Journal

<h2>Photosynthese oder Photokatalyse</h2>
Im Interview der Nachrichten aus der Chemie [Nachr. Chem. 2009, 57, 1189] mit Nobelpreisträger Ryoji Noyori wird als eine Kernbotschaft sein folgender Satz zitiert: ”Ich empfehle jungen Leuten, sich mit Photosynthese zu beschäftigen und nicht mit Photokatalyse“. Dies impliziert einen Gegensatz, der zunächst nicht als gerechtfertigt erscheint, denn die Photosynthese — egal ob natürliche oder artifizielle — ist der wichtigste photokatalytische Prozess überhaupt: Kontinuierliche Lichtabsorption eines Photokatalysators erzeugt einen hochreaktiven Zwischenzustand, der thermische Reaktionen ansonsten inerter Substrate induziert. Nach einer redaktionellen Kürzung ist tatsächlich nicht zu erkennen, wie Noyori die Begriffe Photosynthese und Photokatalyse gegeneinander abgrenzt. Deshalb hier als Ergänzung den Originalwortlaut seiner Formulierung: Now the people are using photons to activate a catalyst. For instance you may remove a CO ligand from a metal carbonyl to generate a catalytically active species. But that is not photosynthesis: Photosynthesis means the use of photons as an energy or chemical element. Dies bedeutet, daß Noyori den Begriff der Photokatalyse auf photochemisch gestartete und dann exergonisch ablaufende thermische Reaktionen beschränkt, die tatsächlich mit der natürlichen Photosynthese nicht vergleichbar sind. Zwar gibt es, wie so oft in unserer Wissenschaft auch für den Begriff der ”Photokatalyse“ keine allgemein akzeptierte Definition, obwohl die IUPAC dafür folgende Empfehlung abgegeben hat: Change in the rate of a chemical reaction or its initiation under the action of ultraviolet, visible or infrared radiation in the presence of a substance—the photocatalyst—that absorbs light and is involved in the chemical transformation of the reaction partners. Aber unabhängig aller Definitionsfragen dürfte der zitierte Satz für viele Leser verwirrend sein. Er sollte, auch im Sinne des ansonsten so klaren Interviews, eher lauten ”... empfehle jungen Leuten, sich mit katalytischen Photosynthesen zu beschäftigen“.
Horst Kisch, Erlangen
<a href="mailto:horst.kisch@chemie.uni-erlangen.de">horst.kisch@chemie.uni-erlangen.de</a>


<h2>Zum letzten Mal: Ostwald</h2>
Drei Beiträge der Nachrichten aus der Chemie behandelten im Jahr 2009 die Chemiegeschichte von Wilhelm Ostwald und seiner Familie [Nachr. Chem. 2009, 57, 1100, 1197 und 1203]. Manchmal zeigen die Beiträge leichte Züge des Personenkultes, das erkennt man auch an der Auswahl der Zitate vom zweiten und dritten Beitrag. Wilhelm Ostwald und seine Söhne hatten auch persönliche Schwächen, wie viele bedeutende Wissenschaftler.
Heribert Offermanns geht kurz auf den Sohn von Wilhelm Ostwald, auf den Kolloidchemiker Wolfgang Ostwald ein. Wie angenehm nimmt sich dagegen die kritische Biographie bei Ute Deichmann in ihrem Buch ”Flüchten, Mitmachen, Vergessen, Chemiker und Biochemiker in der NS-Zeit“ [Wiley-VCH, Weinheim, 2001] aus. Sie zeigt die Verstrickung von Wolfgang Ostwald in die NS-Ideologie, kein Einzelfall der damaligen Chemiker. Aber man sollte es doch der Gerechtigkeit willen sagen. Wolfgang Ostwald stirbt nach Ute Deichmann am 22. November 1943 an Leberkrebs, bei Offermanns findet man als die Lebensdaten mit 1883—1960 angegeben.
Dieter Lenoir, München
<a href="mailto:Lenoir@helmholtz-zentrum.muenchen.de">Lenoir@helmholtz-zentrum.muenchen.de</a>


