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<h2>Was ist mit dem Treibhausgas Wasserdampf?</h2>Der Beitrag „Klimaforschung – Die Fakten und ihre Wahrnehmung“ von Reinhard Zellner [Nachr. Chem. 2017, 65, 662] behandelt leider kaum den Einfluss des Wasserdampfs auf das Klima, und in der Aufzählung der anthropogenen Treibhausgase wird er nicht einmal erwähnt. Wasserdampf ist das atmosphärische Gas mit dem weitaus wirksamsten Treibhauseffekt. Ich hätte zum Beispiel gerne erfahren, welche Rolle der Wasserdampf spielt, der in Höhen von über 9 km von Flugzeugen ausgestoßen wird. Welchen klimatischen Einfluss hat der Wasserdampf aus sonstigen Verbrennungsprozessen, aus Kühltürmen und aus Quadratmegameter großen Berieselungsanlagen? Wie ist das mit der Rückkopplung? Mehr Wasserdampf bedeutet mehr Treibhauserwärmung, aber zugleich wegen vermehrter Wolkenbildung mehr Reflexion von Sonnenlicht ins Weltall. Wie stark ist die Wirkung des natürlichen, des anthropogenen und des aus der Meereserwärmung herrührenden Wasserdampfs im Vergleich zu derjenigen des Kohlendioxids? Wie zuverlässig lässt sich das alles in den Klimaberechnungen erfassen?Ulrich Müller, MarburgAnm. des Autors: Ulrich Müller greift berechtigterweise einen Aspekt der Klimaforschung auf, der in meinem Beitrag in der Tat nicht ausreichend akzentuiert worden ist. Je nach Region gehen 60 bis 80 Prozent des gesamten Treibhauseffekts auf Wasserdampf zurück. Bedeutendste Quelle des Wasserdampfes in der Atmosphäre ist die Verdunstung über den Ozeanen und den Kontinenten mit 450 beziehungsweise 70 Gigatonnen H2O pro Jahr. Allerdings beträgt die Lebensdauer des Wasserdampfes nur etwa eine Woche, sodass der mittlere Gehalt der Atmosphäre auf etwa 13 Gigatonnen begrenzt ist, das sind 0,001 % des Gesamtwassergehalts der Erde. Die anthropogene Wasserverdunstung, etwa bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe, erhöht den Niederschlag, ändert aber kaum etwas am Gesamtwassergehalt der Atmosphäre. Was den Wassergehalt aber ändert, ist die Temperatur, denn damit ändert sich die Verdunstungsrate und die Aufnahmekapazität. Nach Clausius-Clapeyron sind es etwa + 7 % pro Grad Temperaturzuwachs.Die Emissionen aus Düsenflugzeugen haben durchaus einen Einfluss auf das Klima. Hier ist weniger die CO2-Emission bedeutend, sondern der Wasserdampf, die Kondensstreifen, das Schwefelsäureaerosol und der Ruß sowie deren Einfluss auf die hochliegenden dünnen Wolken, die Zirren. Wasserdampf ist dort wegen der niedrigen Umgebungstemperaturen stark klimawirksam. Aber besonders Zirren, die aus verdampfenden Kondensstreifen nachfolgend erneut gebildet werden, sind IR-aktiv und wärmen die darunterliegenden Luftschichten. Eine Kühlung der Atmosphäre wie durch tiefliegende Wolken ist bei Zirren wegen der geringen optischen Dichten nicht von Bedeutung.Die Auswirkung der Wasserdampf-Rückkopplung auf eine Temperaturerhöhung, etwa durch die Zunahme von CO2, ist der wohl schwierigste Teil der Klimamodellierung überhaupt, die sich in der Klimasensitivität widerspiegelt. Darin kommt zum Beispiel zum Ausdruck, dass die Erwärmung der Erdoberfläche durch die Zunahme des Wasserdampfes immer stärker ist, als durch die Zunahme von CO2 und anderen Klimagasen allein.<h2>Wissenschaft und Politik</h2>Ein Absatz des Beitrags „Die Fakten und ihre Wahrnehmung“ verursacht tiefe Nachdenklichkeit [Nachr. Chem. 2017, 65, 662]. Reinhard Zellner schreibt: „Die Ergebnisse [der Klimaforschung] sind trotz aller Intensität und Qualität längst nicht konvergent. Forschung braucht ungestörte Zeit des Diskurses und Reife; dies war der Klimaforschung aufgrund des ungeheuren gesellschaftlichen und politischen Drucks versagt.