Beruf + Karriere

Die Arbeitsgemeinschaft Karriereforum der Deutschen Bunsengesellschaft (DBG) für Physikalische Chemie hat bei der Bunsentagung dieses Jahr in Hamburg das Angebot für den akademischen Nachwuchs erweitert: um das Women's Networking Lunch, an dem etwa 30 vorwiegend junge Physikochemikerinnen teilnahmen. Vorbild waren die Netzwerktreffen der American Chemical Society, bei denen Chemikerinnen aller Karrierestufen zu kurzen Impulsvorträgen und einem gemeinsamen Essen zusammenkommen. Die Diskussion über Karriere und Stellung von Chemikerinnen im Beruf steht dabei im Vordergrund, dazu kommt die Netzwerkbildung. Das Women's Networking Lunch haben zwei ehemalige Sprecherinnen der AG Karriereforum organisiert, Yvonne Joseph (TU Freiberg) und Melanie Schnell (Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie Hamburg).


<h2>Impulsvortrag als Startpunkt</h2>
Die Tischdiskussionen entfachte der Impulsvortrag von Katharina Al-Shamery (Universität Oldenburg), die eine Mehrfachrolle als Lehrstuhlinhaberin, Mutter und kommissarische Universitätspräsidentin ausfüllt. Sie berichtete von ihren Erfahrungen in männerdominierten Gremien, von Alpha-Tieren und einer Unterstellung, wie sie zu ihrer Studienzeit gängig war: Frauen studieren Chemie, um einen gut situierten Ehemann kennen zu lernen. Weil solche Äußerungen heute nicht mehr zum guten Ton gehören und einiges unternommen wurde, um die Karrieren von Frauen in den Naturwissenschaften zu fördern, könnte man annehmen, dass eine Netzwerkveranstaltung für Frauen keinen Gewinn mehr bringt. Aber das Gegenteil ist der Fall, wenn weibliche und männliche Wissenschaftler die gleichen Chancen haben sollen: 
Bei 50 % weiblichen Promovierenden sind nur etwa 20 % der Führungspositionen von Frauen besetzt. Frauen sind in wichtigen Entscheidungsgremien von Universitäten und Industrieunternehmen nach wie vor unterrepräsentiert und werden leicht überstimmt, auch dann, wenn es um die Besetzung von Stellen oder die Verbesserung von Familienleistungen des Arbeitgebers geht. Trotzdem reduziert die Deutsche Forschungsgemeinschaft — bisher eine wichtige treibende Kraft — ihre Aktivitäten zur Förderung der Gleichstellung.
Die jüngeren Teilnehmerinnen tauschten sich über ihre Karrierewünsche aus, wurden dabei jedoch zurückhaltend, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder das Vertreten der eigenen Stärken ging. Für sie war es ein Gewinn, beim Women's Networking Lunch Vorbilder für erfolgreiche Frauenkarrieren kennen zu lernen und sich inspirieren zu lassen.
In der recht traditionellen, männerdominierten Bunsengesellschaft gibt es mit dem Neworking Lunch nun eine Plattform der Frauen, die Impulse in die DBG geben kann. Bei der nächsten Bunsentagung in Bochum (14. bis 16. Mai 2015) soll die Veranstaltung wieder stattfinden.


<h2>Karriereforum: Mentoring</h2>
Ein bereits etablierter Programmpunkt bei der Bunsentagung ist das Symposium des Karriereforums. Es soll den wissenschaftlichen Nachwuchs dabei unterstützen, eine Karriere an Universitäten und Forschungsinstituten sowie in der Industrie zu planen und aufzubauen, und dient ebenfalls der Vernetzung. Titel war dieses Jahr “Begleiter auf dem Karriereweg: Mentoren, Chefs, Mitarbeiter und Kollegen in der Geber- und Nehmerrolle” und Mentoring ein Schwerpunkt. Zielgruppe waren sowohl junge Wissenschaftler als auch Nachwuchsgruppenleiter, die sich in der Position wiederfinden, Mitarbeiter fördern zu müssen. Nach einer informellen Mitgliederbefragung interessieren sich die Physikochemiker zu gleichen Teilen dafür, als Mentor oder als Mentee in der DBG aktiv zu werden.
Weitere Aktivitäten der AG Karriereforum sind Mitarbeit in Gremien der DBG, Vernetzung mit den Nachwuchsförderorganisationen anderer wissenschaftlicher Gesellschaften sowie Ausarbeitung von Stellungnahmen zu Karrierefragen, etwa in der Broschüre “Das Berufsbild des Physikochemikers”.
Annika Bande, Jahrgang 1979, baut eine von der Volkswagen-Stiftung geförderte Nachwuchsgruppe am Joint Lab Juliq des Helmholtz-Zetrums und der Freien Universität Berlin auf. <a href="mailto:Annika.Bande@pci.uni-heidelberg.de">Annika.Bande@pci.uni-heidelberg.de</a>

Physikochemikerinnen vernetzen

Die Arbeitsgemeinschaft Karriereforum der Deutschen Bunsengesellschaft (DBG) für Physikalische Chemie hat bei der Bunsentagung dieses Jahr in Hamburg das Angebot für den akademischen Nachwuchs erweitert: um das Women's Networking Lunch, an dem etwa 30 vorwiegend junge Physikochemikerinnen teilnah...

