Industrie & Technik

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Eine Methode auf dem LCMS-8060 Shimadzu erfasst 23 Mykotoxine. Als Beispiel werden Säuglingsmilchpulver, Mehl, Reis oder Tapioka mit Lösemitteln unter Schütteln extrahiert.1) Nach dem Zentrifugieren wird der Überstand mit Wasser verdünnt und die Lösung mit einer spezifischen SPE-Kartusche (Isolute Myco, Biotage, Schweden) gereinigt. Die Wiederfindungen liegen beispielsweise bei den Aflatoxinen zwischen 101 und 118 %. Bei der Bestimmung der Wiederfindung wurde das Probenmaterial vor der SPE-Aufreinigung gespiked. Die finale Konzentration wurde mit einer Kalibrierung in Lösemittel bestimmt. Hier werden Abweichung aus der Kalibration und Matrixeffekt berücksichtigt.Die Quantifizierung aller Mykotoxine in einem Lauf mit LC-MS/MS stellt Anwender vor Schwierigkeiten: Fumonisine haften an Stahloberflächen der LC und verursachen Verschleppungen von bis zu 7 %.2) Diese lassen sich durch Trennsäulen minimieren, die von innen mit PEEK beschichtet sind (GLC Mastro). Die Verschleppungen sinken auf 0,06 %, wenn zudem die Nadelinnenseite und der Injektionsport mit Citrat gespült werden. Citrationen scheinen Metallionen auf diesen Metalloberflächen zu maskieren, sodass diese Bindungsstellen für Carboxylgruppen der Fumonisine nicht mehr zur Verfügung stehen.Das Spülprogramm des Autosamplers SIL-30A von Shimadzu sieht externe wie interne Spülung der Nadel vor. Zwei Lösungen können angeschlossen werden und unabhängig voneinander die Nadelinnenseite spülen. Eine dritte steht für die externe Nadelspülung zur Verfügung und eine vierte für die externe Nadelspülung unter hohem Fluss. Auch der Injektionsport kann gespült werden, ohne die Analysenzeit zu verlängern; die Spülprogramme laufen während der Chromatographie.<h2>Getrennte Peaks</h2>Eine weitere Schwierigkeit ist, die isobaren 15-Acetyldeoxynivalenol und 3-Acetyldeoxynivalenol zu unterscheiden. Auf konventionellen C18-Säulen koeluieren sie und werden im Massenspektrometer zu den gleichen Produkt-Ionen fragmentiert. Eine Unterscheidung ist zwar über die unterschiedlichen Intensitätsverhältnisse zwischen Precursor- und Produkt-Ionen möglich, durch die Koelution aber unsicher. Dies ist vermeidbar, wenn beide Isomere mit einer PEEK-ummantelten PFP-Säule getrennt werden (Abbildung, S. 876).<figure><img src="https://media.graphcms.com/9wo9H3JlR5CXAcbfdjY2"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Mais gespiked mit 100 µg·kg–1 je Mykotoxin. Nivalenol (NIV), Deoxynivalenol (DON), Fusarenon-X (FUX), 15-Acetyldeoxynivalenol (15-ADON), 3-Acetyldeoxynivalenol (3-ADON), Neosolaniol (NEO), Diacetoxy-scirpenol (DAS), Zearalenon (ZEN), α/β-Zearalanol (α/β-ZAL), α/β-Zearalenol (a/b-ZEL), Fumonisin B1/B2/B3 (FB1/ FB2/FB3), HT-2-toxin (HT-2), T2-toxin (T-2). Die Methode eignet sich auch für die Aflatoxine M1, G1, G2, B1 und B2 sowie für Ochratoxin A, in Mais wurden sie aber nicht bestimmt. Die kalibrierten Bereiche liegen zwischen 0,0125 und 1000 ng·mL–1. Die relativen Standardabweichungen der Peakflächen liegen zwischen 0,24 und 3,94 %, α-Zearalanol 8,14 % (n=3, 100 ng·mL–1). Tabelle mit dem Methodenparametern unter <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.nachrichtenausderchemie.de" target="_blank">www.nachrichtenausderchemie.de</a></ext-link> unter Downloads.</figcaption></figure>
