Journal

<h2>Niemand spricht von einem Physik-Unfall</h2>
Bereits vor 14 Jahren gab es in den Blauen Blättern [Nachr. Chem. Tech. Lab. 2000, 48, 1051] in der Rubrik “Ausgeforscht” einen Beitrag zu den Begriffen “Chemie-Unfall”, “Physik-Unfall”, “Ingenieur-Unfall” und “Biochemie-Unfall” [Nachr. Chem. 2014, 62, 368].
 Thomas Fässler, München
<a href="mailto:thomas.faessler@lrz.tu-muenchen.de">thomas.faessler@lrz.tu-muenchen.de</a>


<h2>Rezensionen</h2>
Bei Diskussionen im Kreis ehemaliger Kommilitonen sind wir auch auf das Thema “Rezensionen” in der Mitgliederzeitschrift gekommen. Im Märzheft [Nachr. Chem. 2014, 62, 370] gibt es die Rezension “Und die Fachsprache?”.
Der Titel allein regt schon zum reichlichen Nachdenken über die Begriffsinhalte fach- bzw. alltagssprachlicher Bezeichnungen (“neue Kraftformel” ..) an. Uns ist in genannter Rezension aufgefallen, dass bereits die “anschaulichen und ansprechenden Kontexte” zur chemischen Fachsprache unserer Meinung nach schlichtweg falsch sind: Aggregatzustandsänderungen (schmelzende Schokolade, platzende Colaflasche …) sind zur Zeit unseres Fachstudiums das Domizil der Physik gewesen.
Wer verwirrt hier wen?
Im Namen von vier Kommilitonen des Studienjahrgangs 1974.
Peter Martin
<a href="mailto:pwm.257@gmx.de">pwm.257@gmx.de</a>


<h2>Im Glauben stark</h2>
Michael Dröscher stellt in der Korrespondenz [Nachr. Chem. 2014, 62, 464] die rhetorische Frage, ob Hermann Fischer [Nachr. Chem. 2013, 61, 1145] selber an die Allgemeingültigkeit seines Konzepts (“Solare Chemie”) glaube. Eine Gesamtschau ermöglicht hier eine Antwort: Am Anfang (1983) war sein Wort “Sanfte Chemie”. Und das Wort ward (politische) Realität, indem er dazu mit einer Arbeitsgruppe ein Konzept — mit dem Ziel Umbau der chemischen Industrie — ausarbeitete. Dieses fand auch im Jahr 1986 Eingang in industriepolitische Programme (z. B. “Umbau der Industriegesellschaft”). In seinem 1. Buch “Plädoyer für eine Sanfte Chemie” (1993) stellt Fischer seine Gedankengänge ausführlich dar. Es gehe nicht um die Bekämpfung der “Harten Chemie” (Hochtechnologie sei Tod der Natur), sondern um ihre Überwindung durch die der Endlichkeit unseres Planeten angepassten Produkt- und Produktionsstrukturen. Denn ausgehend von Novalis (“Die Natur ist das Ideal”) sei der Eigenwert der Natur die Grundlage der “Sanften Chemie”. Deren Ziel sei es, die Naturstoffe — geschaffen vom Syntropiestrom der Sonne (Fotosynthese) — zu nutzen. Dabei sei Erdöl — weil eingebettet in Lagerstätten — dem Syntropiezyklus entzogen. Aber wegen Minderheitspositionen sei dann dieses Konzept auch im politischen Raum folgenlos geblieben. Auf dieser Grundlage baut dann das 2. Buch “Stoffwechsel: Auf dem Weg zu einer Solaren Chemie für das 21. Jahrhundert” (2012) auf. Die Erdölendzeit stehe bevor, daher sei ein Wechsel zu erneuerbaren Grundstoffen erforderlich. Die Teilbetrachtung (Syntropiestrom der Sonne) des 1. Buches wird nunmehr — unter Beibehaltung der naturphilosophischen Grundlage — zum Hauptgegenstand, mit der Folge, dass die Semantik lediglich von “Sanfter” (als Basis) zu “Solarer Chemie” wechselt. Dabei greift Fischer das allgegenwärtige Attribut erneuerbar auf. Und — wie er schreibt — die Energiewende zu erneuerbaren Energien müsse mit der Chemiewende zu erneuerbaren Stoffen strategisch verbunden werden. Kurzum die Antwort: Hermann Fischers zwei (Lehr-)Bücher bezeugen seine tiefe Gläubigkeit.
Claus Christ, Kelkheim (Taunus)
<a href="mailto:c.o.g.christ@t-online.de">c.o.g.christ@t-online.de</a>
Die “Korrespondenz” veröffentlicht Briefe an die Redaktion. Gedruckt und online steht sie allen Lesern der Nachrichten aus der Chemie offen. Bitte senden Sie Ihre Zuschrift mit einem Umfang von maximal 1500 Zeichen als E-Mail an: <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.


