Blickpunkt

Dipl.-Chem.

Ein kleiner unaussprechlicher Vulkan auf Island hat uns vor Augen geführt, wie abhängig wir von einer funktionierenden Infrastruktur sind. Die Sorge um die Infrastruktur steht deshalb in Industriekreisen bei der Diskussion um Chancen und Risiken des Klimawandels im Vordergrund.1 Ein Risikomanager ermittelt und bewertet die Abhängigkeiten seines Unternehmens von solchen oder ähnlichen Störfaktoren. Sein Vorgehen muss sich dabei der Notwendigkeit angepasst steigern: von der einzelnen Produktionsanlage über das Werk zum Standort wie einem Chemiepark2 bis hin zum vernetzten Verbund weltweiter Zulieferer- und Abnehmerketten.


<h2>Das Risiko berechnen</h2>
Risiken aus Naturgefahren für einen Standort ermittelt das Versicherungsunternehmen Köln Assekuranz für jeden Punkt der Erde. Eine Datenbank aus Wetterstationen, digitalen Höhenmodellen, Erdbebenkatalogen und Schadenerfahrungen ergeben die Grundlage für ein Programm.3 Es analysiert Einzelrisiken wie Hagel oder Tsunamis (siehe Tabelle). Das “relative Risiko” bedeutet dabei den prozentualen Anteil am Wert der Anlage oder der Ware, den das Unternehmen im langjährigen statistischen Mittel pro Jahr durch ein entsprechendes Schadenereignis verlöre. Anhand einer solchen statistischen Größe lassen sich finanzielle Rückstellungen und das zu versichernde Risiko bemessen.
Schwieriger gestaltet sich die Untersuchung der Infrastruktur. Die Abhängigkeit der Produktionsstätten untereinander kennt nur der Betreiber selbst. Wer produziert welche Vorstufen wo, und auf welchem Weg kommen sie ins Werk — welche Produkte gehen über welche Wege zu welchen Empfängern? Mit vertretbarem Aufwand lassen sich schon vom grünen Tisch aus Risikobrennpunkte aufspüren.


<h2>Liefert die Bahn die Rohstoffe?</h2>
Die Lage eines an einem Fluss gelegenen Produktionsstandorts führt zu einem hohen Unterbrechungsrisiko (Abbildungen). Mag der Standort selbst zwar durch Deiche gegen Überflutungen weitgehend geschützt sein, so werden ab einem bestimmten Wasserstand die Straßen und Eisenbahnlinien am Ufer blockiert, und man muss damit rechnen, dass auch die Binnenschifffahrt dann ihren Betrieb einstellt. Zusätzlich liegt das Kraftwerk im selben Flusstal wie die Fabrik und kann ebenso ausfallen.
Im Ernstfall fehlen dem Betrieb Rohstoffe, Transportkapazitäten für Fertigprodukte, die Energieversorgung und nicht zuletzt die Mitarbeiter, die aus den umliegenden Siedlungen nicht mehr zur Arbeitsstelle durchkommen.
Stößt man auf ein solches Beispiel, folgt im nächsten Schritt eine Recherche zu historischen Wasserständen. Amtliche Pegelstände sind die zuverlässigsten Quellen, aber auch Zeitungsarchive geben Hinweise. In diesem Fall stießen wir auf historisch belegte Wasserstände, die, modelliert auf die Topographie, etwa das Querschnittbild in Abbildung 2 ergeben. Es zeigt sich, wie weit der Standort bei Hochwasser überflutet sein kann.
Mit der Summe dieser Informationen kann der Risikomanager des Unternehmens planen, an welcher Betriebsstätte er die Ressourcen einsetzt. Im folgenden Schritt führt er Untersuchungen vor Ort durch, die einen wesentlich höheren Aufwand an Zeit und Finanzmitteln erfordern. Investitionen in Schutzeinrichtungen oder sogar die Einrichtung redundanter Warenströme über ein weiteres Zulieferwerk können dann auf Grund solider Erkenntnisse getätigt und insgesamt wirtschaftlicher ausgelegt werden.
Hans-Leo Paus, promovierter Geologe, und Jochen Hackstein, Chemiker und Wirtschaftsingenieur für Seeverkehr, sind Angestellte der KA Köln Assekuranz Agentur, einem Unternehmen von Munich Re Risk <a href="mailto:Solutions.jochen.hackstein@koeln-assekuranz.com">Solutions.jochen.hackstein@koeln-assekuranz.com</a>


