Inhalt

621 Die Energiewende: eine Herausforderung für die Chemie
R. Schlögl
Magazin
Technische Chemie
633 Kontinuierlich produzieren
T. Bauer
Strömungschemische Verfahren dienen der Erforschung von Synthesewegen.
Elektrochemie
636 Die Metallabscheider
M. Jordan, M. Dietterle
Galvanotechnik in der Wertschöpfungskette.
Exzellenzinitiative
641 “Ich bin für die Entprivatisierung der Promotion”
C. Remenyi
Andreas Marx, Konstanz Research School Chemical Biology, über die Vorteile einer Promotion mit Stundenplan.
Bilanz 2011
644 Lanxess: Rekord mit Polymeren
Nuklearmedizin
645 Mit Gallium-68 in ein neues Zeitalter?
J. Notni
Positronenemissionstomographie statt c-Szintigraphie.
Pro und Contra
650 “Mit Unvernunft wird die grüne Gentechnik politisch bekämpft”
Christiane Nüsslein-Volhard nimmt Stellung.
“Grüne Gentechnik setzt auf industrielle Landwirtschaft”
Angelika Hilbeck bleibt skeptisch.
Bilanz 2011
652 Wacker: Finanzlage solide
Umwelt
653 Gefährlich klein gemacht
E. ter Jung
Blickpunkt
Biowissenschaften
654 Globale Grippegefahr
M. Groß
Die Menschheit ist nicht gut auf Grippeviren vorbereitet, die von Haustieren auf Menschen überspringen.
Chemie und Computer
656 Einfach und frei: Protein-Ligand-Docking
M. Pippel, M. Scharfe, R. Meier, W. Sippl
Open-source-Algorithmen und -Anwendungen für die medizinische Chemie.
Chemiewirtschaft
658 Bilanzen 2011: Akzo Nobel, Dow und DSM
659 Biotech erwartet stärkeres Bekenntnis der Politik
H. Bengs
Der deutschen Biotechindustrie geht es gut. Ob es reicht?
661 Mehr Forschung, mehr Geräte
F. Zbikowski
662 Vertriebsmanagement in der Spezialchemie
A. Kühne 
665 Thomas Seuß: Die Kunst des Weglassens
666 Die Trends in der Prozessindustrie
K. Graf
Neue Schwerpunkte der Achema sind Energiespeicherung und -nutzung sowie Bioökonomie.
Analytik
669 In-situ-Beobachtung, atomar aufgelöst
M. Koch, M. Quilitz, H. Schmid, N. de Jonge
Mit einer Mikrofluid-Probenkammer eignet sich das Elektronenmikroskop auch für In-situ-Untersuchungen.
672 Fürs Laboratorium
624 Chemie
628 Wirtschaft
630 Forschung und Bildung
632 Ausgeforscht
674 Impressum, Interskriptum
675 Personalnachrichten
678 Nachruf Siegfried Dähne
679 Korrespondenz
681 Rezensionen
682 Tagungskalender und -berichte
687 Fortbildungskalender
689 Fachgruppen und Arbeitskreise
690 Jungchemikerforum
692 Neuaufnahmen
693 Die GDCh vor Ort
697 Deutsche Bunsengesellschaft für Physikalische Chemie
698 “… zur Not kann ich immer noch Straßenmusiker werden …”
Titelbild:
Genmais — wie ihn sich der Künstler vorstellt [zu S. 650]. (Illustration: remar, <a href="https://Fotolia.com" target="_blank">Fotolia.com</a>)

621 Die Energiewende: eine Herausforderung für die Chemie R. Schlögl Magazin Technische Chemie 633 Kontinuierlich produzieren T. Bauer Strömungschemische Verfahren dienen der Erforschung von Synthesewegen. Elektrochemie 636 Die Metallabscheider M. Jordan, M. Dietterle Galvanotechnik in der Wertsc...