Nachrichten aus der Chemie: War Ihre Arbeitsgruppe schockiert, als Sie sagten, dass Sie in Elternzeit gehen?
Axel Jacobi von Wangelin: Nein, keineswegs. Die Mitarbeiter sind ja froh, wenn man ihnen nicht jeden Tag auf den Füßen steht.
Nachrichten: Aber wie funktioniert die Forschung, wenn Sie Ihre Arbeitsgruppe nicht betreuen?
Jacobi von Wangelin: Die Betreuung der Arbeitsgruppe hat am wenigsten gelitten. Die Forschung lief einfach weiter. Ich hatte mir einen halben Tag in der Woche auserkoren, an dem ich ans Institut gegangen bin. Das war schon mal mit einem Kind auf dem Arm oder von 17 bis 21 Uhr. Wenn einem Mitarbeiter das Gespräch wichtig war, hat er das in Kauf genommen.
Nachrichten: Sie trennen Berufs- und Privatleben streng?
Jacobi von Wangelin: Normalerweise ja. Aber in der Elternzeit habe ich auch mal ältere Doktoranden zu mir nach Hause eingeladen und ihre Themen beim Abendessen diskutiert.
Nachrichten: Ihre Mitarbeiter mussten in der Lage sein, selbstständig zu arbeiten.
Jacobi von Wangelin: Das schon. Wenn sie vorher nicht selbstständig waren, sind sie es jetzt.
Nachrichten: Auch die Anfänger?
Jacobi von Wangelin: Zu Beginn der Elternzeit hatte ich zwei Masterstudenten, vor allem ihnen habe ich die knappe Zeit gewidmet. Sie haben ihre Masterarbeiten dann mit Erfolg abgeschlossen.
Nachrichten: Was war schwierig zu organisieren?
Jacobi von Wangelin: Schwierig war, sich aus diesem Korsett aus echten oder gefühlten Verpflichtungen zu lösen: DFG-Gutachten, Zeitschriftenartikel, Tagungen …
Nachrichten: Was haben Sie der DFG gesagt?
Jacobi von Wangelin: Dass ich nur noch Anträge begutachte, die genau in mein Arbeitsgebiet fallen. Ich hatte ja gar keine Zeit, viel zu lesen. Ein Gutachten habe ich dann für die DFG noch geschrieben.
Nachrichten: Wie war das bei den Zeitschriften?
Jacobi von Wangelin: Die Gutachtertätigkeit für Zeitschriften einzustellen, ist mir schwerer gefallen. Schließlich wollte ich ja wissen, was meine Mitstreiter auf dem Gebiet so machen. Zudem arbeiten viele Journale mit automatisierten Online-Begutachtungsportalen, die haben gar keine Option, die Gutachtertätigkeit zu unterbrechen. Bei kleineren Zeitschriften habe ich die Sachen einfach liegen lassen — ich schicke hiermit noch eine Entschuldigung hinterher. Wenn man nicht antwortet, suchen die sich einen anderen. Trotzdem habe ich noch zwei bis drei Manuskripte im Monat begutachtet. Das hat mehr Zeit beansprucht, als es hätte tun dürfen.
Nachrichten: Haben Sie während der Zeit veröffentlicht?
Jacobi von Wangelin: Nein. Wichtige Paper habe ich vor der Elternzeit auf den Weg gebracht. Während der Elternzeit kamen zwei Stipendienanträge und ein DFG-Antrag dazu, aber die lagen schon fertig in der Schublade.


