 Bio. Euro – ein Drittel der weltweiten Chemieumsätze. Petrochemikalien erzeugen nach der Roland-Berger-Studie „Keep the Dragon Flying“ 203 Mrd. Euro des chinesischen Markt...

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<p>Optische Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-OES) ist ein etabliertes Verfahren zur schnellen und präzisen Elementanalytik überwiegend für flüssige Proben. In der Umwelt- und Lebensmittelanalytik, in Prozesskontrolle und Materialforschung lassen sich so viele Elemente simultan quantitativ analysieren. Die Nachweisgrenzen liegen niedriger als in der Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), und ICP-OES bietet einen linearen Messbereich von bis zu neun Größenordnungen statt zwei bis drei. Daher entfallen Verdünnungsreihen, wenn unterschiedliche Elemente zu quantifizieren sind.</p><p>ICP erlaubt zudem Speziesanalytik. Sollen beispielsweise Lebensmittel auf ihre Belastung mit Quecksilber und Arsen untersucht werden, ist einerseits Nachweisstärke gefragt – dies leisten auch die Hydrid-AAS oder die Quecksilber-Atomfluoreszenz. Andererseits kommt es auch auf die Bindungsform an. Hier unterscheidet die Speziesanalytik zwischen organischen Quecksilberverbindungen wie Methylquecksilber und den nicht ganz so toxischen anorganischen Quecksilberverbindungen. Ebenso differenziert die Speziesanalytik zwischen anorganischen Arsenverbindungen, die üblicherweise extrem giftig sind, und organischen Arsenverbindungen. Für die meisten Elemente des Periodensystems verhält es sich ähnlich.</p><h2>Plasmatechnik und ihre Nebenkosten</h2><p>Jedes leistungsfähige Verfahren hat seinen Preis, wobei die Kostenstruktur bei Systemen mit induktiv gekoppeltem Plasma gut zu überblicken ist: Legt man 50 000 bis 100 000 Euro für ein ICP-OES-Gerät auf den Tisch, so sind es 150 000 bis 200 000 Euro, wenn ein Massenspektrometer der Detektor (ICP-MS) sein soll. Ist noch ein Trennverfahren vorgeschaltet – üblicherweise Gas- oder Flüssigkeitschromatographie –, kostet das Gerät direkt 300 000 Euro. Nach dieser Anfangsinvestition ist mit jährlich etwa 10 000 bis 15 000 Euro für das Betriebsgas Argon zu rechnen. Gegenüber den Kosten für das Personal liegen die Gerätekosten in einem Bereich, den ein Industrieunternehmen in den entwickelten Ländern wenig schmerzt. Darum blieb das Interesse am Argonsparen über Jahre mäßig.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/l6spCyKtQAC9NJcbxnxN"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Konventionelle Plasmafackel, durch die in der Minute bis zu 17 Liter Argon strömen.</figcaption></figure>
<p>Anders sieht es an den Universitäten aus. Die typische Situation: Ein Drittmittelprojekt wurde bewilligt, ein ICP angeschafft, aber nun kommen die jährlichen Betriebskosten für das Argon hinzu. Oft sind diese Projekte so angelegt, dass der Geldgeber zwar eine Anfangsinvestition bewilligt, laufende Kosten aber nur für den Projektzeitraum oder gar nicht richtig einkalkuliert wurden. Wenn sie dann doch anfallen, sind alle Beteiligten überrascht. An dieser Stelle würde es helfen, wenn die Geräte wenig Argon brauchen.</p><p>Auch in weniger entwickelten Ländern und überall dort, wo die Löhne niedrig sind, fallen die Kosten für das Betriebsgas stärker ins Gewicht.</p><h2>Sparsame Techniken aus der Industrie</h2><p>Nach und nach bringen Gerätehersteller wie Analytik Jena, Perkin Elmer, Agilent oder Shimadzu Systeme auf den Markt, die weniger Argon verbrauchen. In der Regel halbieren sie den üblichen Argonverbrauch von 14 Litern pro Minute auf etwa 7 bis 8.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/AqtFjzLJQCmOzLb71KDG"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Hersteller Agilent wirbt mit dem reduzierten Argonverbrauch: Das ICP-OES 5100 kommt mit der Hälfte aus.</figcaption></figure>
