Notizen

<h2>Gemeinsamer Projektförder-Fonds der Donauländer</h2>
Deutschland, Österreich, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, Slowenien, Rumänien, Serbien, Slowakische Republik, Tschechische Republik, Ukraine und Ungarn richten gemeinsam einen Fonds für Forschung, Innovation und Netzwerkbildung über 10 Mio. Euro ein. Deutsche Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Unternehmen können Mittel für Kooperationsprojekte zu Klima, Energie, Mobilität und Schlüsseltechnologien erhalten. Bedingung ist die Beteiligung von mindestens drei Partnern am Projekt: Eine deutsche Institution, ein Partner aus Kroatien, Österreich, der Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik oder Ungarn sowie ein Partner aus einem der übrigen Länder. BR
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<h2>Promotionsstipendien für Chemikalienbewertung</h2>
Die deutsche Bundesstiftung Umwelt vergibt bis zu 15 Stipendien an Doktoranden, die sich mit integrierter Chemikalienbewertung beschäftigen. Dazu bewerben sich die Absolventen mit ihrem Promotionskonzept bei der Stiftung. Die Doktoranden müssen an einer deutschen Hochschule, Universität oder außeruniversitären Einrichtung forschen. Andreas Schaeffer, Lehrstuhl für Umweltbiologie und Chemodynamik der RWTH Aachen, koordiniert das Programm. Die Bewerbungsfristen enden am 15. Juni und am 15. Januar 2014. 
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<h2>Zukunft der Universität</h2>
Ihre Vortragsreihe “Wertedenken — Denkenswertes” setzen Volkswagenstiftung und Initiatorin Thisbe Lindhorst in Hannover fort: Am 15. Mai liest Barbara Greese Texte zu Forschergeist und zur wissenschaftlichen Idee der Universität, Cecilia Nagy begleitet am Klavier. Um Globalisierung geht es am 27. Juni mit Gesine Schwan. 
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<h2>Treffen für Praktikumsleiter OC</h2>
Zu einem Vernetzungstreffen für Praktikumsleiter der organischen Chemie lädt die Liebig-Vereinigung der GDCh am 19. und 20. September nach Regensburg ein. Die Teilnehmer diskutieren über Probleme, Lösungen und Zukunftsperspektiven der Laborpraktika im Studium und halten kurze Referate. Anmeldeschluss ist der 31. Mai.
<a href="mailto:vernetzungstreffen@ur.de">vernetzungstreffen@ur.de</a>


<h2>Mehr Ausgaben für die Forschung</h2>
Der Anteil der Forschungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt erreichte 2011 mit 2,9 % in Deutschland fast das Ziel der Lissabon-Strategie von 2002. Darin haben sich die EU-Mitglieder verpflichtet, die Forschungsausgaben bis zum Jahr 2010 auf 3 % des Bruttoinlandsprodukts anzuheben, die Privatwirtschaft sollte zwei Drittel davon tragen. Insgesamt stiegen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Deutschland 2011 von 69,9 Mrd. Euro auf 74,8 Mrd. Euro. Unternehmen investierten 3,4 Mrd. Euro mehr als 2010. Mit insgesamt 50,3 Mrd. Euro trugen sie 67 % der Forschungsausgaben. In demselben Jahr erhöhten die Hochschulen ihre Investitionen um 785 Mio. auf 13,5 Mrd. Euro, Forschungsinstitutionen um 620 Mio. auf 11,0 Mrd. Euro.
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<h2>Lehrer des Jahres werden</h2>
Der Klaus-von-Klitzing-Preis zeichnet einen Lehrer aus, der Schüler für Naturwissenschaften, Technik, Mathematik oder Informatik begeistert. Die Universität Oldenburg und die Ems-Weser-Elbe-Stiftung vergeben den mit 15 000 Euro dotierten Preis. Davon muss der Preisträger 10 000 Euro für ein schulisches Projekt einsetzen. Bewerbungsschluss ist der 2. August. 
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<h2>Forschung in Österreich</h2>
Österreich förderte im Jahr 2012 die Forschung in Unternehmen durch Steuererleichterungen in Höhe von insgesamt 572,2 Mio. Euro. Das war mehr als die direkte Forschungsförderung von 483 Mio. Euro. Der Staat erhöhte die Prämie für Aufwendungen in Forschung und Entwicklung von 8 % auf 10 %, und mehr Unternehmen investierten in Forschung und Entwicklung. LK
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<h2>Medizinische Chemie vernetzt</h2>
Die European Lead Factory vernetzt seit Januar die europäische Grundlagenforschung zu medizinisch relevanten chemischen Verbindungen. Die Universität Duisburg-Essen beteiligt sich mit Konzepten für Wirkstoffkandidaten. BR
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Forschung und Bildung