<h2>Das Titelbild 4/14 ist einfach spitze!</h2>
Rüdiger Kuhnke, München
<a href="mailto:rkuhnke@rkuhnke.eu">rkuhnke@rkuhnke.eu</a>


<h2>Leitartikel: Wer darf was lehren?</h2>
Metin Tolan [Nachr. Chem. 2014, 62, 399] liegt richtig mit seiner Einschätzung zum Stellenwert der Didaktik in den Naturwissenschaften. Die für die genannte Aufgabe notwendige Zusammenarbeit in den Physikfachbereichen gibt es: Physikdidaktiker und Fachphysiker diskutieren kontrovers und konstruktiv über Inhalte des Physikunterrichts und darüber, wie Schülerinnen und Schüler zum Lernen motiviert werden können.
Die jüngste Studie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft zur Ausbildung für das Lehramt Physik beschreibt, wie ein Studium ausgerichtet sein sollte, um Lehrkräfte auf ihre wichtige und schwierige Arbeit vorzubereiten. Sie ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Fach und Fachdidaktik. Bei der Zusammenarbeit sind vielfältige Kompetenzen nötig, und diese dürfen ruhig verteilt sein: Sowohl der Blick auf fachliche Zusammenhänge ist nötig, wie natürlich auch der Blick auf Ergebnisse der empirischen Lehr- und Lernforschung, die sich auf den Physikunterricht bezieht. So wie der Physikunterricht fachlich richtig sein muss — was auf einer empirischen Prüfung in der Physik beruht —, müssen auch die Alltagsansichten über Unterrichtsmethoden empirisch überprüft werden und zwar selbst dann, wenn sie trivial erscheinen: Das von Tolan erwähnte Experimentieren soll im Physikunterricht eine ganze Reihe wichtiger Aufgaben erfüllen — ob und wie dies gelingt, ist einer Überprüfung wert. Für diese Arbeit braucht es forschungsstarke physikdidaktische Institute.
Was hat das alles mit dem Karlsruher Physikkurs zu tun? Nichts. Die Kontroverse im vergangenen Jahr hat aber gezeigt, dass auch die Frage nach der fachlichen Richtigkeit unter Fachvertretern nicht so einfach zu klären ist und fachliche Fragen, wenn sie sich auf den Physikunterricht beziehen, nicht von fachdidaktischen Fragen getrennt werden dürfen.
Roger Erb, Frankfurt
<a href="mailto:roger.erb@physik.uni-frankfurt.de">roger.erb@physik.uni-frankfurt.de</a>
Für den Beitrag von Metin Tolan [Nachr. Chem. 2014, 62, 399] danke ich der Redaktion ausdrücklich. Mit seinem ersten Abschnitt umschreibt Tolan mit wenigen Sätzen sehr genau die wichtigsten Aufgaben von Fachdidaktikern. Wenn man diesen Leitsätzen folgt, ob in der Universität oder in den verschiedenen Schulstufen und Schularten, dann wird — immer vom Fachwissen ausgehend, aber durchaus in unterschiedlichen Niveaus — eine angepasste Vermittlung von Fachwissen erfolgen. Eine reine Methodenbetrachtung ohne fundierten fachlichen Hintergrund ist dilettantisch.