“ Damit erinnert er an die unter seiner Leitung verfasste BMBF-Studie „Herausforderung Klimawandel“, Herausgegeben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2003, in der unter anderem zu lesen ist: Klimaforschung ist „postnormal science“, also große Unsicherheit und Risiken sind miteinander gekoppelt; die große Unsicherheit kann nur durch weitere Forschung vermindert werden. Und: In der Klimaforschung ist ein Modell eine mehr oder weniger gute mathematische Beschreibung des Klimasystems; es darf nicht mit der Realität verwechselt werden.Somit: Die Wissenschaft der Klimaforschung hätte sich auch hier dem „ungeheuren politischen Druck“ mit Widerworten – wie solche von Henning Hopf et al. („Die Welt des Postfaktischen – ein Widerwort aus der Wissenschaft“, Nachr. Chem. 2017, 65, 659) eingefordert werden – der Politik entgegenstellen müssen. Folglich: Das von Steffi Ober (Leitartikel Nachr. Chem. 2017, 65, 415) angemahnte nähere Zusammenrücken von Politik und Chemie (und Wissenschaft) ist zu überdenken.Claus Christ, Kelkheim<h2>Fakten, Wahrnehmung und Zweifel</h2>Im Beitrag „Die Fakten und ihre Wahrnehmung“ [Nachr. Chem. 2017, 65, 662] hat Reinhard Zellner uns von Eike direkt angesprochen und als Zweifler bezeichnet. Diverse Behauptungen möchte ich hiermit jedoch bestreiten:1. Die von Reinhard Zellner benutzte, abgewandelte Form der Stefan-Boltzmann-Gleichung zur Berechnung der irdischen Mitteltemperatur wurde von Fritz Möller ohne exakte wissenschaftliche Begründung eingeführt [Appl. Opt. 1964, 3, 157]. Sie setzt voraus, dass die Oberfläche der Erde homogen ist; Meer, Steppe, Wüste – alles gleich.2. Es ist eine grobe und unserer Einschätzung nach unzulässige Vereinfachung, Mitteltemperaturen der globalen Klimazonen von + 30 bis – 35 °C und Extremwerten von –93 bis + 70 °C auf einen Gesamtmittelwert von + 15 ° zusammenzurechnen und zu behaupten, dass dieser sogar auf zwei Nachkommastellen genau irgendeine Bedeutung hat.3. Die Angabe der Klimasensitivität mit 1,2 K bei CO2-Verdopplung ohne und 3,5 K (AR 3) beziehungsweise 3,2 (AR5) mit Wasserdampf-Rückkopplung ist vom IPCC selbst (allerdings nur in einer Fußnote) in der letzten SPM zum AR 5 als nicht definierbar festgestellt worden, weil man sich nicht einig werden konnte. Inzwischen gibt es sehr viele begutachtete Veröffentlichungen, die die Klimasensitivität wesentlich geringer angeben. Der niedrigste Wert liegt bei 0,7 K [H. Harde, Int. J. Atmos. Sci. 2017, doi:10.1155/2017/ 9251034; R. S. Lindzen, Y.-S. Choi, Asia-Pacific J. Atmos. Sci. 2011, 47, 377; R. W. Spencer, W. D. Braswell Remote Sens. 2011, 3, 1603].4. Die CO2-Konzentration der vorindustriellen Zeit ist nur sehr ungenau bekannt. Bekannt ist, dass sie oft und kräftig schwankte und zwar zischen zirka 288 bis 620 ppm. Meyers Lexikon von 1890: „Die Menge der atmosphärischen Kohlensäure schwankt in 10 000 Teilen dem Volumen nach zwischen 3,7 und 6,2 Volumteilen, wofür freilich auch noch andere Zahlen angegeben werden, indem Muntz und Aubin dafür in Paris die Werte 2,88 und 4,22 Volumteile fanden.