Gemeinsamer Projektförder-Fonds der Donauländer Deutschland, Österreich, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, Slowenien, Rumänien, Serbien, Slowakische Republik, Tschechische Republik, Ukraine und Ungarn richten gemeinsam einen Fonds für Forschung, Innovation und Netzwerkbildung über 10 Mio. Euro ein....

Magazin

Prof.Dr.

Der Traum jedes Nanoforschers sind anorganische Ionen oder Moleküle, die sich zu Nanopartikeln verbinden und sich spontan zu den gewünschten dreidimensionalen Strukturen zusammenlagern, mit hierarchisch angeordneten Mustern von der Nano- bis zur Zentimeterskala. Die ideale Materialsynthese findet in wässriger Lösung bei Raumtemperatur und unter Normaldruck statt.
Tatsächlich existieren viele solcher Synthesen bereits, und zwar in der belebten Natur: in Lebewesen, die anorganische Strukturen aufbauen, also Biominerale wie Knochen, Zähne, Muschel- und Eierschalen oder SiO2- und CaCO3-Nadeln bei Schwämmen und Seeigeln. Die Lebewesen bilden zunächst nanoskopische Einheiten des Minerals und fügen diese dann zu den für jede Spezies charakteristischen, weil genetisch determinierten Biomineralstrukturen zusammen.
Biomoleküle steuern die Biomineralmorphogenese im Nano- bis Mikrometerbereich, indem sie als Vermittler zwischen den organischen Komponenten der Zelle und dem anorganischen Mineral fungieren. Dabei baut die Zelle die Biomoleküle in der Regel in das gebildete Mineral ein. Biominerale sind daher organisch-anorganische Hybridmaterialien.1
Mittlerweile sind viele Proteine identifiziert, die an der Biomineralbildung beteiligt sind. Diese Proteine sind häufig völlig neuartig, das heißt, sie zeigen keine Sequenzverwandtschaft zu Proteinen, die an anderen zellulären Prozessen beteiligt sind. Es lassen sich grob zwei Typen unterscheiden: Proteine, die bei schonendem Auflösen des Biominerals wasserlöslich sind, und Proteine, die Bestandteile von unlöslichen organischen Matrizes sind.


<h2>Die Natur nachahmen</h2>
In-vitro-Experimente haben gezeigt, dass sowohl die löslichen als auch die unlöslichen Biokomponenten die Struktur des Minerals und die Geschwindigkeit seiner Bildung beeinflussen. Allerdings ist es noch nicht möglich, mit diesen Proteinen in vitro komplexe Mineralstrukturen aufzubauen, die denen der Biominerale nahekommen. Dies zeigt, dass die fundamentalen Prinzipien der Morphogenese von Biomineralen noch nicht verstanden sind.
Biominerale sind in der Regel außergewöhnlich mechanisch belastbar, was zum einen daran liegt, dass sie organische Bestandteile enthalten, und zum anderen, dass sie hierarchisch nano- und mikrostrukturiert sind.
Beispiele für Biominerale mit außergewöhnlichen Eigenschaften sind die Nanomagnetketten von magnetotaktischen Bakterien, die es ihnen ermöglichen, das Erdmagnetfeld zu erspüren, sowie die Silicanadeln von Schwämmen, die als Lichtleiter fungieren, und die selbstschärfenden Zähne von Käferschnecken.
 Es liegt nahe, darüber nachzudenken, wie sich Biominerale und Biomineralisation technisch nutzen lassen. Oft verfolgen Forscher einen biomimetischen Ansatz: Biomoleküle oder synthetische Analoga sollen die gewünschten anorganischen Materialien in vitro unter möglichst schonenden Reaktionsbedingungen bilden. So entstanden bisher unter anderem Methoden, um Enzyme in Mineralnanoschichten zu immobilisieren, magnetische Nanopartikel zu synthetisieren und Lichtbeugungsgitter auf Basis biomimetischer Mineralpartikel herzustellen.2—4
Eine andere Strategie, sich Biominerale nutzbar zu machen, besteht darin, das vom Organismus gebildete Material mit zusätzlichen Eigenschaften auszustatten. Bisher dienten dazu vor allem Biominerale, die von Kieselalgen (Diatomeen) gebildet werden. Das ist eine große Gruppe aquatischer Mikroorganismen mit einer Größe zwischen 5 und 500 µm.