— — — Thomas Seuß beantwortet Fragen zum Patentrecht


<h2>Abgemahnt durch den Arbeitnehmer</h2>
Thomas Seuß Patentanwalt
Frage 49: Als Arbeitgeber habe ich eine Nachfrage zur Frage 48 [Nachr. Chem. 2011, 59, 144]: Könnte ein Arbeitnehmer, dem ich eine Erfindung freigegeben habe, mich an der weiteren Verwertung der Erfindung hindern? Wenn ja: Wie könnte ich das verhindern, so dass ich die “freedom to operate” behalte?
Antwort: Da Ihre Frage aus dem Ausland kommt, muss ich zunächst klarstellen, dass ich hier (wie auch in Frage 48) nur auf das deutsche Arbeitnehmererfinderrecht eingehen kann. In Deutschland ist es in der Tat so, dass grundsätzlich der Arbeitnehmer, dem eine Erfindung freigegeben wurde, frei ist, diese Erfindung zu verwerten. Dies schließt auch die Möglichkeit ein, die Erfindung oder darauf angemeldete oder erteilte Patente an einen Konkurrenten des Arbeitgebers zu verkaufen. Dieser Konkurrent könnte tatsächlich die Unterlassung während der Laufzeit eines Patentes von Ihnen verlangen. Bezüglich des Arbeitnehmers selber besteht natürlich noch ein arbeitsrechtliches Treueverhältnis, so dass die Unterlassungsklage durch den Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber wohl zumindest problematisch wäre. Diese Problematik würde aber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfallen. Aus diesem Grunde ist es für ein Unternehmen schon wichtig, gut zu überlegen, welche Erfindungen freigegeben werden können. Nur wer sicher ist, dass die Erfindung tatsächlich nicht oder nicht mehr im Unternehmen benutzt wird, sollte eine Erfindung freigeben.
Anders ist der Fall, wenn eine bereits zum Patent angemeldete Erfindung aufgegeben wird. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer zwar die Möglichkeit, die Übertragung des Schutzrechtes auf sich zu verlangen und ist danach in der weiteren Verwertung frei — allerdings kann sich der Arbeitgeber ein Recht auf Weiterbenutzung der Erfindung gegen entsprechendes Entgelt vorbehalten. Dieser Benutzungsvorbehalt schränkt — gesetzlich gewollt — die Verwertungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers ein. Nach erfolgter Anmeldung ist daher eine Weiterbenutzungsmöglichkeit des Arbeitgebers gewährt, sofern dieser Vorbehalt bei der Freigabe gemacht wurde.
Natürlich können Sie auch eine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende vertragliche Regelung mit Ihrem Arbeitnehmer treffen. Das Arbeitnehmererfindergesetz lässt diese Möglichkeit ausdrücklich zu. Es stellt allerdings auch strenge Anforderungen daran, dass der Arbeitnehmer bei einer solchen Regelung nicht “unbillig” benachteiligt wird. Eine derartige unbillige Benachteiligung des Arbeitnehmers wäre sicherlich darin zu sehen, wenn Sie sich ein späteres Nutzungsrecht ohne (oder gegen geringe) Vergütung vorbehalten würden. Nur bei angemessener Vergütung wäre der Einwand der Unbilligkeit wohl unbegründet.
Die einfachste und preiswerteste Lösung ist manchmal die Anmeldung eines Patentes, selbst wenn Zweifel daran bestehen, dass die Erfindung jemals verwertet wird.
Fragen für Thomas Seuß an: <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>. Telefonische Beratung über <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.gdch.de/ks/service/rechtsberatung/patent" target="_blank">www.gdch.de/ks/service/rechtsberatung/patent</a></ext-link> recht.htm. Alle Beiträge dieser Serie in MyGDCh und: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://va.gdch.de/spez_" target="_blank">http://va.gdch.de/spez_</a> angebote/my_recht/patentrecht.asp</ext-link>



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1 

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.anpassung.net/nn_701048/DE/" target="_blank">www.anpassung.net/nn_701048/DE/</a> Anpassungsstrategie/Veranstaltungen/Dialoge_20zur_20Klimaanpassung/ 1001-Chemische_20Industrie/ Dialog_20Chemische_20Industrie.html</ext-link>.
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2 


Genserik L.L. Reniers, 
<source>Multi-Plant Safety and Security Management in the Chemical and Process Industries, <publisher-name>Wiley-VCH Verlag</publisher-name>, 2010.