<h2>Post vom Präsidenten</h2>
In den Nachrichten aus der Chemie schreibt Michael Dröscher in seinem ”Neujahrsgruß des Präsidenten“: ”Pisa hat gezeigt: Mit zwei Stunden naturwissenschaftlichem Schulunterricht pro Woche landen wir abgeschlagen im Mittelfeld“ [Nachr. Chem. 2010, 58, 3].
In der Pisa-Untersuchung im Jahr 2000 lag die mittlere Kompetenz der deutschen Schülerinnen und Schüler in den Naturwissenschaften unter dem Durchschnittswert der teilnehmenden OECD-Staaten. In der Pisa-Untersuchung 2006 war es jedoch anders. Die IPN-Blätter formulierten das so: ”Im internationalen Vergleich zeigte sich in den Naturwissenschaften für Deutschland ein sehr positives Bild. Die mittlere Kompetenz der Schülerinnen und Schüler lag mit 516 Punkten signifikant über dem OECD- Durchschnitt“ [IPN-Blätter, 12/2008, 25, 3].
Interessant ist der Vergleich mit Schweden. Bei Pisa 2000 erreichten die Schweden bessere Testleistungen als der OECD-Durchschnitt und als die Deutschen. Bei Pisa 2006 hatte sich die Situation geändert: Schweden lag im mittleren, Deutschland im oberen Feld.
Beifall für die deutschen Schülerinnen und Schüler? Beifall auch für die deutschen Lehrerinnen und Lehrer? Unabhängig von den Ergebnissen, die die Pisa- Untersuchungen bisher geliefert haben und noch liefern werden, gilt der Satz aus dem Neujahrsgruß: ”Es gibt kaum ein Zukunftsproblem, das ohne die Chemie gelöst werden kann“. Deshalb brauchen wir an den Schulen einen guten Chemieunterricht.
Hans-Jürgen Schmidt, Dortmund
<a href="mailto:husch-busch@t-online.de">husch-busch@t-online.de</a>


<h2>Chemiekalender I — Max von Laue</h2>
Als interessante Lektüre für die Weihnachtstage gab mir mein Schwiegersohn das neueste Heft der Nachrichten mit dem Beitrag ”Meilensteine der Chemie 2010“ [Nachr. Chem. 2010, 58, 11]. Ich bin ebenfalls Chemikerin und habe natürlich auch heute noch ein gewisses Interesse an diesem Fachgebiet. Leider sprang mir auf Seite 17 sogleich ein falsches Bild ins Auge: Das Foto des stattlichen, wohldekorierten Herrn in der rechten unteren Ecke ist zwar sehr dekorativ, zeigt aber keineswegs Max von Laue, den ich aus seiner Zeit als Direktor des Fritz-Haber-Instituts der MPG in Berlin in den Jahren 1952 bis 1959 persönlich kenne. Von ihm hat mein Mann, damals ebenfalls Mitarbeiter des Instituts, zahlreiche Fotos aufgenommen. Eigentlich sollten Sie ein Foto von Max von Laue in Ihrem Archiv haben, aber sicherheitshalber übersende ich Ihnen zwei dieser Aufnahmen.
Auch wenn Herr von Laue über diese Verwechselung wahrscheinlich erheitert gewesen wäre, hoffe ich auf eine baldige Berichtigung.
Ingrid Klipping, Kleinmachnow
<a href="mailto:Klipping@aol.com">Klipping@aol.com</a>
Im Beitrag ”Meilensteine“ [Nachr. Chem. 2010, 58, 17] veröffentlichten die Nachrichten ein Photo zu Max von Laue, das jedoch nicht Max von Laue, sondern Arthur von Weinberg [s. Nachr. Chem. 2010, 58, 20] darstellt.
Heribert Offermanns, Hanau
<a href="mailto:heppoff@gmx.de">heppoff@gmx.de</a>


