Blickpunkt


<p>Methoden, die Daten auswerten, (Data Mining) sind als einzelne Software oder als Teil größerer Pakete verfügbar. Es fehlte jedoch bisher eine einheitliche Plattform, von der aus der Nutzer die Programme unter einer gemeinsamen Oberfläche ansteuern kann.</p>
<p>Diese Lücke schließt der Konstanz-Information-Miner, kurz Knime von <a href="https://Knime.com" target="_blank">Knime.com</a> (Abbildung 1).<sup>1</sup> Das Programm verwaltet Arbeitsabläufe der Datenverarbeitung und enthält klassische Regressions- ebenso wie moderne Data-Mining-Methoden (siehe Kasten).</p>


<h2>Visualisieren und mehr</h2>
<p>Etliche Diagrammtypen — manche im Programm vorhanden, andere als Download-Erweiterung erhältlich — veranschaulichen die gesammelten Daten. Ein besonders mächtiges Hilfsmittel bei der visuellen Datenanalyse ist das Kennzeichnen von Daten (Hiliting): Selektiert der Nutzer Einträge in einer Tabelle, hebt er gleichzeitig die entsprechenden Punkte in geöffneten anderen Tabellen und Diagrammen hervor. So lassen sich die Vorhersagekraft verschiedener Modelle vergleichen und Ausreißer identifizieren.</p>
<p>In der Grundversion unterstützt Knime keine Datenformate aus der Chemoinformatik. Da das Programm auf dem Softwareentwicklungswerkzeug Eclipse basiert, lassen sich aber fehlende Funktionalitäten als Plugins installieren. Knime. com bietet auf der Webseite dafür Erweiterungen. Dazu gehören die Chemtypes-Erweiterung, die gängige Molekülformate unterstützt, und die R-Erweiterung, die Knime mit der Statistiksoftware R verbindet [Nachr. Chem. 2010, 58, 453].<sup>2</sup></p>


<h2>Die Funktionen erweitern</h2>
<p>Auch Hersteller kommerziell vertriebener Softwarepakete bieten Knime-Erweiterungen: etwa Biosolveit, Chemical Computing Group, Chemaxon, Schrödinger, Symyx und Tripos (Abbildung 2, S. 1138).</p>
<p>Meistens bestehen die Erweiterungen aus einem Satz von Knoten, der die hauseigenen Softwarepakete einbindet. Einige Erweiterungen verfügen über Grundfunktionen, um Moleküle darzustellen oder neue Datentypen zu unterstützen. Sie erleichtern es dem Chemiker, kommerzielle Softwarepakete miteinander unter der Knime-Oberfläche zu kombinieren. So verwendet ein Nutzer, der die Pakete nur gelegentlich braucht, die für ihn interessanten Funktionen unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche.</p>
<p>Allerdings konvertiert Knime die Moleküle für ein anderes Programm nicht automatisch. Benötigt ein Knoten die Moleküle in einem anderen Format, muss der Nutzer einen entsprechenden Konverterknoten in den Arbeitsablauf (Workflow) einbauen. Für den Profi bietet dies den Vorteil, dass keine Daten unbemerkt verloren gehen, beispielsweise die Partialladungen bei der Konvertierung von Mol2- in SD-Format.</p>
<p>Zusammen mit den in Knime enthaltenen Knoten bieten die Erweiterungen nahezu alle Funktionen, die das Wirkstoffdesign und verwandte Forschungsgebiete benötigen.</p>


<h2>Eigene Knoten entwickeln</h2>
<p>Für den in Javaprogrammierung geschulten Chemiker ist Knime in der Entwicklerversion erhältlich. Hilfreich ist dabei ein Node Wizard, der beim Programmieren der Knoten assistiert und dem Programmierer einen Großteil der Tipparbeit abnimmt. Außerdem sind die Quelltexte und die Dokumentation der Java-Funktionen einsehbar. Dies vereinfacht es, eigene Knoten zu entwickeln.</p>
<p>Komplexere chemische Probleme sind in Java jedoch nur aufwendig zu lösen. Hier bietet es sich an, auf SVL zurückzugreifen. Auf dieser Sprache beruht das Molecular Operating Environment (MOE), das Lösungen sowohl für die Bio- und Chemoinformatik als auch die medizinische Chemie anbietet [Nachr. Chem. 2008, 56, 662].<sup>3</sup> SVL umfasst chemiespezifische Befehle, mit denen sich sowohl mathematische als auch chemische Probleme lösen lassen. Die MOE-Erweiterungen für Knime enthalten ein Hilfsprogramm, das aus SVL-Scripten Knime-Knoten kompiliert. Viele Scripte sind daher in Knime weiter verwendbar, ohne dass sie neu zu implementieren sind.</p>


