Blickpunkt

<h2>Lesezeichen für alle</h2>
Den Anfang machten Lesezeichendienste. Wer mehr als einen Rechner nutzt, kennt das Problem: Man hat eine interessante Website als Lesezeichen (Favorit, Bookmark) gespeichert — nur leider sitzt man nun an einem anderen Computer ohne Zugriff darauf. Lesezeichendienste speichern die Favoriten im Internet und machen sie so von jedem Rechner aus abrufbar. Der für diese Dienste verwendete Begriff Social Bookmarking zeigt, dass die Idee weiter geht: Lesezeichen lassen sich auch mit auf der Plattform registrierten Freunden teilen oder für die Allgemeinheit freigeben.
Um das Sammeln zu erleichtern, gibt es Erweiterungen für den Webbrowser, die Lesezeichen nach Klick online speichern. Schlagworte (tags) und Beschreibungen bezeichnen die Fundstücke näher und machen sie sortierbar. Auf eine Sortierung in Ordner oder Verzeichnisse verzichten diese Dienste üblicherweise.
Die größeren Bookmarking-Dienste wie Delicious1) und Mr. Wong2) verfügen durch hohe Nutzerzahlen über große Archive mit bewerteten und verschlagworteten Lesezeichen. Daher sind sie eine Alternative zu regulären Websuchen. Um mit diesen Diensten Daten zu suchen, ist im Gegensatz zum Speichern von Lesezeichen keine Registrierung nötig. Inzwischen finden sich auch Lesezeichen zu chemischen Themen in diesen Archiven.


<h2>Geteilte Literatur</h2>
Es gibt Online-Dienste, mit denen sich Fundstellen aus Fachpublikationen sammeln lassen. Üblicherweise extrahieren diese Systeme automatisch alle bibliografischen Daten, wenn eine Publikation im Internet in die eigene Literaturliste aufgenommen wird. Auch diese Literaturlisten sind mit anderen teilbar.
Die Plattform Bibsonomy3) erlaubt, an einem gemeinsamen Ort im Internet sowohl Lesezeichen als auch Literaturstellen zu sammeln. Diese werden jedoch getrennt behandelt: Lesezeichen führen direkt zu der entsprechenden Website, Literaturstellen leiten zum Zitat und dem Abstract weiter. Das Zitat lässt sich in verschiedenen Formaten anzeigen, und die Daten können im Bibtex- oder Endnote-Format exportiert werden.
Der von Springer gesponserte Dienst CiteULike4) beschränkt sich auf Literaturstellen, von denen laut Betreiber über drei Millionen im System zu finden sind. Nutzer sortieren ihre Literaturzitate mit Schlagworten und können die Zitate in vielen Formaten exportieren. In Anwendergruppen lässt sich ein gemeinsamer Literaturpool anlegen. Die Gruppen stehen entweder jedem offen oder erfordern eine Einladung. Anhand der nutzereigenen Bibliothek schlägt die Plattform automatisch weitere, potenziell interessante Veröffentlichungen vor. Interessierte können zudem Rezensionen schreiben.
Connotea5) ist die Plattform der Nature Publishing Group zum Sammeln von Literaturstellen. Über eine Browser-Erweiterung erfassen Nutzer Publikationen per Klick und extrahieren die bibliografischen Daten. Die Fundstücke können sie mit einer Beschreibung kommentieren und verschlagworten. Sie entscheiden dabei, ob eigene Literaturlisten privat bleiben oder ob sie die Listen mit Kollegen oder der Öffentlichkeit teilen. Für eigene Publikationen kann sich ein Nutzer als Autor kenntlich machen. Auch ein Datenexport ist möglich.


<h2>Viele Wege zum Ziel</h2>
Für das Speichern von Internet-Lesezeichen und Literaturstellen gibt es inzwischen mehrere kostenlose Dienste mit ähnlichem Funktionsumfang. Entscheidungshilfe bei der Wahl des richtigen Dienstes liefert die Frage, wo eventuell bereits Kollegen registriert sind und welche Oberfläche mehr zusagt. Das eigene Literaturverzeichnis vom Internet aus zu erreichen und mit anderen Wissenschaftlern zu teilen, erlauben alle vorgestellten Plattformen.
Der promovierte Chemiker Björn Lippold arbeitet als Redakteur bei <a href="https://Chemie.de" target="_blank">Chemie.de</a> Information Service in Berlin. <a href="mailto:lippold@chemie.de">lippold@chemie.de</a>



