Notizen


<h2>Studienabbruchquoten</h2>
<p>31 % der Studienanfänger in Chemie verlassen die Universität ohne Abschluss, dies sind 7 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Erhebung des Hochschulinformationssystems. Die Studienabbruchquote für Mathematik und Naturwissenschaften liegt bei gleichbleibend 28 %. Die Quoten berücksichtigen weder Fach- noch Hochschulwechsler. Die höchste Abbrecherquote haben Physik und Geowissenschaften mit 36 %. Insgesamt ist die Zahl der Studienabbrecher an Hochschulen auf ein Fünftel gesunken, während die Quote an Fachhochschulen um 5 Prozentpunkte gestiegen ist.</p>
<p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.his.de/pdf/21/his-projektbericht-studienabbruch_2.pdf" target="_blank">www.his.de/pdf/21/his-projektbericht-studienabbruch_2.pdf</a></ext-link></p>


<h2>Gemeinsamer Forschungsraum</h2>
<p>Science Europe, eine Gemeinschaft von Forschungsorganisationen in Europa, will dazu beitragen, einen zusammenhängenden europäischen Forschungsraum zu schaffen. Dazu unterstützt Science Europe die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern. Ziele sind etwa der freie Zugang zu Publikationen und grenzüberschreitende Fördermodelle. Zu den deutschen Mitgliedern gehören die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft.</p>
<p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.scienceeurope.org" target="_blank">www.scienceeurope.org</a></ext-link></p>


<h2>Neue Hightech-Strategie</h2>
<p>Die Innovationspolitik des Bundes sollen in den nächsten vier Jahren zehn Zukunftsprojekte der neu verabschiedeten Hightech-Strategie bestimmen. Dazu gehören CO2-neutrale Städte, alternative Energie- und Rohstoffversorgung sowie Verbesserungen im Gesundheitswesen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Mit 8,4 Mrd. Euro unterstützt die Bundesregierung die Projekte bis zum Jahr 2015.</p>
<p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.hightech-strategie.de/de/350.php" target="_blank">www.hightech-strategie.de/de/350.php</a></ext-link></p>


<h2>Bewertung von Forschungsleistungen</h2>
<p>Der Wissenschaftsrat empfiehlt, die Verfahren zur Bewertung und Steuerung von Forschungsleistungen weiter anzupassen. Damit würden die Hochschulen die Ansprüche von Politik und Gesellschaft aufgreifen und Freiräume für Forschung wahren. Hochschulen, außeruniversitäre Einrichtungen, die Wissenschaftspolitik und einzelne Wissenschaftler sollen ihre Verfahren überprüfen, den Aufwand begrenzen, sich selbstkritisch betrachten und ausreichend finanzielle Mittel erhalten.</p>
<p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/1656-11.pdf" target="_blank">www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/1656-11.pdf</a></ext-link></p>


<h2>Förderpreis Opus Primum</h2>
<p>Die Volkswagenstiftung schreibt einen Preis für die beste Publikation eines Nachwuchswissenschaftlers unter 35 Jahren aus. Der Preis ist mit 10 000 Euro dotiert. Eingereichte Publikationen müssen auf Deutsch geschrieben und für Laien verständlich sein. Eigenbewerbungen sind nicht möglich; ein Verlag kann bis zu drei Bewerber vorschlagen. Die Einreichfrist endet am 31. August.</p>
<p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.volkswagenstiftung.de/opus-primum" target="_blank">www.volkswagenstiftung.de/opus-primum</a></ext-link></p>


<h2>Steuernachzahlung für Grundlagenforschung</h2>
<p>Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln und das Forschungszentrum Jülich sollen Steuern in Millionenhöhe nachzahlen. Dies befanden die zuständigen Landesbetriebsprüfer: Das Finanzamt erstattete den Zentren zu Unrecht die Umsatzsteuer. Nur Anwendungsforschung ist von der Mehrwertsteuer befreit. Die Helmholtz-Gemeinschaft, zu der auch die Zentren in Köln und Jülich gehören, betreibt Grundlagenforschung. Diese darf nicht von der Mehrwertsteuer befreit werden. Die Bundesregierung befürchtet, dass eine Nachzahlung den Forschungsstandort Deutschland schwächt. Das Bundesfinanzministerium und das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen sind jedoch der Meinung, dass die Betriebsprüfer richtig vorgehen. Seit Wochen versuchen Finanz-, Wirtschafts- und Forschungsressorts von Bund und Land den Streit zu lösen. Eine Einigung ist nicht in Sicht.</p>


<h2>Förderung der Elektrochemie</h2>
<p>Die TU Dresden erhält für die Ausbildung in der Elektrochemie 30 000 Euro vom Fonds der Chemischen Industrie. Wladimir Reschetilowski, Professor für technische Chemie an der TU Dresden, verwaltet das Geld. Der Betrag ist für Lehrmittel und neue Geräte vorgesehen.</p>
<p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.fonds.vci.de" target="_blank">www.fonds.vci.de</a></ext-link></p>



Forschung und Bildung

Studienabbruchquoten 31 % der Studienanfänger in Chemie verlassen die Universität ohne Abschluss, dies sind 7 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Erhebung des Hochschulinformationssystems. Die Studienabbruchquote für Mathematik und Naturwissenschaften liegt bei gleichbleibend 28 %. Die Quoten...