Peaks wie die von Fusarenon-X und Neosolaniol überlappen. Wird Neosolaniol im ESI-positiv-Modus detektiert, so benötigt die Detektion von Fusarenon-X den ESI-negativ-Modus. Bei langsamen Polaritätswechseln ist eine Injektion pro Polarität erforderlich, um genügend Datenpunkte pro Peak und eine gute Datenqualität zu erhalten. Beim LCMS-8060 wechselt die Polarität bis zur Signalkonstanz in fünf Millisekunden, sodass alle Mykotoxine in einem Lauf detektiert werden.<h2>Leichte bis starke Kontaminationen</h2>Die Aflatoxingehalte in den Proben können sich deutlich unterscheiden. Für eine Bestimmung ober- und unterhalb der Höchstgehalte und Quantifizierung über bis zu 4,5 Zehnerpotenzen dient der lineare Bereich des LCMS-8060. Das untere Kalibrierlevel liegt bei 62,5 Femtogramm on-column. Bei der Bestimmung in Mais liegen die relativen Standardabweichungen der Peakflächen je nach Mykotoxin zwischen 0,21 und 8,14 %.Acht Mykotoxine lassen sich mit überkritischem CO2 als Löse- und Laufmittel bestimmen. Dazu wird die verwendete (U)HPLC zu einem SFC-System erweitert, das über die Chromatographie mit superkritischem Kohlendioxid und Zugabe von Modifiern über einen weiten Polaritätsbereich trennt.Die Kopplung mit dem LCMS-8060 erfolgt nach der Säule und einem totvolumenarmen Rückdruckregulator (0,7 µL). Wenn das Kohlendioxid verdampft, wird die Probe konzentriert. Bei der SFC lässt sich die Polarität des überkritischen Kohlendioxids durch Zugabe von organischem Lösemittel anpassen. Wird kein Lösemittel zugesetzt, ist die Ionisierung mit Elektrospray möglicherweise nicht stabil. In dem Fall wird das Lösemittel vor dem MS zugegeben. Dieses Lösemittel kann mit Additiven wie Ammoniumacetat versetzt werden, um beispielsweise die Detektion als Acetataddukt zu ermöglichen.Mit Kohlendioxid als mobiler Phase lässt sich die LC online mit der SFE koppeln. Dies eignet sich besonders für oxidationsempfindliche Substanzen und erlaubt die Extraktion von jeder in Methanol oder weniger polarem Lösemittel löslichen Verbindung. Zerkleinert und vermischt mit einem Wasseradsorbens wird die Probe in ein Extraktionsgefäß gefüllt. Ab hier laufen Extraktion, Chromatographie und Detektion vollautomatisch.<h2>Fetthaltige Matrices</h2>Bei der Bestimmung von Mykotoxinen in fetthaltigen Matrices wie Erdnussbutter mit LC-MS/MS mit der Nexera UC muss das Fett in der Probenvorbereitung nicht mehr entfernt werden: Acht Mykotoxine wurden nach Zugabe des Adsorbens online extrahiert und quantifiziert.3,4) Die mit der SFE extrahierte Probenmatrix wird über den Gradienten von den Analyten abgetrennt, sodass Ionensuppression minimiert wird. Optional kann der SFE-Extrakt vor der analytischen Säule gesplittet werden, um einer Kontamination des MS-Detektors vorzubeugen.Gekoppelt mit dem LCMS-8060 werden Sensitivitäten erreicht, die eine Quantifizierung im Bereich der Höchstgehalte erlauben. Verbindungen, die sich nicht für ESI oder APCI eignen, können in Fraktionen gesammelt und separat mit GC oder GC-MS analysiert werden.Jan Stenzler studierte Lebensmittelchemie in Bonn und Wuppertal. Nach der berufspraktischen Ausbildung für das 2. Staatsexamen Lebensmittelchemie beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW ist er seit dem Jahr 2013 Applikationsspezialist für LCMS bei Shimadzu Deutschland. <a href="mailto:info@shimadzu.de">info@shimadzu.de</a>
<ul><h2>Literatur</h2><li>
1 S. Moreau, M. Levi, Shimadzu Poster MP 345, 62nd ASMS Conference on Mass Spectrometry and Allied Topics, 15.–19. Juni 2014, Baltimore, MD, USA: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.shimadzu.com/an/journal/selection/" target="_blank">www.shimadzu.com/an/journal/selection/</a> selection2–4_01.pdf</ext-link></li><li>
2 K. Matsumoto, J. Watanabe, M. Naoki, Shimadzu Poster, WP 232, 64th ASMS Conference on Mass Spectrometry and Allied Topics, 5.–9. Juni 2016, San Antonio, TX, USA, erhältlich über info@ <a href="https://shimadzu.de" target="_blank">shimadzu.de</a>.</li><li>
