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Nachrichten aus der Chemie: Herr Glass, die Wochenzeitschrift Die Zeit überschreibt ein Interview mit Ihnen mit “Das Lied vom Chemiewerk”.1 Wie ist Ihr Verhältnis zur Chemie?
Charlie Glass: Ich glaube, ich habe Chemie in der 10. Klasse abgewählt. Heute finde ich das alles zwar hochinteressant, aber es ist nicht mein Fach.
Nachrichten: Sie haben für Südchemie einen Firmensong geschrieben.2 Sind Sie deswegen in einem Chemiewerk gewesen?
Glass: Nein, war ich nicht. Ich war nur in der Geschäftsleitung in München. Und später beim Südchemie-Weltkongress “Defining the Future” in Katar. Dort habe ich als Pianist und Sänger den Song vorgestellt, den ich dafür produziert hatte.
Nachrichten: Ist beim Komponieren für Chemiefirmen anderes zu beachten als für andere Unternehmen?
Glass: Nein, aber ich gehe auf jedes Unternehmen speziell ein. Ich habe mir das Unternehmen angesehen, geschaut, was für die wichtig ist. Dann habe ich einfach deren Firmenstruktur so verpackt, dass sie musikalisch einmalig wurden damit.
Nachrichten: Es gibt einen Text zu dem Musikstück. Sie komponieren nicht nur, Sie texten auch?
Glass: Wir texten im Team, mein Produktionspartner Alex Prechtl und ich. Bei der Musik, da bin meistens ich derjenige, der schnell eine Idee hat. Die Texte passieren uns oft gemeinsam, und dann produzieren wir das zusammen hier im Studio.
Nachrichten: Haben Sie für andere Chemieunternehmen gearbeitet?
Glass: Nein, aber für verschiedenste Kunden, von Hotels über Banken und Versicherungen bis zu Popinterpreten.
Nachrichten: Mit welchen Kosten muss ich rechnen, wenn ich einen Firmensong haben will?
Glass: Grundlage sind zirka 10 000 Euro. Der Song ist dann komplett produziert, mit allen Instrumenten und eventuell einem Chor und … und … und.
Nachrichten: Ein ganzer Chor ist dabei?
Glass: Naja, es sind eben mehrere Stimmen zu hören: Sänger oder Sängerin für die Hauptstimme und dann etwas im Hintergrund. Wenns größer werden soll, geht der Preis je nach Aufwand nach oben. Wenn der Kunde sagt: Ich hätte gerne ein klassisches Orchester, dann kostet das klassische Orchester eben, was so ein klassisches Orchester kostet.
Nachrichten: Und wenn Sie zum Vorführen des Songs ins Unternehmen gehen, die Leute zum Mitsingen motivieren …
Glass: … dann ist das wieder etwas anderes, das rechne ich als Live-Auftritt ab.
Nachrichten: Wie ein gewöhnlicher Künstler.
Glass: Ja, Die Zeit hat mich zwar als Musiker aus dem Chemiewerk dargestellt. Die meinten aber wohl eher, dass ich Musik aus dem Labor anbiete, eben für jeden extra zubereitet. Weil ich es den Kunden immer recht mache und mein Produkt perfekt ans Firmenimage anpasse.
Der Komponist, Musiker und Entertainer Charlie Glass aus Fischen am Ammersee sprach mit Nachrichten-Redakteurin Maren Bulmahn.



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1 

 Die Zeit, 25.10.2012.
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2 

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Artikel

“Für jeden extra zubereitet”

Nachrichten aus der Chemie: Herr Glass, die Wochenzeitschrift Die Zeit überschreibt ein Interview mit Ihnen mit “Das Lied vom Chemiewerk”.1 Wie ist Ihr Verhältnis zur Chemie? Charlie Glass: Ich glaube, ich habe Chemie in der 10. Klasse abgewählt. Heute finde ich das alles zwar hochinteressant, ab...

