Beruf + Karriere

Viele kennen das Gefühl der Orientierungslosigkeit bei der Studienfachwahl. Jemand interessiert sich zum Beispiel für den Studiengang Chemie, weiß aber nicht so recht, ob es wirklich der richtige ist oder ob der Studienort behagt.
Es stehen zwar viele Informationen zum Thema Studium zur Verfügung, aber einen realistischen Einblick gibt es erst dann, wenn man den Studiengang selbst ausprobiert. Die Initiative One Week Student vermittelt Studieninteressierten Studenten, die ihnen drei bis fünf Tage lang die Universität zeigen. So können Schüler und Abiturienten bereits vor der Immatrikulation einen Studiengang ausprobieren.


<h2>Orientierung im Hochschuldschungel</h2>
Auf der Online-Plattform <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.oneweekstudent.de" target="_blank">www.oneweekstudent.de</a></ext-link> kann ein Schüler oder Abiturient nach dem Studiengang suchen, den er näher kennenlernen möchte. Nach Eingabe von weiteren Kriterien wie dem gewünschten Hochschulort zeigt die Seite diejenige Studenten an, die sich als Gastgeber zur Verfügung stellen. Studierende können sich dafür über eine Eingabemaske auf der Homepage registrieren lassen.
Der Studieninteressierte setzt sich dann über die Internet-Plattform mit einem gastgebenden Studenten in Kontakt. Eine Schnupperwoche verabreden Schüler und sein Gastgeber dann telefonisch oder persönlich. Beim ersten Treffen begleiten Vertreter von One Week Student Tandem.
Die Schnupperwochen finden in der Regel während der Schulferien statt. In dieser Zeit folgt der Studieninteressent seinem Gastgeber in Vorlesungen, Seminare und Tutorien, in die Bibliothek, in Lerngruppen und in die Mensa. Ob ein Schüler einen Studenten auch ins Labor oder in Praktika begleiten darf, hängt von der Hochschule und vom jeweiligen Praktikumsbetreuer ab. Aber vor allem in kleineren Praktika spricht in der Regel nichts dagegen, dass ein Studieninteressent seinem Gastgeber mit Schutzbrille und Kittel bei der Laborarbeit zusieht.


<h2>Ehrenamtliches Engagement</h2>
Der Studierende, der einem Schüler seinen Studienalltag gezeigt hat, erhält als Anerkennung ein Zeugnis über soziales Engagement mit dem Stempel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. One Week Student empfiehlt den Teilnehmern außerdem, sich beim Gastgeber mit einem kleinen Geschenk zu bedanken.
Die Idee für ein ehrenamtliches Schnupperwochenportal entstand bereits im Jahr 2011, ein Jahr später ging die Plattform online. Heute bilden über 4200 registrierte Nutzer, darunter etwa 1400 studentische Gastgeber, auf der Homepage eine Community. Allerdings sind nur etwa fünf Prozent aller registrierten Gastgeber auf One Week Student in chemienahen Studienfächern an deutschen Hochschulen eingeschrieben, und die Nachfrage nach Schnupperwochen in den Naturwissenschaften ist größer als das Angebot.
Um die Organisation in so vielen Städten wie möglich bekannt zu machen, engagieren sich Studierende und Schüler für das Bildungsprojekt. Denn ein Ziel ist es, dass Studienanfänger besser vorbereitet an die Universität kommen und dadurch die hohen Abbrecherquoten gerade in den Naturwissenschaften sinken.

Student für eine Woche

Viele kennen das Gefühl der Orientierungslosigkeit bei der Studienfachwahl. Jemand interessiert sich zum Beispiel für den Studiengang Chemie, weiß aber nicht so recht, ob es wirklich der richtige ist oder ob der Studienort behagt. Es stehen zwar viele Informationen zum Thema Studium zur Verfügung...

