Industrie & Technik

Prof.Dr.

<h2>Graphen für die Zukunft</h2><p>Die chinesische Regierung will bis zum Jahr 2020 Chinas Graphitvorkommen industriell für neue Materialien nutzen. Bereits heute arbeiten der chinesischen Akademie der Wissenschaften nach mehr als 500 chinesische Unternehmen an und mit Graphit. Ein Beispiel ist die Shengquan Group in Jinan, Provinz Shandong, die 100 t Graphen jährlich herstellt, und zwar aus Maiskolbencellulose. Im April entstand in Peking ein Innovationszentrum für die Graphenindustrie. Es soll vor allem Komposite entwickeln.</p><h2>Weniger Eis – mehr Schifffahrt</h2><p>China baut seine Präsenz in den Polarregionen aus. Dazu gibt es jetzt Kooperationsabkommen mit Argentinien, Chile, Deutschland, Norwegen, Russland und den USA. In der Arktis ist China vor allem an Schifffahrtswegen interessiert, die sich aus dem Rückgang des Packeises ergeben. Seit dem Jahr 1999 hat China siebenmal Arktispassagen mit dem Eisbrecher Xuelong unternommen; zudem betreibt das Land zwei arktische Forschungsstationen: die Yellow River-Station in Ny-Ålesund in Spitzbergen und das Aurora-Observatorium in Kallhor, Island.</p><h2>In der Luft mehr Biokerosin</h2><p>Chinas Luftflotte verbraucht jährlich mehr als 20 Mio. t Kerosin. Im März startete das Staatsunternehmen Sinopec eine 100 000-t-Anlage für Biokerosin in Zhenhai, Provinz Zhejiang. Ausgangsstoffe sind Tallöl, ein Nebenprodukt der Zellstoffherstellung, und Speiseölabfälle. Langfristig soll Baumwollsaatöl als Rohstoff dienen – hier ist China Weltmarktführer – und es sollen mehr einheimische ölreiche Gehölzpflanzen wie Jatropha curcas angebaut werden. Bereits im März 2015 startete der erste Passagierflug einer mit Biokerosin betankten Boeing der Hainan Airlines von Schanghai nach Peking.</p><p>Rolf Schmid, <a href="mailto:rolf.schmid@asia-tech.eu">rolf.schmid@asia-tech.eu</a></p>

Meldung

Blick nach China

Graphen für die ZukunftDie chinesische Regierung will bis zum Jahr 2020 Chinas Graphitvorkommen industriell für neue Materialien nutzen. Bereits heute arbeiten der chinesischen Akademie der Wissenschaften nach mehr als 500 chinesische Unternehmen an und mit Graphit. Ein Beispiel ist die Shengquan...

