Blickpunkt

Mehr als 1000 Mal wurde das Poster “Top 200 Drugs 2011” von der GDCh-Homepage heruntergeladen [Nachr. Chem. 2013, 61, 528]. Jetzt gibt es die 2013er-Version.1,2) Viel hat sich verändert: Atorvastatin — einer der wohl bekanntesten Wirkstoffe — war im Jahr 2011 noch die unangefochtene Nummer 1. Durch den Verlust des Patentschutzes rutschte es im Jahr 2013 auf Platz 32 ab. Auch der ehemaligen Nummer 2 Plavix erging es nicht besser — es steht jetzt auf Platz 38.
Verglichen mit dem Jahr 2011 sind Biopharmazeutika mit 48 statt 44 Substanzen etwas stärker vertreten. Biopharmazeutika sind Proteinpräparate, etwa Humaninsuline und monoklonale Antikörper, die biotechnisch hergestellt wurden. Mit Humira liegt im Jahr 2013 ein monoklonaler Antikörper sogar auf Platz 1. Die Hälfte der Top 20 sind Biopharmazeutika (2011: 8 von 20) und immerhin 18 der Top 40. Dass es so viele sind, mag am Preis liegen: Über 1000 US-Dollar pro Dosis monoklonaler Antikörper sind nicht selten. So erzeugen wenige Verschreibungen viel Umsatz.
Die meistverkauften Biopharmazeutika sind Insuline. Deren Umsatz im Jahr 2011 betrug 15 Mrd. US-Dollar und im Jahr 2013 etwa 19 Mrd. US-Dollar. Zum Vergleich: der Markt für Biopharmazeutika betrug ungefähr 134 Mrd. US-Dollar. Insgesamt ist ein Vormarsch von Produkten, die direkt mit Diabetes im Zusammenhang stehen, zu beobachten: Im Jahr 2011 erbrachten 14 Produkte 29 Mrd. US-Dollar, jetzt sind es bei 16 Produkten 34 Mrd. US-Dollar. Erfreulich für Synthetiker ist, dass es sich bei den prominentesten Neuzugängen um Saxagliptin, Vildagliptin und Linagliptin handelt; das sind synthetisch hergestellte Small Molecules.
Fabian Weber, Jahrgang 1987, studierte Chemie an der Universität Freiburg und promoviert dort im Arbeitskreis von Reinhard Brückner zu Naturstoffsynthesen. <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.fabian-weber.eu" target="_blank">www.fabian-weber.eu</a></ext-link> Gottfried Sedelmeier, Jahrgang 1948, studierte Chemie an der Universität Freiburg. Nach seiner Promotion im Jahr 1979 begann er bei Ciba-Geigy (heute Novartis). Seit dem Jahr 1991 liest er an der Universität Freiburg über industrielle pharmazeutische Chemie und ist dort seit dem Jahr 2003 Honorarprofessor. <a href="mailto:gottfried.sedelmeier@novartis.com">gottfried.sedelmeier@novartis.com</a>



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IMS Health stellt die Zahlen ausschließlich für akademische Zwecke zur Verfügung (purely for academic purposes). Die Poster sind ausschließlich für akademische Zwecke nach Einloggen als GDCh-Mitglied herunterladbar.
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Die Strukturen der Wirkstoffe wurden mit Scifinder recherchiert. Sofern es sich um Small Molecules handelt, wurden die Strukturen von dort übernommen. Die Proteinstrukturen stammen aus der Internationalen Proteindatenbank und wurden mit dem Open-source-Programm Jmol (<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.jmol.org" target="_blank">www.jmol.org</a></ext-link>) abgebildet, sofern es Kristall- oder Lösungsstrukturen gibt. Anderenfalls wurde das Protein oder Peptid abgebildet, von dem sich der Wirkstoff ableitet.
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Artikel

Top 200 Pharmawirkstoffe

Mehr als 1000 Mal wurde das Poster “Top 200 Drugs 2011” von der GDCh-Homepage heruntergeladen [Nachr. Chem. 2013, 61, 528]. Jetzt gibt es die 2013er-Version.1,2) Viel hat sich verändert: Atorvastatin — einer der wohl bekanntesten Wirkstoffe — war im Jahr 2011 noch die unangefochtene Nummer 1. Dur...

