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<h2>Umstellung des Verkehrskonzepts tut not</h2>Zum Beitrag von Thomas Koch in der Diskussion Pro und Contra Elektromobilität [Nachr. Chem. 2018, 66, 536 – 537]:Seit Beginn der 1960er Jahre wurden Luftanalysen aus Kalifornien publiziert, die den engen Zusammenhang der Abgase von Automobilen und Luftverunreinigungen zeigten. Seit Ende der 1980er Jahre war die Chemie der Abgaskomponenten in der Atmosphäre, der UV-Strahlung und der zwischen ihnen ablaufenden Reaktionen gesichert.Die Tatsache, dass die emittierten Gase schädlich sind und zum Einstieg in nachgelagerte Reaktionszyklen führen, hat seit Jahren schon Eingang in die Literatur gefunden (Chemie in den Wolken, Wiley-VCH, 2011). In unseren Breiten kommt es freilich auch im Winter zur Agglomeration von Abgasschadstoffen in der Luft.Alle diese Erkenntnisse fanden ihren Niederschlag in der Entwicklung der europäischen Abgasgesetzgebung seit 1970 (70/220/EWG), in der bis heute (Direktiven 2016/646/EU und 2017/1151/EU) eine Folge immer strenger werdender Abgaslimits definiert wurde. Zur Diskussion dieser Limits stand den Experten aus Industrie, Forschung und Behörden jeweils im Vorfeld der Verabschiedung ausreichend Zeit zur Verfügung, sodass Beschwerden über die Unerreichbarkeit der Limits heute ins Leere laufen.Auch die Aussage muss korrigiert werden, dass die „modernste seit zwei Jahren angebotene Dieseltechnik“ für eine „Reduktion mindestens der NOx-Werte“ sorgt. Die realisierte Version dieser Technik verhinderte ja gerade diesen Effekt durch das programmierte Abschalten: Entweder wird durch Software die Reinigung nur auf dem Prüfstand aktiviert, nur in schmalen Temperaturintervallen aktiv, oder in besonders krassen Fällen schaltet die Reinigung sogar nach zirka 21 Minuten komplett ab.Das ist zum Beispiel durch die experimentellen Werte bestätigt, die von den automatischen Messstationen in städtischen Ballungsräumen geliefert werden. Auch nach Einführung und Verbreitung der nominell saubereren Motoren der Schadstoffklassen E5 und E6 kann keine entsprechende Verbesserung der Luftqualität festgestellt werden. Das Desaster ist so groß, dass sogar die auslaufenden Fahrzeuge der Klassen E3 und E4 in ein Fahrverbot einbezogen werden müssen, um die Gesamtbelastung an Stickoxiden kurzfristig spürbar zu mindern.Thomas Koch geht wenig darauf ein, wie dieses Dilemma zu lösen ist. Klar ist, dass die Ballungsgebiete vom Individualverkehr durch einen bedarfsgerechten ÖPNV und Verteilung auf dafür optimierte Verkehrsträger zu entlasten sind und durch Güterferntrassen der Bahn der LKW-Verkehr von der Straße genommen werden kann.Dabei können die Energievarianten Wasserstoff, Erdgas, Elektro den Rückgang der bisherigen Erdöltechnologie unterstützen und die Abgasverseuchung der Innenstädte vermindern, bieten aber trotz der optimistischen Stellungnahme im Pro-Teil dieser Rubrik noch keine nachhaltige Nachfolgephilosophie zur wirkungsvollen Entlastung. Hier fehlen vermutlich noch Ideen, wie wirkungsvolle Alternativen zur jetzigen Verkehrsverteilung aufgebaut werden können.Der Zeitraum für eine solche Umstellung des Verkehrskonzeptes dürfte angesichts der weiten beteiligten Bevölkerungs- und Industriekreise nicht zu kurz angesetzt werden: Wir haben es mit einem Jahrhundertprojekt zu tun. Ein frühzeitiges und grundlegendes Umdenken auch in den beteiligten Industrien tut daher Not.Hartwig Müller, Neukirchen-Vluyn<h2>Nachvollziehbar?