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<p>Gerade haben wir unsere Disketten und Videokassetten zum Recyclinghof gebracht und uns mit DVDs, USB-Sticks und externen Festplatten eingedeckt – schon ist auch das nicht mehr gut genug: Zu langsam, zu wenig Speicherplatz, zu schnell kaputt, klagen IT-Profis.</p><p>Festplatten etwa sind nach einer Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung nur bis zu 20 Jahre brauchbar, danach gehen Daten allmählich verloren.<sup>1)</sup> Magnetbänder, die in Archiven noch immer sehr beliebt sind, behalten Daten im Durchschnitt sogar nur fünf bis zehn Jahre. Am langlebigsten sind mit 100 bis 150 Jahren optische Speicher wie Mikrofilme.</p><p>Gleichzeitig wächst das digitale Universum unaufhaltsam: Die weltweite Datenmenge verdoppelt sich alle zwei Jahre, ergab im Jahr 2014 eine Studie des US-IT-Unternehmens EMC, das inzwischen zu Dell gehört.<sup>2)</sup> Demnach wird bis zum Jahr 2020 der gesamte Datenberg der Menschheit auf schätzungsweise 44 Billionen Gigabyte wachsen. Fotos, Forschungsarbeiten, Kunden- und Patientendaten, Daten von immer mehr und besseren Sensoren – wie das alles speichern und für die Nachwelt erhalten?</p><h2>In Glas gemeißelt</h2><p>Optoelektroniker an der Universität Southampton in England haben einen Datenträger aus nanostrukturiertem Quarzglas entwickelt (Abbildung 1).<sup>3)</sup> Die Scheibe ist etwa so groß wie eine 2-Euro-Münze und zwei Millimeter dünn, sie kann angeblich 360 Terabyte speichern, die Milliarden Jahre unbeschadet überdauern. Daten auf dem bis zu 1000 °C hitzebeständigen Material „könnten selbst die menschliche Rasse überleben“, meint das Forscherteam um Peter Kazansky.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/TsodENXTvmOjhd18IbE4"><figcaption><label>Abb. 1: </label>So groß wie ein 2-Euro-Stück: Der Datenträger aus nanostrukturiertem Quarzglas kann nach Angaben der Entwickler etwa 360 Terabyte Daten speichern. <named-content>Foto: Univ. Southampton</named-content></figcaption></figure>
<p>Beschrieben wird die Quarzglasscheibe mit Femtosekunden-Lasern. Das Glas enthält ein Gitter aus 20 nm großen Nanopunkten im Abstand von fünf Mikrometern, die sich bei der Selbstorganisation der Silikatschmelze bilden. Die Physik hinter diesem Selbstorganisationsprozess sei bis heute nicht verstanden, schreiben die Autoren.</p><p>Beim Beschießen mit Femtosekundenlichtpulsen entstehen im Quarzglas kurzlebige Exzitonen, die mit SiO<sub>2</sub> zu elementarem Silicium und Sauerstoff reagieren. Es bilden sich nanometergroße sauerstoffgefüllte Blasen im Glas. Diese verändern die Polarisation des Lichtstrahls sowie den Weg, den Licht durch das Glas nimmt.</p><p>Die Forscher sprechen von „Datenspeicherung in fünf Dimensionen“, da nicht nur die dreidimensionale Position der Nanobläschen auf der x-, y- und z-Achse eine Information kodiert, sondern auch Größe und Ausrichtung der Strukturen. Abrufen lassen sich die Informationen mit einer Mischung aus optischem Mikroskop und Polarisationsfilter. Die Optoelektroniker haben ihre Quarzglasspeicher bereits mit der Deklaration der Menschenrechte, mit Isaac Newtons Buch „Opticks“ und der Bibel beschrieben.</p><p>An einer ähnlichen Datenspeichermethode auf Quarzglas arbeitet bereits seit einigen Jahren der japanische Elektrotechnikkonzern Hitachi.</p><h2>Speicher des Lebens</h2><p>Eine recht futuristische Idee, Daten zu konservieren, hatte vor einigen Jahren Nick Goldman vom European Bioinformatics Institute im britischen Hinxton.