Industrie & Technik

Der Verband der chemischen Industrie will seine Zuwendungen an Parteien schneller veröffentlichen als gefordert.
Im Jahr 2015 hat der Verband der Chemischen Industrie (VCI) netto 128 000 Euro an Parteien gespendet. Inklusive Steuern (52,75 % Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag) wendete der Verband dafür 195 520 Euro auf. Die Parteien erhielten folgende Beträge:<list list-type="simple"><list-item></list-item></list>CDU: 40 000 Euro netto,<list-item>SPD: 35 000 Euro netto,</list-item><list-item>Grüne: 13 000 Euro netto,</list-item><list-item>FDP: 40 000 Euro netto.</list-item>Über Parteispenden entscheidet der Vorstand des VCI, der im Frühjahr und Herbst tagt. Über Spendenanfragen in Zusammenhang mit Bundestags-, Landtags- und Europawahlen entscheidet der Vorstand auch außerhalb der turnusmäßigen Sitzungen. Der VCI erweitert seine Berichtspflicht zu Parteispenden. Das Parteiengesetz verlangt, dass Einzelspenden, die 50 000 Euro überschreiten, umgehend zu melden sind. Der Bundestag veröffentlicht dies als Bundesdrucksache zeitnah. Kleinere Spenden werden nach zwei Jahren veröffentlicht. Der VCI meldet seine Zuwendungen an die Parteien gegenüber dem Bundestag wie bisher, nennt aber zusätzlich innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf eines Jahres die Summe der Einzelspenden für alle Parteien auf seinen Internetseiten. Damit reagiert der VCI auf den Vorwurf, Verbände würden ihre Parteispenden durch Stückeln der Beträge unter die Grenze für die Direktveröffentlichung drücken und so verschleiern. MB

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Der Verband der chemischen Industrie will seine Zuwendungen an Parteien schneller veröffentlichen als gefordert. Im Jahr 2015 hat der Verband der Chemischen Industrie (VCI) netto 128 000 Euro an Parteien gespendet. Inklusive Steuern (52,75 % Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag) wendete de...

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Nach den Fullerenen und den Kohlenstoffnanoröhren sorgte Graphen für Wirbel in den Materialwissenschaften: Die Eigenschaften der Substanz, die nur eine Atomlage dick ist, versprachen ganz neue technische Produkte − vor allem, weil die Ladungsträger so gut beweglich sind, das Material aber gleichzeitig transparent und flexibel.Aber wie so oft konnte die Wirklichkeit mit der Vorfreude nicht mithalten. Das Problem: „Die intrinsischen Eigenschaften des Graphens kann man nicht bis zum fertigen Produkt aufrechterhalten“, erläutert Max Lemme, Inhaber des Lehrstuhls für graphenbasierte Nanotechnologie an der Universität Siegen. „Die Branche ist ernüchtert; der Hype ebbt ab. Eine Reihe von Veröffentlichungen in Top-Journals machen eben noch lange kein Produkt.“ Das heiße allerdings nicht, dass die Industrie aufgegeben hat: „Es ist nur – wie es zu erwarten war – etwas mühseliger geworden“, fasst Lemme zusammen. „Jetzt ist Fleißarbeit gefragt.“Forschungsgelder für Graphenforschung gibt es jedenfalls noch reichlich: Die europäische Kommission investiert über das EU-Großprojekt „Graphene Flagship“ von 2013 bis 2023 insgesamt über eine halbe Milliarde Euro in die Graphenforschung; dasselbe Budget soll von nationalen Partnern und der Industrie hinzukommen. Andrea Ferrari, Vorstandsvorsitzender des Projekts, sagt, es sei an der Zeit, Graphen von der Entdeckungs- in die Entwicklungsphase zu führen. Dass das seine Zeit dauert, sei normal. „Graphen ist keine Software wie Facebook.“ Ein neues Material müsse sich zunächst auf dem Markt durchsetzen.