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Prof.Dr.

Obwohl die Seltenen Erden gar nicht so selten sind, dominiert nahezu ausschließlich China das globale Angebot. Zu spüren bekamen das die Industrienationen, als China im Jahr 2010 verkündete, seine Ausfuhr auf 35 000 Tonnen zu beschränken. Obwohl diese Menge zu keinem Zeitpunkt tatsächlich abgerufen wurde, reagierten die Märkte nervös: Die Preise stiegen und erreichten im Jahr 2011 ihren Höhepunkt. Ein Kilogramm Europium(III)oxid beispielsweise kostete im Jahr 2010 noch 430 Euro im Jahr 2011 dann 2030 Euro.1
Gegenwärtig herrscht eine neue Dynamik in der Preisbildung, getrieben durch das Urteil der Welthandelsorganisation, das Exportquoten zum 1. Mai 2015 aufhob. Das machte die Märkte im Hinblick auf die zukünftige Preisentwicklung unsicher. Diese Entwicklung ist das Ergebnis spekulationsgetriebener Prozesse. Sie dominieren viel zu sehr die volkswirtschaftlich existenziellen Fragen nach der Sicherung der Rohstoffbasis.


<h2>Recyceln statt importieren</h2>
Trotz der vorhersagbaren Engpässe gibt es außerhalb Chinas nur verschwindend geringe Recyclingkapazitäten für Seltenerdmetalle. Weniger als ein Prozent von ihnen werden wiedergewonnen; das zementiert und verstärkt die geopolitischen Abhängigkeiten. Volkswirtschaften sollten hingegen Rohstoffe vor Ort im Kreislauf halten. Daher erscheint es wenig sinnvoll, dass Deutschland seinen seltenerdhaltigen Elektronikschrott nach China und in andere Länder exportiert.
In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach Seltenen Erden (SE) erheblich gestiegen. So wuchs allein der Bedarf an SE für Leuchtmittel von 8000 Tonnen im Jahr 2006 auf 14 000 Tonnen im Jahr 2012. Damit stellt dieser jetzt einen Anteil von 7,4 Prozent am weltweiten Gesamtverbrauch der Seltenen Erden. Tendenz ist steigend: Im Jahr 2009 in Kraft getretene EU-Richtlinien werden die Seltenerdgehalte in Leuchtmitteln erhöhen. Durchschnittlich enthalten End-of-Life-Leuchtstoffe derzeit mehr als 7 Gewichtsprozent SE, Produktionsabfälle sogar teilweise über 20 Gewichtsprozent. Aber weil sie Quecksilber enthalten, wurden sie bisher deponiert statt rezykliert.
Dass es sich bei den Leuchtstoffen meist um ein Gemisch mehrerer Seltener Erden handelt, erschwert ein Recycling: Aufgrund ihrer chemischen Ähnlichkeit lassen sie sich nur unter hohem Aufwand voneinander trennen. Rückgewinnungsverfahren müssen aber wirtschaftlich sein.