<h2>Wundermaterial aus Kieselalgen</h2>
Die Biominerale der Diatomeen bestehen aus röntgenamorphem SiO2, das artenspezifische Formen sowie Nano- und Mikrostrukturelemente aufweist (Abbildung 1).5 Typisch für Diatomeensilica sind die hierarchischen Muster von Poren, die zwischen 20 und 2000 nm groß sind.
Diatomeensilica dient den Kieselalgen als Zellwand und ist mechanisch sehr stabil. Die offene dreidimensionale Struktur sowie die enorme Stabilität bei gleichzeitig hoher Porosität verleihen dem Material günstige Eigenschaften, die industriell schon lange genutzt werden. Das Silica fossiler Diatomeen — Kieselgur/Diatomeenerde — dient zum Beispiel als Filter in der Bierherstellung und in der Trinkwasseraufbereitung, als Wärmedämmungsmaterial, als Adsorptionsmaterial und als Abriebmittel in Zahncremes.
Erst vor wenigen Jahren wurde klar, dass Diatomeensilica aufgrund seiner hierarchischen Porenmuster auch die Eigenschaften eines photonischen Kristalls zeigt.6 Das sind dielektrische Strukturen mit periodisch variierendem Brechungsindex — hier: dem von Silica und Luft —, die sich beispielsweise als optische Filter, Linsen oder Lichtleiter einsetzen lassen. Möglicherweise machen sich die Kieselalgen diesen Effekt beim Lichtsammeln für die Photosynthese zunutze.
Wie viele andere oxidische Materialien ist auch Diatomeensilica photolumineszent aufgrund freier Valenzen an den Oberflächen. In Anwesenheit von elektrophilen Substanzen wird die Photolumineszenz weniger intensiv; dieser Effekt lässt sich für chemische Sensoren ausnutzen. De Stefano und Mitarbeiter haben gezeigt, dass Diatomeensilica ein erstaunlich empfindlicher NO2-Sensor ist, was vermutlich auf die hierarchische Porosität und das damit einhergehende hohe Oberflächen-Volumen-Verhältnis zurückgeht.7