<h2>Workflow und Dokumentation</h2>
<p>Mit Knime erstellte Arbeitsabläufe sind mühelos zu erweitern: Da Knime nicht zeilen-, sondern tabellenbasiert arbeitet, muss ein geänderter Workflow nicht zwingend wieder von Beginn an ausgeführt werden. Die Ausführung lässt sich hinter dem letzten nicht veränderten Knoten starten. Dies spart vor allem in der Konstruktionsphase Zeit. Ist ein Workflow dann implementiert, lässt er sich mit verschiedenen Datensätzen automatisiert ausführen. Mehrere zu einem Meta-Node zusammengefasste Knoten machen dabei komplexe Abläufe übersichtlicher.</p>
<p>Knime bearbeitet experimentell gewonnene Daten nicht nur, sondern dokumentiert sie auch: In den ersten Knime-Versionen war es nur Insidern möglich, Berichte zu erstellen. Das Reporting Tool ändert dies grundlegend. Diese Erweiterung ergänzt Knime um Knoten, die Daten an eine Erweiterung senden, die Berichte erstellt.</p>
<p>Das Reporting Tool basiert auf der Open-Source-Software Birt.<sup>4</sup> Anfänger werden sich damit etwas schwer tun, da die Logik nicht immer intuitiv ist. Die erklärenden Filme auf der Knime-Webseite helfen aber über die Anfangsschwierigkeiten hinweg. Der Nutzer erstellt so schon nach kurzer Zeit ansprechend gestaltete Berichte. Diejenigen, die tiefer einsteigen möchten, greifen auf die Birt-Sekundärliteratur zurück. Mit etwas Übung lassen sich damit schnell professionelle Ergebnisse erzielen.</p>


<h2>Hilft Akademia und Industrie</h2>
<p>Neben der frei verfügbaren Version bietet <a href="https://Knime.com" target="_blank">Knime.com</a> professionelle Lösungen und Varianten an: Cluster Execution erlaubt die Ausführung von Workflows auf Clusterrechnern. Die Server- und Reporting-Varianten machen Arbeitsabläufe bzw. Berichtvorlagen zentral auf einem Server speicherbar und auf Terminalrechnern ladbar. Mit der Server-Variante lassen sich zudem die Workflows ferngesteuert auf dem Server ausführen. Damit erfüllt Knime die wichtigsten Anforderungen, welche die Industrie an eine Softwareplattform stellt.</p>
<p>Braucht ein Nutzer Hilfe, findet er auf der Webseite <a href="https://tech.knime.org" target="_blank">tech.knime.org</a> Foren, um Probleme mit anderen Nutzern und den Entwicklern zu diskutieren. Es gibt zudem Forenseiten, die sich mit speziellen Erweiterungen befassen. Anwendern, die ein Problem haben, das sie aufgrund der Vertraulichkeit der Daten oder des Umfangs nicht in einem Forum diskutieren möchten, bietet <a href="https://Knime.com" target="_blank">Knime.com</a> Unterstützung an.</p>
<p>Die Vielzahl der Anbieter, die Erweiterungen entwickeln und verbessern, machen Knime zu einem universellen Werkzeug, das sich hinter kommerziellen Wettbewerbern wie Pipeline Pilot [Nachr. Chem. 2007, 55, 1103] nicht zu verstecken braucht.</p>
<p><b>Guido Kirsten</b> ist promovierter Chemiker und bei der Chemical Computing Group in Köln mit Computational-Drug-Design beschäftigt. Hier arbeitet er an QSAR-, Simulations- und Data-Mining-Methoden. <i><a href="mailto:guido@dr-kirsten.de">guido@dr-kirsten.de</a></i></p>


