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<h2>Die Nachrichten aus der Chemie: auf Papier</h2>
Vielen Dank für die Beibehaltung der gedruckten Version der Nachrichten aus der Chemie [Nachr. Chem. 2009, 57, 1022]. Als Wissenschaftler werden wir oft ermahnt, dem Strom der Zeit nicht unbedingt zu folgen. Schön, dass es die Nachrichten auch nicht tun.
Peter R. Schreiner, Gießen
<a href="mailto:Peter.R.Schreiner@org.Chemie.uni-giessen.de">Peter.R.Schreiner@org.Chemie.uni-giessen.de</a>


<h2>Der Blick aufs Biologische</h2>
Wie ich das so verstehe, kreisen die Bemühungen, die Bedeutung der Entdeckung der Harnstoffsynthese [Nachr. Chem. 2009, 57, 943] zu relativieren, vorwiegend darum, ja nicht in den Verdacht einer Nähe zum Vitalismus zu geraten.
Es sollte nicht vergessen werden, dass kein geringerer als Friedrich Wöhlers Dienstherr, der Minister Wolfgang Goethe, die epochale Bedeutung der Harnstoffsynthese für die naturwissenschaftliche Sichtweise auf alles Biologische klar erkannt hat. Er hat es im Faust II mit der Vision der (heute gentechnisch greifbar erscheinenden) Synthese des Homunculus dichterisch verarbeitet.
Jan Daneke, Eltville
<a href="mailto:Jan.Daneke@t-online.de">Jan.Daneke@t-online.de</a>


<h2>Anmerkung zur Kritik an Nocera</h2>
In den Nachrichten aus der Chemie ist eine Korrespondenz von Heribert Offermanns erschienen [Nachr. Chem. 2009, 57, 1129], in der er sich kritisch zu den Auftritten des amerikanischen Kollegen Daniel G. Nocera äußerte, der in diesem Jahr auf Einladung der Dechema und der GDCh gleich zweimal in Deutschland einen Plenarvortrag halten durfte. Um jedes Missverständnis zu vermeiden: Die inhaltliche Kritik von Offermanns ist gerechtfertigt. Weil auch ich keine Gelegenheit zu einer ausführlicheren Diskussion mit Nocera hatte — nach Plenarvorträgen ist das eben so — habe ich ihm einen Brief geschrieben und darin um Sonderdrucke und Literaturhinweise gebeten, weil ich mir — weniger als Dechema-Geschäftsführer sondern mehr als gelernter Elektrochemiker — ein genaueres Bild von der Leistungsfähigkeit seiner Katalysatoren machen wollte. Leider habe ich noch keine Antwort bekommen.
Heribert Offermanns reflektierte in diesem Zusammenhang auch die Rolle der wissenschaftlichen Gesellschaften und fragte sie, wie sie mit solchen Vorträgen umgehen. Da ist nun weniger der Elektrochemiker als der Geschäftsführer einer dieser Gesellschaften gefragt.
Zunächst kann es vorkommen, dass ein ausländischer Wissenschaftler in einem Jahr gleich zwei Einladungen von zwei deutschen Fachgesellschaften erhält, weil wir nun wirklich nicht jede Vortragseinladung miteinander abstimmen können. Eine Identifikation der wissenschaftlichen Gesellschaften mit den Inhalten und der Präsentationsform des Vortragenden ist das aus Sicht der Dechema jedoch noch nicht.
Wir alle wissen, dass es für die künftige Energieversorgung der Welt den allein seligmachenden Königsweg nicht gibt. Wer wissen möchte, wie sich die deutschen Chemieorganisationen dieser entscheidenden Zukunftsaufgabe nähern, dem empfehle ich die Lektüre des gemeinsamen Positionspapiers ”Energieversorgung der Zukunft — der Beitrag der Chemie: Eine quantitative Potentialanalyse“, das im November letzten Jahres erschienen ist.
 Gerhard Kreysa, Frankfurt <a href="mailto:kreysa@dechema.de">kreysa@dechema.de</a>