Der Lehrende steht in der Verantwortung, Veranschaulichungen und Vereinfachungen anzuwenden, die dem Motto folgen: didaktische Reduktion so einfach wie möglich, aber möglichst richtig. Wenn also Fachdidaktiker eigenmächtig unpassende Vereinfachungen einführen, dann verfälschen sie das Ziel jedes Mint-Faches, nämlich kompetente Aussagen weiter zu vermitteln, die fachimmanent erweitert werden können. Hierbei sind Lehrende und Lernende gleichermaßen gefordert. Ein erfolgreicher Lernprozess zeigt sich dadurch, dass eine lebendige Kommunikation zwischen Lehrendem und Lernenden stattfindet.
Was heute teilweise als Fachdidaktik an manchen Lehrstühlen stattfindet, ist nicht nur in Physik und Mathematik beklagenswert, teilweise sogar beschämend. Man fragt sich, inwiefern man z. B. den Lernenden hilft, wenn man ihnen ein Meta-Lernsystem mit neu definierten Begriffen vermittelt, die in der Fachwissenschaft ganz eindeutig definiert sind. Es widerspricht jeglichen lernpsychologischen Erkenntnissen, wenn man doppelt besetzte Begriffe und Zeichen etabliert, wie es im Karlsruher Physikkreis z. B. bei der Energetik geschehen war.
Leider kann ich die scheinbar positiv klingende Aussage von Tolan im letzten Abschnitt aufgrund eigener Erfahrungen als Chemiedidaktiker (von 1970 bis 2005) nicht unterstützen. Auch in den dominierenden Chemiedidaktiker-Schmieden hat die Vermittlung von hartem Fachwissen oft eine Nebenrolle gespielt. Viel lieber hat man mit scheinbar abgesicherten lernpsychologischen Thesen spielerisch manipuliert.
In den 70er Jahren hat das IPN in Kiel ein Lernpaket erstellt, das ein kritischer Begutachter treffend so karikiert hatte: Die Schüler bauen unter Robinson-Crusoe-Verhältnissen ein Haus, um es dann anzuzünden!
Tröstlich, aber realistisch waren hingegen die Aussagen meines verehrten Kollegen Otto Krätz vom Deutschen Museum in München im Zusammenhang mit der Phlogiston-Theorie: “Solche Theorien müssen nicht ausgerottet werden, sondern ihre Vertreter müssen aussterben.” Dies kann heute leider zu einem langwierigen Prozess werden, nachdem die Menschen immer älter werden.
Gert Latzel, Riemerling
<a href="mailto:latzel.gert@arcor.de">latzel.gert@arcor.de</a> 