3 G.Schad, T. Ogura, The Column, 2016, 3, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.chromatographyonline.com/extraction-and-quantification-mycotoxins-peanut-butter-using-sfe-sfc-ms" target="_blank">www.chromatographyonline.com/extraction-and-quantification-mycotoxins-peanut-butter-using-sfe-sfc-ms</a></ext-link></li><li>
4 K. Tanaka, W. Hedgepeth, T. Ogura, Shimadzu Poster TP 235, 64th ASMS Conference on Mass Spectrometry and Allied Topics, 5.–9. Juni 2016, San Antonio, TX, USA, erhältlich über <a href="mailto:info@shimadzu.de">info@shimadzu.de</a></li></ul>

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Mehrere Schimmelpilzgifte mit einer Methode

undefined Eine Methode auf dem LCMS-8060 Shimadzu erfasst 23 Mykotoxine. Als Beispiel werden Säuglingsmilchpulver, Mehl, Reis oder Tapioka mit Lösemitteln unter Schütteln extrahiert.1) Nach dem Zentrifugieren wird der Überstand mit Wasser verdünnt und die Lösung mit einer spezifischen SPE-Kartusc...

Bildung & Gesellschaft

Die Idee zu einem Max-Planck-Institut für Musikforschung in den 1960er Jahren war ungewöhnlich. Zu den Unterstützern und Förderern zählten Chemiker.
Regine ZottHamburg, 1964: Auf der 15. Hauptversammlung der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) entspinnt sich während eines Tischgesprächs eine Debatte zwischen Chemikern und Physikern über das Musikleben in Deutschland. Man beklagt fehlende Möglichkeiten für gemeinsame Forschung von Wissenschaftlern und Musikern, die konservative Zurückhaltung des Musikpublikums gegenüber der Neuen Musik sowie unzureichende Chancen für erweiterte Studien von Musikabsolventen. Das Gespräch gipfelt in der Idee, ein Musikinstitut im Rahmen der Max-Planck-Gesellschaft zu gründen, eine Art „Bauhaus“.<h2>Ein illustres Gremium</h2>Die Idee zur Gründung eines Musikinstituts der MPG schien ein absurder Einfall zu sein, da die MPG damals vorzugsweise naturwissenschaftliche, technische und medizinische Forschung förderte. In den Jahren zuvor hatte sie allerdings zunehmend auch geisteswissenschaftliche Institutionen bewilligt.Nachdem die Idee in der Welt war, formierte sich jedoch schnell ein Kreis von Musikfreunden aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen und künstlerischen Berufen, der dann fast zehn Jahre lang an einem Konzept für das Institut feilte. Promotor der Idee war Manfred Eigen (Jahrgang 1927). Er kam selbst aus einer Musikerfamilie und wollte ursprünglich Pianist werden, ehe er Biophysikochemiker wurde. Ihm zur Seite standen der Immunologe Otto Westphal (1913–2004), der Anorganiker Carl Wurster (1900–1974), der pianistisch versierte Physiker Werner Heisenberg (1901–1976), der Akustiker Erich Thienhaus (1909–1968), der Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker (1912–2007), der Biophysikochemiker Manfred Kahlweit (1928–2012), der Zoologe Konrad Lorenz (1903–1989) und weitere.Als Nichtnaturwissenschaftler wirkten in dem Arbeitszirkel von Anfang an mit: der Philosoph Georg Picht (1913–1982), die Musikpädagogin Edith Picht-Axenfeld (1914–2001), der Jurist Konrad Zweigert (1911–1996), der Historiker Rudolf Vierhaus (1922–2011) und der Philosoph Theodor Adorno (1903–1969).Aus der Musikwelt engagierten sich der Geiger Yehudi Menuhin (1916–1999), der Komponist und Dirigent Pierre Boulez (1925–2015, er war im Gespräch für die Leitung des Instituts), der Komponist und Musikmäzen Paul Sacher (1906– 1999), der Flötist Aurèle Nicolet (1926–2016) sowie weitere Musikologen, Musikpädagogen, Historiker und Komponisten.