Blickpunkt


<p>Die 8. Achemasia erreichte Anfang Juni in Peking mit 413 Ausstellern aus 24 Ländern und mehr als 12 000 Besuchern die Zahlen der Veranstaltung des Jahres 2004. Maßgeblich dafür war das erkennbare Heraustreten der Weltkonjunktur aus der Krise. Vor allem dürften aber die chinesischen Konjunkturprogramme für die nötigen Impulse gesorgt haben.</p>


<h2>Staatliche Impulse für Chemie</h2>
<p>Die chinesische Regierung hat im letzten Jahr staatliche Förderungen im Umfang von 4 Bio. Renminbi (RMB oder Yuan) auf den Weg gebracht: Das entspricht ungefähr 450 Mrd. Euro. Wenngleich ein Großteil für Infrastrukturprojekte, Wohnungsbau und die Beseitigung von Erdbebenschäden vorbehalten ist, bleibt ein veritabler Rest, an dem die Chemieindustrie, der Maschinen- und Anlagenbau sowie die Mess- und Regeltechnik partizipieren. Insgesamt stehen so der breitgefächerten Chemie und ihren Anrainerindustrien 500 Mrd. RMB oder 60 Mrd. Euro zur Verfügung, vor allem für Energie, Gesundheit, neue Technologien und Maßnahmen zur Restrukturierung der chinesischen Industrie.</p>


<h2>Internationaler Austausch</h2>
<p>Bei der Förderung und dem Ortsvorteil nimmt es nicht Wunder, dass mit 190 Ausstellern China selbst das größte Kontingent stellte, gefolgt von Deutschland mit 118. Zusammen waren dies 75 % der Aussteller. Frankreich und die USA folgten mit 23 beziehungsweise 11 Ausstellern.</p>
<p>Wichtiger als die noch entwicklungsfähige Internationalität sind den Verantwortlichen die Themen. So wies der Vorsitzende der Dechema und GDCh-Vorstandsmitglied Jürgen Wernicke in seiner Eröffnungsrede auf die Bedeutung der chemischen Prozessindustrie bei der Lösung anliegender Probleme hin, den sparsamen Umgang mit den Energiequellen Öl und Kohle, die Entwicklung energiesparender Prozesse sowie die Sicherstellung der Wasserversorgung.</p>


<h2>Identische Zukunftsthemen</h2>
<p>Für Wernicke sind neue Materialien genauso gefragt wie neue Katalysatoren und verbesserte Recycling-Prozesse, etwa um Metalle wiederzugewinnen. Zudem werden biotechnische Methoden, seien es solche mit Mikroorganismen oder mit Enzymen, in der Synthese zunehmend an Bedeutung gewinnen. Dies gilt vor allem bei der Verwertung nachwachsender Rohstoffe, die in der chemischen Industrie in Deutschland 10 % der eingesetzten Ressourcen ausmachen.</p>
<p>Hervorzuheben ist, dass die Verantwortlichen in China von den gleichen Themen motiviert werden. Mag das öffentliche Bild ein anderes sein: Die chinesische Regierung ist sich der Herausforderung durch 1,3 Mrd. nach westlichem Wohlstand strebende Chinesen sehr bewusst. So fördert der derzeitige Fünfjahresplan Projekte zur Wasserqualität mit 332 Mrd. RMB (etwa 38 Mrd. Euro).</p>