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3 

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.noaa.com" target="_blank">www.noaa.com</a></ext-link>, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.dwd.de" target="_blank">www.dwd.de</a></ext-link>, MunichRe, NASA, United States Geological Survey (USGS).
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Artikel

Naturgefahren und Infrastruktur

Ein kleiner unaussprechlicher Vulkan auf Island hat uns vor Augen geführt, wie abhängig wir von einer funktionierenden Infrastruktur sind. Die Sorge um die Infrastruktur steht deshalb in Industriekreisen bei der Diskussion um Chancen und Risiken des Klimawandels im Vordergrund.1 Ein Risikomanager...

Neben stark parallelisierten direkten Hochdurchsatzverfahren spielt die — naturgemäß zeitintensivere — chromatographische Vereinzelung von Zielmolekülen seit jeher eine bedeutende Rolle im Forschungs- und Routineinstrumentarium der klinischen Chemie. Vor allem die Fortschritte in der endokrinologischen Diagnostik, in der Pharmakologie von Arzneistoffen und bei forensisch-toxikologischen Fragen sind ohne die modernen instrumentellen Trenn- und Detektionstechniken undenkbar.


<h2>Die Technik der LC-MS/MS-Kopplung</h2>
Unter Tandemmassenspektrometern (MS/MS) versteht man all jene Instrumente, bei denen die in einer Ionenquelle gebildeten Analyt-ionen vor der abschließenden Detektion in zwei räumlich oder zeitlich aufeinander folgenden Selektionsschritten (Massenanalysatoren) von anderen Ionen getrennt werden. Durch Kollisionen mit einem zugeführten Inertgas (z. B. Argon oder Stickstoff) zwischen den Massenselektionsschritten zerfallen die primär selektierten Ionen in leichtere, spezifische Bruchstücke. Diese filtert ein zweiter Selektionsschritt heraus. Dieses Experiment, bekannt unter selected reaction monitoring (SRM), ist die Grundlage fast aller quantitativen MS/MS-Analysen (Abbildung 1).
Als Massenselektoren dienen in der MS/MS Quadrupole (Triple-Quadrupol-Instrumente), Flugrohre (ToF-Instrumente), Ionenfallen oder deren Kombinationen; ihre Auswahl erfolgt nach dem Einsatzgebiet. Die Kombination orthogonaler Auswahlprinzipien — der Ionenselektion einerseits und der Analytfragmentierung andererseits — bewirkt die außerordentlich hohe Selektivität und Spezifität der Tandem-MS.
Da elektronische Bauteile rascher zu schalten sind, als chromatographische Peaks eluieren, detektiert die MS/MS im Gegensatz zu anderen LC-Detektoren quasi zeitgleich mehrere Analyten in analytspezifischen SRM-Experimenten. Die Kopplung zur LC erfolgt über ein Interface (API, atmospheric pressure ionization), in dem in einem Sprühverfahren aus der LC-Lösung ionisierte Teilchen in der Gasphase entstehen, die in das MS/MS-Gerät eingebracht werden. Am häufigsten wird hier die Elektrospray-Ionisierung (ESI) verwendet.1