<h2>Die Arbeit wurde aufgteilt</h2>
Nachrichten: Wie wurde die sonstige Arbeit am Institut verteilt?
Jacobi von Wangelin: Wir leiden ja alle an der Vorstellung, dass wir am Institut unersetzlich sind. Aber ob an einer Sitzung einer mehr oder einer weniger teilnimmt, spielt kein Rolle.
Nachrichten: Für die Lehre gilt das aber nicht.
Jacobi von Wangelin: Das Institut ist mit ausreichend Lehrpersonal ausgestattet, wir haben einen guten Kollegenkreis und viele Hilfskräfte und konnten die Lehre auf viele Schultern verteilen. Zudem war ich im Sommersemester in Elternzeit, in Regensburg gibt es im Sommersemester traditionell weniger Organik, mehr Anorganik, aber das war eher Zufall.
Nachrichten: Hatten Sie eine Vertretung?
Jacobi von Wangelin: Eine Nachwuchswissenschaftlerin übernahm meine Lehre. Sie musste vorher noch ihre Habilitation abschließen, so konnte sie während des halben Jahres meine W2-Stelle übernehmen.
Nachrichten: Gab das keine Probleme mit der Finanzierung? 
Jacobi von Wangelin: Das Elterngeld kommt ja aus Berlin, das Geld für die W2-Stelle vom Land. Damit konnte die Uni Lehrkräfte einstellen. Finanziell hat also keiner Schaden genommen — außer dem, der das Elterngeld bezog.
Nachrichten: Wie lange im Voraus haben Sie die Elternzeit geplant?
Jacobi von Wangelin: Etwa ein Viertel Jahr vorher. Ich hatte es schon das eine oder andere Mal erwähnt, sodass keiner wirklich überrascht war. Die meisten Kollegen sagten, sie fänden es gut. Es gab sicher welche, die darüber den Kopf geschüttelt haben, aber mir gegenüber hat das keiner geäußert.
Nachrichten: Haben Sie während Ihrer Abwesenheit die Arbeit am Institut vermisst?
Jacobi von Wangelin: Die Aktualität hat mir gefehlt. Ich habe ja kaum Zeitschriften gelesen und nicht mit Kollegen geredet. Auch wenn ich nicht anwesend war, bin ich doch Forscher geblieben, den Kopf kann ich nicht einfach abschalten.
Mit Axel Jacobi von Wangelin sprach Nachrichten-Redakteurin Frauke Zbikowski.


<h2>USA: Einstiegsgehälter für Chemiker sinken</h2>
Im vergangenen Jahr sind die Einstiegsgehälter für Chemiker in den USA im Vergleich zum Vorjahr gesunken: für Bachelor-Absolventen von 40 000 US-Dollar auf 39 600 und für Chemiker mit Doktortitel von 80 000 US-Dollar auf 75 800, angegeben ist jeweils der Median. Für Master-Absolventen hingegen ist der Gehaltsmedian von 48 000 auf 55 000 US-Dollar gestiegen. Lukrativer ist ein Abschluss in technischer Chemie oder Verfahrenstechnik: Ein Chemieingenieur mit Bachelorabschluss konnte zum Berufseinstieg mit 66 7000 US-Dollar Jahresgehalt rechnen, Master- und Ph.D.-Ingenieure mit 78 000 bzw. 90 500 US-Dollar (jeweils Medianwerte). AH
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<h2>Mehr Beschäftigte in Laboren</h2>
In der Chemieindustrie arbeitete im Jahr 2012 jeder zehnte Beschäftigte in Forschung und Entwicklung. Insgesamt forschten in deutschen Chemieunternehmen 44 500 Mitarbeiter. Das sind 5 % mehr als im Jahr 2011. MW


<h2>Ausbildungsberufe in der chemischen Industrie</h2>
Im Jahr 2011 betrug die Zahl der Auszubildenden in der chemischen Industrie 25 000. Chemikanten sind in der chemischen Industrie mit 4425 Auszubildenden am stärksten vertreten. An zweiter Stelle stehen Industriekaufleute (2779) direkt gefolgt von Chemielaboranten (2470). Ein Hochschulstudium mit praktischer Berufsausbildung im Betrieb, ein duales Studium, traten 2011 in der deutschen Chemieindustrie 2420 junge Menschen an: Der größte Teil mit etwa 1000 Studenten belegt die Fachrichtung Wirtschaft, gefolgt von Naturwissenschaft und Technik mit 900 Studenten. MW
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<h2>Chemiker verdienen ein Fünftel mehr als Chemikerinnen</h2>
Chemikerinnen verdienen im Durchschnitt 18 % weniger als ihre männlichen Fachkollgen. Das ergab die Lohnspiegel-Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. Das Institut untersuchte 20 Berufe und fand heraus, dass Männer ein zwischen 6 % und 28 % höheres Gehalt bekommen als Frauen. Der größte Abstand besteht in kaufmännischen Berufen. Im Durchschnitt liegt der Wert in Deutschland bei 22 %, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. AH
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<h2>Unternehmen fehlen eher Techniker als Naturwissenschaftler</h2>
Aktuell fehlen Unternehmen in Deutschland 123 500 naturwissenschaftlich-technische Fachkräfte, das schreibt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln in seinem Mint-Herbstreport 2014. Damit sind 2000 offene Stellen mehr zu besetzen als im Vorjahr. Besonders knapp sind Facharbeiter, Meister und Techniker — die Zahl der freien Stellen stieg hier auf 75 000. Die Zahl der gesuchten Akademiker sank hingegen um fünf Prozent auf 48 600. Gesucht sind hier vor allem Informatiker und Ingenieure. Letztere auch für kaufmännische Aufgabenfelder, etwa um technische Produkte zu bewerten und zu verkaufen. AH
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Anne Hachmann, Marlene Wietelmann
Frankfurt am Main

Physikochemikerinnen vernetzen

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