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<ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://delicious.com" target="_blank">http://delicious.com</a></ext-link>.
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<ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://www.mister-wong.de" target="_blank">http://www.mister-wong.de</a></ext-link>.
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<ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://www.bibsonomy.org" target="_blank">http://www.bibsonomy.org</a></ext-link>.
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<ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://www.citeulike.org" target="_blank">http://www.citeulike.org</a></ext-link>.
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<ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://www.connotea.org" target="_blank">http://www.connotea.org</a></ext-link>.
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Chemiewissen teilen und nutzen

Lesezeichen für alle Den Anfang machten Lesezeichendienste. Wer mehr als einen Rechner nutzt, kennt das Problem: Man hat eine interessante Website als Lesezeichen (Favorit, Bookmark) gespeichert — nur leider sitzt man nun an einem anderen Computer ohne Zugriff darauf. Lesezeichendienste speichern...

Mit den zurzeit in der Chemieindustrie vorhandenen Überkapazitäten wird es schwierig werden, aus den Problemen einfach wieder herauszuwachsen. Zudem werden Chemiespezialitäten weniger profitabel sein als bisher, und gewährte Krisenpreisnachlässe werden nur schwer und langsam wieder aufgeholt.
Das globale Wirtschaftswachstum tragen zunehmend die sich entwickelnden Länder (Developing Nations) wie China und Indien, die Chemieindustrie wird stärker reguliert und Greentech ein Treiber für die Erholung der Wirtschaft.
Unklar ist, mit welcher Geschwindigkeit die Trends fortschreiten. Gibt es gesamtwirtschaftliche Entwicklungen, die einzelne Trends umkehren könnten und wie wirken sie auf die Chemieindustrie?
Um die Unsicherheiten zu beherrschen und die Entwicklung einer Strategie zu unterstützen, startete die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte eine Studienfolge. Im ersten Teil leitet die Studie ”Chemie 2020“ drei Zukunftsszenarien zur globalen Gesamtwirtschaft ab und beurteilt die jeweiligen Folgen für die Chemieindustrie.1 


<h2>Szenario 1: Fließender Übergang</h2>
Die Marktsättigung in Europa und Nordamerika setzt sich fort. Die chinesische Regierung steuert und kontrolliert weiterhin das lokale Wachstum und die Developing Nations lösen sich als Block um China (inklusive Japan) wirtschaftlich von der westlichen Hemisphäre. In Europa liegt aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage der Fokus auf Arbeitsplatzsicherheit, einem reduziertem Energieverbrauch, Entwicklung von neuen Energien und Innovationen. Dies geht zu Lasten von Standards für die Gesundheit, Sicherheit, Umwelt und Qualität (health, safety, environment, quality, HSEQ). Insgesamt sind selbst für Biotech weniger Regulierungen zu erwarten.
Für die Chemieindustrie bedeutet das: Schwankungen des Bruttoinlandsprodukts erschweren es, Kapazitäten und Nachfrage in Balance zu halten. Es ist wichtiger als je zuvor, dass jede Investition zu Kapitalrendite (return of investment, ROI) führt.
Im Zuge der Kapazitätenkonsolidierung im Westen entstehen neue Wettbewerber in China, Indien und den arabischen Staaten. Sie profitieren vom Wachstum in ihren Heimatmärkten und haben mit dem Partner Japan den Zugang zu Branchen-Know-how und Patenten, um gegenüber westlichen Chemieunternehmen konkurrenzfähig zu sein. Weltweit entstehende regionale Handelsblöcke, gefördert durch Zölle oder Subventionen, begünstigen zudem lokale Player.
Sinkende Margen in Europa engen die Investitionsspielräume von Unternehmen ein. Die deutschen Chemieunternehmen investieren trotzdem weiter in den Developing Nations, um sich Zugang zu den Märkten und günstigen Rohstoffen zu sichern.
Die Innovationskraft westlicher Unternehmen lässt sich mit Kooperationen in der Forschung und Open Innovation in der Industrie erhalten. Unternehmen teilen also ihr Wissen und entwickeln Produkte gemeinsam. [Nachr. Chem. 2007, 55, 531]