<h2>Alchemie mit Kieselalgensilica</h2>
Silica hat ein sehr eingeschränktes Spektrum an Materialeigenschaften, es ist beispielsweise nicht magnetisch und nicht elektrisch leitend. Wie lassen sich dennoch seine einzigartigen Nano- und Mikrostrukturen für Anwendungen in der Nanotechnik zugänglich machen? Diese Frage hat die Arbeitsgruppe um Ken Sandhage vom Georgia Institute of Technology, USA, beantwortet. Sie hat Methoden entwickelt, um Diatomeensilica durch Gas-Feststoff- oder Flüssigkeits-Feststoff-Reaktionen vollständig in Materialien mit anderer chemischer Zusammensetzung umzuwandeln. Das Besondere dabei ist, dass sich die Form und die charakteristischen Nano- und Mikrostrukturen dabei nicht verändern. In Anlehnung an die Bestrebungen der Chemiker im Mittelalter, unedle Materialien in wertvolle Edelmetalle zu verwandeln, bezeichnet Sandhage diese Biomineralveredelungen als “Alchemie mit Materialien” (“Materials Alchemy”).8
Die Gruppe um Sandhage hat beispielsweise Diatomeensilica formerhaltend in nanokristallines Silicium und in amorphen Graphit umgewandelt.8,9 Bei der üblicherweise durchgeführten Reduktion von SiO2 zu Si mit elementarem Kohlenstoff bleibt die Diatomeenstruktur aufgrund der extrem hohen Reaktionstemperaturen von etwa 2000 °C nicht erhalten. Die Reduktion mit gasförmigem Magnesium erfolgt dagegen bereits bei 650 °C, und das entstehende MgO lässt sich mit verdünnter Salzsäure entfernen. Die Struktur des zurückbleibenden nanokristallinen Siliciums ist von der des ursprünglichen Diatomeensilicas nicht zu unterscheiden (Abbildung 2).8
Silicium mit Diatomeenstruktur eignet sich hervorragend als Gassensor mit extrem geringer Ansprechzeit (Abbildung 3).8 Da Sauerstoff entfernt wurde, hat das Diatomeensilicium mit 541 m2 · g−1 eine 300-mal höhere spezifische Oberfläche als das Ausgangsmaterial. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass das Material Mikroporen mit einer Größe von ≤ 2 nm enthält, die dem Diatomeensilica fehlen.
Durch Reaktion des Diatomeensiliciums mit Methan bei 950 °C bildet sich SiC, aus dem sich das Silicium mit Cl2 bei 950 °C entfernen lässt. Zurück bleibt röntgenamorpher Kohlenstoff, der nach wie vor Form und Porenstruktur des Diatomeensilica aufweist.9 Da bei Kohlenstoff der Atomradius kleiner ist als bei Silicium, wächst die Oberfläche des Materials bei dieser Umwandlung auf 1370 m2 · g−1 an.9
Kohlenstoffdiatomeen eignen sich als Template für die Abscheidung von Pt-Nanopartikeln. Da sich diese fast ausschließlich in den Mikroporen bilden, entstehen vorwiegend extrem kleine Pt-Nanopartikel von ≤ 2 nm.9 Deshalb zeigen mit Pt-Nanopartikeln beladene Kohlenstoffdiatomeen ausgezeichnete elektrokatalytische Eigenschaften bei der Sauerstoffreduktion, die denen konventioneller Pt-C-Materialien überlegen sind, und eignen sich als Elektrodenmaterial für Brennstoffzellen.9
Es entstanden noch weitere Materialien mit Diatomeenstruktur nach dem Prinzip der “Materials Alchemy”, zum Beispiel TiO2, Eu-dotiertes BaTiO3 und ZrO2. Mittlerweile existiert eine Palette von Anwendungsmöglichkeiten für diese Strukturen.8


<h2>Dotierung mit Fremdatomen</h2>
 Anstelle der beschriebenen In-vitro-Methoden verwendeten Greg Rorrer und Mitarbeiter von der Oregon State University, USA, ein biotechnisches Verfahren, um die Mineralzusammensetzung von Diatomeenzellwänden in vivo zu verändern.10 Sie nutzen dabei aus, dass Diatomeen neben SiO2 natürlicherweise auch geringe Mengen anderer anorganischer Substanzen in die Zellwand einbauen. Da die Silicabiogenese in intrazellulären Membranvesikeln stattfindet, müssen die Zellen die ionischen Vorstufen der Fremdminerale über Transmembranproteine aufnehmen und in die Vesikel transportieren. Die beteiligten Transporterproteine und der biologische Zweck, Fremdminerale einzubauen, sind noch unbekannt.
Werden unter strikt kontrollierten Wachstumsbedingungen exakt dosierte Mengen von TiCl4 oder Ge(OH)4 zum Wachstumsmedium der Kieselalgen gegeben, so entstehen Diatomeensilica, die etwa ein bis zwei Gewichtsprozent an Ti(IV) beziehungsweise Ge(IV) enthalten.10 Erstaunlicherweise baut die Diatomee Pinnularia sp. Ti(IV) vorzugsweise in das Silica ein, das sich direkt um die Poren herum befindet. Durch anschließendes Erhitzen auf 950 °C entsteht dort nanokristallines Rutil. Möglicherweise eignet sich dieses SiO2-TiO2-Hybridmaterial für Farbstoffsolarzellen: Da die Diatomeenstruktur als photonischer Kristall fungiert, würde sie den Photoneneinfang deutlich verbessern.10 Dafür müsste allerdings der TiO2-Gehalt im Diatomeensilica noch deutlich steigen — wie sich das biotechnisch erreichen lässt, ist noch unklar.
 Bei der Dotierung von Diatomeensilica mit Ge(IV) nimmt die Zelle das dem Medium zugesetzte Ge(OH)4 über dieselben Transporterproteine auf wie die ortho-Kieselsäure, da beide Verbindungen isomorph sind. Diatomeensilica mit einem Ge-Gehalt von bis zu 0,4 Gewichtsprozent hat dieselbe Zellwandstruktur und dasselbe Zellwachstum, aber bei höheren Ge-Gehalten entstehen unkontrolliert große Löcher in der Zellwand, da GeO2 wasserlöslicher ist als SiO2. Ge(IV)-dotiertes Diatomeensilica ist viel photolumineszenter und zeigt auch Elektrolumineszenz. Möglich wäre eine Anwendung in optoelektronischen Systemen.10


