Blickpunkt

Gerüche bestehen in der Regel aus einem Gemisch verschiedener flüchtiger organischer Verbindungen (volatile organic compounds, VOC) [siehe auch Nachr. Chem. 2011, 59, 319]. Aufgrund der Menge der Komponenten und der geringen Kenntnis darüber, wie stark einzelne Komponenten den Geruchssinn des Menschen beeinflussen, versagen klassische Messmethoden, wenn es darum geht, Gerüche zu identifizieren. Gasdetektionssysteme auf Basis halbleitender Metalloxid-Sensoren (MOX-Sensoren) eignen sich wegen der hohen Bandbreite ihres Reaktionsmechanismus und ihrer hohen Empfindlichkeit auf VOCs für solche Aufgaben. Ein neu entwickeltes Gerät, der 3S Odor Checker, detektiert Gerüche und klassifiziert sie entsprechend dem menschlichen Eindruck. Eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche und objektive Geruchsmessung ist allerdings eine Korrelation der Sensorsignale mit der Bewertung eines menschlichen sensorischen Panels. Diese Panels bestehen üblicherweise aus sechs bis acht Personen, deren Geruchssinn speziell auf Reproduzierbarkeit geschult ist. Die zu beurteilende Geruchsprobe bewertet nun jeder Panelist anhand einer numerischen Skala. Der Durchschnittswert aus allen Panelteilnehmern wird als Gesamteindruck herangezogen.


<h2>Gasdetektionssysteme entwickeln</h2>
Auf Halbleitergassensoren basierende Gasdetektionssysteme setzen sich aus einem (oder mehreren) Sensorelementen (auch für Hilfsgrößen wie Feuchte), aus einer sensorspezifischen Elektronik und einem digitalen Prozessor zusammen, der die anwendungsspezifischen Signale verarbeitet.
Das Sensorelement besteht aus einer sensitiven Halbleiterschicht, die durch eine thermisch gut leitende Passivierung von einer darunterliegenden Heizschicht (in der Regel ein Platinmäander) elektrisch getrennt ist. Der elektrische Widerstand (oder der Leitwert) der Sensorschicht ist die Messgröße. Über den Heizwiderstand wird die sensitive Schicht auf Arbeitstemperatur gebracht. Dadurch geht der auf der SnO2-Schicht des MOX-Sensors chemisorbierte Luftsauerstoff mit der Gasatmosphäre Redoxreaktionen ein. Je nach Reaktion ändert sich der Sauerstoffbedeckungsgrad, und der der Widerstand des Sensors steigt oder sinkt.
Dieser grundsätzliche Detektionsmechanismus ist unselektiv — er unterscheidet nur zwei Zustände — und liefert daher keine Aussagen über die Beschaffenheit der Atmosphäre und damit über einen Geruch. Abhilfe schafft hier eine besondere Betriebsweise des Sensorelements, bei der die Temperatur der sensitiven Schicht durch Temperaturprofile am Heizer eingestellt wird. Durch diese periodische Temperaturmodulation entstehen zyklische Muster, die als Fingerabdruck für eine bestimmte Gasatmosphäre dienen. Durch Weiterverarbeitung, zum Beispiel durch Normierung und Extraktion verschiedener Formmerkmale aus den Sensor-Rohsignalen lassen sich die Muster formal beschreiben. Eine multivariate Datenanalyse macht diese Muster unterscheidbar. Somit ist es möglich, dass der Sensor eintrainierte Muster erkennt und entsprechenden Gasgemischen oder Gerüchen zuordnet.
Im Gegensatz zu spektral auflösenden Messsystemen arbeitet der Odor Checker auf Basis von Integralsignalen, die alle anwesenden gasförmigen Substanzen erfassen und verschiedene Gerüche bis hin zur Geruchsschwelle detektieren. Die Nachweisgrenze geht dabei, je nach Gemisch und Hintergrund, bis in den unteren ppb-Bereich. Die Messung von Konzentrationen von einzelnen Gasen in einem solchen Gemisch ist nur in Ausnahmefällen möglich.
Wichtige Aspekte bei der Realisierung solcher Systeme sind der grundsätzliche Nachweis der Machbarkeit und ein jeweils anwendungsspezifischer Auswertealgorithmus. Beides erfordert in der Entwicklung ausgiebige Feldtests. Denn zum einen beschreiben Modelle für MOX-Sensoren bislang nur einfache Reaktionen auf der Sensoroberfläche, die komplexe Reaktion von Gasgemischen lässt sich nicht simulieren. Zum anderen sind die Gerüche, die es zu unterscheiden gilt, in der Praxis komplexe Gasgemische, die sich im Labor nur ansatzweise synthetisch generieren lassen. Hinzu kommt die Frage nach der (Re-)Kalibrierung und des Trainings, die von Anfang an in den Entwicklungsprozess einzubinden ist.1-3


