Blickpunkt

Der Verband der chemischen Industrie (VCI) kürte die Preisträger des Responsible-Care-Wettbewerbs 2015: Das Asphaltbauunternehmen Total Bitumen bekommt den ersten Preis für ein Projekt, dass Fahrer von Gefahrgütern durch Punktesammeln animiert, Transporte sicherer zu machen. Delo Industrie Klebstoffe erhält den zweiten und den Mittelstandspreis für ein Team aus Mitarbeitern aller Abteilungen, das präventiv die Logistik verbessert und Verpackungsmaterial reduziert. Der dritte Preis geht an die Wacker Chemie, die ihre Überseetransporte optimierte und so 20 % weniger Leerfahrten hatte. 
Eliza Leusmann, Frankfurt am Main


<h2>Gentechnikkennzeichnung</h2>
Transparenz soll Vorbehalte der Bevölkerung mindern.
Das Forum Grüne Vernunft verlangt mit einer Petition zur grünen Gentechnik die Kennzeichnungspflicht von Produkten, die mit Gentechnik in Berührung kommen. Es soll erkennbar sein, ob ein Produkt mit grüner, roter oder weißer Gentechnik hergestellt wurde. Das Forum ist ein Verbund aus Befürwortern der Gentechnik aus Wissenschaft und Politik; sie wollen Privatpersonen als Fürsprecher und Unterstützer der grünen Gentechnik gewinnen. Die Kennzeichnungspflicht zeige, wie verbreitet die Technologie ist und liefere Transparenz über Gentechnik. Damit ließe sich die Angst der Bevölkerung vor Gentechnik nach Meinung des Forums mindern. Die Unkenntnis der Bevölkerung über Gentechnik hat sich seit dem Jahr 2013 nicht verändert, zirka 75 % der Bevölkerung wissen nicht, dass etwa 70 % der Lebensmittel während der Produktion mit Gentechnik in Berührung kommen. Desweiteren werden über 150 Medikamente und fast alle Putz- und Reinigungsmittel mit gentechnischen Komponenten hergestellt.
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Isabella Mootz, Frankfurt am Main


<h2>Mehr Artemisininforschung</h2>
Der Nobelpreis der chinesischen Wissenschaftlerin Youyou Tu für die Entdeckung der Malariatherapie durch Artemisinin zeigt aus chinesischer Sicht zu wenig das wirtschaftliche Potenzial dieser Substanz. China liefert zwar etwa 130 t und damit 70 % des Weltbedarfs an Extrakten des einjährigen Beifuß Artemisia annua, die Aufarbeitung und damit die Wertschöpfung geschehen jedoch außerhalb Chinas. Chinesische Forschungseinrichtungen wie das Institut für Organische Chemie in Schanghai wollen deshalb die Prozesse für Artemisinin verbessern.


<h2>Impfstoffe in China</h2>
Chinas Impfstoffmarkt wächst jährlich um etwa 15 % und erreichte 20 Mrd. Yuan (zirka 3 Mrd. Euro) im Jahr 2014. Dies meldete die Gesundheitsbehörde Chinas (China National Institutes of Food and Drug Control). Dabei registrierten die 38 chinesischen Impfstoffhersteller im Jahr 2013 zwar mehr Produkte als die in China aktiven multinationalen Hersteller, machten aber weniger Umsatz.


<h2>Temperaturgradienten</h2>
Ein Nanothermometer für intrazelluläre Temperaturgradienten entwickelte die Gruppe um Jiang Yuqiang vom Pekinger Institut für Genetik und Entwicklungsbiologie. Es besteht aus CdSeS-Quantenpunkten in einer 30 nm großen Poly(methylmethacrylat-co-methacrylsäure)-Matrix und ist unempfindlich gegen pH-Wert- und Ionenstärkeschwankungen der Zelle.
Rolf Schmid, <a href="mailto:rolf.schmid@asia-tech.eu">rolf.schmid@asia-tech.eu</a>

Transport und Logistik

Der Verband der chemischen Industrie (VCI) kürte die Preisträger des Responsible-Care-Wettbewerbs 2015: Das Asphaltbauunternehmen Total Bitumen bekommt den ersten Preis für ein Projekt, dass Fahrer von Gefahrgütern durch Punktesammeln animiert, Transporte sicherer zu machen. Delo Industrie Klebst...