<h2>Neue Sensoren</h2>
Die Arbeitsgruppe um Chad Mirkin von der Northwestern University, USA, hat gezeigt, dass sich Diatomeensilica für die Synthese von Mikropartikeln mit sensorischen Eigenschaften eignen. Diese ermöglichen die hochempfindliche Detektion von organischen Molekülen durch oberflächenverstärkte Raman-Streuung (surface enhanced raman spectroscopy, Sers).11 Das Verfahren macht sich zunutze, dass sich das elektromagnetische Feld rauer Metalloberflächen wie Ag oder Au an Stellen hoher Krümmung durch die Plasmonresonanz der Oberflächenelektronen bis zu 1012-fach verstärkt.
Um silicafreie Silberrepliken von Diatomeensilica zu synthetisieren, wurden letztere als Monoschicht auf einem Objektträger getrocknet und durch Gasphasenabscheidung mit einer zunächst 5 nm dicken Ti-Metallschicht und dann mit einer 30 nm dicken Ag-Metallschicht bedampft. Anschließend wurden Silica und Ti-Schicht mit HF entfernt. Zurück blieben Silberrepliken mit rauer Oberfläche und Diatomeenstruktur. Diese zeigten einen deutlichen Sers-Effekt mit Verstärkungsfaktoren von 105 bis 106 bei der Detektion des Farbstoffs Rhodamin 6G.11
Kürzlich haben die Arbeitsgruppen von Eike Brunner und Alexander Eychmüller an der TU Dresden eine neue Methode entwickelt, um Silbernanopartikel an die Oberfläche von Diatomeensilica zu binden.12 Dabei etablierten sie zunächst durch Derivatisierung mit 3-(Aminopropyl)trimethoxysilan (APTS) eine Monoschicht von primären Aminogruppen auf der Oberfläche des Diatomeensilica. Nachfolgend banden sie citratbeladene Silbernanopartikel nach Carbodiimidaktivierung über Amidbildung kovalent an die Oberfläche. Durch die angebundenen Silbernanopartikel ließen sich mit Ramanspektroskopie die Biomoleküle, die natürlicherweise im Diatomeensilica vorhanden sind, mit etwa 2000-fach erhöhter Empfindlichkeit detektieren.12
 Diatomeensilica eignen sich demnach als Trägermaterial für chemische Sensoren, die auf Sers basieren. Möglicherweise sind Mikropartikel mit Diatomeenstruktur synthetisierbar, die noch stärkere Sers-Effekte aufweisen, etwa durch Optimierung der Eigenschaften der verwendeten Metallnanopartikel und ihrer Beladungsdichte.