<h2>Grenzen der LC-MS/MS</h2>
Wie jede analytische Methode hat die LC-MS/MS-Kopplung ihre Grenzen. Die Einschränkungen der Flüssigchromatographie sind, dass das Standardverfahren der Umkehrphasen-LC einerseits ein Mindestmaß an Lipophilie der Analyten voraussetzt und dass das Verfahren andererseits ubiquitäre Matrixbestandteile wie Phospholipide, die außerordentlich apolar sind, lange zurückhält. Dies kann zu Problemen in nachfolgenden Analysen führen. Daneben verursachen vor allem die Kopplung zum Massenspektrometer und der massenspektrometrische Detektor selbst Probleme. Als die “Achillesferse der Massenspektrometrie” — diesen Begriff hat der Australier Paul Taylor in einem Übersichtsartikel2 geprägt — gilt die Ionenunterdrückung (Abbildung 2).
Bei der Ionisierung unter Atmosphärendruck (API), speziell bei der Elektrospray-Ionisierung (ESI), ist die Zahl der Ionen, die pro Zeiteinheit in der Ionenquelle — einer unter Spannung stehenden Stahlkapillare — entstehen, limitiert. Dieser Effekt ist konzentrationsabhängig und in komplexen Matrizes immer präsent. Bei chromatographischer Koelution von Analyten und Matrixbestandteilen, welche die Ionisierung der Analyten verändern (zumeist unterdrücken), ist daher die Analyterfassung gestört. In der Regel lassen sich diese Effekte durch stabil-isotopen-markierte interne Standards ausgleichen. Allerdings ist dies nicht in jedem Fall eine Lösung, da sich die für die Stofftrennung verantwortlichen physikochemischen Eigenschaften markierter Substanzen von denen unmarkierter Substanzen durchaus unterscheiden (Isotopen-Effekt).
Isobare Analyte — also Moleküle mit derselben Summenformel — sind selbst mit höchstauflösenden Selektoren wie den ToF-Elementen in MS/MS-Experimenten nicht zu trennen. Hier ist bei struktureller Ähnlichkeit (z. B. Positionsisomere, geometrische Isomere, Diastereomere) eine saubere chromatographische Trennung vor der MS/MS-Detektion unabdingbar.
Weiters ist die LC-MS/MS-Kopplung ist bei der Wahl der Laufmittel-Additive gegenüber der konventionellen Flüssigchromatographie eingeschränkt: Ausschließlich flüchtige Pufferkomponenten sind einsetzbar; die in der LC häufig angewandte Pufferung der mobilen Phasen mit Phosphatsalzen ist nicht möglich, da diese eine Ionenquelle innerhalb kürzester Zeit verschmutzen und so den Detektor unbrauchbar machen.


<h2>Massenspektrometrie im Routinelabor</h2>
Die massenspektrometrische Detektion kam zuerst als Detektor für die Gaschromatographie in die klinische Routineanalytik. Hier waren speziell endokrinologische und forensisch-toxikologische Fragen Triebkraft der Methodenentwicklung. Über Jahrzehnte hinweg war die GC-MS-Kopplung die einzige routinetaugliche Möglichkeit in der Toxikologie, um Substanzen bei einem Suchverfahren nach unerkannten Drogen und Giften eindeutig nachzuweisen. Die Entwicklung in diesem Fachgebiet ist mit den Namen Karl Pfleger, bis 1991 Professor für Pharmakologie und Toxikologie an der Universität der Saarlandes in Homburg/Saar, und Hans H. Maurer, Pflegers Nachfolger, verbunden. Beide haben die Massenspektrometrie zum analytischen Standard in der klinischen und forensischen Toxikologie entwickelt. Ihre GC-MS-Spektrendatenbank ist heute unverzichtbar für die Bestätigungsanalytik von Vergiftungen und Drogenexpositionen.
Neben der Suche nach Wirkstoffen, Toxinen und deren Metaboliten in biologischen Materialien ist die Quantifizierung solcher Stoffe ein weiteres Standbein der GC-MS-Analytik, wobei diese in einigen Analytgruppen modernsten LC-MS-Methoden zumindest ebenbürtig ist und daher ihren Platz in der Toxikologie weiterhin behaupten wird.3
Als bedeutendster Nachteil der GC-MS in der Routineanalyse gilt die zeit- und materialintensive Probenvorbereitung. Um den Probenkonditionen der GC zu entsprechen, sind die Analyten extraktiv von der Probenmatrix zu trennen und anschließend in der Regel zu derivatisieren. Trotz langjähriger Bemühungen der Industrie, diese Schritte zu automatisieren und so dieses Manko wettzumachen (die Triebfeder zu dieser Entwicklung ist die GC-MS orientierte Metabolomik), haben LC-MS/MS-Methoden die GC-MS teilweise verdrängt. Allerdings haben LC-MS/MS-Methoden die optimistischen Erwartungen an ihre Selektivität, Sensitivität und Genauigkeit sowie an ihre Einfachheit nicht immer erfüllt.
Den ersten großen Durchbruch der Tandem-Massenspektrometrie in der klinischen Routine gab es mit den Methoden, die angeborene Stoffwechselstörungen bei Neugeborenen detektieren. Für dieses Neugeborenen-Screening werden dem Kind in den ersten Lebenstagen wenige Tropfen Fersenblut entnommen und auf einer Filterpapierkarte trocken in ein zentrales Speziallabor geschickt. Dieses arbeitet ein überregional definiertes und in Richtlinien festgehaltenes4 Analyse-Panel ab, um Erkrankungen wie die Phenylketonurie frühzeitig zu erkennen. Um eine möglichst rasche Analytik zu gewährleisten, kommen dabei auch chromatographiefreie Gruppenanalysen zum Einsatz mit speziellen MS/MS-Techniken wie dem neutral loss scan oder dem precursor ion scan.5


