Industrie & Technik

<h2>Mikrobielle Zellfabriken</h2><p>Das Institut für Industrielle Biotechnologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Tianjin hat nach eigenen Angaben 30 mikrobielle Zellfabriken entwickelt. Darunter ist ein Genomeditierprogramm für das Corynebacterium glutamicum, das Aminosäuren wie Lysin und Glutaminsäure produziert. Zusammen mit Industriekonsortien sollen die Zellfabriken zudem Wertstoffe wie Biopolymere erzeugen.</p><h2>Antikörper gegen Krebs</h2><p>Die Münchener Morphosys arbeitet mit I-MAB Biopharma in Schanghai zusammen, um den Antikörper MOR202 als Medikament in den chinesischen Markt einzuführen. MOR202 stammt aus Morphosys Antikörperbibliothek und ist gegen CD38 gerichtet, ein mit Tumoren und Autoimmunerkrankungen assoziiertes Glykoprotein. In Europa wird MOR202 bereits bei Patienten mit wiederkehrendem oder therapieresistentem Knochenmarkkrebs (multiples Myelom) klinisch erprobt.</p><h2>Strom aus Stroh</h2><p>Unter Chinas landwirtschaftlichen Abfällen, geschätzt knapp 4 Mrd. Tonnen pro Jahr, sind fast 700 Mio. Tonnen Stroh. 80 % davon sollen dem 13. Fünfjahresplan (2016 – 2020) nach für Heizung sowie Stromerzeugung erschlossen werden und so etwa 400 Mio. Tonnen ansonsten verfeuerter Kohle ersetzen. Dafür soll die Biomasse zu Gas umgesetzt werden.</p><h2>Textilbasierte elektronische Systeme</h2><p>Elektronisch auslesbare Textilien (textile Sensoren) lassen sich mit konventionellen Färbeverfahren herstellen. Dazu reduzierten Pekinger Arbeitsgruppen statt Farbstoffen Silbersalze in situ zu Silbernanokristallen. Diese verteilen sich in speziellem Jerseystoff diskret, sodass sich Bewegungsabläufe des Trägers über Mustererkennung auswerten lassen.</p><ul><li>
<sup>1 </sup>Yudong Li, Yanan Li, Meng Su et al., <a href="https://doi.org/10.1002/aelm.201700253" target="_blank">https://doi.org/10.1002/aelm.201700253</a></li></ul>
<p>Rolf Schmid, <a href="mailto:rolf.schmid@asia-tech.eu">rolf.schmid@asia-tech.eu</a></p>

Meldung

Chemiewirtschaft: Blick nach China

Mikrobielle ZellfabrikenDas Institut für Industrielle Biotechnologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Tianjin hat nach eigenen Angaben 30 mikrobielle Zellfabriken entwickelt. Darunter ist ein Genomeditierprogramm für das Corynebacterium glutamicum, das Aminosäuren wie Lysin und Glu...

