Bildung & Gesellschaft

<h2>Forschen im Museum</h2><p>Die Staatlichen Museen Berlin vergeben Stipendien für Forschungsvorhaben am Rathgen-Institut. Schwerpunkte liegen auf der Altersbestimmung und Echtheitsprüfung kulturgeschichtlicher Objekte. Absolventen und Post-Docs können ein bis drei Monate am Rathgen-Institut arbeiten und erhalten dafür 900 bzw. 1200 Euro monatlich. Bewerbungsschluss ist der 15. Februar.</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://goo.gl/tdAhf9" target="_blank">http://goo.gl/tdAhf9</a></ext-link></p><h2>Wissenschaftspreis für Lebensmittelchemiker</h2><p>Die Heinrich-Stockmeyer-Stiftung vergibt einen mit 10 000 Euro dotierten Wissenschaftspreis. Naturwissenschaftler, die auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit und -qualität forschen, können sich bis zum 30. Mai bewerben.</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.heinrich-stockmeyer-stiftung.de" target="_blank">www.heinrich-stockmeyer-stiftung.de</a></ext-link></p><h2>Wo gehen Forschungsgelder hin?</h2><p>Der aktuelle Förderatlas der Deutschen Forschungsgemeinschaft steht auf der Homepage zum Download bereit und ist auf Anfrage in Papierform erhältlich. Der Atlas gibt Aufschluss darüber, wie viele öffentliche Forschungsgelder wohin fließen.</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.dfg.de/sites/foerderatlas2015/" target="_blank">www.dfg.de/sites/foerderatlas2015/</a> publikation.html</ext-link></p><h2>Bühne frei für Lehrer</h2><p>Die Bildungsinitiative Science-on-Stage lädt naturwissenschaftliche Lehramtsstudenten und Lehrkräfte ein, ungewöhnliche Unterrichtsprojekte zu entwerfen. Annahmeschluss für Beiträge ist der 10. Mai. Die Lehrer präsentieren im Rahmen der nationalen Science-on-Stage-Veranstaltung ihre Konzepte vom 18. bis zum 20. November in Berlin. Die Siegerkonzepte vertreten Deutschland auf dem internationalen Festival 2017 in Ungarn.</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.science-on-stage.de" target="_blank">www.science-on-stage.de</a></ext-link></p><h2>Open Access in Österreich</h2><p>Bis 2025 sollen alle Publikaktionen österreichischer Wissenschaftler für die Öffentlichkeit frei zugänglich sein. Dafür hat die Open-Access-Network-Austria-Arbeitsgruppe Empfehlungen ausgearbeitet. Diese knüpfen an bereits laufende Aktivitäten an.</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://dx.doi.org/10.5281/" target="_blank">http://dx.doi.org/10.5281/</a> zenodo.33178</ext-link></p><h2>Ausgezeichnete Universitäten</h2><p>Der deutsche Hochschulverband hat zwei Universitäten für faire und transparente Berufsverhandlungen ausgezeichnet: die Leibniz-Universität Hannover und die Universität der Bundeswehr München.</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.hochschulverband.de/cms1/" target="_blank">www.hochschulverband.de/cms1/</a> presse.html</ext-link></p><h2>Mehr Professuren für Österreich</h2><p>Die Zahl der österreichischen Professuren soll um 10 % steigen und das Betreuungsverhältnis von Studenten zu Dozenten sich verbessern. Zudem sollen die österreichischen Universitäten mehr Absolventen hervorbringen. Das sind einige Ziele des gesamtösterreichischen Universitätsentwicklungsplans des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Der vollständige Bericht ist online verfügbar.</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://goo.gl/OnxHO5" target="_blank">http://goo.gl/OnxHO5</a>.</ext-link></p><h2>Zusammenschluss von Bibliotheken</h2><p>Die Technische Informationsbibliothek (TIB) hat sich mit der Universitätsbibliothek Hannover zusammengeschlossen. Seit dem 1. Januar ist die TIB nun Stiftung des öffentlichen Rechts des Landes Niedersachsen. Die TIB ist die weltweit größte Fachbibliothek für Technik, Architektur, Chemie, Mathematik und Physik. Sie verfügt über grundlegende und hoch spezialisierte Literatur in elektronischer und Papierform.</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.tib.eu" target="_blank">www.tib.eu</a></ext-link></p><h2>Unzufriedene Nachwuchswissenschaftler</h2><p>Vier von fünf Nachwuchswissenschaftlern möchten keine Hochschulkarriere einschlagen, sondern nach der Promotion in die freie Wirtschaft wechseln. Unklare Zukunftsaussichten und finanzielle Unsicherheit sind dabei ausschlaggebend. Dies ergab eine Crowdsourcing-Umfrage der Wochenzeitung Die Zeit und deren Onlineportal.</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://goo.gl/Zp2wny" target="_blank">http://goo.gl/Zp2wny</a></ext-link></p><h2>Energieszenarien</h2><p>Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften veröffentlicht Leitlinien für Energieszenarien. Diese sollen energiepolitische Entscheidungen transparenter machen. Kostenlos herunterladen unter:</p><p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://goo.gl/7UP8ZS" target="_blank">http://goo.gl/7UP8ZS</a></ext-link></p><p>Natalie Margraf, Frankfurt am Main</p>

Meldung

Forschung und Bildung

Forschen im MuseumDie Staatlichen Museen Berlin vergeben Stipendien für Forschungsvorhaben am Rathgen-Institut. Schwerpunkte liegen auf der Altersbestimmung und Echtheitsprüfung kulturgeschichtlicher Objekte. Absolventen und Post-Docs können ein bis drei Monate am Rathgen-Institut arbeiten und er...