<h2>Chemiekalender II — Berliner Blau</h2>
Mit Interesse lese ich jedes Jahr den Bericht über die historischen Meilensteine der Chemie. Zur Ausgabe 2010 [Nachr. Chem. 2010, 58, 11] muß ich allerdings eine Korrektur anmelden. Es wird dort über die Entdeckung des Berliner Blau durch den Berliner Farbenkünstler Johann Conrad Diesbach (1673—1743) berichtet.
Tatsächlich verhält es sich nach dem heutigen Stand der Forschung aber so, dass die Entdeckung 1706 durch die damals in Berlin lebenden Johann Jacob Diesbach (?-?, er war Schweizer) und Johann Konrad Dippel (1673—1734, ein Theologe, Arzt und Alchemist aus Hessen) erfolgte. Im Jahr 1710 erschien die erste Veröffentlichung zum Berliner Blau in der Zeitschrift der Preußischen Akademie der Wissenschaften, der Miscellanea Berolinensia ad incrementum Scientiarum (1710, 1, 377). Autor des anonym veröffentlichten Artikels war das Akademiemitglied Johann Leonhard Frisch (1666—1743). Nachdem Dippel Berlin schon im Jahr 1707 fluchtartig verlassen musste, wurde Berliner Blau durch Diesbach und Frisch, die damit sehr viel Geld verdienten, in Berlin produziert. Allgemein bekannt wurde die Herstellungsmethode für Berliner Blau, nachdem sie der Berliner Hofapotheker Caspar Neumann an die Royal Society in London geschickt hatte und sie dann John Woodward 1724 in den Philosophical Transactions veröffentlichte.
Alexander Kraft, Eichwalde
<a href="mailto:kraftalex@aol.com">kraftalex@aol.com</a>
 Das Entdeckungsdatum von Berliner Blau ist zitiert nach K.-H. Schlote (Hrsg.), Chronologie der Naturwissenschaften, Verlag Harri Deutsch, Frankfurt/Main, 2002. Nachrichten-Leser Alexander Kraft hat genauere Details zur Entdeckungsgeschichte veröffentlicht [Bull. Hist. Chem, 2008, 33, 61 und 2009, 34, 134] und wird den Nachrichten-Lesern demnächst umfassend berichten. Red.


<h2>Blickpunkt Wirtschaft</h2>
Im Schaubild ”Bruttomargen der Chemieindustrie in den Jahren 1998 bis 2008“ [Nachr. Chem. 2010, 58, 45] die Begriffe ”Commodities“ und ”Spezialchemikalien“ vertauscht — der Text hingegen gibt den Sachverhalt korrekt wieder.
Horst Klassen
<a href="mailto:Horst.Klassen@lyondellbasell.com">Horst.Klassen@lyondellbasell.com</a> 
Der Bericht zur Chemiewirtschaft (Deloitte Studie) zeigt [Nachr. Chem. 2010, 58, 45] eine Grafik über die Entwicklung der Bruttomargen von Commodities im Vergleich zu Spezialchemikalien, auf deren Verlauf auch im Text eingegangen wird. Hierbei erscheint mir der Begleittext der Grafik vertauscht zu sein: Die obere Kurve zeigt den Verlauf der Spezialchemikalien. Entsprechend stellt die untere Kurve den Verlauf der Commodities mit ihrem dramatischen Margeneinbruch dar.
Lothar Meier, Düsseldorf
<a href="mailto:Lothar.Meier@thyssenkrupp.com">Lothar.Meier@thyssenkrupp.com</a>
Nachrichten-Leserin Ingrid Klipping und die Nachrichten-Leser Heribert Offermanns, Horst Klassen und Lothar Meier haben Recht. Red.
Max von Laue anlässlich seines goldenen Doktorjubiläums mit dem Offizierskreuz der Ehrenlegion der Französischen Republik.     (Foto: Gustav Klipping)

Artikel

Korrespondenz

Photosynthese oder Photokatalyse Im Interview der Nachrichten aus der Chemie [Nachr. Chem. 2009, 57, 1189] mit Nobelpreisträger Ryoji Noyori wird als eine Kernbotschaft sein folgender Satz zitiert: ”Ich empfehle jungen Leuten, sich mit Photosynthese zu beschäftigen und nicht mit Photokatalyse“. D...