<h2>Mit oder ohne Quecksilber</h2>
Zusammen mit den Unternehmen FNE Entsorgungsdienste und Narva Lichtquellen hat das Institut für Technische Chemie der TU Bergakademie Freiberg ein nasschemisches Verfahren zur Aufarbeitung von quecksilberfreien Leuchtstoffen ausgearbeitet, optimiert und in den Technikumsmaßstab überführt. Das geschah im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts zur Separation von Seltenen Erden, zunächst ausgehend von Produktionsrückständen der Leuchtstoffherstellung. Dabei entsteht ein yttriumhaltiges Konzentrat und reines Europium(II)sulfat; beides landet wieder im Herstellungsprozess, die Prozesskette schließt sich. Schlüsselschritt ist die Rückgewinnung der Aufschlusssäure zu 85 Prozent mit Diffusionsdialyse. Sie macht das Verfahren auch unter schwierigen Marktbedingungen wirtschaftlich (Abbildung 1). Gegenwärtig werden so jährlich 15 Tonnen Leuchtstoffe aufgearbeitet. Es laufen Arbeiten, die Anlagenkapazität zu vergrößern.
Das nasschemische Verfahren eignet sich indes nicht, um quecksilberhaltige Leuchtstoffe aus End-of-Life-Produkten wie Leuchtstoffröhren zu recyceln. Ein verbessertes Aufschlussverfahren sollte daher solche Rückstände verarbeiten und auch zwischen Y und Eu einerseits sowie den restlichen Seltenen Erden andererseits unterscheiden. Das kann die Feststoffchlorierung: Im Drehrohrofen werden die Leuchtstoffrückstände mit Ammoniumchlorid NH4Cl als Chlorierungsreagenz vermischt und auf 300 °C erhitzt. Freigesetztes HCl überführt selektiv und nahezu quantitativ Y und Eu aus dem europiumdotierten Yttriumoxidleuchtstoff in ihre wasserlöslichen Chloride. Quecksilber geht in die Gasphase über und kondensiert. Aus einem quecksilberhaltigen Leuchtstoff lassen sich so 99,8 Prozent des enthaltenen Yttriums und 96,0 Prozent des Europiums zurückgewinnen. Die in geringeren Mengen enthaltenen Seltenen Erden La, Ce, Tb und Gd, insgesamt weniger als zwei Gewichtsprozent, verbleiben ungelöst im Rückstand.
Überschüssiges NH4Cl lässt sich durch Kondensation zurückgewinnen, der dabei entstehende Ammoniak wird in Wasser absorbiert und lässt sich verkaufen.
Bei der Laugung mit Wasser gehen nur Y und Eu in Lösung; sie lassen sich über die Zementation mit Zink leicht voneinander trennen (Abbildung 2, S. 985). Eine nachgeschaltete Laugung des festen Rückstands mit HNO3 separiert auch die verbliebenen Seltenen Erden quantitativ.
Das trockene Aufschlussverfahren eignet sich auch, um die Seltenen Erden Neodym und Dysprosium aus FeNdB-Dauermagneten zu recyceln. Das Verfahren ist zum Patent angemeldet und erhielt im Jahr 2014 den Technologietransferpreis wissen.schaft-arbeit des Sächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst.


<h2>Warum es sich lohnt</h2>
Die Feststoffchlorierung hat im Vergleich zum nasschemischen Aufschluss mit Salzsäure folgende Vorteile: 
Die im Prozess entstehende Salzsäure wird beim Aufschluss verbraucht. Dadurch gibt es in keinem Prozessschritt stark saure Abwässer, die zu entsorgen oder zu neutralisieren wären.
Es entfällt der zusätzliche Schritt der Hg-Abtrennung durch eine trockene Vakuumdestillation. Hg-Abrennung wäre für die nasschemische Aufbereitung zwingend notwendig.
NH4Cl ist mit 130 Euro pro Tonne günstiger als 35-prozentige Salzsäure (150 Euro pro Tonne) und enthält gewichtsbezogen fast die doppelte Menge an HCl (68 Gewichtsprozent).
 Der Verkauf des NH3 als 25-prozentige Lösung (245 Euro pro Tonne) überkompensiert die Kosten für NH4Cl.
 Eine pH-Einstellung mit NaOH (300 Euro pro Tonne) vor der Oxalatfällung zur Gewinnung der Seltenen Erdoxalate (Abbildung 2) ist nicht nötig, da mit Wasser gelaugt wird.
Das nasschemische Verfahren liefert ein yttriumhaltiges Konzentrat und reines EuSO4. Die thermochemische Variante produziert Y, Eu, Tb, Gd und ein La-/Ce-Mischoxid hoher Trennschärfe, zudem Hg und 25-prozentiges NH4OH·aq.


<h2>QUERGELESEN</h2>
Nur ein Prozent aller Seltenerdmetalle werden wiedergewonnen — und das, obwohl die Nachfrage nach den wertvollen Rohstoffen steigt.
Ein nasschemisches Verfahren separiert Seltenerdmetalle aus quecksilberfreien Leuchtstoffen.
Bei quecksilberhaltigen Leuchtmitteln überführt die Feststoffchlorierung Yttrium und Europium in ihre wasserlöslichen Chloride; Quecksilber geht gleichzeitig in die Gasphase über.