Nachrichten aus der Chemie: Was machen Sie im Umweltlabor der Bahn?
Kristin Feistner: Ich untersuche vor allem mit ICP-OES Wasser-, Schotter- und Bodenproben, und zwar auf Schwermetalle und andere Elemente. Standardanalyten sind Blei, Cadmium, Quecksilber, Chrom, Arsen, Zink, Kupfer und Nickel. Manchmal sind auch Exoten wie Barium oder Molybdän gefragt, gerade bei Wasserproben.
Nachrichten: Wer bereitet die Proben vor?
Feistner: Die Schotter- und Bodenproben bekommen wir gesiebt, gemahlen und homogenisiert. Den Königswasseraufschluss machen wir dann noch selbst. Heute habe ich auch Goldfilter für Asbestmessungen vorbereitet.
Nachrichten: Asbest?
Feistner: Im Moment wird viel zurückgebaut, also abgerissen; da sind Untersuchungen auf Asbest sehr gefragt. Denn ich bin Verfahrensverantwortliche für Gefahrstoffanalytik.
Nachrichten: Was für Stoffe sind das?
Feistner: Dieselabgase, Feinstäube beim Schweißen und Schleifen. Dabei geht es oft um Arbeitsschutz, die Messungen sind fast immer personengeführt. Ich bereite die Filter für die Messungen vor, der Mitarbeiter, der möglicherweise Abgasen ausgesetzt ist, trägt diesen Filter bei der Arbeit, und ich analysiere danach die Filter.
Nachrichten: Entwickeln Sie auch Methoden?
Feistner: Ja, meine Aufgabe ist es, die gesetzlichen Vorschriften in die Routineanalytik umzusetzen. Gelegentlich müssen Methoden angepasst werden, etwa wenn sich DIN-Normen ändern.


<h2>Wie ein Auftragslabor</h2>
Nachrichten: Bekommen Sie Ihre Aufträge ausschließlich von der DB?
Feistner: Wir haben auch externe Kunden wie ein ganz normales Auftragslabor. Allerdings nicht besonders viele, bei den Schwermetallanalysen sind das vielleicht fünf Prozent, bei Wasseruntersuchungen mehr, da fragen zum Beispiel Schulen bei uns an. Bauingenieurbüros kommen gelegentlich mit Bodenproben.
Nachrichten: Machen Sie den ganzen Tag Analytik?
Feistner: Nebenher läuft auch noch die Akkreditierung bei der Deutschen Akkreditierungsagentur, und ich schreibe Prüfberichte für die Gefahrstoffe. So sitze ich nicht den ganzen Tag am Rechner und bin auch nicht nur im Labor, es ist die richtige Mischung.
 Nachrichten: Wer arbeitet noch bei Ihnen im Labor?
Feistner: Wir sind in der Abteilung zu fünft, zwei weitere Chemiker und zwei Laboranten. Das gesamte Umweltlabor besteht aus 35 Mitarbeitern, dazu kommen Ingenieure und Techniker in den anderen Abteilungen. Insgesamt sind wir zirka 90 Mitarbeiter im Umweltservice.


<h2>Learning by Doing</h2>
 Nachrichten: Wie kamen Sie dazu, bei der Deutschen Bahn zu arbeiten? Für Chemiker klingt das nicht so naheliegend.
Feistner: Direkt nach meinem Studium in Potsdam arbeitete ich bei einem mittelständischen Hersteller von Biopharmazeutika in Berlin-Buch. Das war zwar interessant, aber ich musste von meinem Wohnort Brandeburg an der Havel täglich zwei Mal quer durch Berlin, die Pendelstrecke nahm insgesamt vier Stunden in Anspruch. Nach drei Jahren beschloss ich, mich nach Arbeit in der Nähe umzusehen.
Nachrichten: Und im Umweltservice der DB war eine Stelle frei?
Feistner: Hier in der Region gibt es ja nur eine Hand voll Laboratorien. Ich hatte mich initiativ beworben, und direkt am nächsten Tag rief mich meine jetzige Chefin an. Es war gerade intern eine Stelle ausgeschrieben worden. Aber die Wahrscheinlichkeit, hier eine Chemikerstelle aus dem Konzern zu besetzen, war nicht besonders hoch. Die meisten Chemiker, die bei der DB arbeiten, sind ja schon hier.
Nachrichten: Hatten Sie sich vorher schon auf Analytik spezialisiert?
Feistner: In der Diplomarbeit hatte ich mich mit Kolloidchemie befasst. In dem Pharmaunternehmen in Berlin war ich in der Produktion und hatte dabei mit der Prozesskontrolle zu tun. Ich arbeitete auch im Reinraum und machte Rückstandkontrollen mit HPLC. Das waren meine Berührungspunkte mit der Analytik.
Nachrichten: Aber jetzt machen Sie anorganische Elementanalytik.
Feistner: Ich habe in der organischen Analytik angefangen. Nach einem Jahr Elternzeit bin ich dann in die Schwermetallanalytik gewechselt. Die Geräte kannte ich vorher zwar nicht, aber die Grundlagen sind ja bekannt. Die Einarbeitung war Learning by Doing, ich habe mich aber schnell reingefunden.
Mit Kristin Feistner sprach Nachrichten-Redakteurin Frauke Zbikowski.