<h2>Innovator statt Werkbank</h2>
<p>China wandelt sich von der verlängerten Werkbank der Welt zum Innovator. Inkubatoren für Unternehmensausgründungen oder Venture Capital sind in China keine Fremdworte mehr. So ist die Restrukturierung des Patentwesens eine logische Folge, um in der Weltkonjunktur eine gestaltende Funktion zu übernehmen. Noch auftretende Umsetzungsprobleme treffen Aus- und Inländer gleichermaßen.</p>
<p>Im Jahr 2008 lag die Zahl der Ausländern gewährten chinesischen Patente nach Germany Trade and Invest mit 47 116 nur noch knapp vor den Inländer-Patenten (46 590). Neben der Informations- und Kommunikationstechnologie stehen die Chemie, Pharmazie, Konsumgüter, Textilien und Lebensmittel an vorderster Stelle.</p>
<p>Die Entwicklungen in China aufmerksam zu beobachten, scheint ratsam, um keine Chancen zu verpassen.</p>
<p><b>Holger Bengs</b>, Biotech Consulting, Frankfurt, und <b>Lin Bai</b>, Yangtse Biotech Consulting, gehörten Anfang Juni zu einer Delegation, die in Peking — gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie — durch den Verein Brücke-Osteuropa organisierte Kooperationsgespräche <a href="https://führte.www.holgerbengs.de" target="_blank">führte.www.holgerbengs.de</a> <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.yangtse-biotech.de" target="_blank">www.yangtse-biotech.de</a></ext-link></p>


<h2>— — — Kurz notiert</h2>


<h2>Mikro- und Nanotechnik</h2>
<p>Das Geschäft der meisten Mikro- und Nanotechnik-Unternehmen lief nach den Krisenjahren 2008 und 2009 lief im ersten Halbjahr 2010 besser als erwartet. Um bis zu 15 % stieg der Umsatz. Für ein Drittel der Unternehmen lief das Geschäft wie erwartet, bei 15 % verlief es schlechter. Auftragseingang, Produktion und Absatz entwickelten sich positiv. Kritisch ist nach wie vor die Unternehmensfinanzierung. Für das zweite Halbjahr 2010 und das Jahr 2011 erwarten die Unternehmen eine Stabilisierung der Geschäftslage und weiteren Aufschwung.</p>


<h2>BASF Pharma in der Schweiz</h2>
<p>Die BASF hat ihre schweizerischen Gruppengesellschaften BASF Orgamol Pharma Solutions und BASF Fine Chemicals Switzerland Anfang Juli als BASF Pharma zusammengefasst. Dies beeinflusst werder bestehende Verträge noch die Mitarbeiteranzahl.</p>


<h2>Forschen für weniger Material</h2>
<p>Der Deutsche Materialeffizienzpreis des Bundeswirtschaftsministeriums prämiert jedes Jahr Forschungen, wie sich Material effizienter verwenden lässt. Bis zum 14. Oktober bewerben sich mittelständische Unternehmen, Institute und Forschungseinrichtungen. Die fünf überzeugendsten Projekte erhalten jeweils 10 000 Euro Preisgeld.</p>
<p><i>Verena Sesin, Frankfurt</i></p>


<h2>Shell übernimmt East Resources</h2>
<p>l Die britisch-niederländische Shell erwirbt für 4,7 Mrd. US-Dollar das US-Erdgasunternehmen East Resources. Die Amerikaner spezialisierten sich auf die Erkundung von Erdgasvorkommen und kontrollieren ein Gebiet von 1,3 Mio. Morgen (0,5 Hektar) von West Virginia bis New York.</p>
<p><i>Claudia Schierloh, Frankfurt</i></p>



Artikel

Gute Stimmung in China

Die 8. Achemasia erreichte Anfang Juni in Peking mit 413 Ausstellern aus 24 Ländern und mehr als 12 000 Besuchern die Zahlen der Veranstaltung des Jahres 2004. Maßgeblich dafür war das erkennbare Heraustreten der Weltkonjunktur aus der Krise. Vor allem dürften aber die chinesischen Konjunkturprog...