<h2>Von Synthesemethoden bis zur Anwendung</h2>
Synthesis of Solid Catalysts. Hrsg. von Krijn P. de Jong. Wiley-VCH, Weinheim, 2009. 401 Seiten, geb. 139,— Euro. ISBN 978—3—527—32040—0
Mit dem Buch Synthesis of Solid Catalysts gibt es neben der Auskopplung ”Preparation of Solid Catalysts“ aus der ersten Ausgabe des ”Handbook of Heterogeneous Catalysis“ (Herausgeber Gerhard Ertl et al.) nun ein weiteres Buch aus dem Verlag Wiley-VCH, das sich mit der Herstellung fester Katalysatoren für die industrielle Katalyse befasst. Krijn de Jong hat es als Herausgeber geschafft, für die einzelnen Kapitel hochkarätige Autoren zu finden, die einen weiten Bogen von verschiedenen Synthesemethoden bis zu Anwendungsfällen spannen.
Die präparativen Grundlagen sind zunächst ein Hauptteil des Buchs. Dabei ist den Synthesewegen (Imprägnierung, Auffällungsmethode, Methode der Kofällung, Sol-Gel-Methode etc.) jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet. Hinzu kommen weitere Kapitel zur Formgebung und zum Hochdurchsatz-Testen von Materialien. Die Autoren beschreiben alle Methoden sehr detailliert und erläutern sie an Hand ausgewählter Beispiele (vorzugsweise aus dem eigenen Arbeitskreis).
Im zweiten Teil liegt der Fokus auf ausgewählten Katalysatoren. Das katalytische Material steht im Vordergrund, detailliert geht dieser Teil auf die Diversität der chemischen Herstellungsmethoden sowie auf die oft notwendigen verfahrenstechnischen Nachbehandlungsschritte (z. B. Trocknung, Kalzinierung) ein. Hier finden sich zunächst zwei Kapitel über die Synthese von Zeolithen und von mesoporösen Materialien. Sicherlich mussten sich die Autoren bei dem extrem breiten Thema einschränken, den beiden Autorenteams gelingt dies sehr gut.
Ein weiteres Kapitel beschreibt die Katalysatoren für das Hydrotreating von der molekularen bis zur industriellen Synthese. Das Kapitel ”Methanol Catalysts“ zeigt deutlich, wie weit die Forschung die Methode der Kofällung industriell hergestellten ternären Cu/ZnO/Al-Systemen auf molekularer Ebene bereits versteht. Ein weiteres Kapitel widmet sich der Herstellung von Goldkatalysatoren — zu Recht, zumal eine zielgerichtete, reproduzierbare Synthese von Goldkatalysatoren schwierig ist und die Katalyse stark von den erzeugten Eigenschaften der Goldpartikel abhängt.
Das sehr kurz gehaltene Kapitel ”Case Studies of Noble-Metal Catalysts“ mit zweifelsohne interessantem Inhalt hätte der Herausgeber in eines der vorderen Kapitel integrieren können.
Summa summarum schafft das Buch den Spagat zwischen der Vielfalt an Präparationsvorschriften und den Details ausgewählter Systeme in industriellen Anwendungen. Es eignet sich hervorragend für den Einstieg in die Breite wie in die Tiefe.
Olaf Hinrichsen, Garching