<h2>Systemausführung und Vorteile</h2>
Das System (Abbildung 2) ist sowohl in Hard- als auch in Software modular aufgebaut und besteht unter anderem aus einer zentralen Kammer, die automatisch (nicht gezeigt) oder manuell mit dem Prüfling (Abbildung 1) bestückt wird . Zwei Ventile lenken den Gasstrom der Pumpe so, dass dieser einerseits gereinigte Umgebungsluft und andererseits die Kammeratmosphäre zum Sensor führt. Je nach Ventilstellung wird zwischen Akkumulations- und Injektionsphase unterschieden (Abbildung 2). Die zeitliche Dauer dieser Phasen ist wichtiger Bestandteil der Systemparametrierung und damit essenziell für eine Geruchsmessung.
Zusätzliche Module konzentrieren das Gas bei geringen Konzentrationen und homogenisieren das Gemisch speziell für den temperaturmodulierten Betrieb.
Die Auswertung beider Phasen erlaubt eine Differenzauswertung, um mögliche Belastungen des Hintergrunds, die trotz Luftfilterung detektiert werden, zu unterdrücken.
Der Vorteil dieser künstlichen Nase liegt darin, dass die Rekalibrierintervalle mindestens doppelt so lang wie bei herkömmlichen künstlichen Nasen sind und damit die laufenden Betriebskosten sinken. Diese Standzeitverlängerung rührt daher, dass nur auf einen Sensor mit entsprechender Temperaturmodulation anstatt bisher auf ein ganzes Array an unterschiedlichen Sensoren jeweils auf einer festen Temperatur betrieben zurückgegriffen wird und somit die inhärente Drift der verwendeten Sensoren durch entsprechende Algorithmen besser zu unterdrücken ist.
Anders als ein Geruchspanel aus mehreren Teilnehmern detektiert die künstliche Nase Gerüche reproduzierbar und dauerhaft. Dies kann ein Mensch nicht, da Geruchswahrnehmung vom aktuellen Befinden und von vorher aufgenommener Nahrung abhängt und so täglich schwankt. Zudem ist die menschliche Nase binnen weniger Messungen erschöpft und benötigt eine Pause.
Zu den technischen Vorteilen kommt ein Kostenvorteil, da beispielsweise die Anschaffung eines Systems und jährliches Neutrainieren mit einem Panel auf Dauer deutlich günstiger sind als der regelmäßige Einsatz eines Panels.
Allerdings hat der Mensch bei vielen, gerade üblen Gerüchen eine deutlich geringere Wahrnehmungsschwelle als ein Sensor. Hinzu kommt, dass das System beim anfänglichen Training auf die Eindrücke und Bewertungen von Menschen angewiesen ist und so teilweise die Subjektivität des Panels und dessen Schwankungsbreite übernimmt.