Notizen

<h2>Diels-Alder-Reaktionen in lebenden Zellen</h2>
Einen Satz funktionalisierter Aminosäuren, um Proteine über Diels-Alder-Reaktionen in lebenden Zellen zu markieren, stellen die Arbeitsgruppen Schultz und Lemke vor. Hierzu synthetisierten sie Aminosäurederivate mit gespannten Alken- oder Alkinringen an der Seitenkette und bauten diese dann über das Amber-Stop-Codon sequenzspezifisch in Proteine ein. Eine anschließende inverse Diels-Alder-Reaktion mit fluorophorfunktionalisierten Tetrazinen ermöglicht es dann, diese Proteine in lebenden Zellen selektiv zu markieren. Somit sind die dargestellten Aminosäuren beispielsweise für das spezifische Fluoreszenzimaging in verschiedenen Zellkulturen einsetzbar. MK


<h2>Kapsid-Mimetika</h2>
Poly(l-Lysin)-Dendrimere und lineares Poly-l-Leucin bilden ähnlich den viralen Kapsiden durch kooperative Selbstassemblierung Nanostrukturen. Dies hat eine Forschergruppe um He und Gu gezeigt. Sie funktionalisierten das hydrophobe Poly-l-Leucin carboxyterminal mit einem Glutamat, so dass sich in Dimethylformamid durch Assoziation an Poly(l-Lysin)-Dendrimere amphiphile Strukturen bilden. In wässriger Umgebung setzen sich diese amphiphilen Einheiten selbst zu hierarchisch organisierten, sphärischen Nanostrukturen zusammen, die einen hydrophoben Kern und eine hydrophile Schale haben. Die Größe der Partikel hängt vom Masseverhältnis der beiden Komponenten ab; es werden Größen von unter 200 nm erreicht. Während der Assoziation zugegebene DNA wird in die Partikel eingeschlossen. Die Autoren setzten DNA-haltige Partikel als nichtviralen Vektor ein und brachten sie in HEK-293-Zellen ein. Die Transfektionseffizienz ähnelt der von Poly(ethylenimin), und die Partikel zeigten eine ausgezeichnete Biokompatibilität. Ein mechanistisches Studium der Partikelbildung steht aus. ATN


<h2>Cyclisches SiS2</h2>
Mück et al. haben erstmals cyclisches SiS2 in der Gasphase durch Mikrowellenspektroskopie strukturell charakterisiert — mehr als 20 Jahre nach der schwingungsspektroskopischen Charakterisierung von linearem, matrixisoliertem SiS2. Das energetisch günstigere, lineare SiS2 stört die Messung nicht, da es aufgrund eines fehlenden Dipolmomentes nicht detektierbar ist. Cyclisches SiS2 entsteht bei der Gleichspannungsentladung einer Gasmischung aus neonverdünntem SiH4 und H2S in maximalen Ausbeuten bei einem Entladungspotenzial von 1,2 kV. Es besitzt eine stabile S-S-Bindung, die mit 215,6 pm nur etwas länger als die einer normalen S-S-Einfachbindung von 205,5 pm ist. Das Walsh-Diagramm postuliert für den Übergang vom cyclischen zum linearen SiS2 eine Besetzungsinversion. Dies weist auf eine hohe Übergangsbarriere hin, die essenziell für die Stabilisierung von cyclischem SiS2 ist. AS


<h2>Kleinstes axial-chirales Molekül</h2>
Ein spanisch-deutsches Forscherteam hat das kleinste bisher bekannte axial-chirale Allen, das 1,3-Difluorallen (3) synthetisiert und charakterisiert. Die Verbindung entstand bei der asymmetrischen reduktiven C-F-Bindungsspaltung von Trifluorallen (1) mit dem in situ hergestellten chiralen Zirconocenhydrid-Komplex (2) in 76 % Ausbeute und 29 % ee. Die Konfiguration von (3) wurde durch Röntgenstrukturanalyse, 19F-NMR und Gasphasen-Schwingungscirculardichroismus als (S) bestimmt. UJ


<h2>Nanopartikeloberflächen beobachten</h2>
Yoshida et al. haben mit Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) die Oberfläche von geträgerten Goldnanopartikeln während der katalytischen Oxidation von CO bei Raumtemperatur charakterisiert. Die hohe Auflösung erreichten sie durch Aberrationskorrektur und durch eine Environmental-Zelle. Bisher war man der Meinung, dass CO nur an Kanten, Ecken und Stufen des Nanopartikels adsorbiert. Dagegen beobachteten die Autoren eine CO-induzierte Umordnung der Atome an der Au(100)-Facette. Dies ermöglicht eine Bindung auf der Fläche (on top) und damit eine deutlich erhöhte Besetzungsdichte des CO. Die Methode verspricht für die Zukunft weitere grundlegende Erkenntnisse über die Interaktion von Gasen und katalytisch aktiven Nanopartikeln. TK