<h2>Milde Stickstofffixierung: Was sagt die Theorie?</h2>
Der in Nachrichten aus der Chemie [2009, 57, 1093] erschienene Artikel geht im Kapitel ”Biomimetische Systeme“ auch auf die biologische Stickstofffixierung ein. Dabei gewinnt man den Eindruck, als gäbe es für die Nitrogenase kein ”bioanorganisches“ Modellsystem. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Wie aus den Arbeiten von G. N. Schrauzer schon seit langem bekannt ist, sind einfache Molybdänkomplexe in wässriger Lösung (!) und in Gegenwart von Reduktionsmitteln in der Lage, nicht nur Stickstoff zu reduzieren, sondern auch weitere typische Nitrogenasesubstrate wie Acetylen und Nitrile.
Besonders hervorzuheben ist das Ergebnis, dass diese Modellsysteme auch eine weitere, oft unerwähnte Eigenschaft der Nitrogenase wiedergeben, nämlich nur in Gegenwart von Homocitrat, nicht aber von Citrat katalytische Aktivität aufzuweisen. Auf Grund dieser Modelluntersuchungen dürfte die enzymatische Stickstoffreduktion nicht am Eisen-, sondern am Molybdän-Zentrum ablaufen (siehe z. B.: Angew. Chem. 1975, 87, 579, Z. Naturf. 1993, 48b, 1295 und Z. Naturf. 2001, 56b, 386. Eine kurze Zusammenfassung dieser Arbeiten findet sich in Labor &amp; more 2007, 3, 16.)
Horst Kisch, Erlangen
<a href="mailto:horst.kisch@chemie.uni-erlangen.de">horst.kisch@chemie.uni-erlangen.de</a>
Daniel G. Nocera

Artikel

Korrespondenz

Die Nachrichten aus der Chemie: auf Papier Vielen Dank für die Beibehaltung der gedruckten Version der Nachrichten aus der Chemie [Nachr. Chem. 2009, 57, 1022]. Als Wissenschaftler werden wir oft ermahnt, dem Strom der Zeit nicht unbedingt zu folgen. Schön, dass es die Nachrichten auch nicht tun....

<h2>Konzepte mit hohem Anwendungspotenzial</h2>
Peptides as Drugs. Discovery and Development. Hrsg. von Bernd Groner. Wiley-VCH, Weinheim, 2009. 226 Seiten, geb. 119,— Euro. ISBN 978—3—527—32205—3
Mittlerweise sind weltweit mehr als 40 Peptide als Therapeutika zugelassen, über 200 befinden sich in unterschiedlichen Phasen der klinischen Erprobung. Daher ist das von Bernd Groner herausgegebene Mehrautorenwerk, welches das Thema an Hand von Fallbeispielen beleuchtet, von aktuellem Interesse.
Das Buch diskutiert vorwiegend biochemische Grundlagen für die Entwicklung von Protein- und Peptidwirkstoffen als Wachstumsfaktoren und Cytokine sowie deren Rezeptoren (Kapitel 2), Rezeptortyrosinkinasen (Kapitel 3), virale Onkoproteine (Kapitel 4) und Fusionsinhibition von HIV (Kapitel 5).
Da Peptide und Proteine Körperbarrieren kaum überwinden können, ist die Pharmakokinetik, die Prozesse von Absorption, Verteilung, Metabolisierung und Ausscheidung beschreibt, für die Wirkstoffforschung entscheidend. So sind in dem Werk von Groner weitere Kapitel beispielsweise der gentherapeutischen intrazellulären Expression von Proteinen und Peptiden (Kapitel 6) gewidmet, der Aufnahme von Peptidwirkstoffen durch Konjugation an zellpenetrierende Peptide (Kapitel 7) und der Produktion und Aufnahme von Proteinen und Peptidaptameren (Kapitel 8). Letzteres Kapitel greift auch teilweise das Themengebiet von Kapitel 7 auf, ohne darauf zu verweisen.
Der chemischen Synthese für die Leitstrukturfindung misst das Werk wenig Bedeutung bei. Kapitel 9 stellt Peptidarrays und deren Bedeutung im Screening vor. Die dabei diskutierte SPOT-Synthese ist aber nur eine von mehreren Varianten, die hier erwähnt sein sollten.
Der Titel des Buches lässt vor allem auf eine Standortbestimmung zum Thema Peptidwirkstoffe hoffen; diese Erwartung erfüllt es nicht. Abgesehen vom synthetischen Wirkstoff Enfuvirtide (36 Aminosäuren, HIV-Fusionsinhibitor) wird keines der in den vergangenen fünf Jahren zugelassenen Peptidpharmaka näher erwähnt. Dabei gibt es bei den kürzlich zugelassenen Präparaten neben rekombinanten Proteinen und Antikörpern eine Reihe synthetischer Peptidwirkstoffe (Pramlintide, 37 Aminosäuren, Diabetestherapeutikum; Exenatide, 39 Aminosäuren, Diabetestherapeutikum, Ziconotide, 25 Aminosäuren, Analgetikum) und fermentativ hergestellter Peptide (z. B. Daptomycin, 13 Aminosäuren, Antibiotikum).
Wesentliche Grundlagen über Peptidwirkstoffe, insbesondere bei der Pharmakokinetik, sowie Möglichkeiten zur Selektion oder zur Optimierung von Peptidleitstrukturen sind nicht systematisch zusammengefasst. Andererseits werden interessante Konzepte aus der biochemischen Forschung mit hohem Anwendungspotenzial komprimiert präsentiert. Somit ist das Werk Spezialisten in der Wirkstoffentwicklung durchaus zu empfehlen.
Norbert Sewald, Bielefeld