“ In heutigen Werten sind das zirka 370 bis 620 ppm – heute liegt der angebliche Wert bei 400 ppm – einen vorindustriellen CO2-Wert gab es somit nie, sondern viele.5. Dass es auch anders geht, die Erwärmung zu erklären, zeigt ein Artikel, der gerade von Nikolov und Zeller veröffentlich wurde: New Insights on the Physical Nature of the Atmospheric Greenhouse Effect Deduced from an Empirical Planetary Temperature Model.6. Klimamodelle sind Computeralgorithmen mit beliebig variierbaren Parametern. Die Modelle, mit denen man 1992 in Rio die Notwendigkeit des Klimaschutzes begründete, arbeiteten oftmals mit Flusskorrekturen, die mehr als das Fünffache des Treibhauseffekts bei 100 % mehr CO2 in Höhe von von 4,2 W·m–2 betragen. Die Flusskorrekturen sind notwendig, damit überhaupt realitätsnahe Ergebnisse herauskommen [ U. Cubasch, B. D. Santer, G. C. Hegerl, Phys. Bl. 1995, 51, 269].Michael Limburg <a href="mailto:m.limburg@eike-klima-energie.eu">m.limburg@eike-klima-energie.eu</a>Anm. des Autors: Michael Limburg weist in seinem Leserbrief auf scheinbare Defizite in meinen Argumenten hin mit dem Ziel, Zweifel an den Ergebnissen zu streuen. Kritik an Forschungsergebnissen ist erlaubt und eher typisch als fremd für die Wissenschaft und findet durch den lebendigen Diskurs auf Tagungen und in den Journalen statt. Die von Michael Limburg vorgebrachten Gegenstandpunkte sind Meinungen oder bestenfalls Erkenntnisse, die nicht von der etablierten Klimawissenschaft getragen werden und auch nicht den gegenwärtigen Forschungsstand widerspiegeln.<h2>Politisch korrekt im Mainstream schwimmen</h2>Reinhard Zellner liefert einen gut recherchierten Sachstand zur Klimaforschung [Nachr. Chem. 2017, 65, 662]. Erfreulich, dass dieser Überblick auch kritische Anmerkungen zum Thema liefert. So stellt Zellner fest, dass die Ergebnisse der Klimaforschung „längst nicht konvergent sind“. Auch weist er auf den geringen Anteil der Bundesrepublik an den Emissionen der Welt hin. Das Tempo des Ausstiegs aus Kohle und Kernenergie hält er folgerichtig für „wenig rational“. Die Klimasensitivität benennt er mit 1,2 Grad Kelvin, einem vergleichsweise harmlosen Wert. Leider fehlt die letzte Konsequenz. Diese wäre gewesen, ein politisch inkorrektes Plädoyer gegen unsere Klimahysterie zu halten.Stattdessen sucht Zellner nach Gründen für eine den Fakten widersprechende stärkere anthropogene Erwärmung. Wie üblich werden unklare „Rückkopplungen“ und die „Trägheit der Ozeane“ angeführt. Bei dieser „unsicheren Faktenlage“ muss man selbstverständlich mit dem Schlimmsten rechnen und kann die Energiewende nur gutheißen.Dabei wirken Rückkopplungen wie Verdunstung, Wolkenbildung und Konvektion ohne Zweifel dämpfend auf die globale Erwärmung. Die angebliche Trägheit der Ozeane ist thermodynamisch nicht nachzuvollziehen. Schade, aber ein Professor an deutschen Hochschulen hat wohl keine Wahl. Er darf nicht gegen den politisch korrekten Mainstream schwimmen.Wolfgang Burkel per E-MailDie „Korrespondenz“ veröffentlicht Briefe an die Redaktion. Gedruckt und online steht sie allen Lesern der Nachrichten aus der Chemie offen. Bitte senden Sie Ihre Zuschrift mit einem Umfang von maximal 1500 Zeichen als E-Mail an: <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.<figure><img src="https://media.graphcms.com/FKtPIBGCRiaXWG8ETwRu"><figcaption><label>Abb. 1: </label></figcaption></figure>

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Was ist mit dem Treibhausgas Wasserdampf?Der Beitrag „Klimaforschung – Die Fakten und ihre Wahrnehmung“ von Reinhard Zellner [Nachr. Chem. 2017, 65, 662] behandelt leider kaum den Einfluss des Wasserdampfs auf das Klima, und in der Aufzählung der anthropogenen Treibhausgase wird er nicht einmal e...

<h2>Eine didaktische Meisterleistung</h2>Frank Hoffmanns Buch Faszination Kristalle und Symmetrie ist eine Einführung in die Kristallographie, die aus seinen Erfahrungen mit dem massive open online course (Mooc) „The fascination of crystals and symmetry“ auf der Plattform Iversity hervorgegangen ist. Hoffmann leitet an der Universität Hamburg im Fachbereich Chemie die Abteilung für Kristallstrukturanalyse.<div><img src="https://media.graphcms.com/duhnh6J6QTiQLM2OwD20">

</div>Auch wenn der Titel nach einem populärwissenschaftlichen Band klingt, liegt hier ein Lehrbuch vor. Hoffmanns Faszination für das Thema spiegelt der Text in jedem Fall wider. Das Buch ist in einer lockeren, aber präzisen Sprache verfasst und kommt ohne mathematische Beschreibungen wie Matrixschreibweisen für Symmetrieoperationen aus. Zudem ist es sinnvoll gegliedert: von Kristallformen und Bravais-Gittern über Punktgruppen und Kristallklassen, Ebenen- und Raumgruppen zu Polymorphie, Quasikristallen, porösen Kristallen und topologischen Deskriptoren. Auch bei komplizierten Zusammenhängen wie obverser und reverser Aufstellung rhomboedrisch-zentrierter Elementarzellen oder der doppelten Gleitspiegelebene e besticht das Buch durch verständliche Erklärungen und instruktive Abbildungen.Das Buch ist durchgängig mit hochwertigen Farbabbildungen illustriert. Anleitungen, wie sich Kristallstrukturen, Kristallformen und Symmetrieelemente mit den kostenlosen Computerprogrammen Vesta, Spacegroupvisualizer und Mercury visualisieren lassen, regen den Leser zur aktiven Beschäftigung mit den Inhalten an.Für eine Erstauflage gibt es nur wenige Fehler; die Schoenflies-Notation der Punktgruppe mm2 sollte C2v lauten (S. 237).Der Autor gibt sich im Vorwort bescheiden und schreibt, dass auf dem Lehrbuchmarkt keine Lücke klaffte. Bekannte deutschsprachige Lehrbücher der Kristallographie kommen jedoch meist aus der Mineralogie und sind für Chemiestudenten ohne kristallographische Vorbildung oft nur schwer verständlich. Dagegen vermitteln Lehrbüchern der allgemeinen und anorganischen Chemie die Grundlagen der Kristallsymmetrie meistens nur knapp und häufig missverständlich, wie der Autor darlegt. Genau diese Lücke füllt das hier vorliegende didaktische Meisterwerk. So ein Lehrbuch wünscht sich jeder, der ohne Vorkenntnisse einen leicht verständlichen, nicht mathematischen Einstieg in die chemische Kristallographie sucht, ob begleitend zu einer Vorlesung oder im Selbststudium, und der kristallographische Beschreibungen in Publikationen und in den International Tables for Crystallography verstehen will.Rüdiger W. Seidel, LeipzigFaszination Kristalle und Symmetrie. Von Frank Hoffmann. Springer-Spektrum-Verlag, Wiesbaden, 2016. 321 Seiten, brosch. 39,99 Euro. ISBN 978–3–658–09580–2<h2>Wasserchemie als Abenteuer</h2>Große Flüsse, in diesem Fall der Rhein, faszinieren die Menschen. Andreas Fath, Professor für Chemie an der Hochschule Furtwangen und Leistungsschwimmer, der in seinem achten Lebensjahr mit dem Schwimmsport begann, hat seinen eigenen Weg, sich dem Rhein zu nähern: Er ist ihn im Sommer 2014 von der Mündung bis zur Quelle in 25 Etappen durchschwommen. Vordergründige Motivation: Andreas Fath wollte Geld beschaffen für ein hochauflösendes Triple-Quad-Massenspektrometer und ein Infrarotmikroskop, um Mikroplastikpartikel zu untersuchen. Wie die Lektüre von Rheines Wasser – 1231 Kilometer mit dem Strom allerdings recht bald zeigt, ist ein weiteres Motiv des Autors für die spektakuläre Aktion seine Sorge um die Umwelt. Das Buch ist ein Plädoyer für mehr Gewässerschutz.<div><img src="https://media.graphcms.com/tbwjsJkVRceoafBpF7zA">