</h2>Mit Verwunderung lese ich im Artikel „Hochwertige, freie Forschung“ [Nachr. Chem. 2018, 66, 735], dass im Jahr 2016 etwa 70 Prozent der vom Magazin Nature befragten Wissenschaftler die Ergebnisse aus Experimenten von Kollegen nicht nachvollziehen konnten. Das ist schon verblüffend, 40 Jahre nach Einführung von GMP/GLP und rund 20 Jahre nach Einführung der QM-Systeme. Ich frage mich nun, wie denn die Ergebnisse vor 1977 ausgesehen haben mögen. Ein Vergleich wäre sicherlich interessant, aber auch so lässt sich vermuten, dass sie kaum schlechter gewesen sein können.Ich denke, dass jeder forschende Chemiker schon über Ergebnisse gestolpert ist, die sich nicht nachvollziehen ließen. Aber 70 Prozent? So etwas ist mir auch vor 40 Jahren nicht untergekommen. Oder bedeutet diese Zahl lediglich, dass ein solcher Anteil von Befragten angegeben hat, schon einmal auf etwas nicht Nachvollziehbares gestoßen zu sein? Dann wäre die Aussage im Artikel qualitativ unzureichend – und bedeutungslos, wenn nicht eine Relation von nachvollziehbaren zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen angegeben wird.Wenn es sich aber tatsächlich um 70 Prozent an nicht nachvollziehbaren Arbeiten handeln sollte, dann würde das bedeuten, dass alle Qualitätsmanagementsysteme nur wenig bis keine Wirkung erzielt haben?Wie auch immer, diese Aussage im Artikel hat mich grübeln lassen.Franz Peter Schmitz, LüneburgDie „Korrespondenz“ veröffentlicht Briefe an die Redaktion. Gedruckt und online steht sie allen Lesern der Nachrichten aus der Chemie offen. Bitte senden Sie Ihre Zuschrift mit einem Umfang von maximal 1500 Zeichen als E-Mail an: <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.

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Umstellung des Verkehrskonzepts tut notZum Beitrag von Thomas Koch in der Diskussion Pro und Contra Elektromobilität [Nachr. Chem. 2018, 66, 536 – 537]:Seit Beginn der 1960er Jahre wurden Luftanalysen aus Kalifornien publiziert, die den engen Zusammenhang der Abgase von Automobilen und Luftverunr...

Prof.Dr.

<h2>Verständliche, gute Übersicht über die Chemie der letzten 200 Jahre</h2>Jost Weyer hat ein zweibändiges Werk über die Geschichte der Chemie vorgelegt. Die Epoche der modernen Chemie ist Gegenstand des vorliegenden Teils Geschichte der Chemie, Band 2 – 19. und 20. Jahrhundert. Diese Zeit ist nach Weyer vor allem geprägt durch die Etablierung der Atomtheorie, die Entdeckung des Periodensystems, die Entwicklung analytischer Methoden, die Entstehung neuer Teilgebiete und der chemischen Industrie sowie der Herausbildung des Chemikerberufs. Der Autor ist Chemiker, war über 30 Jahre am Institut für Geschichte der Naturwissenschaften der Universität Hamburg tätig und in den Jahren 1979 bis 1990 Vorsitzender der GDCh-Fachgruppe „Geschichte der Chemie“.<div><img src="https://media.graphcms.com/lBmaMeoGS8Sgd0TVUkwo">

</div>Weyer gliedert den Band in 14 Kapitel: Stöchiometrische Gesetze, Atom- und Molekulartheorie, Elektrochemie, Klassifikation der Elemente im Periodensystem, Theorien der chemischen Bindung, Organische Chemie, Stereochemie, Chemische Industrie, Beruf des Chemikers, Physikalische Chemie, Chemische Kinetik, Analytische Chemie, Biochemie sowie Struktur und Umwandlung des Atoms. Am Ende des Buchs befindet sich außerdem eine Zeittafel, die allerdings nur bis in die 1960er Jahre reicht. Spätere Entwicklungen berücksichtigt der Autor kaum.Die Buchstruktur hat den Vorteil, dass die einzelnen Kapitel unabhängig voneinander lesbar sind, verhindert allerdings dass sich ein zeitlicher roter Faden durch den gesamten Band zieht. Die Anordnung der Kapitel ist nicht immer nachvollziehbar. So hätten die Kapitel zur physikalischen Chemie und zur chemische Kinetik wohl vereint werden können; auch das Kapitel zur Struktur und Umwandlung des Atoms hätte sich an das Kapitel über die Atom- und Molekulartheorie anschließen können.Der geschichtliche Verlauf der Chemie als Wissenschaft steht stets im Vordergrund der Betrachtungen. Biografien der Protagonisten behandelt das Buch nur am Rande, und die Geschichte von Institutionen ist ebenfalls kaum Thema. So findet man auch keine Porträtbilder und nur wenige historische Abbildungen von Laboratorien und Instrumenten.Die Entwicklung der anorganischen Chemie behandelt der Autor etwas stiefmütterlich. Alfred Werners Koordinationschemie erwähnt er lediglich im Kapitel über die Stereochemie, und über die Etablierung der metallorganischen Chemie als Teilgebiet erfährt man nichts.Der Text ist durchgehend verständlich geschrieben und überwiegend sorgfältig lektoriert. 