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<h2>Lösung für Hersteller und Handel</h2><p>In der Lebensmittelindustrie gibt es bereits mobile schnellanalytische Methoden. Ein Beispiel ist das fluoreszenzspektroskopische Handmessgerät Freshdetect der gleichnamigen Firma aus Pullach bei München. Forscher um Volker Großer vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in Berlin entwickelten die zugrunde liegende Methode. Außer dem Fraunhofer-Institut beteiligten sich auch das Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik, das Leibnitz-Institut für Agrartechnik und das Max-Rubner-Institut. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte das Projekt in Folge der Gammelfleischskandale vor zehn Jahren.</p><p>Die Wissenschaftler fanden einen Zusammenhang zwischen mikrobieller Belastung und Fluoreszenzsignaturen. In einem Folgeprojekt erstellten mittelständische Unternehmen einen Prototypen und gründeten im Jahr 2013 die Firma Freshdetect, die das serienreife Handmessgerät vermarktet.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/Lcxa5s7fS7e5qJ1JyurD"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Das Handmessgerät von Freshdetect bestrahlt die Schweinefleischprobe mit einem violetten Lichtstrahl und erfasst das emittierte Fluoreszenzlicht.</figcaption></figure>
<h2>Schnellanalytik außerhalb des Labors</h2><p>Die Firma wirbt mit der „sekundenschnellen Bestimmung der Gesamtkeimzahl von rohem Fleisch“ in jeder Verarbeitungsstufe bei gleichen Nachweisgrenzen wie im Labor. Verfahren nach EN-ISO-Normen ersetzt es dennoch nicht. Stattdessen soll es der Industrie zur schnellen Eigenkontrolle dienen. Der Händler oder Kontrolleur setzt den Messkopf direkt auf die Fleischprobe oder die Vakuumverpackung. Leuchtdioden regen Stoffe auf der Oberfläche bei 405 nm zur Fluoreszenz an. Das Gerät detektiert nicht die Fluoreszenzsignale einzelner Fluophore wie Porphyrin, NAD oder Flavine, sondern betrachtet alle Signale zwischen 450 und 900 nm. Daraus berechnen Vorhersagemodelle anhand hinterlegter Referenzspektren und Lernalgorithmen den bakteriellen Zustand.</p><p>Die Plattform der Fraunhofer-Forscher kombiniert die spektraloptische Messung mit einem Schreib-Lesegerät, das eine RFID-Kennzeichnung über Funk ausliest. Bei jedem Verarbeitungs- und Transportschritt speichert und überschreibt es die Messdaten auf dem Chip.</p><p>Das Verfahren eignet sich prinzipiell für alle Lebensmittel. Allerdings existieren Kalibrationsdatensätze bisher nur für Schweinefleisch und Geflügel. In Zukunft will das Unternehmen Daten für Rind, Fisch, Gemüse und Salat aufnehmen. Interessant für Hersteller sind außerdem Referenzdaten für Oberflächen von Maschinen, Förderbändern und Transportkisten.</p><h2>Das Labor im Handy</h2><p>Nicht nur das IZM, auch weitere Fraunhofer-Institute entwickeln miniaturisierte Analysenmethoden. Das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden hat die Idee von einem „Labor im Handy“ umgesetzt. Es soll nicht nur die tatsächliche Zusammensetzung und Qualität von Lebensmitteln erfassen, sondern auch aufgrund individueller Nutzerdaten zum Ernährungsberater werden.</p><p>Die Technik der Dresdener Forscher ersetzt kein Lebensmittelllabor. Ihr Ziel ist es nicht, die mikrobiologische Beschaffenheit zu analysieren. Stattdessen warnt ihr System den Verbraucher vor verwässertem Fleisch oder unreifem Obst.</p><p>Die Handykamera konstruiert von dem Lebensmittel ein dreidimensionales Bild. Daraus berechnet das System Volumen und Masse des Lebensmittels. Ein Nahinfrarotspektrometer bestimmt Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate oder Wasser. Die Spektrometer sind 10 × 10 × 4,5 mm groß. Ihre Kosten stehen aber mit über 10 000 Euro noch den Vorstellungen der Mobiltelefonhersteller gegenüber. Sie würden lediglich drei bis zehn Euro für eine zusätzliche Hardwarekomponente ausgeben. Heinrich Grüger vom IPMS ist dennoch optimistisch, dass solche Systeme in drei bis fünf Jahren auf den Markt kommen. Nach dem technischen Stand sei dies bereits möglich.</p><h2>Analyse in der Verpackung</h2><p>Eine weitere Möglichkeit, Lebensmittel zu überwachen, sind Sensoren in der Verpackung. Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich arbeiten an Verfahren, elektrochemische Sensoren zu drucken. Die Jülicher Forscher Alexey Yakushenko, Jan Schnitker und Marcel Grein haben im letzten Jahr das Start-up Is-it-fresh gegründet, das Sensoren in Lebensmittelverpackungen integriert. Damit können Hersteller, Händler und Verbraucher erkennen, ob ein Lebensmittel verdorben ist. Der Sensor zeigt beispielsweise einen zu niedrigen pH-Wert oder einen erhöhten Sauerstoffgehalt.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/NFbnlMiTSOFe9GXVJ7jZ"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Auf Folie gedruckte Funketiketten Jülicher Forscher.</figcaption></figure>
<h2>Anwendung als Tracker</h2><p>Die „Freshtags“ überwachen nicht nur die Frische der Lebensmittel, sondern ermöglichen es auch, Produktions- und Transportketten digital zu verfolgen. „Der Hersteller gibt einem Medikament mit dem Chip eine Unique-ID. Wir tracken das Medikament und könnten einen Austausch mit einem möglicherweise minderwertigen Produkt verfolgen“, berichtet Jan Schnitker.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/o9jG83r9R5SMcELjCFPx"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Ein Forscher betrachtet den Schaltkreis des Funketiketts unter dem Mikroskop.</figcaption></figure>
<h2>Ähnliche Projekte weltweit</h2><p>Weltweit gibt es Forschergruppen, die ähnliche Techniken für die Lebensmittelanalytik entwickeln. Das im Jahr 2015 gegründete schwedische Start-up Innoscentia arbeitet an kostengünstigen druckbaren Gassensoren. Diese messen flüchtige mikrobielle Stoffwechselverbindungen in verpacktem Fleisch. Forscher der Universiät in Berkley haben mit der Chiao Tung Universität in Taiwan ein 3-D-Druckverfahren entwickelt, mit dem sie Milchdeckel mit integrierten Sensoren herstellen.</p><p>Die Forscher müssen Sensoren aufgrund unterschiedlicher Verderbsindikatoren erst für jedes Lebensmittel entwickeln und die benötigten Spezialdrucker für diese anfertigen. So müssen die Entwickler den Sensor unterschiedlich in die Verpackung integrieren, da sie diese nicht immer aufkleben können. Die Verfahren sind daher aufwendig und teuer. Allerdings sind die Chips so klein, dass „selbst mehrere Sensoren in einem Chip die Kosten wenig beeinflussen“, sagt Jan Schnitker. Im Jahr 2019 plant Is-it-fresh, Sensoren für verderbliche Frischwaren auf den Markt zu bringen. Das dürfte bei einer globalen Fleischproduktion von etwa 320 Millionen Tonnen und einer Fischerzeugung von etwa 170 Millionen Tonnen pro Jahr ein großer Absatzmarkt sein.</p><p>Lea van Alst ist freie Mitarbeiterin der Nachrichten aus der Chemie.</p>

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