Nachrichten aus der Chemie: Was waren die wichtigsten Erkenntnisse der Enquetekommission?
Michael Dröscher: Dass Nordrhein-Westfalen eine Zukunft als Chemiestandort hat. Noch wichtiger ist mir, dass es uns gelungen ist, ein Bild zu entwerfen, das alle fünf Fraktionen im Landtag Wort für Wort unterschrieben haben. Das war zu Beginn nicht zu erwarten.
Nachrichten aus der Chemie: Wie ist es Ihnen gelungen, einen Konsens zu finden?
Dröscher: Durch sehr hartnäckiges Arbeiten der Sachverständigen mit den Referenten aus den Landtagsfraktionen. Der Ablauf der Beratungen in der Enquetekommission war so: Jede Fraktion hatte einen Referenten oder eine Referentin, die haben die Texte entworfen. Dann haben wir uns zusammengesetzt und so lange am Text gefeilt, bis alle zustimmen konnten. Das war oft mühsam, aber im Endeffekt erfolgreich.
Nachrichten: Ich stelle mir Politik als Ausbalancieren von Interessen vor.
Dröscher: Ja, aber es gab ein Einsehen der Politik, dass Zahlen und Annahmen begründet sein müssen. Wir hatten das Glück, dass zwei Politiker in der Kommission Chemiker waren: Der stellvertretende Vorsitzende der Kommission ist Chemielehrer, ganz erfahren, die Obfrau der Grünen hat ein Labor mit einigen Mitarbeitern. Daher fiel es leicht zu vermitteln, dass unsere Antworten auf bestimmte Sachfragen wissenschaftlich begründet sein müssen. Dazu kam ein gemeinsames Verständnis darüber, dass Nachhaltigkeit aus den Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziales besteht und diese gleichwertig sind. Die Optionen, die wir für die Zukunft entwickelt haben, haben wir danach bewertet, wie nachhaltig sie sind.


<h2>Hart erarbeiteter Konsens</h2>
Nachrichten: Bei welchem Themen war der Konsens besonders hart erkämpft?
Dröscher: Beim Thema Braunkohle. Braunkohle wird heute verbrannt. Aber es ist die einzige leicht zugängliche Kohlenstoffreserve, die wir in Deutschland haben. In der Kommission haben wir gesehen, dass wir eine Kohlenstoffquelle brauchen neben dem CO2. Denn CO2 ist wahrscheinlich erst dann eine Quelle, wenn genug Wasserstoff zur Verfügung steht. Braunkohle gibt es in Deutschland noch für mehr als 50 Jahre, und zwar in Mengen, die viel größer sind als der Bedarf. Wir verbrennen zur Zeit im Jahr das Zehnfache dessen, was wir für die Chemie bräuchten, es ist genug Braunkohle da.
Nachrichten: Ich nehme an, Konfliktpunkte waren der Tagebau und die CO2-Emissionen.
Dröscher: Ja, gerade die Piraten und die Grünen, die den Tagebau stark bekämpfen, taten sich sehr schwer zu verstehen, dass Kohlenstoff auch ein Chemierohstoff ist, nicht nur ein Energieträger. Aber Energiegewinnung war nicht unser Thema, Energieträger haben wir gar nicht diskutiert. Am Schluss haben alle gemeinsam unterschrieben, dass Braunkohle ein Chemierohstoff ist — mit allen Fragezeichen, mit allem, was Braunkohlegewinnung bedeutet, auch dass man die Erde aufreißt und Dörfer verschwinden. Aber das bedeutet auch, dass wir uns wieder mit Synthesegas-Chemie beschäftigen müssen. Unsere Handlungsempfehlung war: Wir brauchen einen Lehrstuhl dafür.
Nachrichten: Sie sehen also Handlungsbedarf an den Hochschulen, um NRW als Standort für die chemische Industrie zu sichern.
Dröscher: Defizite sehen wir bei den Lehrstühlen. Neben dem eben erwähnten für Synthesegas oder Kohlechemie fehlt einer für Elektrochemie. Ansonsten ist die nordrhein-westfälische Wissenschaftslandschaft ja hervorragend. Wir haben 15 Unis, darunter exzellente. