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&Uuml;ber das gesamte Jahr verteilt publiziert die Redaktion der Nachrichten aus der Chemie Trendberichte &uuml;ber alle chemischen Disziplinen hinweg.

Trendberichte

Trendbericht

Lebensmittelchemie

Viele Lebensmittelinhaltsstoffe wirken auf die menschliche Gesundheit. Um den molekularen Mechanismus dieser Wirkung zu untersuchen, werden in der Lebensmittelchemie zunehmend Metabolomics-Techniken eingesetzt. Targeted Metabolomics erfasst dabei quantitativ die Stoffflüsse innerhalb eines biolog...

Photochemie, solare Brennstoffe und mikrobielle Elektrosynthesen sind die Schwerpunkte dieses Trendberichts zur technischen Chemie.
<h2>Photochemie</h2>Mit dem Jahr 2015 ging das Internationale Jahr des Lichts zu Ende. Licht hat auch in der technischen Chemie im Bereich der Photochemie eine zentrale Rolle. Hier werden aktuell mehrere Forschungstrends verfolgt: die erweiterte Oxidation (advanced oxidation processes), Anwendungen in der synthetischen Chemie und die Herstellung solarer Brennstoffe (solar fuels).Erweiterte Oxidationen nutzen das enorme Oxidationspotenzial oxidischer Halbleiter wie Titandioxid. Unter Bestrahlung mit UV-Licht bilden sich reaktive Sauerstoffspezies, die eine große Bandbreite unerwünschter Verbindungen mineralisieren. In der Vergangenheit wurde diese Eigenschaft vor allem zur Abwasserreinigung und für selbstreinigende Oberflächen erforscht. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der aktuellen Diskussion um die realen Schadstoffemissionen des Straßenverkehrs gewinnt jedoch auch die Entfernung von Luftschadstoffen zunehmend an Bedeutung. Im Gegensatz zu Methoden, die Schadstoffe direkt an der Emissionsquelle beseitigen, eignet sich die Photokatalyse auch dazu, verdünnte, bereits verteilte Schadstoffe zu entfernen. Dazu werden Baumaterialien wie Fassaden, Pflastersteine, Dachziegel oder Betonelemente mit einem Photokatalysator (typischerweise Titandioxid) modifiziert, der dann unter Sonnenlichteinwirkung die Umgebungsluft reinigt. Mehrere Feldversuche zeigen, wie wirksam diese Technik ist.1) Die Schadstoffreduktion ist dabei mindestens so hoch wie etwa beim Einrichten einer Umweltzone.2) Aktuelle Herausforderungen sind hier eine weitere Effizienzsteigerung der Photokatalysatoren und vor allem eine gesteigerte Selektivität, um Schadstoffe möglichst direkt zu mineralisieren, ohne dabei unerwünschte Nebenprodukte freizusetzten.3)Auch in der synthetischen Chemie wird die Photochemie zunehmend als alternatives Reaktionskonzept wahrgenommen, insbesondere unter dem Aspekt der Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit.4) Elektronisch angeregte Moleküle wie Photokatalysatoren nach Lichtabsorption sind extrem gute Elektrondonoren wie -akzeptoren.5) Entsprechend katalysieren sie Redoxreaktionen so, dass sie mit hoher Geschwindigkeit ablaufen. Im Gegensatz zu thermischer Katalyse lässt sich dabei unter milden Bedingungen arbeiten, da die Energie durch Licht statt Wärme bereit steht.5) Die Bandbreite der möglichen Reaktionen geht dabei über einfache Reduktionen und Oxidationen hinaus und ermöglicht sogar Ringschluss- und C-C-Bindungsknüpfungen.4,6,7)Trotz dieser vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile finden sich in der chemischen Industrie nur selten photochemische oder photokatalytische