<h2>Schwerpunkt optische Spektroskopie und Mikroskopie</h2>
Modern Biophysical Chemistry. Von Peter Jomo Walla, Wiley-VCH, Weinheim, 2009. 301 Seiten, brosch. 44,90 Euro. ISBN 978—3—527—32360—9
Dieses moderne und ansprechend aufbereitete Lehrbuch von Peter Jomo Walla beschreibt ein breites Spektrum an physikalischen Techniken und ihre Anwendungen in der biophysikalischen Chemie und in der Biophysik. Direkt in der Einleitung bietet eine Tabelle, die sich über mehrere Seiten erstreckt, dem Leser die Möglichkeit, sich schnell im Buch zu orientieren: Neben den Techniken sind typische Anwendungsgebiete und die im Lehrbuchtext diskutierten Fallbeispiele (samt Verweisen auf die entsprechenden Kapitel) aufgeführt, zusammen mit jeweils zentralen physikalischen Größen und Gleichungen. So erhält der Leser erfreulicherweise bereits nach wenigen Seiten einen guten Überblick darüber, was ihn auf den verbleibenden rund 280 Seiten Lektüre erwartet.
Optische Spektroskopie und Mikroskopie nehmen in dem Buch eine zentrale Rolle ein. Im Fokus stehen die Techniken der Fluoreszenzmikroskopie, inklusive neuerer Methoden mit stimulierter Emission wie STED. Das Einführungskapitel fasst sehr schön die Grundlagen der optischen Spektroskopie zusammen. Chemikern und Physikern mit Vorkenntnissen in Quantenchemie und Molekülspektroskopie wird das Lesen dieses Teils zur Licht-Materie-Wechselwirkung nicht schwer fallen. Biologen, Mediziner und Vertreter anderer Fachrichtungen ohne eine solche Vorbildung werden sicherlich auf einführende Werke zur physikalischen Chemie und Molekülphysik zurückgreifen müssen.
Negativ fällt die große Zahl an Tippfehlern auf sowie — gleich in der ersten Abbildung des ersten Kapitels — ein grundlegender Fehler bei der Farbzuordnung im sichtbaren Spektralbereich. Eine sorgfältige Fehlerkorrektur in folgenden Auflagen wäre mehr als wünschenswert.
Die zentralen Zusammenhänge und entsprechenden Gleichungen sind in allen Kapiteln nachvollziehbar dargestellt. Der mathematische Umfang beschränkt sich auf das für das Verständnis Notwendige. Viele erläuternde Abbildungen sowie eine Fülle von Anwendungsbeispielen vermitteln von fast jeder Technik ein rundes Bild.
Schwingungsspektroskopische Methoden sind allerdings sehr stiefmütterlich behandelt. Hier wäre — trotz des begrenzten Platzes und der Notwendigkeit, Schwerpunkte zu setzen — deutlich mehr Ausführlichkeit und Vielfalt zu erwarten. So fehlen zeitaufgelöste FT-IR- und Raman-Spektroskopie und oberflächenverstärkte Methoden wie SEIRA und SERS/SERRS. Auch das Literaturverzeichnis ist in diesem Teil leider nicht angemessen, obschon es gerade hier möglich gewesen wäre, fehlende Inhalte durch Verweis auf aktuelle Bücher (unter anderem aus demselben Verlag) zu kompensieren.
Eine Einteilung in Basismethoden und fortgeschrittene Methoden ist zwar grundsätzlich sinnvoll, allerdings hätte der Autor diese auch kapitelweise vornehmen können, ohne den Gesamttext in zwei Teil zu separieren. Interessant und gut sind zwei Kapitel zur Bioanalytik am Ende des Buches; sie runden das präsentierte Repertoire an modernen Methoden ab.
Sebastian Schlücker, Osnabrück


