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Katherina Reiche — Von der Chemie in die Politik
Katherina Reiche schloss ihr Chemiestudium im Jahr 1997 ab und wechselte bereits ein Jahr später in die Politik. Heute ist sie Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Nachrichten aus der Chemie: Frau Reiche, warum haben Sie Chemie studiert?
Katherina Reiche: In der Schule mochte ich Naturwissenschaften am allerliebsten, wobei meine beiden Chemielehrer inspirierend wirkten. Noch dazu ist meine Mutter promovierte Physikochemikerin und mein Vater Ingenieur der Chemieverfahrenstechnik. So war schon genetisch nichts anderes möglich.
Nachrichten: Inwiefern hat Sie die Chemie später auch persönlich gefesselt?
Reiche: Besonders gern mochte ich die analytische Chemie, aber auch das Kochen von Präparaten in der Organik hat mir Freude gemacht. Das hohe Maß an Präzision und Genauigkeit begeisterte mich ebenso wie die logische Herangehensweise. Vertiefend beschäftigt habe ich mich in der Analytik mit der Massenspektrometrie, insbesondere in Verbindung mit der Biochemie. Proteomics Mitte der 90er Jahre — faszinierend! Auch in meiner Diplomarbeit bearbeitete ich ein massenspektrometrisches Thema, wobei es um die Bindungseigenschaften von Kalium- und Natriumkomplexen ging.
Nachrichten: Was mochten Sie weniger?
Reiche: Weniger lag mir die theoretische Chemie. Ich hörte sie bei Lutz Zülicke; seine Vorlesungen in Quantenmechanik hat auch schon Angela Merkel besucht. Er schien mir etwas überrascht, nun bereits zwei Schülerinnen an die Politik verloren zu haben.
Nachrichten: Hat das Studium Ihnen denn genug Raum für die Politik gelassen?
Reiche: Ich bin froh, im klassischen Diplomstudiengang ein breites Spektrum einzelner Gebiete durchdrungen zu haben, und zweifle, ob das mit Master und Bachelor noch möglich ist. Die Gelegenheit zur Beschäftigung mit vielen chemischen und benachbarten Fachdisziplinen habe ich gern genutzt, dennoch sehr fokussiert gearbeitet und hatte nebenbei genug Zeit für Sport und für die Anfänge der Politik.
Nachrichten: Wie ergab sich dann der Abschied aus der Chemie
Reiche: Der endgültige Abschied aus der Chemie kam sehr abrupt. Ich kandidierte 1998 erstmals für den Bundestag und wurde auf Anhieb gewählt. Direkt aus dem Promotionsstudium heraus ging ich als Abgeordnete nach Berlin und bin dabei geblieben.
Nachrichten: Hilft Ihnen die Chemie heute hier und da weiter?
Reiche: Gerade habe ich an der aktuellen Novelle zu wassergefährdenden Stoffen mitgearbeitet. Da ist es von Vorteil, wenn man die chemischen und biologischen Prozesse im Abwasser kennt oder weiß, wie und in welchen Konzentrationen sich Öle, Gärsubstrate oder Cyanide nachweisen lassen. Politische Schlagworte wie “Nulltoleranz” entlarvt man schnell als unsinnig, wenn man ein Gefühl dafür hat, welch geringe Spuren in der modernen Spektrometrie noch detektierbar sind.
So stehe ich zwar nicht mehr im Labor, profitiere aber Tag für Tag von meinen Fachkenntnissen. Praktisch züchte ich Alaun-Kristalle mit meinen Kindern und führe sie so an die Chemie heran.

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