Beruf + Karriere

Nachrichten aus der Chemie: Warum nehmen Sie am Femtec-Programm teil?
Janne Soetbeer: Im Chemiestudium wird man zwar hervorragend ausgebildet, macht Praktika im Labor und bekommt Einblick in die Forschung. Aber das ist eine rein akademische Welt. Ich wünsche mir aber auch einen Einblick in die Industrie. Außerdem will ich wissen, was Studentinnen anderer Fächer in meinem Alter machen.
Nachrichten: Wer sind die anderen Teilnehmerinnen?
Soetbeer: Insgesamt waren wir 60, die meisten Wirtschafts- oder Maschinenbauingenieurinnen. Es waren auch Physikerinnen und Mathematikerinnen dabei. Ich war die einzige Chemikerin, von daher etwas exotisch. Die Teilnehmerinnen waren so wie ich noch mitten im Studium, kurz vor dem Abschluss oder hatten bereits etwas Berufserfahrung. Das war eine große Spannbreite.
Nachrichten: Sie haben sich bereits während Ihres Bachelorstudium für das Programm beworben. Warum so früh?
Soetbeer: Ich werde zwar jetzt erst meinen Master machen und strebe dann wie die meisten Chemiestudenten eine Promotion an. Aber ich habe Freunde, die Wirtschaft studieren und sich früh überlegt haben, wo sie später arbeiten möchten und ganz genau wissen, welche Tätigkeitsfelder sie ansteuern. Das brachte mich auch dazu, jetzt schon über meine berufliche Entwicklung nachzudenken. Die möchte ich nicht aus den Augen verlieren.
Nachrichten: Hat es Sie nicht abgeschreckt, dass unter den Industriepartnern von Femtec kein einziges Chemieunternehmen ist?
Soetbeer: Ja und Nein. Zuerst habe ich gedacht, dass das Programm nicht hundertprozentig passt. Da ich aber vermutlich nicht bei einem klassischen Chemieunternehmen landen werde …
Nachrichten: Wie kommen Sie darauf?
Soetbeer: Mein Masterstudium ist eher physikalisch ausgerichtet, mit Physik, physikalischer Chemie und Chemoinformatik. Daher macht es mir nichts aus, dass keine Chemieunternehmen Femtec-Partner sind. Mich hat außerdem interessiert, inwieweit diese Unternehmen für Naturwissenschaftler offen sind und nicht nur für Ingenieure.
Nachrichten: Wann lernen Sie die Partnerunternehmen kennen?
Soetbeer: Bei dem Programm absolvieren wir vier Kurse, der erste war jetzt im September. Die Unternehmen lernen wir dann im zweiten Workshop im nächsten Jahr kennen und auch bei den Exkursionen, die zum Programm gehören.
Nachrichten: Und was haben Sie im ersten Workshop gelernt?
Soetbeer: Dabei ging es vor allem darum: Wer bin ich und wo stehe ich. Wir wurden angehalten, konkrete Vorstellungen über die nächsten Jahre zu entwickeln.
Nachrichten: Was kam für Sie dabei heraus?
Soetbeer: Unter anderem, dass ich überlege, ein Praktikum in der Industrie während des Masterstudiums zu machen.
Nachrichten: Halten Sie ein spezielles Programm für Frauen für nötig?
Soetbeer: Am Anfang des Studium dachte ich, Programme extra für Frauen seien überflüssig. Aber je länger ich studiere, desto mehr fällt mir auf, dass unter den Wissenschaftlern und Professoren die Frauen noch immer in der Minderheit sind. Daher ist es gut, dass es Programme wie Femtec gibt, die ein Netzwerk bieten mit der Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch.
Mit Janne Soetbeer sprach Nachrichten-Redakteurin Frauke Zbikowski.


<h2>Karriereförderung für Naturwissenschaftlerinnen</h2>
Das Karriereförderprogramm von Femtec durchlaufen jedes Jahr um die 100 Studentinnen naturwissenschaftlicher und technischer Fächer einer der Partneruniversitäten. Das sind die RWTH Aachen, die Technischen Universitäten Berlin, Braunschweig, Clausthal, Darmstadt, Dresden, München, die Universitäten Stuttgart und Hannover sowie das Karlsruher Institut für Technologie und die ETH Zürich. Zusammen mit kooperierenden Unternehmen bereitet das Programm die Teilnehmerinnen während drei Semestern auf berufliche Praxis und Führungsaufgaben vor. Zu den Industriepartnern gehören Daimler, Bosch, BP und Eon.
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“Die berufliche Entwicklung nicht aus den Augen verlieren”

Nachrichten aus der Chemie: Warum nehmen Sie am Femtec-Programm teil? Janne Soetbeer: Im Chemiestudium wird man zwar hervorragend ausgebildet, macht Praktika im Labor und bekommt Einblick in die Forschung. Aber das ist eine rein akademische Welt. Ich wünsche mir aber auch einen Einblick in die In...