<h2>Noch mehr Deskriptoren</h2>
Molecular Descriptors for Chemoinformatics, Volume I: Alphabetical Listing; Volume II: Appendices, References, Methods and Principles in Medicinal Chemistry (Band 41) — 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Von Roberto Todeschini, Viviana Consonni. Hrsg. von Raimund Mannhold, Hugo Kubinyi, Gerd Folkers, Wiley-VCH, Weinheim,2009. 1220 Seiten, geb. 379, — Euro. ISBN 987—3—527—31852—6 (e-Buch: ISBN 978—3—527—31852—0)
Nach acht Jahren wurde die erste Auflage des Handbook of Molecular Descriptors von den Autoren deutlich erweitert und in Teilen reorganisiert.
Ähnlich wie in der Erstauflage beginnt die Neuauflage mit der Vorstellung der Autoren. Dann folgt eine überarbeitete Einführung zum Buch, der User's Guide, ein Schlüssel zum Verständnis der Verweise und Verknüpfungen in der hierarchischen Organisation der thematischen Einträge, und den Abschnitt mit Notationen und Symbolen. Nützliche Ergänzungen sind der kurze historische Rückblick mit Bezug zum QSAR-Modelling und der Abschnitt ”How to learn from this book“ mit weiteren Angaben zum didaktischen Konzept der Reorganisation des Buchs, das unterschiedliche Wissenslevel berücksichtigt.
Danach folgen fast 1000 Seiten mit mehr als 3300 Einträgen mit Deskriptoren und Ausdrücken zur chemoinformatischen Analyse von Verbindungseigenschaften, alphabetisch sortiert. In den Einträgen wurden die relevanten Literaturzitate ergänzt und aktualisiert— jetzt sind es mehr als 6300 Zitate auf 240 Seiten. Beides, die neuen Deskriptoreinträge und die erweiterten Literaturverweise machten es erforderlich, letztere in einen eigenen Band auszugliedern. Völlig unnötig ist es allerdings, dass alle einführenden Kapitel vor der Deskriptorliste nochmals im Band 2 abgedruckt sind. Die Anhänge enthalten wieder Akronyme, Abkürzungen, das griechische Alphabet und Symbole molekularer Deskriptoren.
Die erforderliche Aktualisierung des monumentalen Werks hat manches Defizit der Erstauflage beseitigt. So wurden einige Bereiche zusammengelegt (z. B. Molekül-Matrizen, Substruktur-Deskriptoren) und durch Definitionen ergänzt. Andere Themen wie Autokorrelationsdeskriptoren, Regressions-/Klassifikationsparameter oder Ähnlichkeits-/Diversitätsdeskriptoren wurden stark überarbeitet. Neue Entwicklungen wie bei Biodeskriptoren, Eigenschaftsfilter oder Scoring-Funktionen sind nun integriert. Damit der Leser die Algorithmen besser versteht, enthält das Buch jetzt numerische Beispiele und Tabellen mit molekularen Deskriptoren für zwei Benchmark-Datensätze.
Der größte Teil der aufgeführten Deskriptoren sind nach wie vor topologischen Deskriptoren, die in großer Zahl generiert werden können. Leider fehlen immer noch Kommentare und kritische Bemerkungen zu Einsatzmöglichkeiten. Möglicherweise liegt hier die Ursache zur Änderung des Buchtitels, wobei ”Handbook“ gestrichen wurde: Der Inhalt ist eine reine Auflistung und zeigt keine Anwendungsbezüge.
Aufgrund des stolzen Preises wird das Buch hauptsächlich in Bibliotheken zu finden sein, bleibt aber nach wie vor ein einzigartiges Nachschlagewerk für molekulare Deskriptoren.
Thomas Engel, München