Peter Fröhlich, Jahrgang 1981, promovierte im Jahr 2012 an der TU Bergakademie in technischer Chemie. Er befasst sich mit der Aufbereitung komplexer Rohstoffe und deren Umsetzung in industrielle Prozesse. Schwerpunkt seiner Arbeiten sind Gasphasentransportreaktionen. <a href="mailto:peter.froehlich@chemie.tu-freiberg.de">peter.froehlich@chemie.tu-freiberg.de</a>.
Martin Bertau promovierte 1997 an der Universität Freiburg und übernahm die Leitung der Biotechnologie der Rohner AG (Dynamit-Nobel-Gruppe) in Basel, Schweiz. Im Jahr 2000 wechselte er an die Technische Universität Dresden, wo er sich 2005 habilitierte. Seit 2006 leitet er das Institut für Technische Chemie der TU Bergakademie Freiberg. Sein Ziel ist die Entwicklung integrierter Prozesse zur Produktion und zum Recycling von Chemierohstoffen bis hin zur Herstellung von Methanol aus CO2.
Tom Lorenz schloss im Jahr 2011 das Chemiestudium am Institut für Technische Chemie der TU Bergakademie Freiberg ab. Seitdem arbeitet er am Institut als Doktorand in der Rohstoffchemie. Arbeitsschwerpunkt ist die Entwicklung von Recyclingstrategien für seltenerdmetallhaltige Sekundärrohstoffe.



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Artikel

Seltene Erden aus Leuchtstoffrückständen

Obwohl die Seltenen Erden gar nicht so selten sind, dominiert nahezu ausschließlich China das globale Angebot. Zu spüren bekamen das die Industrienationen, als China im Jahr 2010 verkündete, seine Ausfuhr auf 35 000 Tonnen zu beschränken. Obwohl diese Menge zu keinem Zeitpunkt tatsächlich abgeruf...

Die Migration von Stammzellen und Leukozyten ist essenziell für das Immunsystem, in der Entwicklung, bei der Wundheilung und der Neubildung von Blutgefäßen. Die Wanderung von Zellen im Körper spielt auch eine Rolle bei der Krebsmetastasierung, chronischen Entzündungen, Allergien und anderen entzündlichen Krankheiten. Zu wissen, wie diese molekularen Signale und ihre Verteilung im Gewebe die Zellmigration steuern, könnte bei der Therapie helfen.
Man unterscheidet zwischen:
 Chemotaxis, der Zellmigration entlang eines löslichen Lockstoffgradienten, und
 Haptotaxis, der Zellmigration entlang eines oberflächengebundenen Gradienten.
Lockstoffe sind meistens Peptide und Proteine.


<h2>Beim Wandern beobachtet</h2>
Mehrere traditionelle Assays untersuchen die Migration von Zellen.1 Seit den 1960er Jahren existiert die klassische Boyden-Kammer; die neueren Transwellassays arbeiten nach demselben Prinzip (Abbildung 1A): Zwei Kammern sind durch eine mikroporöse Membran getrennt. In der unteren ist der Lockstoff, gelöst in einer Flüssigkeit, in der oberen die Zellsuspension. Durch Diffusion bildet sich über die Membran ein Gradient des Lockstoffs, zu dem die Zellen in die untere Kammer migrieren.
Das Unteragaroseassay (Abbildung 1B) verwendet ein Agarosegel mit zwei Löchern, in dem einen ist der Lockstoff, im anderen sind die Zellen. Die Zellen migrieren in der Agarose nach einem dreidimensionalen Gradienten.
Beide Verfahren werden routinemäßig eingesetzt, um sowohl die chemotaktische Aktivität von Substanzen als auch das Migrationsvermögen von Zellen zu beurteilen. In der Regel betrachtet das Assay viele Zellen gleichzeitig, und der genaue Verlauf des Gradienten lässt sich nur schwer steuern. Mikrofluidische Kanäle hingegen (Abbildung 1C) erzeugen Gradienten, die im Gegensatz zu den beiden anderen Methoden gut definiert und über die Zeit stabil sind. So lässt sich feststellen, wie einzelne Zellen auf lösliche Gradienten und Gradientenänderungen reagieren.
Eine wichtige Klasse von Signalproteinen sind die Chemokine, kleine sekretorische Proteine aus 60 bis 90 Aminosäuren. Sie rekrutieren Zellen wie Immunzellen, Epithelzellen oder Endothelzellen.2 Alleine im Menschen kennt man 50 Chemokine und über 20 Rezeptoren dafür. Viele Zellen exprimieren und sezernieren Chemokine in vivo; einige Zelltypen, etwa Endothelzellen, präsentieren sie auf ihrer Oberfläche. Zuckerstrukturen auf der Zelloberfläche, die Glykosaminoglykane (GAG), erkennen Chemokine über Bindungsstellen.3 Dass die Chemokine an die Oberfläche binden, stabilisiert die Gradienten und erhöht die lokale Chemokinkonzentration.
Die Haptotaxis von Immunzellen wurde bereits in vivo nachgewiesen.4 Um die Migration von Leukozyten durch oberflächengebundenes Chemokin in vitro genauer zu untersuchen, sind definierte Proteinmuster auf Oberflächen nötig.