<h2>— — — Quergelesen</h2>
<p>Das Open-Source-Workflowsystem Knime wertet Hochdurchsatzscreenings und kinetische Messdaten aus.</p>
<p>Knime enthält klassische Regressionsmethoden, Verfahren der Mustererkennnung, weitere Data-Mining-Techniken und Knoten zur Zeitreihenanalyse.</p>
<p>Erweiterungen für Knime bieten der Vertreiber und andere Softwarehersteller. Geübte Anwender können eigene Erweiterungen erstellen.</p>


<h2>— — — Kurz notiert</h2>


<h2>Impact-Analyse für jedermann</h2>
<p>Das für den persönlichen Gebrauch freie Programm publish or perish berechnet statistische Werte wie den g-Index nach Egghe und den h-Index nach Hirsch für Literaturzitate, einzelne Autoren oder auch Zeitschriften. Dabei stützt sich das Programm auf den freien Scholar-Dienst von Google, der allgemein nach wissenschaftlicher Literatur sucht (<a href="https://scholar.google.de" target="_blank">scholar.google.de</a>). Dies hat zwei Nachteile: Die Analyse ist dadurch auf maximal 1000 Einträge begrenzt und es werden nur von Google erfasste Literaturstellen ausgewertet. Davon abgesehen bietet das Programm eine intuitive Benutzeroberfläche und eine kurze, aber umfassende Hilfefunktion, welche die statistischen Werte erklärt und auf die Originalliteratur hinweist. Die gefundenen Literaturstellen lassen sich in verschiedenen Formaten (BibTeX, Endnote, RIS, CSV) exportieren. Das Programm benötigt etwa 1 MB Festplattenplatz und ist als Version für Windows, MacOS X und Linux verfügbar.</p>
<p> <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.harzing.com/pop.htm" target="_blank">www.harzing.com/pop.htm</a></ext-link></p>
<p><i>Anselm Horn, Bioinformatik Erlangen</i></p>


<h2>— — — Auf einen Blick</h2>
<p>Der Konstanz-Information-Miner (Knime) liegt in der Version 2.2.0 für Windows, Linux und Mac in 32- und 64-bit-Versionen vor. Das Open-Source-Workflowsystem ist unter der GNU-General-Public-Lizenz verfügbar. Das System enthält klassische Regressionsmethoden, Verfahren der Muster-erkennnung sowie Support Vector Machines, Clustering und neuronale Netze, weitere Data-Mining-Techniken und Knoten zur Zeitreihenanalyse. Letztere vereinfachen beispielsweise die Auswertung kinetischer Messdaten.</p>
<p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.knime.org" target="_blank">www.knime.org</a></ext-link></p>



<ul>
<li>
<sup>1 </sup>


M. R. Berthold,
N. Cebron,
F. Dill,
T. R. Gabriel,
T. Kotter et al.: 
Knime: <source>The Konstanz Information Miner, <publisher-name>Springer</publisher-name>, 2007, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.knime.org" target="_blank">www.knime.org</a></ext-link>.
</li>
<li>
<sup>2 </sup>

R Development Core Team, R: A language and environment for statistical computing. R Foundation for Statistical Computing, Vienna, Austria, 2005, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.R-project.org" target="_blank">www.R-project.org</a></ext-link>.
</li>
<li>
<sup>3 </sup>

MOE (The Molecular Operating Environment) Version 2009.10, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.chemcomp.com" target="_blank">www.chemcomp.com</a></ext-link>.
</li>
<li>
<sup>4 </sup>

Birt Project Description and Scope, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.eclipse.org/birt/phoenix/project/description.php" target="_blank">www.eclipse.org/birt/phoenix/project/description.php</a></ext-link> (zugegriffen am 14. Juni).
</li>
</ul>


Artikel

Daten sammeln und deuten

Methoden, die Daten auswerten, (Data Mining) sind als einzelne Software oder als Teil größerer Pakete verfügbar. Es fehlte jedoch bisher eine einheitliche Plattform, von der aus der Nutzer die Programme unter einer gemeinsamen Oberfläche ansteuern kann. Diese Lücke schließt der Konstanz-Informati...