<h2>Klassische Versuche für Laborkurse</h2>
Experimental Electrochemistry. A Laboratory Textbook. Von Rudolf Holze. Wiley-VCH, Weinheim, 2009. 242 Seiten, brosch. 32,90 Euro. ISBN 978—3—527—31098—2
Das englischsprachige Buch ist eine Sammlung von mehr als siebzig reproduzierbaren Experimenten für Laborkurse. Der Autor formuliert den Anspruch, dass das Niveau der Versuche fortgeschrittene Kurse an allgemein- oder berufsbildenden Schulen wie auch die Graduiertenausbildung an Universitäten abdeckt. Damit schließt das Buch eine Lücke, da andere Bücher alt oder vergriffen sind oder nur einen Teilbereich der hier behandelten Experimente berücksichtigen. Zu jedem Experiment sind die benötigten Geräte und Chemikalien aufgelistet, teilweise ergänzt um eine hilfreiche Diskussion der Alternativen und praktische Ratschläge.
Auf eine theoretische Einführung der Versuche oder ihrer Auswertung verzichtet dieses Buch weitgehend und verweist stattdessen auf Lehrbücher und Originalarbeiten. Als korrespondierendes Lehrbuch dient die zweite Auflage von Carl H. Hamann, Andrew Hamnett und Wolf Vielstich, ”Electrochemistry“, Wiley-VCH, Weinheim, 2007. Leider sind einige der Zitate wiederum Bücher älteren Datums (leider ohne Seitenangabe), die nicht in allen Universitätsbibliotheken vorhanden und Studierenden daher nur schwer zugänglich sind. Hier hätten sich Verweise auf die aktuellere Zeitschriftenliteratur angeboten.
Das Buch enthält verifizierte Beispieldaten, so dass sehr gut ersichtlich ist, von welcher Qualität die Daten aus dem eigenen Versuch im Vergleich zu Literaturwerten sind. Die Experimente sind sortiert nach Experimenten im Gleichgewicht, Experimenten unter Stromfluss sowie nach Anwendungs- und Wissensgebieten: analytische Elektrochemie, Spektroelektrochemie, Energiespeicherung und -wandlung, Elektrosynthese und Abscheidung. In diesem Schema gibt es vielfältige Überschneidungen und Mehrdeutigkeiten, die der Autor explizit diskutiert. Dies macht das Buch zu einer interessante Lektüre für ausgebildete Elektrochemiker oder Physikochemiker, die Laborkurse aufbauen oder Experimentalvorlesungen vorbereiten. Als Lesematerial für Studierende in einem Praktikum wird das Buch jedoch nur in Ausnahmefällen von Interesse sein. Dazu trägt bei, dass der Autor davon abgesehen hat, die Versuche nach Schwierigkeitsgrad zu kategorisierten, da dies zu subjektiv wäre. Obwohl die Argumente des Autors nachvollziehbar sind, erscheint mir die Zuordnung der Versuche der Klarheit bisweilen eher abträglich zu sein.
Als Experimente hat der Autor in vielen Fällen die Klassiker ausgewählt. Insofern ist das Buch eine gute Quelle für das Bachelorstudium. Dies wird ergänzt um einige jüngere Entwicklungen, zum Beispiel Kontinuumssimulationen und spektroelektrochemische Experimente.
Um das Buch im Graduiertenstudium zu verwenden, wären in vielen Versuchsbeschreibungen Ergänzungen notwendig: Reflexionen über die Begrenzungen der Versuchsdurchführung und Möglichkeiten, sie zu verbessern, ein detaillierterer Bezug zu quantitativen Theorien sowie Anregungen für weiteres exploratives Experimentieren.
An einigen Stellen fehlen wichtige Sicherheits- und Entsorgungshinweise, dies fällt besonders bei der Polarographie auf. Hier sollte professionellen Lösungen unbedingt der Vorzug vor kreativem Eigenbau von tropfenden Quecksilberelektroden gegeben werden.
Gunther Wittstock, Oldenburg