<h2>Szenario 2: Vollkommene Erholung</h2>
Staatliche Eingriffe sorgen für die völlige Erholung der Wirtschaft im Westen, und das Wachstum im Osten bleibt stark. Das Vertrauen in das freie Spiel der Märkte ist verloren gegangen. Eine staatliche Koordination erweist sich als vorteilhaft, um den Wettbewerb zwischen den regionalen Blöcken zu puffern und das globale Wirtschaftswachstum zu fördern. Erneuerbare Energien und die Biotechnik werden von unterschiedlichen Formen öffentlicher Unterstützung begünstigt und die HSEQ-Standards erhöht.
Für die Chemieindustrie bedeutet das: Eine stabile Konjunktur und vorhersehbare Nachfrage ermutigen Unternehmen, im lokalen Markt zu investieren. Versorgungssicherheit tritt für die deutsche Chemie wieder in den Vordergrund. Ein hoher Cashflow deutscher Unternehmen beschleunigt Investitionen in Ländern wie China und Indien. F+E-Entscheidungen orientieren sich an staatlichen Subventionen zu Umweltschutz und Klimawandel.


<h2>Szenario 3: Globale Verwerfungen</h2>
Die globale Rezession bleibt präsent. Der Westen kämpft mit entmutigten Kunden und misstrauischen Investoren. Das Exportvolumen der Developing Nations reduziert sich signifikant. Das dadurch eingeschränkte Wachstum führt zu sozialen und politischen Unruhen sowie zu internationalen Spannungen.
Für die Chemieindustrie bedeutet das: Öl- und andere Rohstoffpreise sind durch die geringere Nachfrage und Überkapazitäten niedrig, es entstehen uneinheitliche regulatorische Rahmenbedingungen, die Effizienz von F+E-Investitionen rückt noch stärker in den Fokus als bisher und Produktionsstandorte mit geringen Kosten wie Vietnam oder Kambodscha bieten eine Lösung.


<h2>Die Gewinner 2020</h2>
Aus Szenarien alleine lassen sich noch keine Lösungen oder Strategien für eine Sparte ableiten, ohne die einzelnen Kundenindustrien zu berücksichtigen. Entsprechend werden in weiteren Studien die Entwicklungen von Kundenindustrien und deren Wirkung auf die Chemieindustrie analysiert und die Strategien als Antwort auf die einzelnen Szenarien gezeigt.
Als Zwischenfazit lässt sich feststellen, dass selbst im schlimmsten Szenario ein Bedarf an chemischen Produktinnovationen bleibt. Commodities werden stärker Cashflow-orientiert und Spezialitäten dagegen stärker gewinnorientiert gesteuert. Außerdem werden Kapazitäten bei prognostizierten Veränderungen der Angebotskurve schnell heruntergefahren oder verkauft.
Die Herausforderung für die Chemieunternehmen liegt in der eigenen Differenzierung. Das heißt, zu den Gewinnern im Jahr 2020 wird zählen, wer möglichst alle Entwicklungen und deren Einfluss auf das Kundenverhalten analysiert und wer dies am besten differenziert in den eigenen Produkten und Mengen abbildet.
Kai Göbel ist Director Manufacturing bei Deloitte. <a href="mailto:kgoebel@deloitte.de">kgoebel@deloitte.de</a>


<h2>— — — Quergelesen</h2>
Deloitte hat gesamtwirtschaftliche Zukunftsszenarien entwickelt und deren Wirkung auf die Chemieindustrie untersucht.
Ein Szenario zeigt die Wirtschaft staatlich koordiniert und deutsche Unternehmen weltweit erfolgreich, ein anderes sieht eingeschränktes Wirtschaftswachstum und globale Verwerfungen.
Produktneuheiten aus der chemischen Industrie werden in jedem Fall gefragt sein.


<h2>— — — l Aus der Entwicklung lernen</h2>
 Im letzten Jahrzehnt hat sich die Chemieindustrie gewandelt: Die Bruttomarge von Spezialitäten ist durchschnittlich um 3,4 %, die der Commodities aber um etwa 37,5 % gesunken. Letztere befinden sich dadurch in einem Low-Cost-Markt und kämpfen krisenbedingt mit Überkapazitäten. Der Effekt verstärkte sich durch umfangreiche Investitionen in neue Produktionskapazitäten im Nahen Osten und in China. Gleichzeitig intensivierte sich der Kampf um Marktanteile in der Spezialitätenchemie. Diese Entwicklungen spiegeln sich in der Erwartung des Verbands der chemischen Industrie wider, wonach Deutschland im Jahr 2009 eine um 10 % reduzierte Chemieproduktion und einen 12 % niedrigeren Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erreicht.
Jüngste Quartalsergebnisse und Branchenausblicke bekräftigen nun die Hoffnung, dass die Talsohle der Krise durchschritten ist. BASF, noch pessimistisch bis Mitte des Jahres 2009, ist mit Veröffentlichung der Zahlen zum dritten Quartal letzten Jahres zum Ergebnis gekommen, dass sich die Lage stabilisiert hat. Den Erholungstrend bestätigen andere deutsche Unternehmen wie Bayer, Linde, Wacker oder Südchemie in Interviews und mit den entsprechenden Quartalszahlen.
Wie die Chemieindustrie sich weiter entwickelt, wie Kundenbranchen die Chemieindustrie beeinflussen und welche Strategien daraus abzuleiten sind, untersucht die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte in der Studienreihe ”Chemie 2020“. Der erste Teil erschien im Dezember letzten Jahres. Weitere Teile veröffentlicht das Unternehmen im Februar und Mai.
<a href="https://www.deloitte.com/view/de" target="_blank">www.deloitte.com/view/de</a>


