Journal

Kennengelernt habe ich Hans-Jürgen Bersch im Jahr 1972. Initiator dieser Begegnung war Hans Kuhn, der gerade als Direktor an das Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie nach Göttingen gegangen war. Irgendwann im Februar dieses Jahres sprach Kuhn mich an. Er sei seit einiger Zeit mit einem gewissen Herrn Bersch an einem Projekt mit dem ZDF beschäftigt, bei dem es um die Entwicklung eines Wissensprogramms für Chemie im Fernsehen gehe. Man habe gemeinsam die Grundzüge dieses Programms entwickelt, jetzt gehe es nur noch um den Feintext der Pilotsendung, und ob ich nicht Lust hätte, mir die Sache einmal anzusehen.<div><img src="https://media.graphcms.com/Do1uBXHRJi3jqkF5ljmA">

</div>Natürlich hatte ich Lust. Im Juni saß ich ihm zum ersten Mal gegenüber: Hans-Jürgen Bersch, Erster Redakteur in der Hauptredaktion Kultur, Abteilung Bildung und Erziehung des ZDF. Der Ort unserer Sitzung war Programm: der Parkplatz vor dem provisorisch errichteten Chemielabor in Mainz-Lerchenberg. Um uns herum hektische Betriebsamkeit. Möbel wurden transportiert, Pakete angeliefert, Quittungen unterschrieben. Aufbruchstimmung! Auf dem Tisch unser Arbeitspferd, die unverzichtbare IBM-Kugelkopfschreibmaschine, daneben ein Stapel leerer Bögen, ein gehöriger Vorrat an Korrekturtinte und Textors „Sag es treffender”. Das Internet war noch nicht erfunden.Und so machten wir uns daran, den Text für die erste Folge des Studienprogramms Chemie mit dem Titel „Aufbruch in die atomare Dimension” zu formulieren. Nur schwer hätte ich mir damals vorstellen können, dass es der Beginn einer Jahre dauernden Zusammenarbeit und einer lebenslangen Freundschaft werden sollte.Dem „Aufbruch” folgten 51 weitere Folgen des Studienprogramms unter der Autorenschaft von Hans Kuhn, den Kollegen tom Dieck und de Meijere, den Hofackers sowie Joachim Rudolph, Chefredakteur der Nachrichten aus der Chemie. Geschrieben aber hat immer nur einer: Hans-Jürgen Bersch, und auch der nur, nachdem er jedes Wort geprüft, jeden Satz gesprochen, die Melodie der Wortfolge begutachtet und endlich für richtig befunden hatte. Denn diese Worte waren wie in Stein gemeißelt. Nach der Reinschrift bildeten sie die Vorlage für die Experimente, für die Grafiken, für den Modellbauer und – natürlich – für den vor der Kamera gesprochenen Text. Teleprompter gab es schon, aber Bersch musste den Text verinnerlicht haben, sonst war er nicht authentisch.Von 1963 bis 1990 produzierte und moderierte Hans-Jürgen Bersch insgesamt mehr als 250 Wissenschaftsprogramme, darunter die hoch gelobten Studienprogramme „Chemie”, „Biotechnologie” und „Vom Reiz der Sinne” sowie mehrere Bildungsprogramme. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet: das Studienprogramm Chemie im Jahr 1976 mit einem Grimme-Preis, gemeinsam mit Hans Kuhn und dem Regisseur Helge Samal. 1981 erhielt er den erstmals vergebenen Preis der GDCh für Journalisten und Schriftsteller.Ob der so Geehrte die Publicity um seine Person genossen hat? Ich glaube schon. Er hat das Leben geliebt. Mit seiner vom Vater geschenkten 16-mm-Kamera filmte er als Student fünf, sechs Jahre nach Kriegsende, nach der Entlassung aus der Gefangenschaft in Frankreich und einem Ausflug als Sprachlehrer in Leipzig, einen Skiausflug mit seinen Kommilitonen in den verschneiten Bayrischen Wald. Auch ohne Ton ist der Film elektrisierend: die Schneeballschlacht und die Kissenschlacht in den Schlafräumen einer Herberge, die Gesichter der jungen Frauen und Männer, vor Freude trunken, mit einer sichtlichen Gier nach Leben nach Jahren des Schreckens und der Entbehrungen. Die Generation der verlorenen Jugend eben.Aber auch das war Hans-Jürgen Bersch: ein Humanist. Acht Jahre Latein, fünf Jahre Griechisch (alt) und Englisch – zwei Jahre Französisch heißt es schlicht auf dem Abiturzeugnis der Thomasschule, die kurz nach seinem Abitur in Schutt und Asche fiel. Der Fall der Mauer 1989 war für ihn auch persönlich ein Glücksfall, war er doch maßgeblich daran beteiligt, den Thomanerbund, der in der Ostzone verboten war, wieder nach Leipzig zurückzuführen. Unermüdlich reiste er nach Leipzig, meist in Begleitung von Heidrun Beitze, seiner Lebensgefährtin für fast 50 Jahre. Als Zeichen der Dankbarkeit widmete seine Schule ihm einen Baum, eine Linde.Am 21. November 2016 ist Hans-Jürgen Bersch in Wiesbaden gestorben.Volker Buß