<p>Das Kantonsapothekeramt Bern arbeitet eng mit der Jugendberatung Streetwork Zürich1) und der Stiftung Contact-Netz Bern2) zusammen, einer Gruppe für Jugend-, Eltern- und Suchtarbeit. Sozialarbeiter dieser Institutionen begleiten das Laborteam bei seinen Einsätzen.</p>
<p>Das mobile Labor ist der Anziehungspunkt des Beratungsstands und erleichtert die Kontaktaufnahme mit der Zielgruppe (Abbildung). Während der Laboranalyse führt ein Sozialarbeiter ein individuelles Beratungsgespräch. Dazu gehört auch eine strukturierte Befragung anhand eines anonymen Fragebogens.</p>
<p>Zwölfmal im Jahr ist das mobile Labor unterwegs und liefert einen Einblick in den illegalen Markt. Wissenschaftler und Sozialarbeiter bekommen mit, wenn neue Substanzen auftauchen oder sich das Konsumverhalten der Jugendlichen ändert. So können sie gezielt den damit verbundenen Gesundheitsrisiken entgegensteuern.</p>
<p>Das Labor ist eine Eigenentwicklung und besteht aus vier Rollmodulen: eines für Einwaage und Dokumentation, eines für die Probenaufbereitung und zwei mit WLAN-gesteuerten HPLC-Geräten mit Diodenarray-Detektoren. Zwei erfahrene Techniker bedienen dieses Labor vor Ort.</p>
<p>Vor jeder Analyse dokumentieren sie die Stoffprobe und bereiten sie mit einer einfachen Extraktion für die qualitative und quantitative Messung vor. Maximal fünf bis sechs Tabletten untersuchen sie pro Stunde und erfassen dabei routinemäßig über 50 Substanzen. Finden die Pharmazeuten unbekannte Wirkstoffe, gefährliche Mischungen oder erhöhte Dosierungen, warnen sie die Partygänger sofort; über ihre Webseiten erreichen sie auch ein breiteres Publikum.3,4)</p>
<p>3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin (MDMA, Ecstasy, siehe Kasten) ist nach wie vor die am meisten konsumierte Partydroge. Seit 2005 sind vermehrt gefälschte Ecstasy-Tabletten im Umlauf, die stattdessen meta-Chlorphenylpiperazin (m-CPP) enthalten. m-CPP ist eine Industriechemikalie, zu deren Pharmakologie und Toxikologie beim Menschen es wenige Daten gibt. Über geringe psychoaktive Wirkung wird berichtet; Übelkeit und Erbrechen sowie Angst und Depression sind unerwünschte Nebenwirkungen.</p>
<p>Seit 2003 hat zudem die Zahl der Kokainproben wellenförmig zugenommen. Heute ist Kokain die am dritthäufigsten analysierte Substanz nach MDMA und Amphetamin. Die Kokainreinheit hat sich von über 50 % auf unter 30 % Massenanteil verschlechtert. Inzwischen sind vermehrt Streckmittel beigemischt, wie das verbotene Schmerzmittel Phenacetin und das Antiwurmmittel Levamisol. Phenacetin wirkt nierenschädigend und ist möglicherweise krebserregend. Levamisol verändert das Blutbild und das Immunsystem.</p>
<p>Als neuer Trend tauchen seit etwa zwei Jahren im Partyumfeld immer häufiger neue Substanzen auf: Designer-Drogen. Das mobile Labor fand beispielsweise Mephedron, Methylon und Butylon. Das sind neue, in der Schweiz betäubungsmittelrechtlich noch nicht erfasste Derivate von bekannten psychoaktiven Verbindungen.</p>
<p>Der Chemielaborant <b>Daniel Allemann</b> ist Mitarbeiter des Pharmazeutischen Kontrolllabors des Kantonsapothekeramts Bern, entwickelte das Konzept und betreut das mobile Labor vor Ort.</p>
<p>Der Naturwissenschaftler und Sozialarbeiter <b>Hans Pauli</b> ist nebenamtlicher Mitarbeiter des Teams des mobilen Labors.</p>
<p>Der Chemiker (FH) <b>André Mürner</b> ist Mitarbeiter des Pharmazeutischen Kontrolllabors.</p>
<p>Der Pharmazeut <b>Samuel Steiner</b> ist Kantonsapotheker des Kantons Bern.</p>
<p>Der Pharmazeut <b>Hans-Jörg Helmlin</b> leitet das Pharmazeutische Kontrolllabor.</p>
<p><a href="mailto:hans-joerg.helmlin@gef.be.ch">hans-joerg.helmlin@gef.be.ch</a></p>
<p>Dieser Beitrag erscheint in einer Kooperation mit <i>Chimia: Chimia</i> 2010, 64, 9, im Druck.</p>