<h2>Kein Ersatz für Silicium</h2>In einem sind sich inzwischen alle Wissenschaftler einig: Als Transistor in Logikanwendungen, also Computerprozessoren, eignet sich Graphen nicht. „Dass Graphen Silicium ersetzen wird, glaubt keiner mehr“, sagt auch Michael Meister, Physiker und Projektmanager im Competence Center Emerging Technologies am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe.Eigentlich hätte das von Anfang an klar sein sollen: Graphen ist kein Halbleiter, sondern leitend, und hat keine Bandlücke wie Silicium. Dass die Idee dennoch aufkam, sei sozusagen Gewohnheit, sagt Daniel Neumaier, Leiter der Arbeitsgruppe Graphen bei der gemeinnützigen KMU Amo: „Bei jedem neuen Material heißt es zunächst, es könnte Silicium ersetzen; das ist der heilige Gral der Materialwissenschaften.“Aber auch wenn Silicium vorerst das wichtigste Material bleiben wird, ist es gut möglich, dass sich Graphen in die Si-Elektronik integrieren lässt – etwa als Empfänger in der Hochfrequenztechnik, der Grundlage von drahtloser Datenübertragung. Auch für Photodetektoren, die optische in elektrische Signale überführen, könnte sich Graphen eignen, denn es absorbiert Licht aller Wellenlängen. Solche graphenbasierten Sensoren ließen sich dann traditionell mit Si-Elektronik auslesen und sich zum Beispiel für optische Netzwerke und Schaltkreise einsetzen, etwa in Serverfarmen. Der Erfolg von Graphen auf diesem Gebiet hängt vor allem davon ab, ob eine Integration in die Si-Halbleitertechnik wirtschaftlich ist, und bis dahin ist es laut Michael Meister „noch ein weiter Weg“.<h2>Tennisschläger und Wasserfilter</h2>Auch wenn die große Revolution in der Elektronikbranche bisher ausgeblieben ist: Ein paar Produkte mit Graphen sind bereits auf dem Markt.Das Unternehmen Head bietet Tennisschläger an, die Graphen im Schaft enthalten; das soll nach Meinung des Herstellers für bessere Manövrierbarkeit und hohes Schwunggewicht sorgen. Auch Skier, Angelruten und Fahrradrahmen gibt es mit Graphen zu kaufen. Meister gibt allerdings zu bedenken, ob das nicht nur ein Marketinggag ist: „Sind die Produkte wirklich besser? Und würden es Graphitstaub oder Ruß vielleicht auch tun?“Das chinesische Unternehmen 2D Carbon Graphene Material produziert Handys mit einem transparenten leitfähigen Graphenfilm im Touch-Display − bisher allerdings ohne zusätzliche Funktion zu denen des gewöhnlich verwendeten Indiumzinnoxids. „Finanziell lohnt sich das nicht“, sagt Lemme, „die Displays sind teurer und nicht besser. Aber das Unternehmen will jetzt schon zeigen, dass es das Material verarbeiten kann.“ Offensichtlich wartet 2D Carbon darauf, dass biegsame Smartphones den Markt erobern. „Das Feld der flexiblen Elektronik könnte interessant werden“, sagt Neumaier. „Und falls es demnächst eine Rolle spielt, dann nur mit Graphen.“Bereits zu kaufen gibt es Membranen mit Graphenoxid für die Wasseraufbereitung; das britische Unternehmen G2O Water Technologies stellt sie her. Die Membranen eignen sich für Entsalzung und Abwasserreinigung. Sie erlauben gemäß Hersteller höhere Durchflussraten und senken die Energiekosten um 80 bis 90 Prozent.Im letzten Jahr präsentierte das englische Unternehmen Graphene Lighting, eine Auskopplung der Universität Manchester, eine LED-Glühbirne mit Graphen. Sie soll effizienter sein, länger halten und billiger herzustellen sein als herkömmliche LED-Lampen. Ein Erfolg, meint Colin Bailey, stellvertretender Präsident der Universität Manchester. „Dieses Leuchtmittel zeigt, dass Graphenprodukte Wirklichkeit werden, und das nur ein wenig später als zehn Jahre, nachdem das Material das erste Mal isoliert wurde − wissenschaftlich gesehen eine sehr kurze Zeit.