<p>Wir Wissenschaftler sind alle Anarchisten, meint zumindest der Autor Michael Brooks. Die ganze Wissenschaft wimmele nur so von Leuten, die alle erdenklichen Regeln übertreten und sich nicht um das nach außen vertretene Ethos der wissenschaftlichen Wahrheitsfindung scheren. Nach der These, die Brooks in seinem Buch “Free Radicals — the secret anarchy of science” etwas überzogen vertritt,1) nützt die Anarchie dem Fortschritt, und die Wissenschaft sollte sich zur Anarchie bekennen, statt immer so langweilig und rational daherzukommen. Eine Regel befolgen die meisten der von Brooks als Zeugen aufgerufenen Wissenschaftsanarchisten: Sie bewegen sich innerhalb des jeweils vorherrschenden wissenschaftlichen Systems, und das heißt — zumindest in der Gegenwart und näheren Vergangenheit: Sie führen ihre Experimente in Forschungslabors aus und publizieren sie in wissenschaftlichen Journalen.</p>
<p>Die wahren Anarchisten der heutigen Wissenschaft, könnte man argumentieren, sind aber diejenigen, die ihre Experimente zuhause in der Küche oder Garage ausführen. So wie der schwedische Physik-Fan Richard Handl, der im vergangenen Herbst berühmt wurde, als er versuchte, eine Kernspaltung in der Küche seiner kleinen Wohnung durchzuführen. Als er auf seinem Herd Berylliumpulver und selbstleuchtende Uhrzeiger (als Radiumquelle) mit Schwefelsäure erhitzte, um daraus eine Neutronenquelle zu gewinnen, flog ihm das Gebräu um die Ohren. Nach diesem unerwarteten Versuchsergebnis erkundigte er sich bei der zuständigen Aufsichtsbehörde, ob sein geplantes Experiment überhaupt erlaubt sei, und erfuhr dann erst einmal eine Zwangsstilllegung.</p>
<p>Inspiriert hatte Handl, der zunächst ganz harmlos mit dem Sammeln von Elementen anfing, die Geschichte des radioaktiven Pfadfinders David Hahn, der im US-Bundesstaat Michigan bereits Mitte der 1990er Jahre, damals 17-jährig, versuchte, einen Kernreaktor im Gartenschuppen seiner Familie zu bauen. Auch er wurde von den Behörden an der Erfüllung seines strahlenden Traums gehindert, aber erst, nachdem er sich selbst und seine Umgebung mit gefährlichen Dosen von Radioaktivität belastet hatte.</p>
<p>Darüber, dass Privatpersonen zuhause vielleicht besser keine Kernspaltungen versuchen sollten, kann man wahrscheinlich leicht Einigkeit erzielen. Aber wie sieht es am harmloseren Ende des Spektrums aus? Victor Deeb in der Kleinstadt Marlborough in Massachusetts betrieb in seinem Keller ein kleines Labor, um eine Beschichtung für Getränkedosen zu finden, die ohne Bisphenol A auskommt. Er besaß etwa 100 Gefäße mit Chemikalien, von denen keine als gefährlich gilt. Die Behörden, die zufällig auf ihn aufmerksam wurden, räumten seinen Keller aus und versuchten, ihm einen Gesetzesbruch nachzuweisen. Da ihnen das nicht gelang, verklagten sie ihn auf die Kosten der Untersuchung.</p>
<p>Diese Art von harmloser Amateurwissenschaft ist derzeit — dank der flächendeckenden Ausbreitung des Internets — im Aufwind. Insbesondere die Molekularbiologie erfreut sich großer Beliebtheit bei Hobbyforschern. Davon zeugen Blogs wie <a href="https://diybio.org" target="_blank">diybio.org</a>. Da Biotech-Startups öfter mal pleite gehen, gibt es einen lebhaften Online-Markt für gebrauchte Laborgeräte, und wer unbedingt seine eigenen Gene oder die seiner Haustiere amplifizieren und sequenzieren möchte, kann dies problemlos tun. Lasst mir nur die Grippeviren in Ruhe [diese <i>Nachrichten</i>, S. 654], denn da kommt man schnell in die Gefahrenzone, auf welche die Staatsgewalt vermutlich ebenso empfindlich reagieren wird wie auf selbst gebaute Kernreaktoren.</p>
<p>Als ehemaliger Forscher hätte ich natürlich viel zu hohe Ansprüche an die Laborausstattung und würde nicht unbedingt in der Küche die Reaktionen von Hand ankurbeln wollen, die anderswo längst perfektioniert und automatisiert sind. Wenn mich die Labornostalgie wirklich einmal unwiderstehlich packen sollte, würde ich vermutlich eher etwas ästhetisch Reizvolles anvisieren und zum Beispiel Glas blasen oder Kristalle züchten. Anarchie ohne Explosionsgefahr.</p>
<p>Michael Groß <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a></ext-link></p>



<ul>
<li>
<sup>1 </sup>


M. Brooks, 
<source>Free radicals: The secret anarchy of science, <publisher-name>Profile books</publisher-name>, <publisher-loc>London</publisher-loc>, 2011.

</li>
<li>
<sup>2 </sup>


K. Silverstein, 
<source>The Radioactive Boy Scout: The True Story of a Boy and His Backyard Nuclear Reactor, <publisher-name>Random House</publisher-name>, <publisher-loc>New York</publisher-loc>, 2004.

</li>
</ul>


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