<p>Österreich ist in den letzten Jahren zu einem attraktiven Standort für technikorientierte Unternehmen geworden. Vom Jahr 1998 bis zum Jahr 2009 nahmen hier die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F+E) von 1,8 auf 2,7  % des Bruttoinlandsprodukts zu. In Europa stiegen die F+E-Ausgaben im gleichen Zeitraum durchschnittlich von 1,8 auf 1,9 %, in Deutschland von 2,3 auf 2,7 %.</p>
<p>Zu dem hohen Wert in Österreich hat nicht zuletzt ein unternehmer- und investorenfreundliches Steuersystem beigetragen. So sind für jeden Euro, der in F+E eingesetzt wird, 1,25 Euro oder bei überdurchschnittlichen Ausgaben sogar 1,35 Euro von der Steuer absetzbar. Als Alternative besteht die Möglichkeit, vom Finanzamt eine Steuerprämie von 8 % des F+E-Aufwands zu erhalten. Die Gewinne werden mit maximal 25 % besteuert. Hinzu kommt das Modell der Gruppenbesteuerung für internationale F+E-Unternehmen: In Österreich angesiedelte Unternehmen können Verluste ausländischer Töchter gewinnmindernd geltend machen.</p>
<p>Etwa 300 internationale Unternehmen haben ihr Osteuropa-Headquarter in Österreich. Beispiele sind Boehringer Ingelheim, Eli Lilly, Nestlé, Siemens und Volvo.</p>
<p>Mehr als die Hälfte der österreichischen Life-Science-Unternehmen wurden in den letzten zehn Jahren gegründet; etwa 80 % davon sind stark expandierende kleine und mittlere Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial.</p>
<p>50 % der in Österreich ansässigen Life-Science-Unternehmen betreiben mit insgesamt 6000 Mitarbeitern F+E. Im Jahr 2007 gaben sie dafür (Statistik Austria) etwa 813 Mio. Euro aus. Das sind 9,4 % ihres Jahresumsatzes von 8,7 Mrd. Euro. Dabei sticht der Biotechsektor hervor: 75 % der Firmen forschen aktiv. Im Jahr 2007 investierten sie dafür etwa 608 Mio. Euro.</p>


<h2>Campus Vienna Biocenter</h2>
<p>Das Institut für Molekulare Pathologie (IMP), ein Joint Venture zwischen Boehringer Ingelheim und Genentech, wurde im Jahr 1988 eröffnet. Es bildete die Keimzelle des Campus Vienna Biocenter. Die etwa 250 Mitarbeiter aus 30 Ländern studieren biologische Vorgänge mit Modellsystemen. Alle Forschungsergebnisse werden publiziert. Boehringer Ingelheim, seit 1993 alleiniger Gesellschafter des IMP, verfügt über die Rechte zur kommerziellen Verwertung von Erfindungen.</p>
<p>Das Institut für molekulare Biotechnologie (Imba) haben die Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Boehringer Ingelheim gegründet. Mehr als 150 Mitarbeiter aus 23 Ländern suchen molekularbiologische Zusammenhänge bei der Entstehung von Krankheiten. Aus diesem Wissen sollen Ansätze für die Diagnose, Prävention und Therapie von bisher nicht oder nur unzureichend behandelbaren Krankheiten abgeleitet werden. Zwischen dem Imba und dem IMP besteht eine enge Forschungszusammenarbeit; die Infrastruktur nutzen sie größtenteils gemeinsam.</p>
<p>Das Unternehmen Intercell antstand im Jahr 1998 als Spin-off der Universität Wien am Campus Vienna Biocenter. Das Geschäftsmodell stieß schnell auf das Interesse von Risikokapitalgebern. In drei Finanzierungsrunden investierten sie insgesamt 75,5 Mio. Euro. Allerdings: ”Die Firma ist derzeit nicht profitabel“, sagt Gerd Zettlmeissl, CEO von Intercell. Nachdem beispielsweise im Jahr 2008 ein Nettogewinn von 17,2 Mio. Euro resultierte, brachte das letzte Jahr einen Verlust von 18,4 Mio. Euro, und auch in diesem Jahr steht ein vergleichbarer Verlust ins Haus. Zurückzuführen ist dies vor allem auf Investitionen in F+E. Die Investitionen, wachsende Einkünfte und 158 Mio. Euro Cash am Ende des 1. Quartals sind zuversichtlich stimmende Faktoren.</p>