Der Umsatz des Münchner Chemieunternehmens Wacker ging im Jahr 2013 um 3 % auf 4,5 Mrd. Euro moderat zurück. Dagegen sank das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) mit 15 % auf 679 Mio. Euro stark. Damit steht das Unternehmen bei den Erträgen im europäischen Mittelfeld, und Wacker beendet das Jahr ausgeglichen. Doch das ist nicht das Wichtigste. Das Jahr 2013 bot Wacker ein Kondensat an Problemen, denen sich die europäische chemische Industrie insgesamt — außerhalb Europas, also weit entfernt von ihrer Basis — stellen muss, um konkurrenzfähig zu bleiben.


<h2>Inhomogene und überraschende Ergebnisse — auf den ersten Blick</h2>
Anfang des Jahres nannte Wacker für seine zwei Kerngeschäftsbereiche kontrastierende Umsatz- und Gewinnzahlen:
Die beiden traditionellen, chemischen Abteilungen — Polymere und Silikone — haben die gleichen Umsätze wie im Jahr 2012, jedoch mit einem um 11 % erhöhten Ebitda. Sie beliefern vor allem das Baugewerbe.
Die beiden moderneren Abteilungen — Siltronic für die Mikroelektronik und Polysilicon für Solarzellen — verzeichnen Umsatzrückgänge von 14 bzw. 19 %. Während der Ebitda von Siltronic leicht stieg — um 1 % auf 26 Mio. Euro —, sank der von Polysilicon stark — um 45 % auf 234 Mio. Euro. Die Bereiche sind modern, da sie auf den elektronischen Eigenschaften von ultrareinem Silicium beruhen. Hier setzt Wacker den Maßstab.
In einer Zeit, die sich Innovation auf die Fahnen geschrieben hat, erscheint ein solcher Gegensatz zwischen traditionellem und modernem Geschäft überraschend.
Ein weiterer Punkt ist die Suche nach erfolgreichen Märkten. Wacker ist seit etwa 40 Jahren in Asien präsent und hat dort im Jahr 2013 mit seinen nah beim Kunden gelegenen Produktionsstätten 41 % seiner Umsätze realisiert: ein gemeinsames Tochterunternehmen mit Dow in China, das Zwischenprodukte für Silicone produziert, zwei Produktionen für Vinylpolymere in China und Südkorea sowie die Herstellung von 300-mm-Wafern in Singapur. Dabei arbeiten 77 % der 16 000 Mitarbeiter immer noch in Deutschland.