</div>Fath beschreibt seine Erlebnisse auf jeder der Schwimmetappen, etwa, wie er bei 7 °C Wassertemperatur startet, wie ihm Schiffe in die Quere kommen, wie er mit einer Boje kollidiert und wie Schwimmer bei starker Strömung Hindernissen ausweichen können. Er schließt mit einem Epilog, in dem er über künftige ähnliche Projekte sinniert – so stand für ihn im Sommer 2017 die Bewältigung des Tennessee River in den USA an. In dem mit „Und jetzt?“ betitelten Kapitel plädiert er für wirksameren Gewässerschutz, schlägt Lösungen vor und fordert ihre Umsetzung, die Verhaltensänderungen der Menschen verlangt.Das Buch ist zweigleisig angelegt: Auf der einen Seite geht es detailliert um die Aspekte des (Langstrecken-)Schwimmens in einem großen Fluss, der intensiv industriell und für die Schifffahrt genutzt wird. Diese Ausführungen dürften besonders Sportler interessieren und lesen sich auch für bestenfalls Gelegenheitssportler wie den Rezensenten gut. Die andere Seite sind die naturwissenschaftlichen Fragen, die der Autor ausführlich behandelt, oft in längeren Einschüben, sorgfältig recherchiert.Andreas Fath wollte, in seinen eigenen Worten, „jeden Meter im Wasser mit allen Sinnen erleben“. Zusätzlich hat ihn ein Team begleitet, das Wasserproben gezogen und analysiert hat; er selber trug am Körper Probensammler. Auf diese Weise ist ein Schatz an Daten über die ganze Länge eines großen Stroms zusammengekommen.Das Buch wendet sich in erster Linie an naturwissenschaftliche Laien, die sich für Wasserchemie, Gewässerschutz und die Umwelt interessieren. Aber auch Nicht-Wasserchemiker werden Einblicke in das Fach bekommen. So diskutiert Fath aktuelle Themen der Wasserchemie, darunter Mikroplastik, Spurenstoffe wie Arzneimittel und Pflanzenschutzmittel, Biozide im Wasserkreislauf, Nährstoffe in Gewässern, Einträge von landwirtschaftlich genutzten Flächen, neue Verfahren der Abwasserreinigung sowie Wasseraufbereitung und Spurenanalytik.Andreas Fath ist ein Chemiker und Hochschullehrer, der mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält. Man mag nicht alle seine Einschätzungen teilen. Er kritisiert Biopolymere, weil sie seiner Meinung nach durch beschleunigten Abbau zu mehr Mikroplastik führen. Das Rheinwasser bezeichnet er als „Chemiecocktail“. Das heute weit verbreitete Abwasserreinigungskonzept mit Kläranlagen end of pipe ist für ihn „anachronistisch“, Abwasserrohre – der Zusammenhang zeigt, dass er an solche aus Beton denkt – typisiert er als „antiquiert“.Insgesamt ist das Buch gut lesbar geschrieben und inhaltlich präzise. Hin und wieder mag man über eine Ungenauigkeit stolpern. Das ist die Rede von Nitraten (Plural) im Grundwasser, obwohl nur das Nitrat-Ion gemeint ist. Fath schreibt „Mannheimer Kläranlagen“ (wieder Plural), obwohl nur eine Mannheimer Anlage in Frage kommt. Bei den Faulgasen, „die für viele Organismen pures Gift sind“, nennt Fath neben anderen Methan – das entsteht zwar in Faulprozessen, ist aber nicht giftig. Hier hätte der Satz anders aufgebaut werden sollen. An einer Stelle heißt es, die Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie sollten bis 2015 erreicht sein; aber es gibt Ausnahmen bis 2027, und die weitere Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wird derzeit auf verschiedenen Ebenen diskutiert.Diese Kleinigkeiten ändern nichts am Gesamturteil: Ein schönes, informatives und interessantes Buch – für alle, die auf leichte Art etwas über Umwelt- und Gewässerschutz lernen wollen, und für solche, die die Konstellation Sport, Unterhaltung und Wissenschaft reizt und die auch einmal ein populärwissenschaftliches Buch lesen wollen.Frank Bringewski, SiegburgRheines Wasser – 1231 Kilometer mit dem Strom. Von Andreas Fath. Hanser, München, 2016. 