<h2>Mehr als exotische Beispiele</h2>
Mass Spectrometry and Gas-Phase Chemistry of Non-Covalent Complexes. Von Christoph A. Schalley, Andreas Springer. John Wiley &amp; Sons, Hoboken, NJ/USA, 2009. 572 Seiten, geb. 109,— Euro. ISBN 978—0—470—13115—2
Die Gasphasenchemie nicht-kovalenter Komplexe und deren Untersuchung mit Massenspektrometrie — ist das nicht trockenes Spezialistenwissen? Schon der Umfang von 572 prall gefüllten Seiten zeigt, dass es sich um mehr handelt, als um ein paar exotische Beispiele, bei denen die Massenspektrometrie zufällig supramolekulare Komplexe zu analysieren in der Lage ist. In zwölf Kapiteln mit umfassenden Literaturverzeichnissen beschreiben die Autoren durchweg kompetent, sachlich und wissenschaftlich korrekt den umfangreichen Themenkomplex. Ein ordentlicher Index rundet das Werk ab.
Lesern, die keine Spezialisten für supramolekulare Chemie sind, liefert Kapitel 2 den nötigen Hintergrund zu nicht-kovalenten Interaktionen, den Synthesekonzepten der supramolekularen Aggregate und deren wichtigsten Eigenschaften und Anwendungen. Dann legt Kapitel 3 die massenspektrometrischen Grundlagen sowohl in instrumenteller Hinsicht als auch zum vollständigen Repertoire der Aktivierungstechniken in der Tandem-MS. Der FT-ICR-MS und ihren Möglichkeiten messen die Autoren hier besonderes Gewicht bei. Damit ist Teil A des Buches abgeschlossen.
Die beiden weiteren Hauptteile des Buches widmen sich der supramolekularen Chemie der synthetischen (B) und biologischen Systeme (C), deren detaillierte Analyse auf rein massenspektrometrischem Wege durchaus den investigativen Instinkt eines Hercule Poirot erfordert.
Man merkt dem Buch an, dass ein enormer Stoffumfang zwischen die Buchdeckel zu pressen war. So wurde in der Sprache Funktionalität gelegentlich über Stil gestellt und beim Layout jeder Winkel der Seiten ausgenutzt. Eine etwas geringere Packungsdichte wäre der Übersicht sicher zuträglich. Die knappen Seitenränder tragen ebenfalls zum leicht überquellenden Eindruck bei.
Achtzehn typischerweise zweiseitige Tutorials erklären präzise wichtige Topics und Techniken, die sich im Kontext des aktuellen Kapitels ergeben und schließen mit eigener, kompakter Literaturliste ab. Als Minibücher im Buch eignen sie sich zum schnellen Nachschlagen, zumal sie wegen ihrer grauen Unterlegung rasch zu finden sind. Für bessere Lesbarkeit wäre allerdings eine andere Art der Hervorhebung wünschenswert.
Mit Mass Spectrometry and Gas-Phase Chemistry of Non-Covalent Complexes haben Christoph Schalley und Andreas Springer ein gelungenes, ambitioniertes Werk vorgelegt. Spezialisten kann das Buch als solide Zusammenfassung des Kenntnisstandes dienen. Vielmehr ist es aber denen anzuraten, die auf dem Gebiet der supramolekularen Chemie arbeiten oder es zu tun erwägen. Ausgestattet mit dem vermittelten Überblick und der Kenntnis des massenspektrometrischen Handwerkszeugs helfen dann maßgeschneiderte Experimente, so manchen Irrweg bei der Charakterisierung und des Verständnisses der eigenen supramolekularen Systeme auf den Boden gesicherter Erkenntnis zurückführen. So eingesetzt erreicht das Buch just das von den Autoren in der Einleitung klar anvisierte Ziel. Treffer.
Jürgen H. Gross, Heidelberg


<h2>Über molekulare Bäume</h2>
Dendrimer Chemistry. Concepts, Syntheses, Properties, Applications. Von Fritz Vögtle, Gabriele Richardt, Nicole Werner. Wiley-VCH, Weinheim, 2009. 342 Seiten, brosch. 79,— Euro. ISBN 978—3—527—32066—0
Das Motiv der mehrfachen Verzweigung ist in der Natur häufig anzutreffen, etwa in Baumkronen und Wurzeln, Blitzen oder auch in Schneeflocken. In der Chemie hat es erstmals Fritz Vögtle im Jahre 1978 beschrieben. Seine Veröffentlichung über die erste Serie synthetischer ”Kaskaden-Moleküle“ eröffnete das Feld der Dendrimerchemie, seither sind mehr als 16 000 Publikationen unter dem Stichwort ”Dendrimer“ erschienen, und ein Ende ist nicht abzusehen.
Das 2007 erschienene Buch ”Dendritische Moleküle“ des Autorenteams um Fritz Vögtle fand großen Anklang, und so ist nun eine englische Ausgabe erschienen, die um viele Korrekturen, Anmerkungen und aktuelle Literaturangaben erweitert wurde. Dieses Buch bietet besonders englischsprachigen Studenten eine kürzere und kostengünstige Alternative zu ”Dendritic Molecules“ von Newkome, Moorefield und Vögtle. Angehende Wissenschaftler, die sich mit dem komplexen Gebiet der Dendrimerchemie vertraut machen wollen, finden hier einen breiten Überblick über Dendrimere im Allgemeinen, ihre Synthese und Funktionalisierung. Das handliche Studienbuch legt besonders viel Wert auf spezielle Eigenschaften und mögliche Anwendungen. Hervorzuheben ist auch das Kapitel über die Charakterisierung dendritischer Moleküle, das einen ausführlichen Überblick über die verschiedensten Charakterisierungsmöglichkeiten bietet, inklusive einer kurzen Zusammenfassung und Literaturangaben.
Da perfekte Dendrimere nur mit großem Aufwand hergestellt werden können, wünscht man sich von den Autoren ausführlichere Verweise auf Alternativen, wie sie hyperverzweigte Polymere darstellen. Die für Dendrimere entwickelten Konzepte lassen sich leicht auf hyperverzweigte Polymere mit Verzweigungsgraden von 50 bis 75 % übertragen. Letztere lassen sich in viel größerem Maßstab äußerst kostengünstig (einstufig) herstellen, dies macht sie für viele Anwendungen attraktiv.
Insgesamt möchte ich das Buch jedem Studenten und Dozenten ans Herz legen, die in die spannende Welt der molekularen Bäume einsteigen möchten. Das Buch ist klar gegliedert, schön illustriert und gut lesbar.
Rainer Haag, Berlin