<h2>Ergänzung</h2>
In “Europas Wälder nicht mehr sauer”, dem lesenswerten Aufsatz von Verena Sesin [Nachr. Chem. 2014, 62, 145] befindet sich auf der Seite 146 eine Tabelle ohne Kennzeichnung der Einheiten von Abszisse und Ordinate.
 Günther Jeromin, Krefeld
<a href="mailto:Guenther.Jeromin@t-online.de">Guenther.Jeromin@t-online.de</a>

Korrespondenz

Niemand spricht von einem Physik-Unfall Bereits vor 14 Jahren gab es in den Blauen Blättern [Nachr. Chem. Tech. Lab. 2000, 48, 1051] in der Rubrik “Ausgeforscht” einen Beitrag zu den Begriffen “Chemie-Unfall”, “Physik-Unfall”, “Ingenieur-Unfall” und “Biochemie-Unfall” [Nachr. Chem. 2014, 62, 368]...

<h2>Frischer Wind für die Bioanorganik</h2>
Bioinorganic Chemistry: An Introduction. Von Dieter Rehder. Oxford University Press, Oxford, UK, 2014. 230 Seiten, brosch. 44,90 Euro. ISBN 978—0—19—965519—9
In den letzten Jahrzehnten hat sich die bioanorganische Chemie von einem Randgebiet zu einem etablierten Feld in der chemischen Forschungslandschaft entwickelt. Dies zeigt sich auch in den Curricula vieler Chemiestudiengänge.
Die Lehrbuchsituation spiegelt dies aber nur teilweise wieder. Viele fortgeschrittene Lehrbücher der anorganischen Chemie enthalten zwar Bioanorganik-Kapitel, oft sind diese aber kurz, auf wenige Beispiele beschränkt und kaum strukturiert. Ein Einsteiger in die Materie kann hier kaum einen guten Überblick gewinnen. Speziallehrbücher gibt es erstaunlich wenige und noch weniger solche, die den aktuellen Wissensstand gut abbilden und ordnen.
Vor diesem Hintergrund ist die Neuerscheinung eines Bioanorganik Lehrbuchs sehr willkommen — besonders dann, wenn wie in diesem Fall mit Dieter Rehder ein Autor mit über 30 Jahren Erfahrung in der bioanorganischen Forschung ein neues Konzept vorlegt.
Klassischerweise werden bioanorganische Prozesse oft anhand der Elemente präsentiert, sodass zum Beispiel ein Kapitel “Kupfer” die verschiedenen Klassen Metalloproteine mit Kupferzentren vorstellt. Das Buch von Rehder folgt diesem Ansatz nur teilweise. So gibt es zwar Kapitel zur Bioanorganik der s-Block-Metalle, des Eisens oder des Zinks, doch diese Abschnitte nehmen nur ein Viertel des Buchs ein.
Vielmehr ordnet Rehder die Welt der bioanorganischen Chemie meist nach Reaktionstypen und Stoffzyklen. Zum Sauerstofftransfer etwa zeigt ein Kapitel die unterschiedlichen Strukturen und Mechanismen verschiedener Metalloproteine nebeneinander. Der Leser kann so für verwandte Reaktionen Parallelen, aber auch Unterschiede entdecken.
In einer dritten Art von Kapiteln seines Buchs gruppiert Rehder Familien von bioanorganischen Reaktionen nach Stoffkreisläufen wie dem Schwefel- oder dem Stickstoffzyklus, der Produktion und Nutzung von Methan oder der oxygenen Photosynthese. In diesen Abschnitten steht der Stoffzyklus im Vordergrund, erst anschließend geht es um die beteiligten Metalloenzyme.
Infokästen zu wichtigen analytischen Methoden wie Mößbauer-Spektroskopie oder Magnetismus runden das Buch ab, dazu kommen Unterkapitel zu synthetischen Modellsystemen und kurze, gut zusammengestellte und sehr aktuelle Literaturlisten.
Mir ist beim Buch besonders die Mischung der drei Systematiken der Bioanorganik als neuartig und interessant aufgefallen. Der Autor hat — so schreibt er im Vorwort — diesen Mix bewusst gewählt, da er keine Einteilung per se für die beste hält. Vielmehr bot sich je nach Thema ein Vorgehen nach Element, nach Reaktionstyp oder nach Stoffkreislauf an. Für alle drei Einteilungen hat der Autor prominente Beispiele ausgewählt und meist gelungen vorgestellt.
Eine solcher Ansatz erfordert Mut zur Lücke, denn große Tabellen, etwa mit allen bekannten Nickelenzymen, fehlen. Gerade das halte ich für eine Stärke dieses kompakten Lehrwerks, aber vielleicht wird mancher Leser daher in diesem Buch gerade sein Lieblingsprotein vermissen.
Einen Kritikpunkt habe ich: Wie so oft geht es in diesem Buch fast ausschließlich um Metalloproteine. Diese sind zugegebenermaßen für viele die wahre Bioanorganik. Trotzdem bekommen Themen wie Bioverfügbarkeit, Metalle in der Medizin oder Biomineralisation zu wenig Raum, betrachtet man deren große Präsenz in der Forschung.
Insgesamt kann ich Dieter Rehders Buch Lehrenden und Lernenden für den Einstieg in die bioanorganische Chemie wärmstens empfehlen. Über das moderne Konzept hinaus dürfte ersteren das online verfügbare Dozentenmaterial, letzteren der günstige Preis gefallen.
Philipp Kurz, Freiburg