Prozesse. Neben Halogenierungen und Sulfochlorierungen sind dies meist nur seltene Spezialanwendungen in der Feinchemie, darunter die Synthese von Rosenoxid. Die meisten Unternehmen interessieren sich zwar prinzipiell für photochemische Prozesse, geben aber fehlende Erfahrung und Mangel an kommerziellen Komplettlösungen als Gründe an, diese Prozesse nicht anzuwenden.8) Daher verwenden sie häufig lieber zwei oder drei thermische Reaktionsstufen statt einer photochemischen, die das gleiche Produkt liefern könnte. Die Aufgabe der technischen Chemie ist es hier, neue, einfach handhabbare und effiziente photochemische Reaktionssysteme zu entwickeln. Hierbei wirken sich insbesondere die Entwicklungen in LED- und Mikroreaktionstechnik positiv aus.Angetrieben durch die immensen Fortschritte der Halbleiterentwicklung nehmen die Kosten für LEDs gemäß des analog zum Mooreschen Gesetz formulierten Haitzschen Gesetzes dramatisch ab, wobei sie gleichzeitig an Effizienz und Leistung zunehmen.9) Der Wirkungsgrad von blauen und Nah-UV-LEDs auf Basis von AlInGaN liegt heute bereits bei 50 %.10) In Verbindung mit der Quasi-Monochromie, den hohen erreichten Intensitäten und der flexiblen Geometrie eröffnen sich so neue Möglichkeiten für photochemische und photokatalytische Reaktionen.Insbesondere Mikroreaktoren eignen sich in Verbindung mit LEDs oder Oleds für effiziente photochemische Reaktionen sogar im kontinuierlichen Betrieb. Vorteil der Mikroreaktoren sind ihre kleinen Strukturen, die selbst bei einer kurzen Eindringtiefe des Lichts eine recht homogene Verteilung der Lichtintensität ermöglichen. Dies zeigten Reaktionen mit photochemisch gebildeten Singulett-Sauerstoff.11) Ein prominentes Beispiel für die Integration einer solchen Reaktion in komplexe chemische Prozesse ist die Produktion des Antimalariawirkstoffs Artemisinin, für dessen Entdeckung die Chinesin Youyou Tu in Jahr 2015 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielt. Vom Wirkstoff produziert Sanofi in einem halbsynthetischen Verfahren etwa 60 Jahrestonnen.12) Die Schlüsselreaktion der Synthese ist die selektive Oxidation der Dihydroartemisininsäure zum Artemisinin, die mit photochemisch generiertem Singulett-Sauerstoff läuft. Die Synthese lässt sich auch in einem voll integrierten, komplett kontinuierlichen System durchführen, wie die Seeberger-Gruppe zeigte (Abbildung 1).13) In dem für die Reaktion verwendeten Photoreaktor waren zudem auch viele andere Reaktionen durchführbar (Abbildung 2).14–16) Ein weiteres Beispiel für die technische Adaption eines photokatalytischen Prozesses ist die Herstellung von Vanillin aus Ligninsulfonsäuren.17–19)<figure><img src="https://media.graphcms.com/40Tc0juNSUmeMVTAgltd"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Die einzelnen Prozessmodule bei der kontinuierlichen Synthese von Artemisinin-Derivaten.13)</figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphcms.com/Ie0Qh0VR3yl376lnwSmj"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Einige Beispielreaktionen, die photochemisch erzeugter Singulett-Sauerstoff in einem kontinuierlichen Photomikroreaktor möglich macht. 14)</figcaption></figure>