<h2>Mechanische H2O2-Freisetzung</h2>
Durch mechanische Belastung von Polymeren in wässriger Umgebung entsteht Wasserstoffperoxid, wie die Gruppe um Grzybowski zeigte. Sie wies dies durch spektroskopische Methoden und chemische Reaktionen nach. Flexible Hohlröhrchen aus Poly(dimethylsiloxan), Tygon und Poly(vinylchlorid) wurden mit Wasser befüllt und mechanisch komprimiert, wonach in Abhängigkeit von der mechanischen Energie und der Größe der Polymer-Wasser-Grenzfläche bis zu 20 mg H2O2 pro Quadratmeter freigesetzt wurden. Der Grund dafür ist, dass in den Polymerketten Radikale entstehen, die bei Kontakt mit Wasser die Wasserstoffperoxidbildung bewirken. Der Wirkungsgrad für die Umsetzung von mechanischer Energie in freigesetzte chemische Energie erreicht für poröse Polymere bis zu 30 Prozent. Das gebildete H2O2 kann verschiedene chemische Reaktionen antreiben, etwa das Bleichen von Farbstoffen. Wichtig ist darüber hinaus der Hinweis, dass die mechanische Belastung von polymeren Biomaterialien über denselben Mechanismus möglicherweise Sauerstoffradikale im menschlichen Körper freisetzt. ATN


<h2>Peroxiredoxin als Target</h2>
Als direkte molekulare Targets des bioreaktiven Diterpenoid-Naturstoffs Adenanthin bestimmte die Arbeitsgruppe um Chen die Enzyme Peroxiredoxin I und II . Eine Überexpression der beiden Peroxiredoxin-Isoformen I und II ist bei vielen Erkrankungen, darunter Krebs beobachtet worden. Isoformspezifische Inhibitoren zur besseren Untersuchung der exakten Rolle dieser Isoenzyme waren bisher jedoch unbekannt. Die Autoren zeigen, dass Adenanthin die Peroxidaseaktivitäten beider Isoformen hemmt und dadurch eine Differenzierung von leukämischen Zellen induziert. Dieser Effekt bewirkt, dass Tumorzellen langsamer wachsen; bei Leukämie-Mausmodellen stieg auch die Überlebensdauer. Somit validiert diese Studie nicht nur Peroxiredoxin I und II als mögliche Targets zur Entwicklung neuer Chemotherapeutika, sondern liefert auch mit Adenanthin eine mögliche Ausgangsstruktur für eine Entwicklung isoformenspezifischer Peroxiredoxin-Inhibitoren. MK


<h2>Zweimal acyclische Silylene</h2>
In zwei direkt aufeinanderfolgenden Arbeiten berichten sowohl Jones, Kaltsoyannis, Mountford und Aldridge et al. als auch Tuononen, Power et al. über die Synthese eines stabilen acyclischen Silylens mit der Koordinationszahl 2. Jeweils unterschiedliche Synthesestrategien führten zum Erfolg. Jones, Kaltsoyannis, Mountford und Aldridge et al. erhielten Si{B(NDippCH)2} {N(SiMe3)Dipp} (Dipp = 2,6-iPr2-C6H3) (1) durch Umsetzung von Cl3Si{N(SiMe3)Dipp} mit zwei Äquivalenten (THF)2Li B(NDippCH)2}; dabei dient ein Äquivalent zur Substitution und eines zur Reduktion. Tuononen, Power et al. synthetisierten Si(SArMe6)2 (2) (Abbildung) (ArMe6 = 2,6-(2,4,6-Me3-C6H2)2-C6H3) ausgehend von Br2Si(SArMe6)2 durch Reduktion mit dem von Jones eingeführten MgI-Komplex (IMesMg)2 (IMes = [2,4,6-trimethylphenyl)NC(CH3)]2CH). (1) und (2) zeigen vollkommen unterschiedliche Reaktivitäten. So reagiert (1) mit Wasserstoff direkt zu H2Si{B(NDippCH)2}{N(SiMe3)Dipp}, wohingegen (2) vollkommen unreaktiv gegenüber H2 ist, obwohl die Wasserstoffspezies H2Si(SArMe6)2 stabil und ausgehend von H2SiCl2 zugänglich ist. Die Substituenten beeinflussen so die Reaktivität des Silylens entscheidend, wobei die Anordnung in (1) stark an frustrierte Lewis-Säure-Base-Paare erinnert. AS
Axel Jacobi von Wangelin, Regensburg Ullrich Jahn, Prag Markus Kaiser, Essen Tilman Kottke, Bielefeld Axel T. Neffe, Teltow Andreas Schnepf, Essen