<h2>— — — Kurz notiert</h2>


<h2>Kooperation von Wirtschaft und Forschung in Nordbayern</h2>
<p>Die Europäische Union finanziert mit 4,23 Mio. Euro den Aufbau von zwei Technologiezentren für Nanotechnik und hochauflösende Analytik an der Universität Würzburg. Das eine Zentrum wird nanostrukturierte Bauelemente für die Sensorik entwickeln, das andere beispielsweise Massenspektrometer für Nanobeschichtungen von Maschinenbauteilen. Für diese Entwicklungen sollen Unternehmen und die Universität Würzburg stärker kooperieren und Geräte gemeinsam benutzen.</p>
<p><i>Julia Sachs, Frankfurt</i></p>


<h2>Nanopartikel für bessere Analytik</h2>
<p>Wissenschaftler untersuchen, wie Nanopartikel chromatographische Trennverfahren verbessern. Dafür kooperiert in den kommenden zwei Jahren das Forschungszentrum Jülich mit dem Unternehmen Chromatographie Service und der Unternehmensberatung Chemical Consulting Dornseiffer.</p>
<p>Nanopartikel beschleunigen chromatographische Trennungen, da die Nanoschichten eine große aktive Oberfläche haben, an der sich die Stoffgemische schneller in ihre Komponenten aufspalten.</p>


<h2>Diabetes über die Atemluft nachweisen</h2>
<p>Bei Kontakt mit menschlichem Atem zeigt ein neuer Sensor sofort an, ob eine Person an Diabetes Typ 1 leidet. Das Institut für Verfahrenstechnik der ETH Zürich hat das Gerät entwickelt. Eine Schicht Wolframoxid reagiert mit den Acetonmolekülen in der Ausatemluft, und der Sensor misst darüber die Acetonkonzentration.</p>
<p>Patienten mit Diabetes Typ 1 atmen eine doppelt so hohe Acetonkonzentration aus wie Gesunde.</p>
<p><i>Verena Sesin, Frankfurt</i></p>


<h2>— — — Ecstasy und Kokain</h2>
<p>Ecstasy ist eine Szenebezeichnung für 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin (MDMA, C11H15NO2). Ursprünglich als Hilfsmittel in der Psychotherapie getestet, wird die Substanz inzwischen als Rauschdroge missbraucht. MDMA erhöht die Ausschüttung von Neurotransmittern, vor allem von Noradrenalin und Serotonin, im Zentralnervensystem. Es bewirkt so Euphorie und reduziert Durst- sowie Schmerzempfinden. Die anregende Wirkung erschöpft die Körperreserven, führt zu Kreislaufstörungen und löst Psychosen bis hin zur Schizophrenie aus.</p>
<p>Kokain heißt chemisch 3β-Benzoyloxy - 2β-tropancarbonsäuremethylester (C17H21NO4). Das Hauptalkaloid im Coca-Strauch erhöht die Konzentration von Noradrenalin, Serotonin und Dopamin im synaptischen Spalt. Dies führt zu Euphorie und Machtgefühl. Häufig kommt es nach dem Konsum zu Durchblutungsstörungen, Herzrhythmusstörungen und Wahnvorstellungen. Nach Abklingen des Rausches folgen oft Depressionen; Kokain macht daher schnell psychisch abhängig. Auch die Gefahr einer versehentlichen tödlichen Überdosierung ist groß.</p>



<ul>
<li>
<sup>1 </sup>

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.stadt-zuerich.ch/streetwork" target="_blank">www.stadt-zuerich.ch/streetwork</a></ext-link>
</li>
<li>
<sup>2 </sup>

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.contactnetz.ch" target="_blank">www.contactnetz.ch</a></ext-link>
</li>
<li>
<sup>3 </sup>

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.saferparty.ch" target="_blank">www.saferparty.ch</a></ext-link>
</li>
<li>
<sup>4 </sup>

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.raveitsave.ch" target="_blank">www.raveitsave.ch</a></ext-link>
</li>
</ul>


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