<h2>Biomoleküle binden</h2>
Als inertes Material unter physiologischen Bedingungen eignet sich Diatomeensilica auch gut als Träger für Biomoleküle. Nach der Einführung primärer Aminogruppen mit APTS lassen sich mit Kopplungsreaktionen Proteine kovalent an das Diatomeensilica binden, beispielsweise IgY- und IgG-Antikörper.13,14 Das Material bindet danach selektiv das entsprechende Antigen aus einer Mischung von Proteinen.13 Es lässt sich demnach als Biosensor nutzen oder um Antigene mit Affinitätschromatographie zu reinigen. Der Antikörper-Antigen-Komplex erhöht die natürliche Photolumineszenz des Diatomeensilica, so dass Bindungsereignisses photometrisch detektierbar sind.14
Eine biosynthetische Methode, um Enzyme an Diatomeensilica zu immobilisieren, haben Kröger und Mitarbeiter entwickelt.15 An immobilisierten Enzymen haben beispielsweise die pharmazeutische Industrie, die Lebensmittelindustrie und die Biosensorik Interesse. Die Methode heißt “Live Diatom Silica Immobilization” (LiDSI) und beruht darauf, ein rekombinant erzeugtes Gen, das für ein Fusionsprotein kodiert, in das Diatomeengenom einzufügen (Abbildung 4, S. 516).15,16 Ein Teil des Fusionsproteins besteht aus dem zu immobilisierenden Enzym, der andere Teil aus einer Silaffin-Domäne. Silaffine sind natürliche Proteinbestandteile des Diatomeensilica. Ihre Domänen sorgen dafür, dass die Zelle das Protein in die silicabildenden Vesikel transportiert und im Silica verankert.5
Die Zelle baut das Enzym-Silaffin-Fusionsprotein daher bei jeder Zellteilung in das neu gebildete Silica ein. So entsteht eine Diatomeenzelllinie, in der das Silica eine gewünschte Enzymaktivität enthält. Das enzymatisch aktive Material lässt sich durch schonende Detergenzextraktion isolieren, wobei etwa 60 bis 80 Prozent der Enzymaktivität erhalten bleibt.16 Der Einbau stabilisiert die Enzyme gegen thermische Denaturierung, organische Lösungsmittel und den Abbau durch Proteasen.15,16
Die LiDSi-Methode wurde bisher mit fünf Enzymen getestet (Tabelle). Dabei zeigte sich, dass bei allen die Oligomerisierung der Enzyme, der Einbau von Redoxcofaktoren und posttranslationale Modifikationen gewährleistet sind.16 LiDSI scheint daher breit anwendbar zu sein. Gegenüber allen anderen Enzymimmobilisierungsmethoden bietet es den Vorteil, dass es die kostspielige Isolierung des Enzyms umgeht und gleich das fertige Immobilisierungsprodukt bereitstellt. Zudem sollte Diatomeensilica als Trägermaterial vorteilhaft sein, wenn es um Anwendungen in Durchflusssystemen geht, etwa bei der Wasseraufbereitung.
 Auch das grünfluoreszierende Protein GFP ließ sich mit LiDSI immobilisieren, die Methode beschränkt sich demnach nicht auf Enzyme.15 Sie sollte auch mit Antikörpermolekülen und anderen Rezeptorproteinen funktionieren.


<h2>Technik mit Zukunft</h2>
 Zu den günstigen Eigenschaften des Diatomeensilica gesellen sich die biologischen Vorteile der Kieselalgen: Sie sind photoautotroph, wachsen relativ schnell und lassen sich leicht genetisch modifizieren. Als nachwachsender Rohstoff, der sich mit chemischen und biotechnischen Verfahren veredeln lässt, können Diatomeen für eine zukünftige auf Nanotechnik basierende Industrie von Interesse sein.


<h2>QUERGELESEN</h2>
Biominerale sind nano- und mikrostrukturierte Verbindungen aus Mineralen und Biomolekülen. Dazu gehören Zähne, Muschelschalen und die SiO2-haltigen Zellhüllen der Kieselalgen.
Das SiO2-Gerüst lässt sich mit Fremdatomen versehen oder durch Ersetzen des SiO2, zum Beispiel durch Silicium oder Kohlenstoff, bei gleichbleibender Struktur in andere Materialien umwandeln.
Neue Methoden binden Antikörper an das Kieselalgensilicagerüst oder immobilisieren Enzyme daran.


Nils Kröger, Jahrgang 1967, studierte Chemie in Marburg und Regensburg. Er habilitierte sich im Jahr 2001 in Biochemie an der Uni Regensburg. Von 2005 bis 2011 war er Assistant und Associate Professor am Georgia Institute of Technology in den USA. Seit 2012 ist er Professor am Lehrstuhl für Biomimetische Materialien der TU Dresden. Er interessiert sich für Biomineralisation, Bioadhäsion und Bionanotechnik. <a href="mailto:kroeger@bcube-dresden.de">kroeger@bcube-dresden.de</a>



<ul>
<li>
1 

 
<source>Handbook of Biomineralization, Hrsg. <person-group person-group-type="editor">E. Bauerlein</person-group>, <publisher-name>Wiley-VCH</publisher-name>, <publisher-loc>Weinheim</publisher-loc>, (2009).
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L. De Stefano, 
M. De Stefano, 
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(2012), 
78, 
211
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