<h2>Anwendungen und Ausblick</h2>
Die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems zeigt das Beispiel der Unterscheidung von Zitronen-, Mandel- und Vanillearoma.
In Abbildung 3 (links) zeigt das anregende (und zyklisch wiederholte) Temperaturprofil und die normierten Daten. Dabei wurde auf den Mittelwert des Zyklus normiert, um fertigungsbedingte Schwankungen zu unterdrücken. Die extrahierten Formmerkmale sind Mittelwerte, Steigungen und Krümmungen der normierten Rohsignale. Die Trennung der Aromen Zitrone, Mandel und Vanille ist in Abbildung 3 (rechts) als Ergebnis einer linearen Diskriminanzanalyse als rudimentärem Vertreter eines Verfahrens der multivariaten Datenanalyse dargestellt. Hierbei sind sowohl die Abbildung der Trainingsdaten als auch der eigentlichen Messdaten (Validierungsdaten) in der Diskriminanzebene gezeigt.
Der 3S Odor Checker wird aktuell dazu eingesetzt, Entwicklungsprozesse von Textilien und Deodorants zu optimieren, sowie in der Qualitätskontrolle einer Kunststoffproduktion, um Fehlgerüche von Kunststoffen zu vermeiden.4
 Feldtests finden unter anderem im Automobilbau und bei Schienenfahrzeugen statt, die bislang viel versprechende Ergebnisse liefern.
Zwei Anwendungen im Rahmen von nationalen und internationalen Forschungsprojekten sind einerseits die Erkennung von gesundheitsschädlichen und übelriechenden VOC-Komponenten in Innenräumen, deren Detektion die Grundlage zur Steuerung von Ventilationssystemen bilden soll, und andererseits die Qualitätsbewertung von Backhefen anhand ihres Geruchs.
Thorsten Conrad und Thomas Fricke sind geschäftsführende Gesellschafter der 3S GmbH in Saarbrücken und bringen als Elektroingenieure zusammen mit ihrem interdisziplinären Entwicklungsteam und externen Partnern im Anlagenbau das Thema Geruchserkennung in Anwendungen sowohl auf Nischen- als auch Massenmärkten. <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.3S-ing.de" target="_blank">www.3S-ing.de</a></ext-link>


<h2>— — — QUERGELESEN</h2>
Die Weiterentwicklung einer künstlichen Nase mit einem Metalloxid-Sensor unterscheidet und detektiert Gerüche stabil und reproduzierbar.
Für den Einsatz in der Praxis muss das Sensorsystem mit dem realen Geruch und einem menschlichen sensorischen Panel trainiert werden.


<h2>— — — Kurz notiert</h2>


<h2>Revision der Trinkwasserverordnung</h2>
Seit Mai gilt eine neue Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001). Erstmals definiert sie einen Grenzwert für Uran, der sich mit 10 µg·L—1 ausschließlich an der chemischen Toxizität orientiert und damit weltweit der niedrigste ist. Die Regelung gibt außerdem neue Höchstwerte für Cadmium, Sulfat, Trihalogenmethane und die Löslichkeit von Calcit sowie einen höheren pH-Wert für die Nachweispflicht von Kupfer an. Weitere Änderungen betreffen die Nachweismethoden für Acrylamid, Epichlorhydrin und Vinylchlorid und bestimmen neue Kriterien für die Beurteilung von Chemikaliengruppen. Dazu kommen neue Anforderungen an die mikrobiologische Reinheit des Wassers sowie an die Überwachung. Die Trinkwasserverordnung erneuert die Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch aus dem Jahr 2001.


<h2>Atmosphärischen Ammoniak messen</h2>
Wissenschaftler der Pariser Forschungseinheit für Umwelt und Feldkulturen Inra haben einen Analysator entwickelt, der die Konzentration von gasförmigem Ammoniak in der Atmosphäre bestimmt. Der Robust and Sensitive Ammonia Analyzer Rosaa detektiert über Leitfähigkeitsmessungen.
<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.inra.fr" target="_blank">www.inra.fr</a></ext-link>
Dieter Sorsche



<ul>
<li>
1 


P. Boeker: 
“<article-title>Elektronische Nasen: das methodische Konzept und seine Problematik</article-title>”, 
<source>Gefahrstoffe — Reinhaltung der Luft, 
(2010), 
<issue>70</issue>, 
Nr. 7/8, 
314–<lpage>320</lpage>.