<h2>Nicht nur Idealisten</h2>Über die jahrelangen und spannungsgeladenen Debatten zum Institutsplan geben die Protokolle in der Akte „Musikinstitut“ Auskunft. Sie befinden sich im Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft und wurden im Jahr 2015 publiziert. Insbesondere ging es um die Ausrichtung des Instituts. Gestritten wurde über die folgenden Punkte:Erstens wurde – vor allem – das Verhältnis von Wissenschaft zu Musik und Kunst erörtert sowie zu definieren versucht: Was ist Wissenschaft, was ist Musik?Zweitens ging es um die Leitung der multidisziplinären Kooperation und um die Kommunikation: Nach welchem Gesamtplan sollten beispielsweise Wissenschaftler und ausübende Musiker zusammenarbeiten? Wer sollte die Aufgaben – und welche waren das überhaupt – koordinieren? Wie sollte die Institutsarbeit inhaltlich organisiert werden, und wie würde das Direktorium zusammengesetzt sein?Drittens sollten Fragen der Nachhaltigkeit von Wissenschaft und Musik (Kunst) im gesellschaftlichen Umfeld debattiert werden.Diese Fragen zeigten, dass es sich um Neuland, um Bereiche künftiger Grundlagenforschung handeln würde. Die planerische Konkretisierung sei jedoch erst im Verlauf ihrer Untersuchungen zu realisieren – hierauf wies wiederholt Carl Wurster hin. Ein erstes Aufgabenprogramm plante<list list-type="simple"><list-item></list-item></list>Experimente mit Komposition, Interpretation und kammermusikalischer Stilistik,<list-item>die Entwicklung einer adäquaten Notenschrift (Symbolik) speziell für die Neue Musik,</list-item><list-item>Bau und Einsatz elektronischer Instrumente, Forschungen zu Akustik und Klangerzeugung,</list-item><list-item>Öffentlichkeitsausstrahlung von Wissenschaft und Musik.</list-item>Ergänzend kamen Zuarbeiten aus den Reihen der Initiatoren: Weitere Vorschläge wollten soziologische, hörphysiologische, historisch-ästhetische Forschungen und andere Bereiche einbeziehen. Konrad Lorenz konzipierte Studien zum Apparat der Gestaltwahrnehmung und Pierre Boulez ein Zentrum für Zusammenhänge von Akustik und Architektur sowie Valentin von Braitenberg (1926–2011) kybernetische Untersuchungen. Ein riesiges Arsenal interessanter Probleme drohte die Diskutanten zu überrollen.Es könnte verwundern, wo und wie in den konzeptionellen Überlegungen denn nun musikologische und wo spezifisch chemisch-physikalische Forschungsarbeit angesiedelt und dokumentiert sein könnten. Doch um detaillierte Themendiskussionen konnte es bei dem Projekt gar nicht gehen. Die fachspezifischen Forschungen erfolgten generell in den speziellen Instituten, denen die Wissenschaftler fast alle als Direktoren vorstanden. Musikforschung erfolgte in literarisch, historisch oder philosophisch ambitionierten Einrichtungen, weniger jedoch in den Musikhochschulen, denen vor allem die Lehre in Theorie und Praxis oblag. In dem für die MPG geplanten Institut wollten sich Chemiker, Physiker und Biologen mit Musikern, Musikpädagogen und Philosophen zur Realisierung fachübergreifenden Denkens zusammenfinden und gemeinsam Fragen zu Komposition, Interpretation, des Hörens und Verstehens erforschen.