<h2>Der DB-Umweltservice</h2>
Der Umweltservice der Deutschen Bahn gehört zum Vorstandsressort Technik und Umwelt des Konzerns und hat seine Zentrale sowie den Laborstandort in Brandenburg an der Havel, Ortsteil Kirchmöser, etwa 70 km westlich von Berlin. Weitere Standorte liegen in München und in Düsseldorf. Der DB-Umweltservice bearbeitete im Jahr 2014 um die 33 000 feste, gasförmige und flüssige Proben und bestimmte etwa 800 000 Parameter und Messwerte. Das Umweltlabor führt physikalische, chemische und mikrobiologische Analysen durch inklusive Probenvorbereitung.


<h2>Einstiegsgehälter von Lebensmittelchemikern</h2>
Das durchschnittliche Einstiegsgehalt eines Lebensmittelchemikers liegt zwischen 35 000 und 45 000 Euro jährlich. Das zeigen die Ergebnisse einer Online-Umfrage der GDCh-Fachgruppe Lebensmittelchemische Gesellschaft. Die Daten stammen von Berufseinsteigern nach dem Jahr 2003. Demnach sind der höchste Abschluss, die Größe des Unternehmens und dessen Tätigkeitsfeld entscheidend für das erste Gehalt eines Lebensmittelchemikers. Arbeitgeber sehen die Abschlüsse Diplom und Master als gleichwertig an und entlohnen diese mit bis zu 35 000 Euro im Jahr. Mit bis zu 40 000 Euro können Einsteiger rechnen, wenn sie ein 2. Staatsexamen vorweisen. Promoviert beginnt ein Lebensmittelchemiker mit bis zu 45 000 Euro jährlich. Der Anteil der Lebensmittelchemiker mit Doktortitel liegt um die 20 %.
Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern am Standort zahlen bis zu 45 000 Euro, allerdings ist die Verteilung hier sehr breit. Unternehmen mit 50 bis 100 Arbeitnehmern zahlen bis zu 40 000, in Unternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitern sind es durchschnittlich bis zu 35 000 Euro Jahresbrutto. Dabei zahlen Handelslaboratorien niedrigere Gehälter als Industrieunternehmen, wo Berufseinsteiger zwischen 35 000 bis 45 000 Euro verdienen. In den Untersuchungsämtern können Berufsanfänger je nach Bundesland mit maximal 45 000 Euro rechnen.
<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.ag-jlc.de" target="_blank">www.ag-jlc.de</a></ext-link>


<h2>Frauenquote in Deutschland und Norwegen</h2>
Die Chemiekonzerne Henkel und Merck sowie das Pharmaunternehmen Biotest erfüllen die Frauenquote, die der Bundestag beschlossen hat. Ab dem Jahr 2016 müssen in den Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien mit mehr als 2000 Arbeitnehmern sowie Europäischen Aktiengesellschaften 30 % Frauen sitzen. Das Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit hat die Situation in Norwegen untersucht. Dort müssen börsennotierte Unternehmen seit dem Jahr 2008 mindestens 40 % ihrer Führungsgremien mit Frauen besetzen. Zwar sei es dort gelungen, durch die Frauenquote die männlichen Seilschaften aufzubrechen. Jedoch erlangten Frauen unterhalb der Führungsebene bis heute keine Karrierevorteile.
<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://newsroom.iza.org/de/2014/07/30" target="_blank">newsroom.iza.org/de/2014/07/30</a> /frauenquote-in-Norwegen</ext-link>
Stefanie Romund, Frankfurt am Main

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