— — — Eine intramolekulare Reaktion zur Bildung von Spiroacetalen mit hohen Stereoselektivitäten haben List und Coric vorgestellt. Schlüssel zum Erfolg ist ein sterisch anspruchsvoller Brønsted-Säure-Katalysator, der mehrere Funktionen erfüllt: Das verwendete Imidodiphosphorsäure-Derivat protoniert den cyclischen Enolether. Elektrostatische Wechselwirkungen mit dem nun anionischen Katalysator als Gegenion stabilisieren das resultierende hochreaktive Oxocarbenium-Ion. Gleichzeitig wird es im beengten Inneren der Katalysatortasche abgeschirmt. Schließlich ergibt der intramolekulare Angriff der terminalen Alkohol-Funktion in der chiralen Umgebung des Katalysators mit hoher Stereoselektivität das Spiroacetal. Die Methode eignet sich, um fünf- und sechsgliedrige Spiroacetale ausgehend von unfunktionalisierten Startmaterialien zu bilden. AJvW


— — — Die Cope-Umlagerung ist die prototypische [3,3]-sigmatrope Umlagerung, von der sich eine große Zahl verwandter Umlagerungen ableiten. Grenzen sind die oft hohen Reaktionstemperaturen und die Triebkraft der Umlagerung. Gagne und Mitarbeiter berichten jetzt über eine goldkatalysierte Reaktion, die schon bei —35 °C abläuft und die Produkte (3) mit oft guten Ausbeuten und Enantioselektivitäten liefert. Schlüssel zum Erfolg ist der (PHANephos)Gold(I)-Komplex (2), der die elektronenreichere Doppelbindung im Substrat (1) koordiniert und so die Aktivierungsbarriere der Umlagerung signifikant senkt. Mechanistisch geht die Umlagerung hier aber nicht mehr konzertiert vonstatten, sondern verläuft nach quantenchemischen Studien über ein Carbeniumionen-Intermediat. UJ


— — — Die technische Synthese von Ethylacetat erfolgt vorwiegend direkt aus Essigsäure. Beller und Mitarbeiter haben nun eine Alternative vorgestellt, die nicht auf Petrochemikalien sondern auf Ethanol als primärem Biomasseprodukt basiert. In Gegenwart von nur 25 ppm eines strukturell recht einfachen Ruthenium-Aminophosphan-Komplexes dimerisieren zwei Moleküle Ethanol oxidativ unter Bildung von Ethylacetat in über 80 Prozent Ausbeute mit Umsatzzahlen von über 1500. Die Reaktion verläuft durch Zusatz katalytischer Mengen Natriumethanolat als Base (0,6 — 1,3 Mol-%) und erfordert keinen Akzeptor zum Abfangen des freiwerdenden Äquivalents Wasserstoff. Ethylacetat ist mit einem jährlichen Marktvolumen von mehr als 2,5 Mio. Tonnen eines der wichtigsten organischen Lösemittel. Daneben dient es auch als feinchemischer Synthesebaustein in der Nahrungsmittel-, Material- und Pharmaindustrie. AJvW



<ul>
<li>
1_1 


<source>Angew. Chem., 
2012, 
124, 
4242.

</li>
<li>
1_2 


<source>Angew. Chem., 
2012, 
124, 
3184.

</li>
<li>
1_3 


<source>Angew. Chem., 
2012, 
124, 
3755.

</li>
<li>
1_4 


<source>Angew. Chem., 
2012, 
124, 
2261.

</li>
<li>
1_5 


<source>Science, 
2012, 
335, 
317.

</li>
<li>
1_6 


<source>Angew. Chem., 
2012, 
124, 
3656.

</li>
<li>
1_7 


<source>Nat. Chem. Biol., 
2012, 
8, 
486.

</li>
<li>
1_8 


<source>J. Am. Chem. Soc., 
2012, 
134, 
6500 ibid. 6504.

</li>
<li>
2_1 


<source>Nature, 
2012, 
483, 
315.

</li>
<li>
3_1 


<source>Nat. Chem., 
2012, 
4, 
405.

</li>
<li>
4_1 


<source>Angew. Chem., 
2012, doi: 10.1002/ange.201200625.

</li>
</ul>

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