273,16 K entsprechen jedoch nicht 0 °C (S. 279), sondern der Tripelpunkt-Temperatur von Wasser (0,01 °C). Auch zwischen den Begriffen Molekularität und Reaktionsordnung differenziert der Text nicht, und Massenspektrometrie wird durchweg wenig zeitgemäß als Massenspektroskopie bezeichnet.Fazit: Das vorliegende Buch bietet einen guten Überblick über die Entwicklung der Chemie vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre. Wissenschaftshistorikern und interessierten Chemikern ist es zu empfehlen. Leider ist der Preis nicht studentenfreundlich.Rüdiger W. Seidel, LeipzigGeschichte der Chemie. Band 2 – 19. und 20. Jahrhundert. Von Jost Weyer. Springer-Spektrum-Verlag, Berlin, 2018. 461 Seiten, geb. 89,99 Euro. ISBN 978–3–662–55801–0<h2>Endlich – dieses Lehrbuch hat gefehlt!</h2>Einführung in die Chemie nachwachsender Rohstoffe: Vorkommen, Konversion, Verwendung ist ein Lehrbuch im besten Sinn. Das Buch informiert umfassend über nahezu alle Aspekte, wie sich nachwachsende Rohstoffe nutzen lassen – von Oleochemikalien und Holz über natürliche Farbstoffe und pharmakologisch aktive Substanzen bis zu Bioraffineriekonzepten. Dabei greift es auch aktuelle Themen auf wie Furandicarbonsäure als potenzielles Substitut für Terephthalsäure.<div><img src="https://media.graphcms.com/lNc0RPZ7QzKk2NAnWdd0">

</div>Generell überzeugt das Buch damit, dass die Autoren fast immer nicht nur die dahinterstehende Chemie, sondern auch die erforderliche Reaktions- und Prozesstechnik beschreiben. Auch ökonomische Aspekte wie den Preisverfall des Glycerins, der aus der Einführung von Biodiesel resultiert, sprechen die Autoren an. In vielen Fällen vergleichen sie die Optionen auf Basis nachwachsender Rohstoffe mit dem heutigen fossilbasierten Zugang und zeigen den Stand der industriellen Umsetzung.Das Buch richtet sich laut Autoren an Studenten der Naturwissenschaften und der Verfahrenstechnik sowie an Praktiker im Beruf. Dem Studierenden verschafft das Werk eine außergewöhnlich gute Darstellung – vermutlich – allen Stoffs, den der Dozent in der Vorlesung gebracht hat und womöglich nicht ganz so gut präsentiert hat. Der Student findet noch mehr Informationen in diesem Buch, was tieferes Interesse für das Gesamtthema weckt. Ob sich das Buch für das Selbststudium eignet – ohne die Schwerpunktbildung durch den Dozenten, ist angesichts der Fülle an angeschnittenen Themen fraglich. Nützlich sind auf jeden Fall die Fragen am Ende jedes Kapitels, mit denen der Leser prüfen kann, ob er das Wesentliche verstanden hat.Eine wichtige Zielgruppe erwähnen die Autoren nicht: Die Dozenten, die dieses Gebiet vermutlich auch mangels geeigneter Lehrmittel vernachlässigen.Wie diese Analyse verdeutlicht, ist die Bezeichnung „Einführung“ im Titel untertrieben – nicht nur, was die Zahl der besprochenen Stoffe angeht.Fehlt etwas? Auf Anhieb nicht. Zwei Themen sind aber anzusprechen: Erfreulicherweise gibt es viele ökologische Aspekte an den richtigen Stellen. So erklären die Autoren etwa, dass bioabbaubare Kunststoffe gar nicht so einfach abbaubar sind, wie man gemeinhin denkt, oder dass die Aussage, biobasierte Produkte seien CO2-neutral, in unserem heutigen Energiesystem in dieser Absolutheit nicht richtig ist. Es hätte aber nicht geschadet, auch Ergebnisse von Life Cycle Assessments anzusprechen, insbesondere auch bei Biokraftstoffen und