<h2>Konzepte und Materialien im Detail</h2>
Lithium Ion Rechargeable Batteries. Materials, Technology, and New Applications. Hrsg. von Kazunori Ozawa. Wiley-VCH, Weinheim, 2009. 336 Seiten, geb. 129,— Euro. ISBN 978—3—527—31983—1
Forschungsarbeiten zu Lithium-Ionen-Akkus weltweit zielen darauf, diese Technik weiter für Mobilitätsanwendungen, zum Beispiel in Elektrofahrzeugen zu etablieren. Dafür ist dieses System prädestiniert, da es sich unter anderem durch hohe Energiedichte und äußerst geringe Selbstentladung auszeichnet.
Bereits im Frühjahr 2009 ist ein Buch zum Thema bei Springer erschienen (”Lithium-Ion-Batteries, s. Nachr. Chem. 2009, 57, 804). Im Oktober 2009 hat nun Wiley-VCH das vorliegende englischsprachige Buch herausgebracht, das vielfältige und sehr detaillierte Informationen über die Lithium-Ionen-Technik enthält. Der Herausgeber war bis Mitte der 1990er Jahre bei Sony verantwortlicher Entwickler und begleitete dort die Markteinführung der ersten Lithium-Ionen-Akkus. 1996 hat er das Batterie-Unternehmen Enax gegründet, dessen Geschäftsführer er ist. In seinem Buch haben fast ausschließlich japanische Experten, meist aus Universitäten die insgesamt elf Kapitel geschrieben.
Kapitel 1 beginnt mit einer schönen Einführung und bespricht die Voraussetzungen, um Lithium-Ionen-Akkus technisch zu beherrschen und zu kommerzialisieren. Weitere Kapitel behandeln kathodische Aktivmaterialien mit Spinell-Struktur (z. B. Lithium-Mangan-Spinell) und mit Olivin-basierter Struktur (wie Lithium-Eisen-Phosphat).
Grundlagenorientiert sind die Kapitel 5 zu thermodynamischen Aspekten über aktive Elektrodenmaterialien und 6 über Raman-Spektroskopie von Kathodenmaterialien.
Kapitel 7 befasst sich mit dem Elektrolyten, der unter anderem ein Lithium-Leitsalz wie LiPF6 enthält, das in organischen Carbonaten gelöst ist. Hier ist auch der Einfluss von Elektrolytadditiven beschrieben und der Einfluss solcher Additive anschaulich am Beispiel der Lithiumplattierung beschrieben. Weitere Kapitel beschäftigen sich mit Polymerelektrolyten und Dünnschichtelektroden. Kapitel 11 reflektiert Aspekte zu einem Einsatz in Elektrofahrzeugen.
Fazit: Das Buch ist zwar etwas unausgewogen; so werden Kathodenmaterialien weit intensiver behandelt als Anodenmaterialien (Graphite, Kohlenstoffe). Dafür gibt es aber nicht zuletzt wegen ausführlicher Literaturzitate viele spezielle, nützliche und lehrreiche Informationen.
Das Buch wendet sich jedoch weniger an Einsteiger. Es richtet sich an Wissenschaftler in Industrie und Hochschulen, die bereits über Erfahrungen auf diesem Gebiet verfügen. Für diesen Personenkreis ist das Buch äußerst empfehlenswert.
Thomas Wöhrle, Stuttgart