Im Jahr 2012 arbeiteten an den 189 Universitäten und gleichgestellten Hochschulen in Deutschland insgesamt 194 142 Personen hauptberuflich, davon waren 14 Prozent Professoren sowie 81 Prozent wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter. Letzte Gruppe ist sehr heterogen und umfasst Promovierende, Promovierte, Habilitierte, Personen mit und ohne Leitungsfunktion, mit gebundenen oder selbstständigen Aufgaben. Im Jahr 2012 waren über 82 Prozent dieser Mitarbeiter befristet beschäftigt, darunter ein erheblicher Anteil über Drittmittel. Nicht genau definiert ist die Gruppe der Postdoktoranden, deren Beschäftigungsverhältnisse und Gehälter sehr unterschiedlich sind.
Promovierte Chemiker gingen im Jahr 2013 zu 43 Prozent in die Industrie und in die Wirtschaft. Drei Prozent erhielten eine Festanstellung an einer Hochschule. Eine befristete Anstellung im In- oder Ausland in der Industrie, einem Forschungsinstitut oder einer Hochschule nahmen 37 Prozent der Postdocs an.1 Für Chemiker, die eine akademische Laufbahn anstreben, ist “die Professorenstelle zurzeit mehr oder weniger das einzige klar definierte Karriereziel”, sagt Sabine Behrenbeck, Leiterin der Abteilung Tertiäre Bildung des Wissenschaftsrats. Dabei gibt es ihrer Erfahrung nach “zwischen Doktorand und Professor eine große Menge an Aufgaben.” Diese seien lediglich schwach definiert und damit schwer als Karriereziel zu erkennen.


<h2>Die Vorschläge</h2>
Der Wissenschaftsrat fordert nun an Universitäten bessere Perspektiven und dafür transparentere Personalplanung mit mehr unbefristeten Stellen [s. Nachr. Chem. 2014, 62, 955]. Dabei wissen auch Wissenschaftsrat und Sabine Behrenbeck, “dass eine solche Umstrukturierung nicht von heute auf morgen geht. Doch wir streben einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess an.” Unter anderem empfiehlt der Wissenschaftsrat, die Zahl der Professuren bis zum Jahr 2025 um etwa 7500 zu erhöhen. Für den Weg dahin schlägt er drei klar definierte Karrierephasen vor: Eine Promotions-, eine Postdoc- und eine Bewährungsphase mit Tenure-Track-Professur als Regel.
Die Professur darf allerdings nicht das einzige Ziel einer akademischen Laufbahn bleiben. Um den Mittelbau zu stärken, so fordert der Wissenschaftsrat, müssen Universitäten Stellenbeschreibungen standardisieren und mehr unbefristete Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter schaffen. Diese können auf die Zweige Wissenschaftsmanagement und wissenschaftliche Dienstleistungen aufgeteilt sein. Das Management koordiniert die interdisziplinären und internationalen Projekten, die Dienstleistungen konzentrieren sich auf Forschung und Lehre.
Für Studierende muss der akademische Karriereweg durch Standards, Anforderungsprofile und Aufstiegschancen bis hin zu Leitungspositionen klar erkennbar sein. Außerdem empfiehlt der Wissenschaftsrat, den Wechsel zwischen Universitäten und anderen Arbeitsmärkten innerhalb und außerhalb der Wissenschaft zu erleichtern.


<h2>Die Resonanz</h2>
Auf die Vorschläge hat der Wissenschaftsrat, so berichtet Behrenbeck, “von den Universitäten überwiegend sehr positive Reaktionen erhalten. Die Zeit ist reif für neue Konzepte, denn alle erkennen: Wir brauchen mehr unbefristete Stellen. Zurzeit sind viele gut ausgebildete Personen auf dem Markt, die es mit klaren Strukturen und Karrieremöglichkeiten für die akademische Laufbahn zu gewinnen gilt.”
Damit Konzepte zur Karriereförderung und Personalentwicklung zeitnah erarbeitet und umgesetzt werden, empfiehlt der Wissenschaftsrat, dass die Länder die Grundfinanzierung der Universitäten erhöhen und auch der Bund diese unterstützt.
Anne Hachmann ist Wissenschaftsjournalistin in Frankfurt am Main.



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Chemiestudiengänge in Deutschland — Statistische Daten 2013, GDCh, 2014.
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“Die berufliche Entwicklung nicht aus den Augen verlieren”

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