</li>
<li>
2 


A. Schütze: 
“<article-title>Gasmesstechnik mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten — Von der Branderkennung über die Dichtheitsprüfung bis zur objektiven Geruchsmessung</article-title>”, 
<source>Ingenieurspiegel, 
(2010), 
Nr. 3, Public Verlagsgesellschaft und Anzeigenagentur, Bingen, 
S. 60–<lpage>63</lpage>.

</li>
<li>
3 

T. Conrad, T. Fricke, P. Reimann, A. Schütze, ”A versatile platform for the efficient development of gas detection systems based on automatic device adaptation” Eurosensors 2006, Göteborg, Schweden, 17. - 20. September 2006.
</li>
<li>
4 

S. Horras, T. Fricke, T. Conrad, M. Engel, A. Schütze, “Objective evaluation of smell of sweat for optimal development of shoe/socks systems based on an electronic nose”, ISOEN 2007 (International Symposium on Olfaction and Electronic Noses), St. Petersburg, Russland, 3. — 5. Mai 2007.
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</ul>

Artikel

Gerüche detektieren und bewerten

Gerüche bestehen in der Regel aus einem Gemisch verschiedener flüchtiger organischer Verbindungen (volatile organic compounds, VOC) [siehe auch Nachr. Chem. 2011, 59, 319]. Aufgrund der Menge der Komponenten und der geringen Kenntnis darüber, wie stark einzelne Komponenten den Geruchssinn des Men...

Das Maul-und-Klauenseuche-Virus (MKSV) zählt aufgrund seiner extrem hohen Infektiosität zu den gefährlichsten Erregern von Tierseuchen weltweit; seine ökonomischen Auswirkungen sind verheerend. Die Seuche befällt Paarhufer; neben Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen zählen wildlebende Spezies wie Rotwild zu den Wirten des Virus. Bei erwachsenen Tieren verursacht es Fieber, Lahmheit und Bläschen (Aphten) im Epithelgewebe des Mundes, der Klauen und der Euter;2 Jungtiere sterben oft am Herzinfarkt.1,2
Die letzten Fälle der Maul- und Klauenseuche in Westeuropa waren die Epidemien in den Jahren 2001 und 2007 in Großbritannien sowie vereinzelte Fälle in den Niederlanden und Frankreich. Mittlerweile sind die westeuropäischen Länder offiziell MKS-frei. Weltweit gelten 60 bis 70 Länder als betroffen, vor allem in Afrika, Asien und Südamerika.3
Eine MKS-Infektion können bisher nur speziell dafür vorgesehene Labore diagnostizieren. Der Nachweis erfolgt anhand einer Kultur auf Basis von Immunreaktionen (Antigen-Elisa, Antikörper-Elisa, Neutralisationstest) oder anhand von Teilen des MKSV-Genoms (real-time-PCR). Bisher sind der Transportweg ins Referenzlabor, die Aufarbeitung der Proben sowie die Diagnose sehr arbeits- und zeitaufwendig. Ein Nachweis über Antikörper-Elisa dauert 24 bis 30 Stunden, ein kultureller Nachweis ein bis drei Tage.4 Um Transportzeiten zu vermeiden, eine schnelle Diagnostik zu gewährleisten und somit der Ausbreitung der Seuche entgegenzuwirken, sind mobile Nachweissysteme mit einer schnellen und spezifischen Analytik erforderlich.
Die Universität Jena hat mit dem Institut für Photonische Technologien (IPHT) innerhalb der Arbeitsgruppe Jenaer Biochip-Initiative (JBCI) ein chipbasiertes Verfahren entwickelt, das Krankheitserreger schnell und spezifisch identifiziert. Anders als bei etablierten Chipanalysen erfolgt die Auswertung über eine Gleichstrom-Widerstandsmessung. Dieses Detektionsverfahren ermöglicht kleine, transportable und kostengünstige Analysesysteme, die Proben direkt vor Ort untersuchen können. So ein System eignet sich auch für den Nachweis des MKSV.