<h2>Drucken und Stempeln</h2>
Die meisten Methoden, die strukturierte Oberflächen erzeugen, basieren auf zwei Schritten: Gradientenerzeugung und Immobilisierung.5 Kontinuierliche Proteingradienten entstehen wie in den klassischen Chemotaxisassays durch Diffusion in Hydrogelen oder durch Mikrofluidik. Eine Alternative sind Muster von Linien oder Punkten. Das Protein wird auf der Oberfläche immobilisiert, entweder direkt durch ein Stempelverfahren oder durch eine chemische Reaktion mit der Oberfläche.
Ein typisches Druckverfahren ist das Microcontact Printing (µCP). Es druckt die zu immobilisierende Substanz mit einem strukturierten Polymerstempel auf eine Oberfläche; die Substanz bindet kovalent oder nichtkovalent. Mit diesem Verfahren erzeugte die Gruppe von Hjortø diskontinuierliche Chemokingradienten.6 Sie stempelte das Chemokin aber nicht direkt, da es dabei durch unspezifische Wechselwirkungen mit der Oberfläche denaturieren kann und seine Aktivität verliert. Stattdessen transferierten Hjortø et al. zunächst einen Anti-His-Antikörper mit dem strukturierten Stempel auf die Oberfläche. Dieser bindet den Hexahistidin-Tag eines rekombinant hergestellten Chemokins — es entsteht ein definiertes Muster dieses Chemokins.
 Eine alternative Strategie arbeitet mit selbstassemblierten Monolagen (SAMs) von Thiolen auf Gold. Das Thiol trägt verschiedene Funktionalitäten für die Immobilisierung der Chemokine. Richter et al. stellten kürzlich ein Verfahren vor, das eine Doppellage aus biotinyliertem Thiol und Streptavidin herstellt. Da Streptavidin vier Bindestellen für Biotin hat, binden daran weitere biotinylierte Moleküle. In diesem Fall banden sowohl Adhäsionsmoleküle für die zu untersuchenden Zellen als auch das Chemokin CXCL12 und das GAG- Heparansulfat über Biotin an die Oberfläche. CXCL12 ankert an der Oberfläche, da es sowohl an Heparansulfat als auch an Streptavidin bindet. Es wird dann von Zellen erkannt.7 
Eine andere Forschungsgruppe funktionalisierte Thiole mit Ni-NTA, um His-getaggte Chemokine zu binden. Das NTA bindet dabei über Maleimid an eine thiolfunktionalisierte selbstassemblierte Monolage. Als besonderer Reiz lassen sich diese Thiole durch Photooxidation inaktivieren — es entstehen Gradienten durch Licht.8 Das ist nur eine Möglichkeit, mit photochemischen Reaktionen Proteinmuster zu erzeugen: Zum einen lassen sich Substanzen aus einem zuvor erzeugten Gradienten durch photoreaktive oder photogeschützte Gruppen immobilisieren, zum anderen strukturieren und immobilisieren photolithographische Verfahren gleich in einem Schritt, indem die Lichtintensität steuert, wie viele Gruppen auf der Oberfläche aktiviert oder entschützt werden.
Alle beschriebenen Verfahren zur Immobilisierung von Chemokinen verwenden modifizierte Chemokine, die teils sehr aufwendig herzustellen sind. Auch birgt eine Immobilisierung über mehrere Schritte immer die Gefahr, dass Moleküle verloren gehen oder nur unvollständig funktionalisiert werden und damit die Oberflächenbeladung zu gering ist. Die In-vivo-Situation der Haptotaxis ist in vitro möglichst genau nachzuahmen, und dafür sind kontinuierliche Gradienten nötig. Da in vivo die Gradienten durch Diffusion entstehen, ist ein diffusionsbasiertes Verfahren naheliegend.9