Prof.Dr.

<p>Ob Schulversuche mit Brom, Chlor oder elementarem Natrium für Lehrer und Schüler gefährlich sind, hängt nicht nur von Stoffeigenschaften ab, sondern auch von der Fähigkeit der Lehrkraft, mit Chemikalien umzugehen. Derartige Fertigkeiten müssen die Hochschulen vermitteln, und Lehramtskandidaten müssen sie erlernen. Denn ohne eine solide Experimentalausbildung verzichten Junglehrer im ungünstigsten Fall auch auf harmlose Versuche.</p>
<p>„Unfall im Chemieunterricht: 17-Jähriger im künstlichen Koma. Im Chemieunterricht an einer Berliner Schule entzündete sich Brennspiritus, mehrere Jugendliche erlitten Verbrennungen. Ein Schüler liegt nun auf der Intensivstation.“ So berichtete Spiegel online am 26. Februar 2015 und fügte hinzu „Unfälle im Chemieunterricht passieren immer wieder. Im Oktober 2014 erlitten zwei Realschüler in Burgkunstadt in Bayern Verletzungen, als sie im Unterricht mit dem Bunsenbrenner arbeiteten. Im Dezember mussten 26 Schüler eines Gymnasiums in Grevesmühlen (Mecklenburg-Vorpommern) ins Krankenhaus, nachdem dem Lehrer eine mit dem giftigen Stoff Brom gefüllte Flasche heruntergefallen war und die Schüler die Dämpfe eingeatmet hatten.“<sup>1)</sup></p><p>Welche Konsequenzen ziehen wir aus diesen Unglücksfällen? Sehr schnell kommt die Forderung, giftige oder gefährliche Stoffe aus der Chemikaliensammlung der Schulen (und bald vielleicht auch der Hochschulen?) zu verbannen. Über Brom diskutieren Lehrer, Fachdidaktiker und andere Fachleute gerade.<sup>2)</sup> Ein anderes Beispiel ist die Debatte um die Pikrinsäure. Allgemein wurde angenommen, dass beim Eintrocknen der Pikrinsäure die entsprechenden explosiven Pikrate entstehen. Chemisch wurde dies allerdings nicht hinterfragt, stattdessen entfernten alle Schulen mit einem Großaufgebot an Sicherheitsmaßnahmen sämtliche Pikrinsäurebestände.</p><p>Konsequenterweise müssten Schulen auch auf Brennspiritus, den im Unterricht am häufigsten eingesetzten billigen Ersatzstoff für Ethanol, und andere leicht entzündliche Stoffe verzichten und auch den Einsatz von Gasbrennern stark überdenken. Das kann nicht das Ziel sein.</p><h2>Worauf es ankommt – vom Zweck des Chemieunterrichts</h2><p>In nahezu allen Präambeln von Bildungsplänen und Aufgaben steht: „Dem allgemeinen Erziehungsziel folgend, die Schülerinnen und Schüler zur Bewältigung zukünftiger Lebenssituationen und zur Teilnahme an demokratischen Entscheidungsprozessen als mündige Bürger zu befähigen, fällt dem Chemieunterricht die Aufgabe zu, die materiale Umwelt zu erschließen sowie Verständnis und Kompetenz zu vermitteln im alltäglichen Umgang mit Stoffen.“<sup>3)</sup></p><p>Diese Kompetenz im Umgang mit Stoffen muss sich über die Schulzeit hinaus auf die Handlungsfelder im privaten wie im beruflichen Leben erstrecken. Besondere Bedeutung gewinnt diese Fähigkeit, wenn wir mit Stoffen umgehen, die den Einzelnen, die Gemeinschaft oder das globale Gefüge gefährden können. So geschieht ein Großteil der Unfälle im Haushalt mit Chemikalien wie Sanitärreinigern oder Brennspiritus. Der Chemieunterricht darf sich deshalb nicht in der Wissensvermittlung erschöpfen. Das Bewusstsein im Umgang mit Stoffen schließt eine Bindung an Grundwerte unserer Gesellschaft ein – die Erhaltung und Bewahrung des Lebens auf unserem Planeten. Damit kommt dem Chemieunterricht die Aufgabe zu, Problembewusstsein, Einstellungen und Handlungsbereitschaft in diesem Sinn zu wecken.