224 Seiten, geb. 20 Euro. ISBN 978–3–446–44871–1<h2>Bioökonomie: Ein Thema auch für Chemiker</h2>Wenn es stimmt, dass wir derzeit mehr Planet verbrauchen als da ist, steht die Bioökonomie zu Recht im Mittelpunkt. Das Thema ist akut, betrifft viele Lebensbereiche und Industrien und ist keineswegs auf Biologie und Biotechnologie beschränkt. Die Journalistin Christiane Grefe präsentiert in Global Gardening Bioökonomie umfassend und vielseitig.<div><img src="https://media.graphcms.com/ZvikuqVPSJicKQ2348pt">

</div>Viele gut recherchierte Facetten der Bioökonomie spricht die Autorin in sieben Kapiteln inklusive Einführung und Ausklang an. Die Themen sind: Historie und politische Geschichte der Bioökonomie-Bewegung, neue Technologien von den Anfängen der Mikroorganismen als Zellfabriken bis hin zur synthetischen Biologie und Big Data sowie Präzisionslandwirtschaft. Die regionalen, nationalen, internationalen und politischen Zusammenhänge und Themen werden erörtert: Grefe beleuchtet neue Machtgefüge in der Wirtschaft, greift Unterschiede zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern auf („es gibt nicht nur eine Bioökonomie“) und geht auf gesellschaftliche Mitbestimmung ein, auf neue Koalitionen, regionale Versorgung und Ausrichtung der Forschung.Besonders gelungen sind die Komplexe „Kritische Fragen an die Bioökonomie“ und „Zehn Thesen, warum die Bioökonomie trotz des billigen Öls ein Thema wird“. Die Autorin beschäftigt sich auch mit der Frage: Ist Bioökonomie ein Deckmäntelchen, um die Natur mit neuen Methoden auszubeuten („Raus aus der Kohle, um Kohle zu machen“)? In vielen Unternehmensstrategien fehlen Genügsamkeit, Vermeidung und Sparsamkeit. Politiker wollen dem Verbraucherwillen und wachsendem Umweltbewusstsein nachkommen. Es bleibt der Konflikt: mehr Gleichheit, Gleichberechtigung und Wohlstand für alle, aber nicht nur auf Basis technischer Errungenschaften und industrieller Macht, sondern von Anfang an und mit der Akzeptanz der Gesellschaft. Zudem ist Bioökonomie für die Autorin nicht von Grund auf nachhaltig.Sahnehäubchen sind Originalbeiträge verschiedener Lager in Form von vier Streitgesprächen zu synthetischer Biologie, Eigenrechten des Lebens, globaler Landwirtschaft und zur Zukunft der Chemie. Joachim von Braun, Präsident des Bioökonomierats, wird zitiert: „Die Bioökonomie sollte nicht hopplahopp mit Hauruck und Hurra gestaltet werden, sondern mit Umsicht und guten Informationsgrundlagen.“ Dieses Buch leistet hierzu einen guten Beitrag. Der Begriff Bioökonomie steht für ein großes Ganzes und ist nicht nur ein technologisches oder industrielles Thema, sondern auch ein gesellschaftliches. Chemikerinnen und Chemikern empfehle ich: lesen und mitdiskutieren.Holger Bengs, Frankfurt am MainGlobal Gardening. Bioökonomie – Neuer Raubbau oder Wirtschaftsform der Zukunft? Von Christiane Grefe. Verlag Antje Kunstmann, München, 2016. 317 Seiten, geb. 22,95 Euro. ISBN 978–3–95614–060–0

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