<h2>Medikamentenspiegelmessungen mit LC-MS/MS</h2>
Ein weiterer Meilenstein hin zur mittlerweile recht breiten Akzeptanz von LC-MS/MS-Techniken sind Assays zur Medikamentenspiegelmessung immunsupprimierender Medikamente. Immunsuppressiva wie Cyclosporin, Tacrolimus (FK 506), Sirolimus oder Everolimus, die Patienten nach Organtransplantationen lebenslang einnehmen müssen, weisen ein sehr schmales therapeutisches Band auf und sind daher überwachungspflichtig. Patienten verstoffwechseln diese Medikamente individuell sehr unterschiedlich. Hier ist zu gewährleisten, dass jeder Patient zu jeder Zeit ausreichend mit dem Wirkstoff versorgt ist. Eine zu geringe Medikamenten-Exposition führt zu Organschäden, eine übermäßige Versorgung, erhöht die Wahrscheinlichkeit toxischer Nebenwirkungen. Daher sind enge therapeutische Blutspiegel-Zielbereiche definiert (z. B. 3 bis 8 ng·mL—1 bei Everolimus), die durch Adaptation der Medikamentendosis erreicht werden müssen.
Auf Grund der bedeutenden Rolle der Immunsuppressiva-Spiegelmessungen gibt es bereits seit vielen Jahren eine Reihe quantitativer immunologischer Verfahren. Fast allen dieser kommerziellen Assays ist aber gemein, dass Kreuzreaktionen der Detektionsantikörper zu Metaboliten der Medikamente vorliegen. Daher wird der Medikamentenspiegel in der Regel überschätzt — abhängig von der individuellen Stoffwechsellage des Patienten. Die Abweichung kann dabei durchaus zwischen 20 und 60 Prozent liegen, was die korrekte Spiegeleinstellung außerordentlich erschwert (Abbildung 3).
Hier bietet die Massenspektrometrie generell eine Alternative. Als chromatographischer Detektor erlaubt sie die rasche und sichere Analyse der vier genannten Medikamente mit unübertroffener Sensitivität und Spezifität (Abbildung 4).6 Die ersten beschriebenen LC-MS-Installationen griffen noch auf einfache MS-Detektoren und wenig robuste Kopplungseinrichtungen zurück. Im letzten Jahrzehnt hat die Entwicklung der MS/MS-Instrumente zu Messeinrichtungen geführt, die nanomolare Konzentrationen in tagtäglicher Routine rasch, richtig und präzise messen.7,8 Konsequenterweise ist die LC-MS/MS-Analyse in diesem Arbeitsbereich nicht nur Goldstandard, sondern kann immunologische Verfahren vollständig ersetzen.
Chromatographische Bearbeitungszeiten von zwei bis drei Minuten sind typisch, Messungenauigkeiten von weniger als fünf Prozent sind leicht zu erreichen.9 Moderne LC-MS/MS-Plattformen finden sich bereits in den Laboratorien vieler Transplantationszentren. Die Teilnehmerstatistik von Ringversuchen lässt auf 100 bis 150 weltweite Installationen schließen, was je nach Analyt rund 25 bis 55 Prozent aller Ringversuchsteilnehmer entspricht.6
Über die Immunsuppressiva hinausgehend haben sich in den letzen Jahren speziell für Neuroleptika, Antidepressiva, Antipsychotika und Antiepileptika Methoden zur Medikamentenspiegelmessung etabliert. Da für die meisten dieser Medikamente keine immunologischen Messmethoden zur Verfügung stehen, ist der Kliniker hier auf LC-UV/FLD- oder LC-MS/MS-Assays angewiesen. Letztere können mehr Analyten in kürzerer Zeit bearbeiten, da eine parallele Detektion möglich ist.10