— — — Thomas Seuß beantwortet Fragen zum Patentrecht


<h2>Vergleichsversuche ja oder nein?</h2>
Thomas Seuß Patentanwalt
Frage 37: 
Unser Unternehmen beabsichtigt, einen neuen Wirkstoff herzustellen und zu vermarkten. Ein Patent, welches diesen Stoff schützt, wird in Kürze auslaufen. Allerdings gibt es noch ein Patent eines Konkurrenten, welches ein bestimmtes Herstellungsverfahren für diesen Stoff schützt.
Wir haben uns dieses Verfahren angesehen und gefunden, dass wir dieses noch deutlich verbessern können.
Das Konkurrenzpatent beschreibt zwar einen enzymatischen Schritt, wir haben aber jetzt festgestellt, dass die Wahl eines speziellen Enzyms (welches in der Verfahrenspatentanmeldung nicht genannt ist) die Ausbeute signifikant verbessert. Haben wir dies richtig in Erinnerung, dass hierauf ein weiteres Patent erteilt werden kann? Falls ja, können oder müssen wir Vergleichsversuche vorlegen?
Antwort:
Sie erinnern sich völlig richtig daran, dass es grundsätzlich in vielen Ländern möglich ist, eine derartige Verbesserung zu patentieren [Nachr. Chem. 2007, 55, 157]. Das Europäische Patentamt hat allerdings erst kürzlich in einer Beschwerdekammerentscheidung klargestellt, dass derartige Auswahlerfindungen patentiert werden können (T0946/06) und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Wenn, wie in Ihrem Fall, ein wesentliches Element der Erfindung (bei Ihnen: Enzym) nicht explizit in der früheren Druckschrift beschrieben wurde, dann gilt das Verfahren als neu. Beweisen müssen Sie allerdings, dass Ihr Verfahren auch erfinderisch ist. Auch hierzu gibt die genannte Entscheidung deutliche Hinweise. Es ist hier wesentlich, dass ein Vergleich mit dem nächstliegenden Stand der Technik vorgebracht wird. In diesem Vergleichsversuch müssen sich die gemessenen Unterschiede kausal auf das unterscheidende Merkmal zurückführen lassen. Es müssen daher alle anderen Prozessparameter konstant gehalten werden, so dass sich alle Unterschiede im Ergebnis kausal auf die Änderung des Enzyms zurückführen lassen. Wenn dann ein signifikant verbesserter Effekt eintritt, kann die Erfindung als erfinderisch gewertet und somit patentiert werden.
Die Versuchsergebnisse können Sie auch im Verlauf des Prüfungsverfahrens einbringen, allerdings sollten Sie die Versuche sorgfältig und rechtzeitig planen, damit die Ergebnisse zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden.
Allerdings muss ich Sie an dieser Stelle warnen: Auch wenn Sie für Ihre Verfahrensverbesserung ein eigenes Patent erhalten, müssen Sie das bestehende Patent beachten. Die Durchführung des Verfahrens ist in Ihrem Fall wahrscheinlich von dem älteren Patent abhängig. Sie müssen daher die Benutzung entweder unterlassen bis das andere Patent ausgelaufen ist oder mit dem Patentinhaber eine Lizenzvereinbarung treffen.
Fragen für Thomas Seuß bitte an: nachrichten @<a href="https://gdch.de" target="_blank">gdch.de</a>. Alle Beiträge dieser Serie in MyGDCh und: <a href="http://va.gdch.de/spez_" target="_blank">http://va.gdch.de/spez_</a> angebote/my_recht/patentrecht.asp



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