</p><p>Wir müssen angehende Lehrkräfte (also Lehramtsstudierende, Referendare und auch die Kollegen, die nach dem Referendariat bereits im Beruf stehen) fachlich fundiert so aus- und weiterbilden, dass sie das Gefährdungspotenzial der im Unterricht verwendeten Chemikalien einordnen können. Diese Ausbildung soll sie in die Lage versetzen, zu entscheiden, mit welchen Chemikalien in welchen Konzentrationen und Mengen sie im Unterricht arbeiten wollen und können – abhängig von den Ausstattungsgegebenheiten der Schulen. Der Chemieunterricht hat die Aufgabe und die Pflicht, die Schüler über den Umgang mit und den Einsatz von Gefahrstoffen (des Alltags) aufzuklären. Hier gilt es, einen problemorientierten Unterricht zu gestalten, in dem die Schüler aktiv mitwirken können. Sie sollen lernen, wissenschaftsorientierte Denkwege zu gehen, und möglichst viel selbstständig experimentieren – auch mit Gefahrstoffen in vertretbaren und gesetzlich konformen Mengen.</p><h2>Was Fachleiter und Ausbilder sagen</h2><p>Wie aber sieht es aus mit der Experimentierkompetenz angehender Lehrkräfte in der Chemie? Bereits seit einigen Jahren bemängeln Ausbilder, dass Referendare und auch Junglehrer immer weniger im Unterricht experimentieren, dass bei ihnen die Lücken in den Fähigkeiten und Fertigkeiten beim Experimentieren zunehmen und dass sie vermehrt auf andere Unterrichtsmedien zurückgreifen, etwa Filme, Modelle oder Arbeitsblätter. Das Experiment dagegen als das zentrale Medium im naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozess tritt in den Hintergrund. Um Gründe für diesen Trend aufzudecken und diesem entgegenzuwirken hat sich im Jahr 2011 die Arbeitsgruppe Experimentalunterricht in der Fachgruppe Chemieunterricht der GDCh konstituiert.<sup>4)</sup></p><p>Die Arbeitsgruppe unterstützt Lehrkräfte beim Experimentalunterricht, indem sie Gefährdungsbeurteilungen erstellt und in einer Datenbank zusammengefasst, in der die wichtigsten Experimente rund um die Schulchemie leicht zugänglich sind (<a href="https://www.experimentas.de" target="_blank">www.experimentas.de</a>). Zudem eruiert sie die Rahmenbedingungen der Vermittlung von experimentellen Kompetenzen von Lehramtsstudierenden und Referendaren. Zum letzten Punkt wurden Ausbilder der zweiten Phase in einer Fragebogenerhebung nach ihrer Einschätzung zum Wissen und zu den Experimentierfähigkeiten und -fertigkeiten der Referendare zu Beginn des Referendariats befragt.</p><p>Auszüge aus der Befragung der Ausbilder sind hier kurz vorgestellt. Überblick geben die Abbildungen 1 und 2. Bei einem Großteil der Referendare zeigten sich sowohl beim Wissen (kognitive Dimension) als auch bei den Fähigkeiten und Fertigkeiten (handlungsorientierte Dimension) deutliche Mängel.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/SJV9LFdBSHGvh0Yu2UZW"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Aus einer Befragung von Ausbildern zum Wissensstand von Lehrkräften: Items und Ergebnisse zum Bereich Wissen zum Experimentieren (Anzahl der Antworten: 51).</figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphcms.com/g9dmjEmISLmLFSSVtwYq"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Aus einer Befragung von Ausbildern zum Können von Lehrkräften: Items und Ergebnisse zum Bereich Fähigkeiten und Fertigkeiten beim Experimentieren (Anzahl der Antworten: 50).</figcaption></figure>