<h2>Drei erfolgreiche Start-ups</h2>
<p>Das Unternehmen Affiris entwickelt Medikamente für Krankheiten wie die Alzheimer-Krankheit und Gefäßverkalkung. Das Unternehmen erarbeitet dafür einen maßgeschneiderten Impfstoff. Darüber hinaus ist die Entwicklungspipeline gut gefüllt, und das Geschäftsmodell sieht alle zwei Jahre ein neues Produkt in der klinischen Erprobung vor.</p>
<p>Nabriva Therapeutics hat in zwei Finanzierungsrunden insgesamt 57 Mio. Euro erhalten. Nicht alltäglich ist, dass die Investoren der ersten Runde auch die 15 Mio. Euro der zweiten Runde aufbrachten. Gemäß Ralf Schmid, CFO des 2006 gegründeten Unternehmens, steht damit bis 2011 genügend Geld zur Verfügung. Schwerpunkt der Forschung sind Pleuromutiline. Diese neue Antibiotikaklasse wird auf ihre Eignung als Medikament gegen Erkrankungen der Haut und der Atemwege untersucht.</p>
<p>Apeiron Biologics ist ein privat finanziertes Biotechunternehmen aus Wien, das Josef Penninger, der Direktor des Imba, gründete. Hauptprojekt war, das rekombinante humane Angiotensin Converting Enzyme 2 (APN01) als Biotherapeutikum bis zur ersten klinischen Phase zu entwickeln. Dieses ist ein Enzym-Biotherapeutikum für die Behandlung des akuten Lungenversagens (ARDS). Nach der Lizenzvereinbarung mit Glaxo Smith Kline arbeiten die Forscher wieder vermehrt an einem Projekt zur Krebsimmuntherapie sowie an einem neuartigen Ansatz zur Schmerztherapie.</p>


<h2>Investitionsstrategien</h2>
<p>Das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim legt großen Wert auf langfristig angelegte Partnerschaften. Ein Beispiel dafür ist die 1989 begonnene Zusammenarbeit mit Genentech. Die damals kleine US-Biotechfirma verfügte nur in wenigen Ländern über eine Vertriebsorganisation. Boehringer übernahm die Vertriebsrechte für Actilyse/Activase (löst Blutgerinnsel auf) in Europa, Südamerika und Australasia. im Jahr 1985 gründeten die beiden Unternehmen zusammen das IMP. Seit 1993 gehört das IMP nur noch zu Boehringer Ingelheim. Die Zusammenarbeit mit Genentech besteht nach der Genetech-Übernahme durch Roche weiter.</p>
<p>Jeder Zusammenarbeitsvertrag ist ein Unikat, das den Ansprüchen und Erwartungen der Partnerfirmen gerecht werden soll. Ein Beispiel für eine Beteiligung ist die belgische Ablynx, der Boehringer Ingelheim bei der Vorbereitung des Börsengangs half. Der vor einem Jahr gegründete Corporate Venture Capital Fond soll in Biotech- und Start-up-Firmen investieren, die vielversprechende Therapieansätze und Technologien erforschen.</p>
<p>Das Unternehmen Glaxo Smith Kline (GSK) investiert über eine Venture-Capital-Gesellschaft in Life-Science-Firmen; seit ihrer Gründung gelangten mehr als 600 Mio. US-Dollar in 25 private und staatliche Firmen. Im 2005 gegründeten Centre of Excellence for External Drug Discovery fokussiert sich eine Gruppe Mitarbeiter auf die Entdeckung und Entwicklung neuer Projekte von Partnerunternehmen. GSK hat mehr Late-Stage-Vereinbarungen als jedes andere Unternehmen in der Industrie. Jährlich werden etwa 15 neue Kooperationen im Early-Stage-Bereich vereinbart (Affiris, Intercell, Apeiron Biologics und Prot Affin in Österreich).</p>
<p>Österreich ist der größte Standort des amerikanischen Baxter-Konzerns in Europa und es ist der bedeutendste Forschungsstandort von dessen Bio-Science-Division. Schwerpunkt ist die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von biotechnischen und biopharmazeutischen Arzneimitteln. Dazu zählen rekombinante therapeutische Proteine wie Faktor VIII zur Behandlung der Hämophilie (Bluterkrankheit), aus Blutplasma gewonnene therapeutische Proteine wie Immunglobuline, Gerinnungsfaktoren oder Fibrinkleber sowie Impfstoffe (am bekanntesten ist wohl die Zeckenimpfung).</p>
<p><b>Kurt Hermann</b> ist Chemiker und <a href="mailto:Journalist.ekhermann@bluewin.ch">Journalist.ekhermann@bluewin.ch</a> </p>