Da wir im Internetzeitalter nicht mehr alle Informationen glauben, die uns überschwemmen, und da die skeptische Demontage von urbanen Mythen heute ein Volkssport ist, griffen viele Spinat-Skeptiker die Widerlegung des Eisenmythos auf und reichten sie emsig herum. Sie mutierte und trieb dabei völlig neue Blüten: Es entwickelte sich eine Gruppe von völlig unbelegbaren Mythen.
Deutsche Forscher des ausgehenden 19. Jahrhunderts, so kann man in zahllosen Quellen nachlesen, sollen — je nachdem welcher Variante man glaubt — entweder ein Komma irrtümlich verschoben oder den Eisengehalt der Trockenmasse mit dem des frischen Spinats verwechselt haben. So hätten sie das gemessene Ergebnis um eine Größenordnung zu groß dargestellt. Diesem Irrtum sei der Schöpfer der Popeye-Comics, Elzie Segar, aufgesessen und habe deshalb die wundersame Kraft seines Helden mit Spinat in Verbindung gebracht.
Eine tröstliche Geschichte und späte Befriedigung für alle, die unter dem Diktat des Spinats leiden mussten. Aber lässt sie sich belegen? Der Kriminologe Mike Sutton von der Nottingham Trent University wollte die Geschichte in einem Artikel verwenden und mit ordentlichen Zitaten belegen. Zu seinem Schrecken fand er jedoch heraus, dass keine existierten.1
Alle Wege führten ihn zu einem nicht ganz ernst gemeinten Beitrag in der Weihnachtsausgabe des British Medical Journal von 1981.2 Dessen Autor, T. J. Hamblin, gibt keine Hinweise darauf, wo der angeblich so einflussreiche Größenordnungsfehler der deutschen Wissenschaftler dokumentiert sein sollte. Auf Suttons Nachfrage hin konnte Hamblin sich nicht erinnern, wo er diese Information gefunden hatte.
Sutton fand zwar einen Größenordnungsfehler in der Spinatliteratur, aber der wurde in den 1930er Jahren in den USA publiziert und bald darauf korrigiert. Er könnte allerdings der Nukleus der Legende sein, die den Fehler dann ins Wilhelminische Deutschland verschob.
Sutton, der als Kriminologe sozusagen Berufsskeptiker ist, entwickelte in seiner Spinatforschung, die er in seiner Freizeit betrieb, ein obsessives Interesse: Wie und warum waren ausgerechnet die engagierten Skeptiker, in dem Bemühen einen Mythos zu entlarven, selbst einer unhaltbaren Legende aufgesessen?
Bei seinen weiteren Nachforschungen studierte Sutton auch die kompletten ersten Jahre der Popeye-Comics und fand heraus, dass dort von Eisen im Spinat überhaupt keine Rede ist. Im Juli 1932 begründet Popeye seinen Spinatkonsum mit dem Gehalt an Vitamin A. Auch die Popeye-Verbindung war also lediglich eine kreative Ausschmückung — sowohl im ursprünglichen Spinatmythos als auch im Gegenmythos der Spinatskeptiker.
Aus heutiger Sicht bleibt festzustellen, dass Spinat mehr oder weniger ähnlich gesund ist wie andere Gemüsesorten auch. Abwechslungsreich sollte die Ernährung auf jeden Fall sein. Eine obsessive Spezialisierung auf Spinat als Hauptenergiequelle nach Art von Popeye empfiehlt heute wohl niemand mehr.
Und im Hinblick auf Legenden und Leichtgläubigkeit lässt sich aus der Geschichte lernen, dass auch Skeptiker auf die Nase fallen können. Nun hoffe ich nur, dass Suttons Geschichte, die immerhin mit einer sechs Seiten langen Literaturliste belegt ist, auch wirklich stimmt. Denn ich habe die alten Popeye-Comics nicht zur Kontrolle nachgelesen, und den Eisengehalt im Spinat habe ich auch nicht gemessen.
Michael Groß ist freier Wissenschaftsautor in Oxford, England. <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a></ext-link>


<h2>Die Mär vom Dresdner Aschenputtel</h2>
Es war einmal in Sachsen ein reicher und kluger König. Er hatte einst vor 185 Jahren die Technische Bildungsanstalt Dresden gegründet. Insbesondere die technische Chemie als Lieblingstochter des Königs erfreute sich bei den Untertanen einer großen Beliebtheit. Bald darauf kamen weitere Chemietöchter hinzu. Die waren schön von Angesicht, doch von Herzen waren sie schwarz und garstig und mobbten ihre älteste Schwester. Immer wieder musste sie sich anhören “Wer Brot essen will, muss verdienen: Hinaus mit der Küchenmagd!”. So zog die älteste Schwester einen grauen alten Kittel an und tat schwere Arbeit. Und weil sie immer schmutzig war, nannten alle sie nur Aschenputtel.
Eines Tages pflanzte Aschenputtel ein Bäumchen, daraus wurde ein mächtiger Chemiebaum. Sein Wachstum förderten märchenhafte Prinzen wie Bayer, Hoechst, BASF, Agfa, Schering, Boehringer Ingelheim, Degussa, Wacker, Leuna, Buna etc. nicht ohne Eigennutz. Aschenputtel sorgte so für den wachsenden Wohlstand des Königreichs und erhielt wieder schöne Kleider.
Viele Jünglinge und Jungfern wollten sich an den Früchten des Chemiebaums laben. Zu allem Verdruss stand Aschenputtel aber im Weg, denn es wollte die Früchte des Baums, den es gepflanzt hatte, auch genießen. Da kehrten ihm die Schwestern den Rücken zu und eilten blindlings fort. Selbst der Königssohn war vom Chemiebaum so verblendet, dass er kein Interesse am Aschenputtel im prächtigen Kleid zeigte. So musste Aschenputtel die schönen Kleider ablegen und wieder sein graues Kittelchen anziehen. Der Erzähler wünscht sich aber, dass Aschenputtel eines Tages wie Phoenix aus der Asche in neuem Glanz erscheint, und dann würden sich die Schwestern bei ihm einschleichen und teil an seinem Glück nehmen wollen. Doch bis dahin werden die Märchentauben einer jeden Schwester die Augen auspicken und sie so mit Blindheit strafen.
Katalytikus



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1 

M. Sutton, Internet Journal of Criminology 2010 (als PDF bei <a href="mailto:submissions@internetjournalofcriminology.com">submissions@internetjournalofcriminology.com</a> erhältlich).
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2 


T. J. Hamblin, 
<source>Br. Med. J. (Clin Res Ed) 
(1981), 
283, 
1671–<lpage>1674.</lpage>
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“Für jeden extra zubereitet”

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