<h2>Fortgang – und Ende</h2>Im März 1967 legte Paul Sacher dem MPG-Präsidenten Adolf Butenandt ein auf knappe fünf Seiten gefasstes „Memorandum zur Errichtung eines Instituts für Musik“ vor. Es war unterschrieben von Manfred Eigen, dem Komponisten Wolfgang Fortner, Werner Heisenberg, Aurèle Nicolet, Carl Friedrich von Weizsäcker, Otto Westphal, Georg Picht sowie anderen aus dem Gremium. Als weitere Befürworter waren in dem Memorandum genannt: Pierre Boulez, der Sänger Dietrich Fischer-Dieskau, der Pianist Rudolf Serkin und Yehudi Menuhin.Das Memorandum stieß beim Präsidenten Butenandt und dessen Beratern auf Interesse. Sie forderten jedoch tiefere inhaltliche Präzisierung und konkret erkennbare Projekte – und gaben den Vorschlag zur Überarbeitung zurück. Für die Befürworter des Projekts war dies eine Enttäuschung. Auch die überarbeitete zweite Denkschrift wurde präsidial zurückgewiesen: ein Debakel für den Unterstützerkreis.In intersektionell zusammengesetzten Beraterkreisen ging das Bemühen um ein Max-Planck-Institut (MPI) für Musikforschung dennoch weiter – auch ein Symposium wurde konzipiert und bereits vorbereitet, fand aber letztlich nicht statt.Eine positiver Ausgang des Projekts schien nicht in Sicht; im Jahr 1974 wurde das Vorhaben eingestellt. Verschiedentlich war eindringlich beklagt worden, dass man einen Institutsplan nicht immer und immer wieder prüfen lassen könne, nur, weil es noch keine Fachleute für das zu erforschende Fachgebiet gäbe.<h2>Warum scheiterte das Projekt?</h2>Es überrascht, dass das Projekt MPI für Musikforschung trotz der prominenten Befürworter nicht realisiert wurde. Die Vorbehalte gegen die als zu unkonkret bewertete Konzeption können aber wohl dadurch zustande gekommen sein, dass geisteswissenschaftliche Anträge ganz allgemein oft weniger exakt formuliert erscheinen als naturwissenschaftliche. Manfred Eigen schob das Scheitern der Planungen retrospektiv allerdings sowohl auf fehlende Risikobereitschaft als auch auf fehlende finanzielle Unterstützung.Finanzielle Gründe spielten für das Scheitern des Plans durchaus eine Rolle, da zu Beginn der Gründungsdebatte gerade die allgemeine Konjunktur in der Bundesrepublik Deutschland nachgelassen hatte und sich eine Trendwende erst zu Beginn der 1970er Jahre andeutete.Jedoch finden sich die eigentlichen Gründe für das Scheitern des Projekts vor allem in den Vorbehalten bezüglich der Wissenschaftlichkeit des zu gründenden Instituts und der strittigen Definitionen:Westphal monierte das Ignorieren des Hauptanliegens. Es gäbe nur Konzeptionen „um die Musik herum“, wie er an Eigen schrieb, und Picht meinte, man müsse zunächst einen Begriff davon haben, was Musik nicht nur historisch gewesen sei, sondern auch in Zukunft sein könne.Heisenberg provozierte mit der Frage, ob Musik in höherem Grade Wissenschaft sei als andere Künste. Und Eigen machte in einer emotional bereits aufgeheizten Debatte eine weitreichende Bemerkung, als er sagte, „wenn Wissenschaft der Wissenschaft gemacht werde, dann auch Wissenschaft der Kunst“ – er kannte die seinerzeit aktuellen Debatten um ein Selbstverständnis von Wissenschaft, um die Herausbildung der „science of science“.Die Diskussionen offenbarten eine Vielfalt möglicher theoretischer und praktischer Ansätze. Darunter wogen die physikalisch-technischen Vorschläge für die Profilierung des Instituts schwer. Der Akustiker Thienhaus stellte dafür als Leitmotiv die Wechselbeziehungen von physikalischer Technik und Musikforschung heraus: Klangforschung sollte zur Keimzelle werden, woraus ein sich selbst regulierendes Gebilde mit ganzheitlicher Struktur entstehen würde. Allerdings warnte Heisenberg, dass die elektronische Klangerzeugung nicht als ein non plus ultra die Musik bereichere, sondern es gelte umgekehrt, auf Grund „starker Ausdrucksinhalte“ aus dem gesamten Lebensgefühl heraus neue musikalische Ausdrucksformen zu finden.Am deutlichsten artikulierte der Avantgardist Boulez seine Pläne, der die Möglichkeiten des Computers für Komposition und Akustik prüfen wollte. Picht und Picht-Axenfeld rühmten Boulez als den „Manfred Eigen der