<sup>4,5)</sup> Warum nicht zu dem Speichermedium greifen, das sich seit Milliarden Jahren als zuverlässig erwiesen hat – also zu DNA? Die Speicherdichte ist enorm, begründet Goldman seine Idee: Ein ganzes menschliches Genom passt in den Zellkern einer Zelle, die nicht mal mit bloßem Auge sichtbar ist – das sind 10<sup>19</sup> Bits pro Kubikzentimeter. Auf eine Festplatte passen 10<sup>13</sup> Bits pro Kubikzentimeter. Ein Kilogramm DNA könnte also alle Daten dieser Welt speichern.</p><p>Der Binärcode aus Nullen und Einsen im Computer wird dafür übersetzt in eine Folge der Basen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin. Zugegeben, das Schreiben und Abgreifen der Daten wäre denkbar langsam, da man dafür DNA in der richtigen Basenabfolge synthetisieren und später wieder sequenzieren müsste. Aber für Langzeitarchivierung wäre DNA dennoch perfekt, dachte sich Nickman. Selbst 700 000 Jahre alte DNA lässt sich unter Umständen noch mit zufriedenstellender Qualität sequenzieren – wenn sie beispielsweise im Permafrost lagerte.<sup>6)</sup></p><p>Dass das Prinzip funktioniert, hat Goldman inzwischen bewiesen, indem er Bilder, Bücher und ein PDF in DNA-Code abspeicherte, und zwar das berühmte Nature-Paper von Watson und Crick über die Struktur von DNA aus dem Jahr 1953. Inzwischen ist die Forschungsabteilung von Microsoft auf den Zug aufgesprungen.<sup>7)</sup> Das Unternehmen kaufte im April 2016 zehn Millionen Oligonukleotid-Stränge vom Biotechunternehmen Twist Bioscience, um die Datensicherung in Form von DNA genauer zu untersuchen.</p><p>Ob und wie schnell sich die Technik durchsetzt, hängt davon ab, wie sich die Preise für die DNA-Synthese entwickeln werden. Die Kosten für eine DNA-Sequenzierung sind bereits stark gesunken – vor allem wegen des Humangenomprojekts, dessen Ziel es war, das menschliche Genom komplett zu entschlüsseln. Dementsprechend musste viel sequenziert werden.</p><h2>Eiweißscheiben und Rennstrecken</h2><p>Bei der protein-coated Disc ist ein optisches Speichermedium – ähnlich einer DVD – mit dem Protein Bacteriorhodopsin überzogen, hergestellt vom Bakterium Halobacterium salinarum. Das Protein wird durch Licht aktiviert, und die beteiligten Wissenschaftler hoffen, über seine Zustandsänderungen bis zu 50 Terabyte Daten speichern zu können.</p><p>Erfunden wurde die Speichermethode von Venkatesan Renugopalakrishnan von der Harvard Medical School.<sup>8)</sup> Im Jahr 2006 hatten Forscher und Journalisten einen Prototyp bereits für 2007 in Aussicht gestellt. Doch daraus wurde nichts, denn das Protein ist nicht sonderlich haltbar – nach einigen Monaten ist die Information futsch. Renugopalakrishnan und andere Wissenschaftler arbeiten daran, das Protein mit Gentechnik langlebiger zu machen.</p><p>Racetrack-Speicher, entwickelt in den Laboren von IBM, speichern Daten auf ferromagnetischen Nanodrähten, die wie Rennbahnen (Racetracks) nebeneinander angeordnet sind. Die Bitwerte 1 oder 0 sind durch Domänen repräsentiert, in denen das Magnetfeld parallel oder antiparallel zum Draht ausgerichtet ist.</p><p>Verglichen mit heutigen Flashspeichern erhoffen die Forscher sich von Racetracks eine bis zu 100mal höhere Speicherdichte. Ein Prototyp aus einer Nickel-Eisen-Legierung entstand bereits im Jahr 2011.</p><p>Holographische Datenträger (Holographic Versatile Discs, HVDs) sind weiterentwickelte DVDs. Während letztere Daten auf zweidimensionalen Schichten speichern, soll die HVD auch die dritte Dimension nutzen und ihre Speicherkapazität so auf über 1000 Gigabyte erhöhen. Der US-Konzern General Electric hat die HVD entwickelt. Sie sollte ursprünglich im Jahr 2008 auf den Markt kommen; es heißt, das sei an der Insolvenz eines Mitentwicklers gescheitert.