<p>Dies gelingt zum Beispiel durch eine besonders kleine Plasmafackel, eine Mini-Torch, etwa von Shimadzu ICPE-9810 und ICPE-9820 für die ICP-OES sowie auch ICPMS-2030 für die ICP-MS. Zusätzlichen Effekt bringt der Standby-Modus, der den Argondurchfluss automatisch reduziert. Auch ist es möglich, Gas niedrigerer Reinheit zu nutzen, also 99,95- statt 99,999-prozentiges Argon. Das senkt zwar nicht den Verbrauch, wohl aber die Kosten.</p><p>Eine andere Idee besteht in einem veränderten Design der Induktionsspule. Klassischerweise hat sie die Form einer Spirale. Wird stattdessen die Flachplatten-Plasmatechnik eingesetzt wie in den Optima-8x00-Geräten von Perkin Elmer, so halten die dabei verwendeten beiden Induktionsplatten das Plasma quasi fest, und es reichen acht Liter Argon pro Minute.</p><h2>Luft statt Argon</h2><p>Man kann das hochenergetische Plasma in der Anregungseinheit auch mit Mikrowellen erzeugen und im Betrieb Stickstoff oder Luft einsetzen – ganz ohne Argon (Agilent). Dieses Konzept funktioniert in der ICP-OES für bestimmte Aufgaben in der Routineanalytik, etwa wenn drei Metalle wie Aluminium, Zink und Eisen bei immer gleichem Aufschlussverfahren in einer Bodenprobe zu bestimmen sind. In diesem Fall ist die Untergrundkorrektur unkritisch.</p><p>Im Allgemeinen wird ein Sauerstoff- oder Stickstoffplasma jedoch eine Menge optischer Emissionen von Molekülbanden und relativ hohes spektrales Untergrundrauschen verursachen. Solche Bandenemissionen können sich über viele Nanometer erstrecken und sind wegen der Vibrations- und Rotationsübergänge der Moleküle fein strukturiert. Dies erschwert die Untergrundkorrektur. Die Nachweisgrenzen liegen dementsprechend um den Faktor 1000 bis 10 000 höher als bei konventionellen ICP-OES-Systemen und damit etwa im Bereich der Atomabsorptionsspektrometrie mit Flammen.</p><p>Der Sauerstoff-Stickstoff-Betrieb eignet sich nicht für die ICP-MS. Denn Elemente mit hoher Ionisierungsenergie lassen sich mit Stickstoffplasma nur mit geringerer Empfindlichkeit als mit Argonplasma messen, und das Massenspektrum enthält mehr Störionen. Diese bilden Sauerstoff-, Stickstoff- und weitere Addukte und behindern dadurch die Messung einiger Elementionen. Aber keine Regel ohne Ausnahme:<sup> 56</sup>Fe ist im Stickstoffplasma wegen der fehlenden Störung durch ArO<sup>+</sup>-Ionen besser messbar als im Argonplasma. So kommt es bei der Entscheidung für ein bestimmtes ICP-System letztlich darauf an, welche analytische Aufgabe das betreffende Labor zu lösen hat.</p><p>Neue Chancen könnte die Kopplung eines Mikrowellenfeldes (typischerweise 2,45 Gigahertz) mit einem dielektrischen Resonator-Ring eröffnen. Bei dieser Anordnung wird ein ringförmiges Plasma entweder in Luft oder in Stickstoff aufrecht erhalten. Die gelöste Probe wird diesem induktiv gekoppelten Atmosphärendruck-Plasma in Form eines Aerosols zugeführt. Die Nachweisgrenzen liegen bei Kombination mit OES üblicherweise zwischen 0,03 und 70 ppb.<sup>1)</sup></p><h2>Computersimulation für neue Technik</h2><p>Die Arbeitsgruppe um Wolfgang Buscher an der Universität Münster hatte bereits vor sieben Jahren ein sparsames ICP-OES entwickelt, das mit 95 Prozent weniger Argon auskam. Basis dafür ist die Ship-Torch (Static High Sensitivity ICP).<sup>1)</sup> Allerdings konnte sich die Industrie nicht so recht dafür erwärmen, und das Projekt liegt – was die praktischen Arbeiten angeht – seither auf Eis.</p><p>Inzwischen haben die Wissenschaftler auf Basis der damaligen Erfahrungen und theoretischer Entwicklungsarbeit ein ICP-MS-Konzept entwickelt.<sup>2) </sup>Eine wichtige Rolle spielt wie beim ICP-OES der Entladungszylinder (Torch) der Anregungseinheit des ICP-Systems. Die Geometrie des Zylinders, die Position des Injektorrohrs, die Zahl der Windungen der Induktionsspule, mit der die Energie des Hochfrequenzgenerators in das Plasmagas eingekoppelt wird, und mehr lassen sich mittlerweile am Computer simulieren und optimieren. Während die Herangehensweise vor Jahren rein empirisch war, sind die Optimierungsarbeiten für neue Plasmaquellen inzwischen deutlich effektiver geworden.