<h2>LC-MS/MS endogener Stoffe</h2>
Ein weiteres erfolgreiches Anwendungsgebiet der LC-MS/MS ist die Analytik endogener Metabolite und endokriner Stoffe.11,12 Die bedeutendsten analysierten Stoffgruppen sind hier die steroidalen Hormone wie Testosteron, Androstendion, 17-Hydroxyprogesteron, Androsteron, Cortisol, Estradiol sowie das ebenfalls aus dem Steroidstoffwechsel abgeleitete Prohormon 25-Hydroxy-Vitamin-D.13 All diesen lipophilen Analyten ist gemeinsam, dass die meisten immunologischen Testverfahren Kreuzreaktionen zu anderen Metaboliten aufweisen und jeweils nur einen Analyten erfassen. Die Zusammenfassung von mehreren Analyten (z. B. als Steroidpanel) zu einer sensitiven und spezifischen LC-MS/MS-Multianalytmethode bietet hier deutlich verbesserte analytische Rahmenbedingungen und auch einen beträchtlichen wirtschaftlichen Vorteil.
Durch den Wissens- und Technikstand, der in den letzten 10 bis 15 Jahre erreicht wurde, ist die LC-MS/MS zu einer festen Größe im Methodenkanon der klinischen Routinediagnostik geworden. Der Blick in die jüngste Primärliteratur und in die Forschungslaboratorien zeigt, dass viele weitere Anwendungsgebiete auf Umsetzung in den Routinebetrieb warten. Besonders hervorzuheben sind Multiparameter-Plattformen, die Stoffwechselbalance-Störungen (Metabolomics)14 erfassen, und auf MS/MS-Experimenten basierende Analysemethoden, die Serum-Proteine quantitativ erfassen.15 Auch hier liegt der Vorteil gegenüber immunologischen Assays nicht nur in der verbesserten Richtigkeit und Genauigkeit der LC-MS/MS-Methoden, sondern in der Möglichkeit, ganze Analyt-Gruppen parallel zu bestimmen — zum Beispiel die Gruppe der diagnostischen Marker zur frühen Erkennung, Diagnose und Überwachung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (kardiale Marker).
Christoph Seger studierte Chemie an der Universität Wien und promovierte dort im Jahr 2001. Seit dem befasst er sich analytischer Chemie, vor allem mit Trenntechniken und NMR-Spektroskopie. Seit 2005 leitet er den Bereich Massenspektrometrie und Chromatographie des Zentralinstituts für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Universitätskliniken Innsbruck. Seit dem Jahr 2008 hat die Lehrbefugnis der Universität Innsbruck. <a href="mailto:Christoph.Seger@uki.at">Christoph.Seger@uki.at</a>


<h2>— — — QUERGELESEN</h2>
· Bei der Tandemmassenspektrometrie erhöhen zwei aufeinander folgende Massenselektionsschritte Empfindlichkeit und Selektivität. Für klinische Anwendungen kommen die durch LC getrennten Analyten über Elektrospray-Ionisierung bei Atmosphärendruck in den Massenanalysator.
· Im Routinebetrieb eines Kliniklaboratoriums hat die LC gegenüber der GC den Vorteil, dass keine zeit- und materialaufwendige Probenvorbereitung erforderlich ist.
· Anwendungsgebiete der MS/MS und der LC-MS/MS in der klinischen Diagnostik sind das Screening von Stoffwechselstörungen sowie die Messung von Medikamentenkonzentrationen und Hormonen im Blut.



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1 


E. De Hoffmann, 
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Artikel

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