<p>Fragt man Ausbilder nach weiteren (wünschenswerten) Kenntnissen und Fertigkeiten der Lehramtskandidaten zu Beginn des Studienreferendariats für das chemische Schulexperiment und beim Experimentieren, so kristallisieren sich vier Kategorien heraus, in denen sie deutliche Defizite verzeichnen:</p><p>fachlich fundiertes und sicheres Experimentieren (Kategorie I),</p><p>didaktische Funktion von Experimenten (Kategorie II),</p><p>Methodik des Experimentierens (Kategorie III),</p><p>Sicherheit beim Experimentieren (Kategorie IV).</p><p>In der ersten Kategorie findet sich die Forderung einer soliden Grundausbildung in Arbeitstechnik und Gerätekunde, handwerklichem Geschick bei Versuchsaufbauten und dem Durchführen von Experimenten. So fordern Fachleiter „Grundfertigkeiten im Umgang mit Laborgeräten, zum Beispiel Gasbrenner, Gasflaschen, Stativmaterial“, „gefestigte praktische Fertigkeiten im Umgang mit Geräten und Chemikalien (Portionieren, Erhitzen, Waage, Volumenbestimmung, Pipette, Bürette), Umgang mit Druckgasflaschen“. Ein Fachleiter sieht als „Problem zu Beginn: unterschiedliche Ausbildung an den Hochschulen; fehlende verpflichtende Standardversuche, die an jeder Hochschule eingeübt werden.“</p><p>Mit der Kategorie II ist gemeint, dass Lehrkräfte grundlegende Argumentationslinien zu didaktischen Funktionen des Experiments im Unterricht aufzeigen können sollen und über hinreichendes Wissen verfügen, mit welchen Experimenten die Schüler Basiskonzepte erarbeiten können. Fachleiter verstehen darunter „…wissensbasierte Einbindung des Experiments in den Chemieunterricht, Fehlerkultur hinsichtlich nicht zielführender Experimente, Falsifikationsexperimente, Blindproben begründen können.“ Oder auch „Überprüfung von Experimenten auf didaktische Relevanz; Organisation/Durchführung von Demo- und Schülerexperimenten; Erstellung von kompetenzorientierten Materialien zu den Experimenten; Diskussion von experimentellen Alternativen; Bewusstsein über immense Bedeutung von Experimenten.“</p><p>Als besonders bedeutsam hat sich die Kategorie IV, Sicherheit beim Experimentieren, herausgestellt. Hier haben die Befragten die größten Defizite festgestellt und fordern:</p><p>„Bessere Kenntnisse der Sicherheitsbestimmungen – aber erfahrungsgemäß leisten manche Universitäten gerade das Gegenteil: tendenziell eher sorgloser Umgang mit Chemikalien, wenig Bewusstsein für Sauberkeit im Labor, wenig Umsicht.“</p><p>„… sicherer Umgang mit Laborgeräten wie pH-Metern, mit Gefahrstoffen (Beispiele Natrium, Brom, Wasserstoff), sicherer Umgang mit Gasflaschen, kostensparendes Experimentieren mit kleinen Mengen …“</p><p>„… fundierte Kenntnisse über die Gefahrstoffverordnung 2010 und über das Erstellen von Gefährdungsbeurteilungen, Sicherheitsaspekte im Fach- und Sammlungsraum. Wissen über D-Giss, Gestis etc.; fundiertes Hintergrundwissen der Schulexperimente.“</p><p>Insgesamt machen die Ausbilder deutlich, dass viele Referendare nicht über ein hinreichendes Repertoire der einfachsten Experimentiertechniken verfügen und im Umgang mit grundlegenden Experimentiergerätschaften zu wenig geschult sind. So wird besonders häufig angemahnt, dass Referendare nicht gut genug oder gar nicht mit Gasflaschen umgehen können, dass Aufbau und Handhabung einfacher Experimentieranordnungen wie Titrationen, pH-Wert-Messungen oder elektrochemische Versuchsapparaturen Referendare vor größere Probleme stellen und dass sie Chemikalien (also Gefahrstoffe) nicht fachgerecht entsorgen.</p><p>Wenn also bereits elementare experimentelle Fähigkeiten und Fertigkeiten fehlen, darf man sich nicht wundern, wenn das Experimentieren im Unterricht in den Hintergrund tritt – wenn auch nur aus Selbstschutz, vielleicht aber auch, um hohen zeitlichen und materiellen Aufwand zu vermeiden.