</p><p>Eine Stellschraube ist zum Beispiel die Pressluftkühlung der Quarz-Torch. Wird sie zu heiß, setzen im Quarz unerwünschte Rekristallisationsprozesse ein, welche die Lebensdauer der Torch verkürzen. Bleibt sie zu kalt, können sich an der Innenwand Probenbestandteile niederschlagen. Als diagnostisches Tool setzte die Arbeitsgruppe in Münster die Infrarot-Thermographie ein (Abbildung 3), leitete unter anderem aus den Messwerten Computersimulationen ab und nutzte sie dazu, die Temperaturführung zu optimieren.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/KxU7YqPdScCveZlqdSqY"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Infrarot-Thermographiebilder einer Plasmafackel; anhand der Wärmebilder verbessern Wissenschaftler die Temperaturführung, um beim ICP-MS den Argonverbrauch zu senken. <named-content>Abbildung: Wolfgang Buscher</named-content></figcaption></figure>
<h2>Plasma simulieren</h2><p>Im Inneren der Torch kommt es darauf an, wie viele Ionen aus der Probe sich an welcher Stelle des Plasmas aufhalten, welche Störionen auftreten können oder mit welchen Turbulenzen bei den Gasflüssen zu rechnen ist. Plasmaeigenschaften lassen sich mit Maxwell-Gleichungen kalkulieren. Eine Schlüsselrolle im Team der Münsteraner nahm dabei Maxim Voronow ein. Er berechnete die Vorgänge im Plasma, indem er den Raum in kleine Volumenelemente, Voxel, unterteilte und sich von einem Startpunkt aus mit einem Iterationsverfahren den tatsächlichen Verhältnissen rechnerisch näherte.</p><p>Die theoretischen Ergebnisse prüfte Voronow stets im Experiment. Dabei spielte Volker Hoffmann vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) in Dresden, Wolfgang Buschers Projektpartner, eine wichtige Rolle, weil Maxim Voronov große Teile der praktischen Arbeiten im IFW durchführte.</p><p>Zurzeit prüfen die Wissenschaftler, ob eine von der Theorie vorgeschlagene neue Torch-Geometrie weitere Argoneinspareffekte und bessere analytische Leistungsfähigkeit bringt. Dieser Entladungszylinder würde übrigens eher 5 statt der üblichen 150 Euro kosten.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/0LJsVJ04QVeha8Hf9ViF"><figcaption><label>Abb. 4: </label>Von der optischen Emissionsspektroskopie zur Massenspektrometrie: Niedrigfluss-Anregungsquelle für die ICP-MS. <named-content>Abbildung: Pfeifer</named-content></figcaption></figure>
<p>Bei den Experimenten verwendete die Arbeitsgruppe die ICP-MS mit einem universellen massenspektrometrischen Detektor für die Speziesanalytik (UMAS) und hatte dabei Trennverfahren vorgeschaltet, darunter Flüssigkeitschromatographie, Gaschromatographie, und Kapillarelektrophorese. „Obwohl wir so viel Argon sparen“, sagt Wolfgang Buscher schon jetzt, „erreichen wir gegenüber üblichen Industriesystemen erstaunlich gut übereinstimmende analytische Leistungskenndaten.“</p><p>Christian Ehrensberger ist freier Mitarbeiter der Nachrichten aus der Chemie.</p><h2>Quergelesen</h2><p>Konventionelle ICP-OES- oder ICP-MS-Geräte brauchen im laufenden Betrieb um die 17 Liter Argon pro Minute.</p><p>Inzwischen sind Geräte auf dem Markt, die mit etwa der Hälfte der Argonmenge auskommen. Sie sind für solche Labore interessant, die wenig Budget für die laufenden Kosten haben, etwa an Universitäten.</p><p>Wissenschaftler arbeiten an Plasmaquellen für ICP-MS, die mit weniger als zehn Prozent des Argons herkömmlicher Geräte auskommen.</p>
<ul><h2>Literatur und Anmerkungen</h2><li>
<sup>1 </sup>A. J. Schwartz, Y. Cheung, J. Jevtic, V. Pikelja, A. Menon, S. J. Ray, G. M. Hieftje, J. Anal. At. Spectrom. 2016, 31, 440–449</li><li>
<sup>2 </sup>C. Engelhard, W. Buscher, Nachr. Chem. 2009, 57, 1114–1117.</li><li>
<sup>3 </sup>DFG-Projekte UMAS; Förderkennzeichen: Bu 1140 / 3–1 und „SIMONA“; Förderkennzeichen: Bu 1140 / 5–1 und Ho 2062 / 9–1.</li><li>
<sup>4 </sup>T. Eifer, R. Janzen, T. Steingrobe, M. Sperling, B. Franze, C. Engelhard, W. Buscher, Spectrochim. Acta, Part B 2012, 76, 48–55.</li></ul>


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