<h2>Diffusionsbasierte Proteingradienten</h2>
Unsere Strategie erzeugt Gradienten durch Diffusion in Agarosestempeln, die sich durch einen einfachen Stempelprozess auf eine Petrischalenoberfläche transferieren lassen.10 Für eine definierte Form der Stempel sorgen 384er Mikrotiterplatten (Abbildung 2, Schritt 1). Eine Chemokinlösung, in diesem Fall CXCL8, diffundiert in den Agarosestempel und erzeugt einen kontinuierlichen Gradienten im Gel (Schritt 2). Der lässt sich anschließend mehrfach auf eine Petrischalenoberfläche stempeln (Schritt 3/4). Dabei entstehen Gradienten mit einem sigmoidalen Verlauf und einer steilen Steigung von 23 ng·mm—1.
Der immobilisierte CXCL8-Gradient aktiviert neutrophile Granulozyten. Sichtbar wird das durch Zellausstülpungen, den Lamellipodien. Weiterhin zu sehen ist Haptotaxis der Neutrophilen entlang des Gradienten (Schritt 5). Die Zellmigration lässt sich im Mikroskop zeitaufgelöst und auf Einzelzellbasis beobachten. Das gibt Rückschlüsse auf das Zellverhalten einzelner Zellen über Kohorten bis hin zu mehreren Hundert migrierenden Zellen sowie auf die Zellpopulation und ihr Verhalten auf dem Gradienten.
Die Migrationsversuche laufen über einen Zeitraum von drei Stunden. In dieser Zeitspanne diffundiert ein Teil des CXCL8 von der Oberfläche, der relative Verlauf der Oberflächenkonzentration bleibt jedoch gleich. Der Proteinverlust scheint die Zellmigration nicht zu beeinflussen: Die Geschwindigkeit der Zellen änderte sich mit der Zeit nicht. Möglicherweise bildete sich ein löslicher Gradient oberhalb der Oberfläche, der die Migration zusätzlich steuert. In vivo findet ein vergleichbarer Prozess statt: Neben dem über Glykosaminoglykan (GAG) immobilisierten Gradienten gibt es gleichzeitig einen Gradient von gelöstem Chemokin. Beide Gradienten wirken zusammen und führen dazu, dass die Zellen gerichtet migrieren.11 Damit für Messungen unter definierten Bedingungen das Protein auf der Oberfläche langzeitstabil ist, ließen sich die Diffusionsgradienten beispielsweise durch photochemische Verfahren fixieren, wenn photoreaktive oder -geschützte Gruppen verwendet werden. Auch könnten die GAG-Bindestellen der Chemokine den Chemokingradienten auf einer GAG-funktionalisierten Oberfläche immobilisieren.12


<h2>Ausblick</h2>
 Die meisten Verfahren, die Chemokine immobilisieren und so oberflächengebundene Gradienten herstellen, basieren auf modifizierten Chemokinen, während der Haptotaxisassay natives Protein verwendet. So entstehen definierte In-vitro-Systeme, um die Haptotaxis genauer zu untersuchen. Das Zusammenspiel zwischen löslichen und immobilisierten Gradienten sowie zwischen Chemokinen und Adhäsionsmolekülen beeinflusst die Migration der Leukozyten. Um das vollständig zu verstehen, sind noch viele technische Herausforderungen zu meistern. Erste Werkzeuge sind aber bereits vorhanden.


<h2>QUERGELESEN</h2>
In klassischen Assays wandern Zellen nach dem Gradienten eines Lockstoffs. So lässt sich das Migrationsvermögen der Zellen beurteilen.
Neue Methoden immobilisieren das Signalprotein Chemokin und stellen so oberflächengebundene Gradienten her.
Diffusionsbasierte Proteingradienten ahmen die Haptotaxis in vivo nach, die Zellmigration entlang eines oberflächengebundenen Gradienten.


Ina Rink, Jahrgang 1988, arbeitet seit Abschluss ihrer Masterarbeit in Chemie an der TU Darmstadt als Doktorandin im Arbeitskreis von Katja Schmitz. Sie promoviert über die Strukturierung von Oberflächen mit biologisch aktiven Molekülen.
Katja Schmitz studierte Chemie an der Universität Bonn. Nach der Promotion im Jahr 2005 ging sie als Postdoktorandin in die Gruppe von Jon Clardy an die Harvard Medical School in Boston, USA. Im Jahr 2007 wurde sie Leiterin der Forschungsgruppe “Rezeptor-Ligand-Interaktionen” an der Universität Karlsruhe, dem späteren KIT. Seit 2011 ist sie Professorin für biologische Chemie an der TU Darmstadt.



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Seltene Erden aus Leuchtstoffrückständen

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