<h2>Solare Brennstoffe</h2>Derzeit gibt es mehrere Initiativen, mit der Energie des Sonnenlichts synthetische Brennstoffe (solar fuels) direkt herzustellen. Der am weitesten fortgeschrittene Ansatz ist die photoelektrochemische Wasserspaltung, die Herstellung von Wasserstoff direkt aus Wasser an einer Halbleiter-Photoelektrode.20) Der Trend geht hier zu integrierten Systemen, die aus der Photovoltaik bekannte Halbleitersysteme mit Photoelektroden und/oder Elektrokatalysatoren zur Wasserspaltung kombinieren. Neben den teuren III-V-Halbleitersystemen erreichen auch neue Systeme mit integrierten Perowskit-Solarzellen einen Wirkungsgrad von 12,3 %.21) Dies ermöglicht jetzt erstmals integrierte Wasserspaltungssysteme, deren Effizienz höher ist als die etwa 10 % bei der Kombination einer klassischen Solarzelle mit einem Elektrolyseur.22) Außer an weiteren Effizienz- und Lebensdauerverbesserungen forschen die Wissenschaftler an passenden Zell- und Moduldesigns für die praktische Anwendung.23)Ein ähnlicher Ansatz ist die Wasserspaltung in partikulären Systemen, in denen der Photokatalysator als Nanopartikelsuspension in Wasser vorliegt. Dieser einfache Aufbau soll Kosten sparen und dadurch die niedrigere Effizienz ausgleichen.24) Aktuelle Forschungsanstrengungen konzentrieren sich vor allem auf eine Ausweitung des nutzbaren Wellenlängenbereichs, um einen möglichst großen Anteil des solaren Spektrums zu nutzen. Hierzu stellten Pan et al. ein neues System vor, das auf Basis von LaMgxTa1–xO1+3xN2–3x Licht bis zu einer Wellenlänge von 600 nm für die direkte Wasserspaltung nutzt, was nah am theoretischen Limit liegt (Abbildung 3, S. 349).25) Aufgrund der niedrigen erreichten Quantenausbeuten von weniger als einem Prozent ist dieser Ansatz aber noch etwas weiter als der erste von der technischen Realisierung entfernt.24)<figure><img src="https://media.graphcms.com/s2me6mgQSmaSgt4V7fgY"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Der Reaktionsmechanismus der photokatalytischen Wasserspaltung an TiOXH/SiOXH-beschichteten LaMg1/3Ta2/3O2N- Partikeln mit RhCrOy-Cokatalysator.25)</figcaption></figure>
Der Königsweg bei der Herstellung von solar fuels ist die direkte solargetriebene CO2-Reduktion, die dem natürlichen Prozess so sehr ähnelt, dass sie auch künstliche Photosynthese genannt wird. Dieser Prozess erzeugt aus CO2 und Wasser an einem Halbleitermaterial direkt CO oder einfache Kohlenwasserstoffe wie Ameisensäure, Methanol oder Methan.26) So werden die Stromgewinnung durch Photovoltaik, die elektrolytische Wasserspaltung und die Umsetzung des Wasserstoffs mit Kohlendioxid zu den entsprechenden Brennstoffen in einem Prozess gebündelt und lassen sich potenziell deutlich effizienter betreiben.27) Aufgrund der hohen notwendigen Reduktionspotenziale ist die Reaktion jedoch sehr anspruchsvoll, sodass sich Forscher auf die Suche nach Photoelektrodenmaterial und Katalysator konzentrieren. Die Kombination einer TiO2-geschützten Cu2O-Photokathode mit einem molekularen Katalysator brachte große Fortschritte und Photostromdichten von über 2 mA·cm–2 unter simuliertem Sonnenlicht.28)Jonathan Z. Bloh, Jahrgang 1983, studierte Life Science an der Leibniz-Universität Hannover, wo er im Jahr 2012 in Chemie promovierte. Nach einem Postdoc-Aufenthalt an der University of Aberdeen leitet er seit 2014 die Arbeitsgruppe Technische Chemie am Dechema-Forschungsinstitut. <a href="mailto:bloh@dechema.de">bloh@dechema.de</a><div><img src="https://media.graphcms.com/6vzRxJIlQVK6XQvqlwPQ">