<h2>Elektrisch auslesbare Biochips</h2>
Der elektrisch auslesbare Biochip basiert auf einer planaren, mit Mikroelektroden strukturierten Oberfläche. Als Messpunkte dienen Elektrodenspalte, die durch die Anordnung von Elektroden und Gegenelektroden entstehen. In den Elektrodenspalten sind Fängermoleküle immobilisiert, die mit Zielmolekülen spezifisch wechselwirken. Durch die Interaktion zwischen den Biomolekülen scheiden sich im Elektrodenspalt Silberpartikel ab, die den Spalt überbrücken und die Leitfähigkeit erhöhen. Über eine Gleichstrommessung werden dann die Widerstandswerte ausgelesen.5
Neben standardphotolithographischen Methoden dient ein kostengünstigeres Siebdruckverfahren dazu, Goldmikroelektroden auf die Glasoberflächen aufzubringen (Kooperation mit Heraeus Sensor Technology).
Für eine stabile Anbindung der Fänger-Biomoleküle müssen die Oberflächen der elektrisch auslesbaren Chips mit reaktiven Gruppen funktionalisiert werden. Um Epoxyoberflächen herzustellen, hat sich 3-Glycidyloxypropyltrimethoxysilan etabliert. An diese Epoxyoberflächen binden aminomodifizierte Biomoleküle über eine Amidbindung kovalent auf der Chipoberfläche.
Für den DNA-Nachweis werden endständig aminomodifizierte einzelsträngige Oligonukleotide in den Elektrodenspalten immobilisiert (Abbildung 1a). Die zur Fängersequenz komplementäre Ziel-DNA bindet nun über DNA-DNA-Wechselwirkungen (Hybridisierung) an die Chipoberfläche (Abbildung 1b). Für die Detektion ist eine Markierung der Ziel-DNA mit Biotin notwendig. Die nachzuweisende DNA-Sequenz eines Erregers kann mit PCR angereichert und währenddessen durch den Einbau biotinylierter Primer oder Nukleotide markiert werden. Über die Biotinmarkierung bindet im nächsten Schritt ein Streptavidin-Peroxidase-Konjugat an die hybridisierten DNA-Stränge (Abbildung 1c) und induziert am DNA-DNA-Komplex die Silberabscheidung (Abbildung 1d).


<h2>Teilautomatisiertes System</h2>
Die enzyminduzierte Abscheidung von Silberpartikeln ist eine schnelle und spezifische Reaktion, die Biomoleküle hochsensitiv nachweist. Zudem detektieren DNA-Chips schnell und kostengünstig Krankheitserreger. In diagnostischen Systemen zum laborunabhängigen Vor-Ort-Nachweis kombiniert die JBCI beide Verfahren.
Das Verfahren ist miniaturisiert und teilweise automatisiert, indem der elektrisch auslesbare Biochip und alle Arbeitsschritte für den Nachweis in eine dafür entwickelte Durchflusszelle mit thermischem und mikrofluidischem Management sowie elektronischer Ausleseeinheit integriert werden (Abbildung 2). Reagenzien und Waschlösungen werden aus Vorratsbehältern zur Durchflusskammer transportiert, wo ein mäanderförmiger Kanal sie über die Messpunkte auf der Chipoberfläche leitet. Eine Schlauchpumpe, deren Förderrate und -richtung steuerbar sind, regelt den Flüssigkeitsstrom. Durch die Bewegung erhöht sich die Bindungseffizienz zwischen nachzuweisender und immobilisierter DNA. Die Temperierung des Chips in der Kammer während der Bindungsschritte optimiert die Wechselwirkungseffizienz zusätzlich. Der Gleichstromwiderstand wird direkt in der Durchflusskammer gemessen.6,7