<h2>Computerchemie verstehen</h2>
Computational Chemistry Workbook. Learning Through Examples. Mit CD-ROM. Von Thomas Heine, Jan-Ole Joswig, Achim Gelessus. Wiley-VCH, Weinheim, 2009. 232 Seiten, brosch. 39,— Euro. ISBN 978—3—527—32442—2
Es besteht wohl kein Zweifel, dass die Computerchemie und theoretische Methoden allgemein heute auch für experimentell arbeitende Chemiker als Werkzeug unverzichtbar sind. Chemiker nutzen den Computer, um die dreidimensionale Struktur eines Moleküls zu berechnen und zu visualisieren, etwas über dessen Stabilität zu erfahren oder experimentelle Befunde wie NMR- oder IR-Spektren zu simulieren. Leider oder notgedrungen laufen dabei die Berechnungen in einer Art Black-Box, wobei der Anwender wenig bis gar nichts über die zugrunde liegenden Methoden und Konzepte weiß. Dies liegt, wie die Autoren in ihrer Einführung zum vorliegenden Buch richtig ausführen, an der Ausbildung theoretisch und experimentell arbeitender Chemiker:
Während ein angehender theoretischer Chemiker viel über Synthese und Analytik lernt, wird einem Experimentator, falls überhaupt, nur ein sehr rudimentäres theoretisches Know-how vermittelt. Diese Lücke zu schließen, ist das Ziel des Computational Chemistry Workbooks. Basierend auf Kursen für Studenten nach dem Vordiplom oder im Masterstudium, behandelt das Buch Konzepte, die für das Verständnis grundlegender Phänomene in der Chemie erforderlich sind. Dabei kommt die Mathematik nicht zu kurz, allerdings in einer Art und Weise, die es dem Leser leicht macht, den Umformungen und Transformationen zu folgen.
Wie der Untertitel ”Learning Through Examples“ verspricht, sind die Themen im Buch anschaulich aufbereitet, um sie so dem Leser nahe zu bringen, darunter Symmetrie, Molekülschwingungen, Atomorbitale, Geometrieoptimierung, Thermochemie und Moleküldynamik. Jedes Kapitel ist dabei gleich aufgebaut: Nach dem Ziel, dem theoretischen Hintergrund und einer detaillierten Beispiellösung folgt eine Aufgabe, die mit dem bisher erworbenen Wissen sowie den dazugehörigen Hilfen zur praktischen Umsetzung lösbar sein sollte. Eine Zusammenfassung des Stoffes sowie einige Literaturangaben schließen jedes Kapitel ab.
Da manche Aufgaben Berechnungen erfordern, haben die Autoren eine CD mit freier Software (Eingabeerstellung und Visualisierung von Molekülen und Orbitalen, Hückel- und DFT-Berechnungen, Datenvisualisierung) beigefügt, die beliebig kopiert werden darf und von Zeit zu Zeit über die zugehörige Webseite aktualisiert werden soll. Es handelt sich um eine bootbare Linux-CD mit einem Knoppix-Live-System, das den Vorteil hat, dass es nicht auf die Festplatte zugreift, der Rechner also nicht verändert wird. Leser können die Programme somit gefahrlos ausprobieren.
Das Buch hat mich von Kapitel zu Kapitel mehr fasziniert. Dass man Geometrieoptimierungen oder einfache Moleküldynamiksimulationen mit einem Tabellenkalkulationsprogramm durchführen kann, hat mich von den didaktischen Qualitäten des Workbooks restlos überzeugt. Auch der im Vergleich zu ähnlicher Literatur akzeptable Preis führt zu einer uneingeschränkten Kaufempfehlung: Das Buch sollten sich all diejenigen anschaffen, die Theorie selbst nachvollziehen und damit begreifbar machen wollen.
Harald Lanig, Erlangen


<h2>— — — Kurz vorgestellt</h2>


<h2>Leitfaden Energieforschung</h2>
Eckpunkte und Leitlinien zur Weiterentwicklung der Energieforschungspolitik der Bundesregierung. Hrsg. von der Helmholtz-Gemeinschaft. Berlin, 2009.
46 Seiten. Kostenloser Download unter <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.helmholtz.de/energieforschungspolitik-pdf" target="_blank">www.helmholtz.de/energieforschungspolitik-pdf</a></ext-link> 
Die Broschüre formuliert Empfehlungen für die Energieforschung.