</div><figure><img src="https://media.graphcms.com/F2Q6n9utRfG7mTCdwYvA"><figcaption><label>Abb. 4: </label></figcaption></figure>

<ul><h2>Literatur</h2><li>
1 A. Folli, M. Strøm, T. Pilegaard Madsen et al., Atmos. Environ. 2015, 107, 44–51.</li><li>
2 M. Gallus, R. Ciuraru, F. Mothes et al., Environ. Sci. Pollut. Res. 2015.</li><li>
3 J. Z. Bloh, A. Folli, D. E. Macphee, RSC Adv. 2014, 4, 45726–45734.</li><li>
4 V. Augugliaro, G. Camera-Roda, V. Loddo et al., J. Phys. Chem. Lett. 2015, 6, 1968–1981.</li><li>
5 V. Balzani, G. Bergamini, P. Ceroni, Angew. Chem. Int. Ed. 2015, 2–20.</li><li>
6 M. Cherevatskaya, B. König, Russ. Chem. Rev. 2014, 83, 183–195.</li><li>
7 H. Kisch, Angew. Chem. Int. Ed. 2013, 52, 812–847.</li><li>
8 D. J. C. Constable, P. J. Dunn, J. D. Hayler et al., Green Chem. 2007, 9, 411.</li><li>
9 Editorial. Haitz’s Law. Nature Photonics, 2007, 1, 23–23.</li><li>
10 Y. Muramoto, M. Kimura, S. Nouda, Semicond. Sci. Technol. 2014, 29, 084004.</li><li>
11 D. Ziegenbalg, G. Kreisel, D. Weiß, D. Kralisch, Photochem. Photobiol. Sci. 2014, 13, 1005–1015.</li><li>
12 J. Turconi, F. Griolet, R. Guevel et al., Org. Process Res. Dev. 2014, 18, 417–422.</li><li>
13 K. Gilmore, D. Kopetzki, J. W. Lee et al., Chem. Commun. 2014, 50, 12652–12655.</li><li>
14 K. Gilmore, P. H. Seeberger, Chem. Rec. 2014, 14, 410–418.</li><li>
15 S. Vukelić, D. B. Ushakov, K. Gilmore, B. Koksch, P. H. Seeberger, European J. Org. Chem. 2015, 2015, 3036–3039.</li><li>
16 D. B. Ushakov , M. B. Plutschack , K. Gilmore, P. H. Seeberger , Oxygen. Chem. – A Eur. J. 2015, 21, 6528–6534.</li><li>
17 V. Augugliaro, G. Camera-Roda, V. Loddo et al., Appl. Catal. B Environ. 2012, 111–112, 555–561.</li><li>
18 A. Di Paola, M. Bellardita, B. Megna, F. Parrino, L. Palmisano, Catal. Today 2015, 252, 195–200.</li><li>
19 G. Camera-Roda, V. Augugliaro, A. Cardillo et al., Chem. Eng. J. 2013, 224, 136–143.</li><li>
20 J. W. Ager, M. Shaner, K. Walczak, I. D. Sharp, S. Ardo, Energy Environ. Sci. 2015, 2, 1–3.</li><li>
21 L. Jingshan, I. Jeong-Hyeok,M. Mayer et al., Science. 2014, 345, 1593–1596.</li><li>
22 K. Sivula, J. Phys. Chem. Lett. 2015, 6, 975–976.</li><li>
23 E. Verlage, S. Hu, R. Liu et al., Energy Environ. Sci. 2015, 8, 3166–3172.</li><li>
24 D. M. Fabian, S. Hu, N. Singh et al., Energy Environ. Sci. 2015, 8, 2825–2850.</li><li>
25 C. Pan, T. Takata, M. Nakabayashi et al., Angew. Chemie Int. Ed. 2015, 54, 2955–2959.</li><li>
26 O. K. Varghese, M. Paulose, T. J. Latempa, C. A. Grimes, Nano Lett. 2009, 9, 731–737.</li><li>
27 G. Centi, S. Perathoner, Green Carbon Dioxide 2014, 1–24.</li><li>
28 M. Schreier, P. Gao, M. T. Mayer et al., Energy Environ. Sci. 2015, 8, 855–861.</li></ul>

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