“ Ursprünglich sollte die graphenhaltige LED-Lampe bereits Ende 2015 in die britischen Bau- und Supermärkte kommen – aber dann fehlten offenbar die finanziellen Mittel, um das Produkt vollständig marktreif zu machen.<h2>Graphen ist nicht gleich Graphen</h2>Was bisher noch fehlt, ist eine Killer-Applikation, also die ultimative Anwendung, mit der das Material den Markt erobert und Milliarden einspielt. Inzwischen habe jeder begriffen, dass man mit der Herstellung von Graphen nicht reich werden wird, sagt Terrance Barkan, Direktor des Graphene Councils.1) Die Plattform will Graphenforscher auf der ganzen Welt zusammenbringen und startete dieses Jahr ihr eigenes Journal, Graphene Technology, im Springer-Verlag. Barkan ist sich sicher: Graphen selbst sei bald billig zu bekommen. Bereits jetzt sind die Kohlenstoffmonolagen mit chemischer Gasphasenabscheidung im großen Maßstab herstellbar.Dabei gibt es allerdings ein Problem: Graphen wächst nur auf bestimmten Metallen, etwa auf Kupfer. Von dort muss es über Polymerträger auf das eigentliche Ziel transferiert werden. Dabei entstehen zwangsläufig Defekte und Verunreinigungen; die Beweglichkeit der Ladungsträger fällt ab.Barkan bemängelt, dass die Qualität des industriell hergestellten Graphens stark schwankt: „300 Unternehmen weltweit stellen inzwischen Graphen her, aber diese Graphene sind ganz unterschiedliche Materialien.“ Oft ist Graphen nicht mal Graphen im eigentlichen Sinne. Es lassen sich recht unkompliziert Graphen-Flakes als Pulver oder in Lösung herstellen. Das sind Nanopartikel aus drei bis fünf, manchmal auch zwanzig Monolagen Kohlenstoff, also eher eine Art Nanographit. Der Übergang zum eigentlichen Graphen ist fließend. Auch Graphenoxid wird oft als Graphen bezeichnet. „Wir brauchen endlich internationale Standards für Graphen“, fordert daher auch Andrea Ferrari vom EU-Graphenflaggschiff.<h2>Aussichtsreich versus Wunschdenken</h2>Nicht für alle Anwendungen muss Graphen tatsächlich als perfekte Kohlenstoffmonolage vorliegen. Graphen-Flakes lassen sich als Additiv zu Polymeren mischen. Solche Komposite sind nach Ansicht von Experten eine der Graphenanwendungen, die mit am weitesten entwickelt ist. Die Produkte sind kohlenstoffverstärkte Kunststoffe für Flugzeuge, Autos und Windkrafträder. Die Materialien sind dann nicht nur fester, sondern auch thermisch und elektrisch leitend, was je nach Anwendung Vorteile haben kann.Aufgrund seiner großen Ladungsbeweglichkeit kommt Graphen als Monolage auch für Hall-Sensoren infrage, die Magnetfelder messen. Solche magnetischen Sensoren hat jedes Auto: Sie registrieren beispielsweise, ob man angeschnallt ist und ob ein Gang eingelegt ist. Im letzten Jahr verkündeten Forscher von Bosch und vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart, dass sie einen graphenbasierten magnetischen Sensor hergestellt haben, der hundertmal empfindlicher ist als der handelsübliche siliciumbasierte.Auch als Korrosionsschutz für Metalle ist Graphen im Gespräch sowie als wasserabweisender Schutz auf Oled. Doch viele sehen solche Anwendungen kritisch. „Wunsch und Wirklichkeit klaffen hier auseinander“, sagt Daniel Neumaier von Amo, „denn es gibt kein perfektes Graphen. Wie soll man solche Schichten langzeitstabil hinbekommen?