<h2>Der Kontext der Märkte</h2>
Wo wurzeln also die vorgefundenen Schwierigkeiten? In der unterschiedlichen Situation der drei hauptsächlich belieferten Märkte, vorwiegend in Asien.
Beim ultrareinen Si gibt es einerseits einen Nachfragerückgang auf dem Halbleitermarkt: Er betrifft unmittelbar Asien, wichtiger Komponentenlieferant der entwickelten Länder, die Opfer der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise sind. Andererseits besteht ein Photovoltaikweltmarkt, der neu und in Erwartung einer Stabilisierung ist. Die Produktionskapazität überschreitet hier die Nachfrage. Der Preis von Silicium für Solarzellen ist hier in einem Jahr um ein Drittel gefallen. Wacker hat dennoch seine Produktion und seinen Marktanteil erhöht. Das Unternehmen bewahrt sich sein Selbstvertrauen, in dem Augenblick, in dem die laufende Investition in Silicium — die Hälfte der Investitionsausgaben des Jahres 2013 — im US-amerikanischen Charleston konkrete Formen annimmt.
Für die Polymere gilt: Die Steigerung des Bruttoinlandprodukts in Asien und insbesondere in Südostasien zieht eine erhöhte Kaufkraft der Bevölkerung nach sich. Es entstehen Wohnungen und Infrastruktur. Das Baugewerbe wächst: ein alter Markt, wiederbelebt und begierig auf angepasste Innovationen. Die Nachfrage nach Vinylpolymeren — für Boden- und Wandbeläge und zur Isolation — und die nach Silikonen — in ihren vielfältigen Anwendungen mit starker Wertschöpfung — steigt in Asien.
Um diese marktbedingten Zufälligkeiten zu beheben, hat Wacker eine Reihe von Maßnahmen ergriffen — und das in einem Augenblick, in dem sich die Nachfrage des Elektronikweltmarkts Asien zuwendet.
Direkte Verhandlungen mit der chinesischen Regierung über einen Vertrag über einen Mindestpreis für Photovoltaiksilicium. Er kommt sehr gelegen, da China gegenwärtig den Photovoltaikweltmarkt anführt.
Kontrollübernahme des gemeinsamen Tochterunternehmens mit Samsung zur Produktion von 300-mm-Wafern in Singapur.
Einrichtung eines Elektronikexzellenzzentrums in Pangyo bei Seoul unter der Leitung von Kyuna Chung, einem Altgedienten von Dow und Samsung.
Die Zahlen des ersten Trimesters 2014 zeigen die erwartete Erholung der Erträge. Es steht zu hoffen, dass diese Verbesserungen sich fortsetzen und dass das 100-jährige Unternehmen Wacker für das Jahr 2014 Ergebnisse melden kann, die seiner Langlebigkeit würdig sind.


<h2>Schlussfolgerungen</h2>
Die Entwicklung von Umsatz und Ebitda ist ein repräsentativer Indikator, um ein Unternehmen zu beobachten. Selbst wenn die finanzielle Bilanz nicht immer die mengenmäßige Produktion zum Ausdruck bringt.
Es ist der Markt, der letzten Endes über die Leistungsfähigkeit von Unternehmen entscheidet.
Mit seiner “La Comédie humaine” (Die menschliche Komödie) — einer Sammlung von Essays, Romanen, Kurzgeschichten und Erzählungen — hat uns schon Balzac davon überzeugt, dass Einzelfälle aufschlussreicher sind als Verallgemeinerungen. Die individuelle Analyse von Unternehmen am Ende und an der Spitze der Erträge der europäischen Unternehmen im Jahr 2013 wäre sicher noch aufschlussreicher.
Gilbert Schorsch war Forschungsleiter der Rhône-Poulenc-Spezialitätenchemie. <a href="mailto:cgschorsch@aol.com">cgschorsch@aol.com</a>