<h2>Richtlinie zu Partikelmessungen</h2>
Richtlinie VDI 3867 Blatt 1. Hrsg. vom Verein Deutscher Ingenieure. Beuth Verlag, Berlin,2009.
44 Seiten, 89,40 Euro.
Die Richtlinie enthält Grundlagen und Anwendung von Messverfahren zur Partikelbelastung der Luft. Sie definiert Anforderungen an die Messgeräte und stellt Maßnahmen zur Qualitätssicherung vor.


<h2>— — — Kurz vorgestellt</h2>


<h2>Standardlehrbuch aktualisiert</h2>
Makromolekulare Chemie. Von Manfred Dieter Lechner, Klaus Gehrke, Eckhard H. Nordmeier. 4. überarbeitete und erweiterte Auflage, Birkhäuser, Basel, 2010. 552 Seiten, brosch. 64,95 Euro. ISBN 978—3—7643—8890—4
Dieses Lehrbuch für Chemiker, Physiker, Materialwissenschaftler und Verfahrenstechniker stellt Phänomene, Theorien und experimentelle Methoden der makromolekularen Chemie von Grund auf dar. Bei der Überarbeitung haben die Autoren den Aufbau des Buchs beibehalten. Neu in der vierten Auflage ist das Kapitel ”Kontrollierte radikalische Polymerisation“. Die Kapitel über Massenspektrometrie, NMR-Spektroskopie und Feldflussfraktionierung (FFF) wurden erweitert, das Kapitel über die Verwertung von Kunststoffen wurde vollständig überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht. Weitere Kapitel befassen sich mit Struktur und Synthese von Makromolekülen, mit ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften, mit Umwandlung und technischer Verarbeitung sowie mit qualitativer Analyse.


<h2>Tagungsband</h2>
Wachstum — Eskalation, Steuerung und Grenzen. Hrsg. von Christiane Nüsslein-Vollhard u. a. Georg- Thieme-Verlag, Stuttgart, 2009. 360 Seiten, geb. 39,95 Euro. ISBN 978—3—13—150711—2
Auf der 125. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, die im Herbst 2008 in Tübingen stattfand, ging es um Themen von der Architektur des Universums über das Wachstum von Makromolekülen und Blutgefäßen bis hin zu nachwachsenden Rohstoffen. Die Vorträge, unter anderem von Physikern, Biologen, Medizinern und Chemikern, sind nun in einem Tagungsband erschienen.


<h2>Wege zum neuen Arzneimittel</h2>
Wirkstoffdesign. Entwurf und Wirkung von Arzneistoffen. Von Gerhard Klebe. 2. überarbeitete Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2009. 634 Seiten, mit DVD, geb. 89,95 Euro. ISBN 978—3—8274—2046—6
Die Neuauflage dieses Lehrbuchs für Studenten der Pharmazie, Chemie und der Biowissenschaften greift neue methodische Entwicklungen auf. So berücksichtigt das Buch nun Screening-Techniken, Erkenntnisse aus Genomsequenzierungen und den Omik-Techniken. Fallbeispiele untermauern Theorie und Verfahren. Eine DVD mit interaktiven Molekülmodellen ergänzt das Buch.


<h2>Die Zusammensetzung der Lebensmittel</h2>
Food. The Chemistry of its Components. Von Tom Coultane. 5. Auflage, RCS Publishing, Cambridge, UK, 2009. 501 Seiten, brosch. Ca. 26,40 Euro. ISBN 978—0—85404—111—4
Das Buch behandelt die Chemie der Stoffe, die in Lebensmitteln vorkommen. Das fängt an bei Zuckern, Proteinen und Lipiden und führt über Farben, Aromen, Mineralien, Vitaminen und Konservierungsmitteln bis hin zu Giftstoffen.


<h2>Neue Materialien</h2>
Polymer Derived Ceramics. From Nano-Structure to Applications. Hrsg. von Paolo Colombo, Ralf Riedel, Gian Domenico Sorarω, Hans-Joachim Kleebe. Destech Publications, Lancaster, Pennsylvania, USA, 2009. 498 Seiten, geb. Ca. 176,99 Euro. ISBN 978—1—60595—000—6
Die Entwicklung polymerabgeleiteter Keramiken, ihre Synthese, Charakterisierung und Struktur, physikalische und chemische Eigenschaften sowie Herstellung und Anwendung dieser Materialien sind die Themen des Buchs.

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