“Uneins sind sich die Experten, was den Erfolg von Batterien mit Graphen angeht. Terrance Barkan verspricht, dass bereits dieses Jahr solche Produkte auf den Markt kommen. Eine Gemeinschaft von Forschern glaubt nach wie vor fest daran, dass die Kohlenstoffmodifikation die Batteriewelt revolutionieren wird. Das Helmholtz-Institut Ulm für Elektronische Energiespeicherung hingegen hält das Potenzial Graphens für Batterien für „überbewertet“.2) Graphen sei nur wenig besser als Graphit, aus dem derzeit die Anode einer Lithiumionenbatterie besteht.Eines jedenfalls scheint inzwischen sicher zu sein, wie Michael Meister es ausdrückt: „Graphen ist nicht das Allheilmittel für alle Probleme der Menschheit.“ Die Welt wird es wohl nicht auf den Kopf stellen.<h2>Graphen: ein alter Hut</h2>Viele Grundlagenforscher haben für Graphen inzwischen nur noch ein Gähnen übrig. Der neue Trend in der Materialforschung sind andere zweidimensionale Materialien, von denen es laut Max Lemme von der Universität Siegen inzwischen um die 500 gibt. Dazu zählen beispielsweise Molybdänsulfid, Bornitrid, Silicen, Germanen und Phosphoren.„Graphen hat den Weg für diese Materialien bereitet“, sagt Lemme. „Inzwischen glauben dank Graphen alle daran, dass es zweidimensionale Materialien tatsächlich geben kann.“ Viele dieser Substanzen scheinen auf den ersten Blick für einige Anwendungen noch interessanter zu sein als Graphen selbst. Molybdänsulfid beispielsweise hat das, was man bei der Kohlenstoffmodifikation vermisst: eine Bandlücke. Ob Isolator, Halbleiter oder Leiter – bei den zweidimensionalen Materialien scheint für alle Anwendungen was dabei zu sein.Die promovierte Chemikerin Brigitte Osterath arbeitet als Wissenschaftsjournalistin in <a href="https://Bonn.www.writingscience.de" target="_blank">Bonn.www.writingscience.de</a><h2>Wofür eignet sich Graphen?</h2><list list-type="simple"><list-item></list-item></list>Komposite: festere und leitfähige Kunststoffe mit Graphenbeimischung<list-item>Optoelektronik: Photodetektoren, optische Modulatoren und Schalter</list-item><list-item>magnetische Sensoren: Hall-Sensoren</list-item><list-item>Gassensoren</list-item><list-item>Empfänger oder Schalter in der Hochfrequenztechnik</list-item><list-item>Touchscreens</list-item><list-item>flexible Elektronik, zum Beispiel in aufrollbaren Smartphones oder in Kleidung integriert</list-item><list-item>leitfähige Tinten für gedruckte Elektronik (Foto)</list-item><list-item>Batterien</list-item><list-item>Superkondensatoren, etwa zum schnellen Aufladen von Smartphones</list-item><list-item>in Membranen für die Wasseraufbereitung</list-item><list-item>Korrosionsschutz</list-item><list-item>Flammschutz</list-item><h2>Quergelesen</h2>Anders als gedacht kann Graphen Silicium als Halbleitermaterial nicht ersetzen. Möglicherweise lässt es sich aber in Siliciumelektronik integrieren.Innovationsorientierte Firmen bauen Graphen in Tennisschläger, Handydisplays und Wasserfilter ein – Graphitstaub oder -ruß würden aber vermutlich ebenso funktionieren. Nicht immer muss es eine Kohlenstoffmonolage sein.Die europäische Kommission investiert zwischen 2013 und 2023 insgesamt 500 Millionen Euro in die Graphenforschung.
<ul><h2>Literatur und Quellen</h2><li>
1 <a href="http://www.thegraphenecouncil.org" target="_blank">http://www.thegraphenecouncil.org</a></li><li>
2 R. Raccichini, A. Varzi, S. Passerini, B. Scrosati, Nat. Mater. 2015, 14, 271.</li><li>
3 E. Stone, Chemistry World 07/2015, 42.</li><li>
4 A.C. Ferrari, F. Bonaccorso, V. Falko et al., Nanoscale 2015, 7, 4598.</li></ul>

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