<h2>Über die Frühzeit der Kristallstrukturanalyse</h2>
Early Days of X-ray Crystallography. Von André Authier. International Union of Crystallography/Oxford University Press, Oxford, 2013. 441 Seiten, geb. 49,95 Euro. ISBN 978—0—19—965984—5
Die Unesco hat das Jahr 2014 zum Internationalen Jahr der Kristallographie erklärt (<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.iycr2014.org" target="_blank">www.iycr2014.org</a></ext-link>). Sie feiert damit das 100-jährige Jubiläum der Verleihung des Physiknobelpreises 1914 an Max von Laue “für seine Entdeckung der Beugung von Röntgenstrahlen beim Durchgang durch Kristalle”. In diesem Kontext hat André Authier ein umfassendes wissenschaftshistorisches Werk über die Anfänge der Kristallstrukturanalyse vorgelegt. Authier ist emeritierter Professor am Institut de Minéralogie et de Physique des Milieux Condensés, Université Pierre et Marie Curie, Paris, und war von 1990 bis 1993 Präsident der International Union of Crystallography.
Early Days of X-ray Crystallography beginnt mit einem kurzen Kapitel über “Significance of the discovery of X-ray diffraction”, das in die Entdeckung der Röntgenbeugung im Jahr 1912 und den Stand der Kristallographie zu diesem Zeitpunkt einführt. Kapitel 2 geht in der Zeitleiste zurück bis zu Aristoteles, um “The various approaches to the concept of space lattice” zu beschreiben. Kapitel 3, “The dual nature of light”, beginnt auch in der Antike und führt unter anderem zu Isaac Newton und Christiaan Huygens.
Kapitel 4 widmet sich der Entdeckung der Röntgenstrahlung durch Wilhelm Conrad Röntgen im Jahr 1895. In Kapitel 5 geht es dann um die Konkurrenz zwischen Wellen- und Korpuskulartheorie der Röntgenstrahlung. Kapitel 6 beschreibt detailliert, wie Walter Friedrich, Paul Knipping und Max von Laue in München im April 1912 die Röntgenbeugung entdeckten und wie William Henry Bragg in Leeds bereits im Juni des gleichen Jahres davon erfuhr.
Die beiden anschließenden Kapitel, “1913: The first steps” und “The route to crystal structure determination”, beschreiben mehr oder weniger linear die nachfolgende Entwicklung der Kristallstrukturanalyse durch Röntgenbeugung. Das hätte der Autor bis zum Ende von Kapitel 10, “Early applications of X-ray crystallography”, nahtlos fortsetzen können. Zuvor behandelt Kapitel 9 allerdings “X-rays as a branch of optics” [siehe dazu auch: A. Authier, Acta Cryst. 2012, A68, 40—56].
Um seinem Titel gerecht zu werden, hätte das Buch wohl mit Kapitel 10 enden können. Aber Kapitel 11, “Unravelling the mystery of crystals: the forerunners”, und Kapitel 12, “The birth and rise of the space-lattice concept”, beschreiben sehr detailreich, abermals ausgehend von der Antike, die Entwicklung der Kristallographie vor der Ära der Röntgenbeugung bis zur Herleitung der 230 Raumgruppen durch Evgraf Stepanowich Fedorov, Arthur Schoenflies und William Barlow am Ende des 19. Jahrhunderts.
Da ein chronologischer Faden fehlt, muss man Early Days of X-ray Crystallography nicht von Buchdeckel zu Buchdeckel lesen. Es ist die Fülle an historischen Details, die dieses Buch wertvoll für jeden macht, der sich im Zeitalter automatischer Röntgendiffraktometer für die Anfänge der Kristallstrukturanalyse interessiert.
 Rüdiger W. Seidel, Wuppertal