</p><h2>Konsequenzen für die Lehrerausbildung</h2><p>Aus der Befragung der Fachleiter ergeben sich im Wesentlichen die folgenden Forderungen:</p><p>Referendare sollten für die zweite Ausbildungsphase über einen Grundkanon an Experimenten für die Schulchemie verfügen und fachgerecht experimentieren können,</p><p>sie sollten die didaktische und methodische Funktion von Schulexperimenten fundiert werten können,</p><p>und sie sollten grundlegende Kenntnisse zur Sicherheit, Gefahrstoffverordnung und zu Gefährdungsbeurteilungen vorweisen.</p><p>Die Verantwortung hierfür liegt zunächst in der ersten Phase der Lehramtsausbildung, also bei den Hochschulen. Dies soll und darf aber keine Schuldzuweisung sein. Insbesondere die wissenschaftliche Disziplin Fachdidaktik Chemie hat unter dem Korsett der Bachelor-Master-Ausbildung mit maximal 15 ECTS-Punkten (das entspricht etwa 20 Semesterwochenstunden) von insgesamt 300 ECTS im gesamten Chemiestudium) kaum die Möglichkeit, konstruktivistisch ausgelegte Seminare und Praktika oder an der Schulrealität stärker verknüpfte Lehrangebote auszubringen – es fehlt einfach die Zeit.</p><p>Will man die Studierenden aber auf den Lehrerberuf vorbereiten, dann müssen Lehrformate eben diese Vorbereitung leisten. Das Nachdenken über den Einsatz von Experimenten unter Beachtung didaktischer Prinzipien und der methodischen Realisierungsmöglichkeit lässt sich an der Universität schulen, vorausgesetzt es steht ausreichend Zeit zur Verfügung. Es handelt sich ja nicht um einfaches Abkochen von Versuchsvorschriften, sondern um einen gezielten Lernprozess, zu dem Problemstellung, Hypothesenbildung und experimentelle Überprüfung gehören, also der Weg der naturwissenschaftlichen Erkenntnis.</p><p>Die meisten Hochschulstandorte mit chemiedidaktischer Ausbildung bemühen sich vehement darum, Lehramtskandidaten Experimentierfähigkeit zu vermitteln. Letztlich liegt es eben auch an den Studierenden selber, wie viel Arbeitskraft sie aufwenden, um Experimentierfähigkeit zu erwerben. Nicht jeder Studierende ist nur aufgrund seiner Studienwahl a priori auch für den Chemielehrerberuf geeignet.</p><h2>Zurück zum Ausgangspunkt: Gefahrstoffe</h2><p>Noch einmal zur kontrovers diskutierten Brom-Frage. Ein Fachleiter äußerte in der oben angesprochenen Umfrage:</p><p>„Ich finde es sehr auffällig, dass Referendare Angst vor den Experimenten haben. Gerade wenn sie mit Gefahrstoffen arbeiten. Wir haben nicht mehr so viel Zeit dies ganz ausführlich zu üben. An den Schulen wird schon manchmal die Devise an die Referendare ausgegeben: „Versuche zu den Halogenen machen wir nicht, das ist zu gefährlich. Sie auch nicht.“ Dann werden Filme gezeigt. Tatsächlich hat der Referendar die praktischen Fähigkeiten aber im Seminar inzwischen erlernt, und dann wird es ihm untersagt.“</p><p>Die Probleme und Gefahren im Umgang mit Brom sind nicht von der Hand zu weisen, und auch die Ausstattung der Chemiesäle an Schulen ist oft nicht zeitgemäß. Dennoch darf es kein generelles Verbot zum Umgang mit Brom an Schulen geben, da man sich vieler anschaulicher Versuche entledigen würde: Diffusion von Brom, die imposante Reaktion von Brom mit Aluminium, Bromierung von Heptan oder Cyclohexan als radikalische Substitution bei gleichzeitigem Nachweis des Abspaltungsprodukts HBr, Löslichkeit von Halogenen etc.