<h2>Thomas Seuß beantwortet Fragen zum Patentrecht</h2>
Ein Weg aus der Zwickmühle?
Frage 75:
Wir sind ein kleines Chemieunternehmen, das im Auftrag größerer Unternehmen einzelne Substanzen herstellt. Nach den üblichen Verträgen sind wir in höchstem Maß zur Geheimhaltung verpflichtet und dürfen auch keine Patentanmeldungen vornehmen. Einer unserer Wissenschaftler hat eine uns übergebene Verfahrensvorschrift überarbeitet und mit einer modifizierten Synthese eine sehr viel höhere Ausbeute erreicht. Der Mitarbeiter hat mir nun die neue Synthese als Erfindung gemeldet. Wenn ich mich recht erinnere, hat der Arbeitgeber in diesem Fall die Pflicht, eine Patentanmeldung zu tätigen. Dies würde aber wiederum gegen unseren Vertrag verstoßen. Gibt einen Weg aus diesem Dilemma?
Antwort:
Bei der von Ihnen beschriebenen Fallgestaltung stecken Sie tatsächlich in der Zwickmühle. Sie haben einerseits die gesetzliche Verpflichtung, die gemeldete Diensterfindung Ihres Mitarbeiters zum Patent anzumelden [Nachr. Chem. 2007, 55, 535]. Andererseits haben Sie die vertragliche Verpflichtung, die Entwicklung als Betriebsgeheimnis zu bewahren. Das Gesetz können Sie nicht ändern, den Vertrag schon, sofern Sie hierzu Einvernehmen mit Ihrem Auftraggeber herstellen. Es besteht daher zumindest die Möglichkeit, Ihren Auftraggeber zu informieren, die Lage zu erörtern und gegebenenfalls den Vertrag in diesem Punkt zu ändern. Eventuell bekommt der Auftraggeber doch Interesse an einer Patentanmeldung, vor allem wenn das neue Verfahren tatsächlich signifikant besser ist und nicht naheliegend war. Ihr Auftraggeber muss nämlich auch immer bedenken, dass das Verfahren im Zuge einer unabhängigen Entwicklung eines Dritten veröffentlicht oder gar patentiert wird oder auch durch einen möglichen Bruch des Geheimnisses an die Öffentlichkeit gerät. Vor diesem Hintergrund könnte Ihr Auftraggeber immerhin ein Interesse daran haben, eine Patentanmeldung einzureichen.
Sollte dies nicht der Fall sein, dann bleibt Ihnen nur als Möglichkeit, die gemeldete Erfindung zum Betriebsgeheimnis zu erklären (§ 17 Arbeitnehmererfindergesetz). Dazu müssen Sie allerdings rechtlich bindend anerkennen, dass es sich um eine Diensterfindung handelt und den Erfinder entsprechend vergüten. An dieses Anerkenntnis sind Sie dann auch in der Zukunft gebunden. Selbst wenn Sie später feststellen, dass diese Erfindung niemals patentfähig war, müssen Sie den Erfinder nach den Richtlinien des Arbeitnehmererfindergesetzes vergüten.
Zusätzlich sollten Sie genau diese Fallgestaltung vor dem nächsten Vertragsschluss mit ihrem nächsten Auftraggeber besprechen, damit Sie gar nicht erst in eine solche Zwickmühle kommen.
Fragen für Thomas Seuß an: nachrichten@ <a href="https://gdch.de" target="_blank">gdch.de</a>. Info zur kostenfreien Beratung unter <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.gdch.de/rechtsberatung" target="_blank">www.gdch.de/rechtsberatung</a></ext-link>


<h2>VCI korrigiert Prognosen</h2>
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) erwartet in diesem Jahr ein Produktionsplus von 1,5 % (zuvor 2 %) und ein Umsatzwachstum von 1 % (zuvor 1,5 %) auf 192,5 Mrd. Euro. Die Chemikalienpreise sinken um 1 % (zuvor 0,5 %).
Die deutsche Chemieindustrie produzierte im zweiten Quartal 2,3 % weniger als im ersten. Im Vergleich zum Vorjahr waren es jedoch 0,3 % mehr. Die Anlagen waren zu 84,4 % ausgelastet. Der Umsatz sank von April bis Juni um 1,2 % auf 45,8 Mrd. Euro. Die Chemikalienpreise blieben gegenüber den ersten drei Monaten konstant.


<h2>Auf und ab in Rheinland-Pfalz</h2>
Der Umsatz der Chemieindustrie in Rheinland-Pfalz lag im ersten Halbjahr mit 14,9 Mrd. Euro um 2,8 % über dem Vorjahreswert. Allerdings setzte die Branche im zweiten Quartal 5 % weniger um als im ersten Quartal. Der Auftragseingangsindex sank in den ersten sechs Monaten um 18 Prozentpunkte. Die Beschäftigtenzahl lag mit 46 177 im Juni um 1,5 % höher als im Jahr zuvor.


<h2>Optimismus in Baden-Württemberg</h2>
Die chemische Industrie in Baden-Württemberg steigerte den Umsatz im ersten Halbjahr um 2,7 % auf 9,6 Mrd. Euro. Das Inlandsgeschäft trug dazu mit einem Plus von 4,1 % auf 3,8 Mrd. Euro und das Auslandsgeschäft mit einem Zuwachs von 1,8 % auf 5,8 Mrd. Euro bei. Besonders positiv entwickelte sich die Lackbranche, die um 8,4 % auf 1,2 Mrd. Euro stieg. Für das Gesamtjahr rechnen die Chemieverbände mit einem Umsatzwachstum von 2 %.
Claudia Schierloh, Frankfurt

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