Musik“, denn er fasse Komposition, Erzeugung, Vermittlung und Hören von Klanggebilden in architektonischen Räumen als Einheit auf. Doch gerade an seiner Persönlichkeit entzündeten sich wohl die meisten Debatten um Konzept und Leitung des neuen Instituts. Am heftigsten und letztlich unversöhnlich traten diese in von Braitenbergs kritischer Haltung gegenüber Boulez hervor.Als sich abzeichnete, dass das Institut für Musikforschung in Deutschland in absehbarer Zeit nicht realisiert würde, übernahm Boulez in Paris das Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique (eröffnet 1977), das bis heute existiert und das er bis ins Jahr 1992 leitete.<h2>Im Rückblick</h2>Zum Hintergrund der Debatten um das Projekt MPI für Musikforschung ist zu bedenken, dass das geplante Institut als eine multidisziplinäre Einrichtung sowohl von Natur- als auch Geisteswissenschaften vorgesehen war. In den damaligen Reformjahren der MPG sollte das seit Jahrzehnten praktizierte Harnack-Prinzip „ein Forscher, nicht ein Thema – ein Institut“ zurückgedrängt und dafür künftig mehr geisteswissenschaftlich-neuartige Forschung gefördert werden. Genau dies hätte eigentlich eine günstige Konstellation ergeben können – jedoch erschien den Gutachtern die Forschungsplanung des Musikinstituts nicht plausibel und präzise genug.Interessanterweise verlief dagegen die zeitlich parallel betriebene Gründung eines „Instituts zwecks Untersuchung synthetischer Forschungstätigkeit“ erfolgreicher. Im Jahr 1970 wurde es als „Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt“ gegründet; Leiter wurde Carl Friedrich von Weizsäcker, der das Musikinstitut ebenfalls nachdrücklich befürwortet hatte. Dennoch standen sich die beiden Projekte gegenseitig im Weg. Das MPI zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt war ebenfalls interdisziplinär strukturiert und auch auf vorwiegend geisteswissenschaftliche Grundlagenforschung orientiert. Im Unterschied zum Musikinstitut hatten die Befürworter aber bereits Vorstudien und planerischen Vorlauf darlegen können.Die Dokumentation des Plans für ein MPG-Musikinstitut zeigt einmal mehr, wie nötig es ist, gerade auch anhand gescheiterter Projekte Denkmöglichkeiten und Alternativen auf die Spur zu kommen.Das weitgehend unbekannte Kapitel aus der Geschichte der MPG zur Gründung eines Musikinstituts hat die Wissenschaftshistorikerin Regine Zott als Herausgeberin in einem Buch dokumentiert: „Klangvoller Auftakt – stilles Finale. Ein Institut für Musik im Rahmen der Max-Planck-Gesellschaft. Die Geschichte einer Idee in den Jahren 1964–1972“. Es erschien im Jahr 2015 im Wissenschaftsverlag Berlin, 407 Seiten, ISBN 978–3–86573–849–3.<figure><img src="https://media.graphcms.com/ON5ee0IjTyC64vpsSFhK"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Manfred Eigen. Der Physikochemiker und Nobelpreisträger war einer der Befürworter eines Musikinstituts der Max-Planck-Gesellschaft. <named-content>Foto: P. Blachian / Archiv zur Geschichte der MPG</named-content></figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphcms.com/khQ75udQmqwSa2IwMYen"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Pierre Boulez. Der Komponist und Dirigent war im Gespräch als Direktor für das geplante MPG-Musikinstitut.</figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphcms.com/rTRG5AipTX6IcoK0ml84"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Brief an den Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft aus dem Jahr 1967. Trotz namhafter Unterstützung blieb das Musikinstitut unverwirklicht.</figcaption></figure>

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