<h2>Das MKS-Virus im Biochip</h2>
Das Maul-und-Klauenseuche-Virus ist ein Einzelstrang-RNA-Virus und gehört zum Genus der Aphtoviren der Virenfamilie Picornaviridae. Innerhalb der MKS-Erreger unterscheidet man sieben Serotypen. Daneben existieren zahlreiche Subtypen und Varianten. Untereinander weisen die Serotypen keine Kreuzimmunität auf. Eine hohe Mutationsrate der Virus-RNA während der Replikation führt dazu, dass ständig neue Subspezies des MKSV entstehen. Es ist zudem nicht möglich, MKS von anderen Erkrankungen mit Bläschenbildung, z. B. der vesikulären Schweinekrankheit, klinisch zu unterscheiden.8
Als Zielsequenzen für den chipbasierten Nachweis von MKSV dienen ein 128  Basenpaare (bp) langes Fragment aus der hochkonservierten Region der internen ribosomalen Eintrittsstelle (IRES) und ein 88 bp langes Fragment aus der konservierten Region der RNA-Polymerase (3D).1,9 So lässt sich eine Probe zeitgleich auf alle sieben Serotypen untersuchen. Nach Extraktion der Gesamt-RNA werden die Zielsequenzen in einer Reversen-Transkriptase-PCR amplifiziert und biotinyliert. Die Hybridisierung der MKS-3D- und MKS-IRES-Fänger- und -Ziel-DNA sowie die enzyminduzierte Silberabscheidung und elektrische Auslese erfolgen dann auf dem elektrischen Biochip direkt in der Durchflusskammer.
Abbildung 3 zeigt einen positiven MKSV-Nachweis. Die Signale im blau und grün markierten Bereich zeigen, dass das Virus vorhanden ist.


<h2>Analysenzeiten verkürzen</h2>
Durch die Integration der Nukleinsäuredetektion in ein chipbasiertes miniaturisiertes und teilautomatisiertes System dauert es nur wenige Minuten, in denen DNA hybridisiert wird, sich enzyminduziert Silber abscheidet und der elektrische Widerstand ausgelesen wird.7 Für eine schnelle und spezifische Analytik ist es auch erforderlich, die Prozessschritte Probenaufarbeitung und Amplifikation von Nukleinsäuren (Probenvorbereitung) zu automatisieren. Derzeit entwickelt die JBCI dazu sowie zur elektrischen Detektion von Nukleinsäuren ein modulares System. Dies soll vor Ort schnelle Diagnosen z. B. im Fall einer Tierseuche liefern, ohne dass Transport und Analyse in hochspezialisierten Laboren erforderlich sind.
Bettina Rudolph und Barbara Seise sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Matthias Urban ist Ingenieur am Institut für Photonische Technologien IPHT in Jena. Robert Möller war ebenfalls am IPHT und leitete bis zu seinem Wechsel in die Industrie die Jenaer Biochip-Initiative. Seine Nachfolgerin, Karina Weber hat Biotechnologie und Chemieingenieurwesen studiert und in analytischer Chemie promoviert. Wie Robert Kretschmer, Ingenieur, ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Physikalische Chemie und Abbe-Center of Photonics der Universität Jena. Anja Triebe und Toni Kaulfuß waren ebenfalls dort wissenschaftlich tätig. <a href="mailto:karina.weber@ipht-jena.de">karina.weber@ipht-jena.de</a>


<h2>— — — QUERGELESEN</h2>
Ein elektrisch auslesbarer Biochip kombiniert die enzyminduzierte Abscheidung von Silberpartikeln mit DNA-chipbasierter Detektion.
Der Biochip und die Arbeitsschritte zum Nachweis lassen sich in eine Durchflusszelle integrieren, so dass ein teilautomatisiertes Analysensystem entsteht, das Krankheitserreger, beispielsweise von Tierseuchen, vor Ort nachweist.