<h2>Wegweiser durch das Dickicht von Kennzahlen und Sichtweisen</h2>
Ressourceneffizienz und Wirtschaftlichkeit in der Chemie durch systematisches Process Life Cycle Management. Von Adalbert Steinbach. Wiley-VCH, 2013. 373 Seiten, geb. 99,— Euro. ISBN 978—3—527—33484—1
Nach der Lektüre von etwa 370 Seiten über die Ressourceneffizienz und Wirtschaftlichkeit in der Chemie schwirrt dem Leser schon etwas der Kopf, und dem Anwender wird bang beim Gedanken, was er alles zu berücksichtigen hat. Zum Glück muss er nicht alles gleichzeitig umsetzen.
Der Autor Adalbert Steinbach führt den Leser geschickt durch das Dickicht von Kennzahlen und Sichtweisen. Eine Vielzahl graphischer Darstellungen visualisiert das Gesagte und macht die an sich trockene Materie trotzdem zu einem sehr gelungenen Buch. Allein die Einführung nach dem Motto “Fragen, die Sie schon immer mal stellen wollten” macht den Leser neugierig. Die Darstellungsweise ist einfach und überzeugend. Die Fallstudien am Schluss der Ausführungen zeigen, welche Vorteile eine ganzheitliche Betrachtung der Ressourceneffizienz gegenüber einer lediglich partiellen Sichtweise bringt.
Beginnend mit dem Spannungsfeld zwischen Managementzielen und Naturgesetzen trifft der Autor das Dilemma vieler Unternehmen, deren Management sich zu oft in kurzfristigem Aktionismus ergeht, anstatt sich langfristig ausgerichtetem Life Cycle Management zu verpflichten, wie es das Buch beschreibt.
Es folgen Ausführungen über technische, ökonomische und ökologische Teilsysteme. Diese Gliederung ist geschickt, weil die ganzheitliche Betrachtung doch recht komplex wird. Energetische Betrachtungen haben zwar kein eigenes Kapitel, werden aber an mehreren Stellen berücksichtigt. Gesetzgeberische Aspekte werden angedeutet, jedoch zum Glück nicht breit diskutiert. Dies würde den Rahmen des Buchs sprechen und die Lesbarkeit erschweren.
In der zweiten Hälfte der insgesamt zwölf Kapitel spricht der Autor kurz kontinuierliche Verbesserungsprozesse an, gibt dem aber nur wenig Raum. Ein Schwerpunkt ist dem dynamischen Life Cycle Management gewidmet. Erfreulicherweise ist dieser wichtige Aspekt als permanenter und nicht als statischer Prozess dargestellt. Ungewöhnlich für ein solches Buch, für den Anwender jedoch sehr nützlich ist ein Kapitel mit Beispielen, Fragen und Antworten. Das Werk schließt mit einer Fallstudie aus der pharmazeutischen Industrie, die eine Reihe der zuvor dargestellten Instrumente anwendet. Hier zeigt sich die Praxistauglichkeit von Schnellanalysen, Materialflussrechnungen, Screenings etc. — alles nützliche Werkzeuge für interne und externe Ratgeber.
Nochmals hervorzuheben sind die vielen übersichtlichen Flussdiagramme und die vielfältigen Schaubilder, welche die Verständlichkeit entscheidend erleichtern, sowie die ganzheitliche Betrachtungsweise.
Für alle, die sich mit Effizienz und Wirtschaftlichkeit in der chemischen Industrie beschäftigen, aber keine langweiligen Wirtschaftslehrbücher mögen, meine Empfehlung: unbedingt lesen.
 Rolf Jakobi, Zürich