</p><p>Will man auf die Lagerung von elementarem Brom verzichten, so gibt es Alternativen. Ähnlich wie auch die Experimente zur Chlorherstellung – die übrigens auch viele Lehrkräfte nicht mehr durchführen wollen oder können – lassen sich viele Experimente mit Gefahrstoffen unbedenklich in Microscale-Varianten durchführen. So lässt sich Chlor in Medizinspritzen leicht herstellen, ohne dass Geruch entsteht, überschüssiges Chlorgas wird in einer weiteren Spritze an Aktivkohle adsorbiert. Auch die oft als gefährlich erachtete NaCl-Synthese gelingt in der Spritzentechnik ohne Probleme. Gleiches lässt sich auch mit Brom anstellen. Eine wässrige Bromlösung (Bromwasser) ist leicht durch die Disproportionierungsreaktion von zum Beispiel Natriumbromat und Natriumbromid mit Schwefelsäure herzustellen, das sich dann für die oben genannten Reaktionen (außer der Diffusion) gut einsetzen lässt. Und sollte es doch mal zu Problemen mit Brom kommen, dann ist es hilfreich, Natriumthiosulfatlösung bereit zu haben.</p><p>Verbote von Chemikalien oder Experimenten sind leicht ausgesprochen, eine Rücknahme von Verboten dagegen ist unrealistisch.</p><p>Die Prämisse beim Experimentieren in Schulen und Hochschulen also ist: Eine Lehrkraft braucht solides Fachwissen und fundierte Kenntnisse über die Gefahrenpotenziale beim Umgang mit Chemikalien (insbesondere bei Stoffen wie Brom). Sie muss nach alternativen methodischen Experimentiervarianten (z. B. Microscale-Experimente) recherchieren und (Schul-)Experimente nach didaktischen Prinzipien auswählen können. Und vor allem: Lehrer müssen ausgewiesene, also fachlich fundierte und sichere Kompetenz beim Experimentieren mitbringen.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/IuOns6AdSlWppEQjtLtD"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Foto: tauav – Fotolia</figcaption></figure>
<h2>Quergelesen</h2><p>Ausbilder von Chemielehrern und Chemie- Fachleiter bemängeln, dass Referendare sowohl fachdidaktisch als auch handwerklich schlecht darauf vorbereitet sind, in der Schule zu experimentieren.</p><p>Chemieunterricht soll nicht alleine Wissen vermitteln, sondern er soll auch das Bewusstsein für den Umgang mit Stoffen schärfen, dazu gehören auch Gefahrstoffe.</p><p>Die Folge aus Unfällen im Chemieunterricht kann daher nicht sein, sämtliche Gefahrstoffe aus der Schule zu entfernen. Stattdessen sind die Experimentierfähigkeiten und -fertigkeiten der Chemielehrer zu stärken.</p><p>Jens Friedrich ist Hochschulprofessor für Chemie und ihre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg, Schriftleiter und Herausgeber der Zeitschrift Praxis der Naturwissenschaften – Chemie in der Schule und Sprecher der Arbeitsgruppe Experimentalunterricht der Fachgruppe Chemieunterricht in der GDCh.</p><div><img src="https://media.graphcms.com/JqdxleiLRQ2DYvwSPzAQ">

</div><p></p>
<ul><h2>Literatur</h2><li>
<sup>1 </sup><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.spiegel.de/schulspiegel/17-jaehriger-nach-unfall-im-chemieunterricht-im-kuenstlichen-koma-a-1020664.html" target="_blank">www.spiegel.de/schulspiegel/17-jaehriger-nach-unfall-im-chemieunterricht-im-kuenstlichen-koma-a-1020664.html</a></ext-link></li><li>
<sup>2 </sup>K. Ruppersberg, Nachr. Chem. 2015, 63, 540; T. Seilnacht, Nachr. Chem. 2015, 63, 892; E. Täuscher, D. Weiß, Nachr. Chem. 2015, 63, 893.</li><li>
<sup>3 </sup><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.bildung.hessen.de/fbereich/chemie/rplan/index.htm" target="_blank">www.bildung.hessen.de/fbereich/chemie/rplan/index.htm</a></ext-link></li><li>
<sup>4 </sup>J. Friedrich, „Experimentierst Du noch oder schaust Du schon….??!!“, Chemkon 2012, 19, 3.</li></ul>


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