<p>— — — Thomas Seuß beantwortet Fragen zum Patentrecht</p>


<h2>Wer zahlt's?</h2>
<p>Thomas Seuß Patentanwalt</p>
<p>Frage 45:</p>
<p>Ich habe zwei erteilte Patente im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Oberflächenveredelung. Mir ist ein Unternehmen bekannt, das entsprechend veredelte Bleche verkauft und ich bin fest davon überzeugt, dass dabei meine Patente verletzt werden. Auf entsprechende Schreiben meinerseits hat das Unternehmen nie reagiert. Da, wie ich inzwischen herausgefunden habe, Verletzungsklagen sehr teuer sind und ich als Privatperson soviel Geld nicht habe, habe ich mich an Prozessfinanzierungsunternehmen gewandt, die allerdings inzwischen abgewunken haben. Wer kann mir hier noch weiterhelfen?</p>
<p>Antwort:</p>
<p>Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber Ihre ”feste Überzeugung“ ist eine Sache, gerichtsfeste Beweise sind eine andere. Ich habe mir Ihre Patente angesehen und kann mir nicht erklären, wie Sie zu Ihrer festen Überzeugung kommen. Beide Patente weisen eine Reihe von Merkmalen auf, die nicht ohne Weiteres dem Produkt anzusehen sind. Das eine Patent beschreibt ein Verfahren, bei dem (u. a.) der pH-Wert einer Reaktionslösung (mit der die Oberfläche behandelt wird) kontinuierlich gemessen wird. Dem nach dem Verfahren veredelten Produkt dürfte es nicht anzusehen sein, ob der pH-Wert der Lösung kontinuierlich oder nur in regelmäßigen Abständen bestimmt wurde. Entsprechendes gilt für das zweite Patent, welches die Zusammensetzung für die Veredelungslösung betrifft: Nach den Ansprüchen dieses Patentes müssen ganz bestimmte Metallsalze in eine wässrige Lösung gebracht werden, wobei man dem mit dieser Lösung veredelten Werkstück am Ende nicht mehr ansehen können dürfte, welches Metallsalz ursprünglich verwendet wurde. Um es für den Leser anschaulicher zu machen: Es dürfte einem Werkstück nicht anzusehen sein, ob es im Laufe seiner Verarbeitung mit einer wässrigen Lösung aus Calciumhydroxid und Magnesiumcarbonat behandelt wurde, oder ob die Lösung aus Calciumcarbonat und Magnesiumhydroxid hergestellt wurde.</p>
<p>Nach unserer Rechtsordnung muss derjenige, der vor Gericht Ansprüche geltend macht, beweisen, dass die Voraussetzungen für den Anspruch vorliegen. In Ihrem Fall dürfte das schwer möglich sein. Selbst ein Anspruch auf Besichtigung, der neuerdings einfacher durchzusetzen ist als früher, erfordert zumindest einen gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit, dass eine Verletzung vorliegt. Dieser Nachweis dürfte in Ihrem Fall schwierig werden. Aus diesem Grund haben wahrscheinlich auch die Prozessfinanzierungsgesellschaften kein Interesse an der Verfolgung. Für den Leser dieser Serie bleibt festzuhalten: 1. Bereits bei der Formulierung von Patentansprüchen ist es wichtig, darauf zu achten, dass spätere Verletzungen bewiesen werden müssen. 2. Gerichtliche Verfolgung von Patentverletzungen muss finanziert werden, kostet also Geld.</p>
<p>Fragen für Thomas Seuß an: nachrichten@ <a href="https://gdch.de" target="_blank">gdch.de</a>. Telefonische Beratung über <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.gdch.de/ks/service/rechtsberatung/patent" target="_blank">www.gdch.de/ks/service/rechtsberatung/patent</a></ext-link> recht.htm. Alle Beiträge dieser Serie in MyGDCh und: <a href="http://va" target="_blank">http://va</a>. <a href="https://gdch.de/spez_" target="_blank">gdch.de/spez_</a> angebote/my_ recht/patentrecht.asp</p>



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