<h2>Geschichten und Geschichte</h2>
Plastisch, elastisch, fantastisch.
Von Georg Schwedt. Wiley-VCH, Weinheim, 2013. 189 Seiten, geb. 24,90 Euro. ISBN 978—3—527—33362—2
Mit 500 Jahren Industrie- und Kulturgeschichte zeigt der Autor: “Ohne Kunststoffe geht es nicht.” Er nennt dabei alle Methoden, Persönlichkeiten und Orte, die für die Entwicklung der Kunststoffe wichtig waren: vom Ziegenkäsekochen für Galalith im 16. Jahrhundert über die Entdeckung des Teflons durch Roy J. Plunkett im Jahr 1938 bis zum Beginn der biobasierten Polyethylenproduktion im Jahr 2011 in Brasilien.
Der Leser sollte eine Vorliebe für wörtliche Zitate mitbringen, denn es gibt kaum eine Seite ohne mehrere Zeilen aus “Merck's Warenlexikon von 1920”, von Internetseiten wie der des Deutschen Kunststoffmuseums, aus Patenschriften oder Nobelpreisträgerreden. Dabei stehen deutlich Geschichte und Geschichten im Vordergrund, nicht die Chemie. Es ist unterhaltsam zu lesen, was Fritz Raschig mit Perlon verbindet und wie die Odenwälder Elfenbeinindustrie Plexiglas verwendete.
Ein Personen- und ein Sachverzeichnis machen das Buch zu einem Nachschlagewerk ebenso wie das Literaturverzeichnis, das nach Kunststoffsorten geordnet ist.
Das Buch eignet sich als kurzweilige Lektüre für Chemiker wie Nichtchemiker, als Nachschlagewerk und als Ausgangspunkt für weitere Recherchen. Allerdings hätte ein Rechtschreibprogramm wohl einige der Tippfehler wie “Lete” statt “Leute” entfernt.
Maren Bulmahn, Frankfurt


Fachbuch über Kohlenstoff- Nanomaterialien
Carbon Nanomaterials. Von Yury Gogotsi, Volker Presser. 2. Auflage, CRC Press, Boca Raton/USA, 2013. 529 Seiten, geb. Zirka 126,— Euro.
ISBN 978—1—4398—9781—2
Dieses Nachschlagewerk informiert Studierende der Chemie, Physik und Materialwissenschaften sowie Experten aus der Industrie über die Eigenschaften, Herstellungswege, Charakterisierung und Anwendungen von Kohlenstoff-Nanomaterialien. Behandelt sind unter anderem Graphene, Fullerene, Kohlenstoffnanoröhren und -nanozwiebeln sowie Diamant.


Serie Ratgeber Wissenschaftsmarketing
Wissenschaftssystem und Wissenschaftsrecht. Von Wolf Albin, Matthias Hauf. Innokomm, Berlin, 2013. 227 Seiten, brosch. 16,90. ISBN 978—3—9814811—2—9;
Public Affairs. Von René Mono. Innokomm, Berlin, 2013. 129 Seiten, brosch. 16,90 Euro. ISBN 978—3—9814811—3—6;
Events in der Wissenschaft. Von Thorsten Knoll, Vanessa Jansen-Meinen, Uwe Moldrzyk. Hrsg. von Michaela Kirchner. Innokomm, Berlin, 2013. 196 Seiten, brosch. 16,90 Euro. ISBN 978—3—9814811—4—3
In Kooperation mit dem Masterstudiengang Wissenschaftsmarketing an der TU Berlin gibt das Deutsche Forschungszentrum für Wissenschafts- und Innovationkommunikation, Innokomm, die Reihe “Ratgeber Wissenschaftsmarketing” heraus. Drei Bände sind bereits erschienen, der vierte Band, “Wissenschaft als Marke” ist für das Frühjahr angekündigt.
Nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Manager
In Forschung und Lehre professionell agieren. Von Lioba Werth, Klaus Sedlbauer. Deutscher Hochschulverband, 4. Auflage, Bonn, 2013. 844 Seiten, geb. 79,— Euro. ISBN 978—3—924066—97—0
Checklisten, Vorlagen, Leitfäden und Beispiele aus der Praxis sollen Hochschullehrern helfen, auch ihrer Aufgabe als Wissenschaftsmanager gerecht zu werden.

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