<h2>— — — Synchrotronstrahlung für die Chemie</h2>
Melissa A. Denecke organisiert auf dem GDCh-Wissenschaftsforum in Bremen die Vortragsreihe “Chemistry and Synchrotron Radiation: Recent Research Highlights, Future Perspectives and New Opportunities”. Die Session findet im Rahmen der Jahrestagung der Fachgruppe Nuklearchemie statt, wird vom Arbeitskreis Analytik mit Radionukliden und Hochleistungsstrahlenquellen (ARH) organisiert und vom deutschen Komitee Forschung mit Synchrotronstrahlung unterstützt.
Nachrichten aus der Chemie: Frau Denecke, was erwartet den Besucher in der Session?
Melissa A. Denecke: Die Vortragsreihe bietet eine Plattform, um aktuelle Forschungsergebnisse vorzustellen und wichtige Entwicklungen bei der Anwendung von Synchrotronstrahlung in der Chemie zu identifizieren und zu diskutieren. Sie zielt auf die Zusammenführung erfahrener Wissenschaftler und Newcomer, die ihre anspruchsvollen Aufgaben in der chemischen Forschung und Industrie mit Synchrotronstrahlungsmethoden lösen können. Die Besucher erleben Vorträge und Poster, die jüngste Ergebnisse in der Chemie mit synchrotronbasierten Methoden zeigen — wie verschiedene Beugungs- und Streuungsmethoden sowie spektroskopische, tomographische und abbildende Verfahren.
Nachrichten: “Chemie schafft Zukunft”, so das Motto der Tagung. Welchen Beitrag leistet Ihr Fachgebiet dazu”?
Denecke: Moderne synchrotronbasierte Techniken werden zunehmend erfolgreich eingesetzt, um anspruchsvolle Fragen in der chemischen Forschung und in der angewandten Chemie zu beantworten. Diese Methoden erstrecken sich auf eine breite Palette von chemischen Disziplinen, einschließlich der analytischen Chemie, Nuklearchemie, Biochemie, Geochemie, Katalyse, Polymerchemie, Festkörperchemie, Chemie in energierelevanten Themen und Koordinationschemie.



<ul>
<li>
1 

 
M. J. Grubman, 
B. Baxt, 
<source>Clinical Microbiology Reviews 
(2004), 
17, 
465–<lpage>493.</lpage>
</li>
<li>
2 

 
M. Moniwa et al., 
<source>Journal of Veterinary Diagnostic Investigation 
(2007), 
19, 
9–<lpage>20.</lpage>
</li>
<li>
3 

Bundesamt fur Veterinarwesen, 2009 <a href="http://www.bvet.admin.ch/gesundheit_tiere/01065/01066/01068/" target="_blank">http://www.bvet.admin.ch/gesundheit_tiere/01065/01066/01068/</a> index.html?lang=de.
</li>
<li>
4 

FLI, 2010, Amtliche Methodensammlung, Friedrich-Löffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit.
</li>
<li>
5 

 
T. Schüler et al., 
<source>Biosensors and Bioelectronics 
(2009), 
25, 
15–<lpage>21.</lpage>
</li>
<li>
6 

 
T. Schüler et al., 
<source>Biosensors and Bioelectronics 
(2009), 
24, 
2077–<lpage>2084.</lpage>
</li>
<li>
7 

 
B. Seise et al., 
<source>Engineering in Life Sciences 
(2011), 
11, 
148–<lpage>156.</lpage>
</li>
<li>
8 

Deutsche Veterinarmedizinische Gesellschaft e.V., 2010, <a href="http://www.dvg.net/index.php?id=324" target="_blank">http://www.dvg.net/index.php?id=324</a>.
</li>
<li>
9 

 
J. K. Oem et al., 
<source>Clin. Vaccine Immunol. 
(2009), 
16, 
1660–<lpage>1664.</lpage>
</li>
</ul>

Artikel

Gerüche detektieren und bewerten

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