ihrem Beitrag zum Erreichen der Klimaziele.Das zweite Thema ist die Herstellung wichtiger Grundchemikalien: Ethen oder Acrylsäure werden bei den entsprechenden Rohstoffen behandelt. Zugegebenermaßen würde ein eigenes Kapitel, in dem beispielsweise auch Propen oder die C4-Chemikalien wie Butadien vorgestellt würden, diese Systematik durchbrechen, aber dafür die aktuellen Forschungsarbeiten zu neuen Synthesewegen einschließen.Insgesamt erfährt der Leser unglaublich viel Wissenswertes, was auch für den Alltag wichtig ist. Dazu tragen wesentlich die als Exkurse bezeichneten kleinen Kapitel zu Schießbaumwolle, Whisky oder zum „optimal gegrillten Steak“ bei.Ich wäre vor mehr als zwölf Jahren unendlich dankbar gewesen, als ich meine erste Vorlesung zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe vorbereitete, hätte ich dieses Werk in Händen gehalten. Ich werde es den Studierenden uneingeschränkt zur Nachbereitung und Vertiefung empfehlen. Die Statuten lassen es vermutlich nicht zu, Arno Behr (und Thomas Seidensticker) ein zweites Mal mit dem Literaturpreis des Fonds der Chemischen Industrie auszuzeichnen. Verdient hätten es die beiden allemal.Kurt Wagemann, FrankfurtEinführung in die Chemie nachwachsender Rohstoffe: Vorkommen, Konversion, Verwendung. Von Arno Behr, Thomas Seidensticker. Springer-Spektrum-Verlag, Heidelberg, 2018. 393 Seiten, geb. 34,99 Euro. ISBN 978–3–662–55254–4<h2>Bücher kurz vorgestellt</h2>Lebensrückblick – Essays und ZettelkastenDer Chemiker Gerhard Kreysa, von 1992 bis 2009 Geschäftsführer der Dechema, hat im Selbstverlag zwei Bücher publiziert, in denen er die letzten 25 Jahre Revue passieren lässt.Für das Buch Quer zum Zeitgeist hat Kreysa 16 seiner Essays und Vorträge zusammengestellt. Die Beiträge stammen aus den Jahren 1991 bis 2016 und sind chronologisch geordnet. Sie behandeln Themen, die bis heute aktuell sind, darunter Klimasteuer, Arbeit und Zeit, Wissenschaft, Ethik und Eliten.In Was sonst vergessen wäre – Tagebuch-Notizen 1992 – 2017 fasst Kreysa „Perlen und Triviales“ zusammen. So entsteht ein humorvolles Panorama dessen, was ihn in den letzten 25 Jahren beschäftigt hat: darunter Treffen, Gedanken und Zitate wie Barack Obamas „This is the moment to give our children back their future“ über Dokumentationen und Polittalks bis hin zu Zeitungsartikeln, Büchern und Begegnungen.Quer zum Zeitgeistepubli, Berlin 2018. ISBN 978–3–7467–0882–9. 298 Seiten, brosch. 18 Euro.Was sonst vergessen wäre – Tagebuch-Notizen 1992 – 2017epubli, Berlin 2018.ISBN 978–3–7467–0925–3.322 Seiten, brosch. 19 Euro.Lebensrückblick – monumentalGratwanderungen, die Lebenserinnerungen Wolfgang Grubers, haben eine ungewöhnliche Erscheinungsgeschichte: Im Jahr 1965 schrieb der Chefchemiker von Wacker sie für seine Kinder und Enkel auf, seit diesem Jahr – 47 Jahre nach Grubers Tod – sind sie nun für alle lesbar. Beim Editieren des Werks half der Familie der Leiter des historischen Unternehmensarchivs der Wacker Chemie, Christian Finger. Die umfangreiche und überaus detailreiche Biografie berichtet über ein Leben zwischen Chemie als beruflicher Passion und dem Alpinismus als großem Hobby.Die bewegten Zeitläufte kommen hinzu: Gruber erlebt als junger Mann die letzten Friedensjahre des deutschen Kaiserreichs und kämpft im Ersten Weltkrieg an der Westfront, in den Dolomiten und auf dem Balkan. 1919 tritt er als Chemiker bei Wacker ein; es folgen Weimarer Republik, Naziherrschaft, Zweiter Weltkrieg, Wiederaufbau. Das Buch schließt mit Grubers letztem Arbeitstag bei Wacker im Jahr 1952.Gratwanderungen. Lebenserinnerungen von Wolfgang Gruber (1886–1971), Pionier, Alpinist und ChefchemikerHanser, München, 2018.740 Seiten, geb. 40 Euro.ISBN 978–3–446–45514–6auch als E-Book: ISBN 978–3–446–45586–3

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