<h2>Für Mathematiker</h2>
Berufs- und Karriere-Planer — Mint. Hrsg. von Bernd Voigt, Vieweg und Teubner, Wiesbaden, 2010. 226 Seiten, brosch. 19,90 Euro.
ISBN 978—3—8348—0756—4
Der Berufs- und Karriereplaner informiert, so steht es im Klappentext, Abiturienten, Studienanfänger und Absolventen über die ”interessanten und vielfältigen Berufsmöglichkeiten“ in den Mint-Fächern, also in Natur- und Ingenieurwissenschaften, in Mathematik und Informatik. Gleich vorweg: Diesen Anspruch erfüllt das Buch nicht.
Der Berufs- und Karriereplaner beginnt mit Hinweisen zum Studium von Mathematik, Informatik, Physik, Chemie, Biologie und Technik. Das Kapitel ”Technik“ fast die Ingenieurfächer zusammen, wesentlich umfangreicher als die anderen Kapitel zu Studienfächern ist es nicht.
Dann folgen auf jeweils einer bis zwei Seiten 18 Branchenprofile, etwa über die Automobilindustrie, die Chemie- und die Pharmaindustrie, Luft und Raumfahrt, Versicherungen; Bildungswesen und öffentliche Verwaltung gelten hier ebenfalls als Branchen. Die Informationen, teilweise sind es stichwortartige Aufzählungen, sind sehr knapp gehalten. So steht zu den Aufstiegsmöglichkeiten in der chemischen Industrie lediglich, dass zwischen einer Experten- und einen Managementlaufbahn unterschieden werden müsse. Ob sich ein Studienanfänger darunter etwas vorstellen kann, ist fraglich.
Den größten Raum nehmen die ”Praktikerporträts“ ein. Dies ist sinnvoll, vermitteln sie doch am besten, wie der Arbeitsalltag eines Chemikers, eines Physikers oder eines Ingenieurs aussieht. Schwerpunkt sind die Mathematiker: 14 der 33 Porträtierten haben dieses Fach studiert, Physik im Hauptfach lediglich vier, Biologen fehlen völlig.
Fünf Berufsbilder von Chemikern sind auch darunter, drei davon sind Nachrichten-Lesern allerdings nicht neu: Sie sind bereits vor Jahren in den Nachrichten aus der Chemie erschienen und vor zwei Jahren nochmal in der Broschüre ”Berufsbilder in der Chemie“ des GDCh-Karriereservice. Ein viertes Chemikerporträt beschreibt einen Wirtschaftschemiker in der Forschung, ein weiteres den Werdegang und die Arbeit einer Elektrochemikerin bei einem Batteriehersteller. Dieses Kapitel ist für angehende Chemiker das interessanteste im ganzen Buch. Denn die folgenden Kapitel unter anderem über den Beginn des Studiums, dessen Finanzierung, über Auslandsaufenthalte, wissenschaftliches Arbeiten und Prüfungsvorbereitung sind kurz und allgemein gehalten oder richten sich nur an wenige Leser — so betrifft das Kapitel ”Zusatzqualifikationen“ nur Mathematiker und Lehrer.
Anstelle des Kapitels ”Bewerbungen und Stellensuche“ liest man besser einen der handelsüblichen Bewerbungsratgeber, und auch das Kapitel ”Existenzgründung“ kann bestenfalls einen kurzen Eindruck davon vermitteln, was einen Existenzgründer erwartet.
Es fragt sich, wem das Buch zu empfehlen ist. Unentschlossenen Schulabgängern dürfte es die Entscheidung für ein Studienfach nicht erleichtern, dazu sind die Informationen zu einseitig auf Mathematik ausgerichtet und vor allem die Biowissenschaften arg vernachlässigt. Für einen Abiturienten, der Chemie studieren möchte oder einen Chemiestudenten ist das Buch eher enttäuschend. Für Absolventen von Chemiestudiengängen gilt dies in verstärktem Maße: Die Informationen sind dünn und besser — und vor allem kostenlos — auf der Homepage des GDCh-Karriereservice nachzulesen (<a href="https://www.gdch.de/ks.htm" target="_blank">www.gdch.de/ks.htm</a>).
Frauke Zbikowski, Frankfurt

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