</p><h2>Beton statt Vinyl</h2><p>Dass Schallplatten ihre Hoch-Zeit vor einigen Jahrzehnten hatten, hielt die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) nicht davon ab, eine Schallplatte aus Beton zu entwickeln. Ricardo Kocadag von der BAM speicherte „I can‘t get no satisfaction“ von den Rolling Stones auf Ultrahochleistungsbeton. Kocadag fertigte aus diesem besonders belastbaren Material eine mikrostrukturierte Scheibe, die wie eine Vinylschallplatte über Berge und Rillen verfügt und so Informationen über die Amplitude der Schallwelle speichert, die ein Lied ausmacht.</p><p>„Unsere Ultrahochleistungsbeton-Schallplatte ist auf jedem herkömmlichen Plattenspieler abspielbar“, sagt Götz Hüsken, Bauingenieur bei der BAM. Die Pressestelle der BAM räumt allerdings ein: Bei dem Projekt sei es nicht um Datensicherung gegangen – man habe nur zeigen wollen, wie fein sich die Oberfläche von Beton strukturieren lässt.</p><h2>Besser mit Helium</h2><p>Auch wenn die IT-Tüftler und -Nachrichtenportale viel Neues, Großartiges versprechen: Allzu bald müssen wir unsere Festplatten und USB-Sticks nicht entsorgen. Festplatten und Solid-State-Drives (SSDs), die ähnlich wie USB-Sticks funktionieren, werden uns mindestens noch die nächsten zwei bis drei Jahre begleiten, sagt Sylvia Haensel, die beim Datenrettungsunternehmen Stellar in Berlin für das Marketing zuständig ist.</p><p>Von allen Neuentwicklungen am ehesten zukunftsfähig sind für Haensel Festplattenlaufwerke, die mit Helium statt Luft gefüllt sind. Die Dichte von Helium ist nur ein Siebtel so groß wie die von Luft. „Das heißt, die drehenden Scheiben in einem Helium-Datenträger haben einen viel geringeren Widerstand. Fabrikanten können also mehr Scheiben in die Festplatte bauen und dadurch mehr Speicherplatz schaffen,“ sagt Haensel. Zudem verbrauchen Helium-Drives weniger Energie als herkömmliche Festplatten.</p><p>Die edelgasgefüllten Festplattenlaufwerke sind bereits auf dem Markt. Angeblich ist es inzwischen gelungen, das Auslaufen des Heliums zu verhindern. Für wie lange, bleibt abzuwarten.</p><p>Die promovierte Chemikerin Brigitte Osterath arbeitet als Wissenschaftsjournalistin in Bonn. <a href="https://www.writingscience.de" target="_blank">www.writingscience.de</a></p><h2>Datenspeicher heute und morgen</h2><p>Festplatten speichern Daten etwa 20, Mikrofilme etwa 150 Jahre lang.</p><p>Auf Quarzglas könnten Daten für immer gespeichert sein. Es wird mit Femtosekundenlasern beschrieben und nutzt nicht nur x-, y- und z-Achse zur Kodierung, sondern auch Größe und Ausrichtung der Nanoblasen, die durchs Beschreiben entstanden sind.</p><p>Weitere potenzielle Speichermedien sind DNA, proteinbeschichtete Discs und ferromagnetische Nanodrähte.</p>
<ul><h2>Literatur</h2><li>
<sup>1 </sup>M. Friedewald, Zuverlässig nur auf Zeit. Lebensdauer von Speichermedien, Elektronik 1999, 16, 28–30. <ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://publica.fraunhofer.de/dokumente/N-6055.html" target="_blank">http://publica.fraunhofer.de/dokumente/N-6055.html</a></ext-link></li><li>
<sup>2 </sup>V. Turner, J. F. Gantz, D. Reinsel, S. Minton, Whitepaper „The Digital Universe of Opportunities: Rich Data and the Increasing Value of the Internet of Things“, April 2014.</li><li>
<sup>3 </sup>J. Zhang, M. Gecevicius, M. Beresna, P. G. Kazansky, Phys. Rev. Lett. 2014, 112, 03390.</li><li>
<sup>4 </sup>N. Goldman, P. Bertone, S. Chen et al., Nature 2013, 494, 77–8.</li><li>
<sup>5 </sup>A. Extance, Nature 2016, 537, 22.</li><li>
<sup>6 </sup>L. Orlando et al., Nature 2013, 499, 74–78.</li><li>
<sup>7 </sup>J. Bornholt, R. Lopez, D. M. Carmean et al., „A DNA-Based Archival Storage System“, 2016, ASPLOS ’16, April 2–6, 2016, Atlanta, USA, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.1145/2872362.2872397</ext-link></li><li>
<sup>8 </sup>V. Renugopalakrishnan, A. Strzelczyk, A. Li et al., Int. J. Quantum Chem. 2003, 95, 627–631.</li></ul>


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