Meldung

Hans‐Jürgen Bersch (1925 – 2016)

Kennengelernt habe ich Hans-Jürgen Bersch im Jahr 1972. Initiator dieser Begegnung war Hans Kuhn, der gerade als Direktor an das Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie nach Göttingen gegangen war. Irgendwann im Februar dieses Jahres sprach Kuhn mich an. Er sei seit einiger Zeit mit einem...

GDCh

Prof.Dr.

Im Jahr 1867 gründete sich die Deutsche Chemische Gesellschaft, die ältere der beiden Vorgängerorganisationen der GDCh. Im Rückblick fällt auf, wie international sie war; der Anteil ihrer ausländischen Mitglieder lag bei bis zu 40 Prozent. Auch die heutige GDCh steht für Weltoffenheit und Internationalität.
Als Mitglied des GDCh-Vorstands und Wissenschaftlerin in Dresden liegt mir das Thema Wissenschaft und Internationalisierung besonders am Herzen. Wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erleben Internationalisierung und Globalisierung als selbstverständlich: Heute bin ich in Dresden, morgen in Tokio. Die Labore, ihre Einrichtungen, unsere Interessen sind nahezu die gleichen. Egal, wohin wir kommen, wir sind willkommene Gäste. Wir sind wie eine große internationale Familie.Unsere (Post-)Doktoranden aus vielen Ländern der Welt erleben dies in Deutschland und insbesondere in Dresden nicht immer gleichermaßen ungetrübt. Dresden ist ein exzellenter Wissenschaftsstandort und verdankt dies gerade auch vielen internationalen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen. Trotzdem werden sie immer wieder – gerade solche mit dunkler Hautfarbe – Opfer von rassistischen Pöbeleien und körperlichen Attacken. Allein in unserem Institut wurden im Jahr 2016 mehrere solcher Übergriffe bekannt. Dem entgegen stehen viele gebürtige Dresdnerinnen und Dresdner, die in unseren Instituten arbeiten und alles dafür tun, dass sich unsere internationalen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen hier wohl fühlen und hervorragend arbeiten können.Es ist unfair und nicht korrekt, Fremdenfeindlichkeit und Ostdeutschland gleichzusetzen. Es greift zu kurz und verletzt die Gefühle vieler rechtschaffener Menschen in den ostdeutschen Bundesländern. Mangelnde Bildung und Aufklärung sowie Armut sind nachgewiesenermaßen begünstigende Faktoren für fremdenfeindliche Einstellungen in Ost und West. Hier kann die GDCh ansetzen und ihren Beitrag leisten, indem sie die Bildung und beruflichen Chancen möglichst vieler Menschen fördert.Deutschland ist weltweit bekannt für seine hervorragenden Ingenieure und Naturwissenschaftlerinnen. Was uns alle verbindet und erfolgreich gemacht hat, ist Optimismus und der Glaube daran, dass man Dinge besser machen kann. Wir jammern nicht über Probleme, sondern investieren unsere Energie und unseren Verstand, um sie zu lösen. Hindernisse und Widerstände spornen uns an. In diesem Sinne wünsche ich mir für das Jahr 2017, dass wir alle trotz Pegida, Brexit und Trump positiv und optimistisch nach vorne schauen, die gesellschaftlichen Probleme angehen und auf unsere Stärken setzen.Claudia Felser, Vorstandsmitglied der GDCh und Direktorin am MPI für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden<div><img src="https://media.graphcms.com/AlyKCLMzSSeBrQmDkNtj">

</div><h2>Ihr Lieblingsmolekül</h2>Haben Sie ein Lieblingsmolekül? Vielleicht die Doppelhelix, das Chlorophyll oder H2O?Schreiben Sie es uns, denn im Jubiläumsjahr 2017 möchten wir Ihre Lieblingsmoleküle vorstellen. Die Lieblingsmoleküle der GDCh-Mitglieder finden Sie unter <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.gdch.de/molekuel" target="_blank">www.gdch.de/molekuel</a></ext-link>.Ihr eigenes, ganz persön- liches Lieblingsmolekül senden Sie an:<a href="mailto:pr@gdch.de">pr@gdch.de</a>.

Meldung

Hans‐Jürgen Bersch (1925 – 2016)

Überprüfung Ihres Anmeldestatus ...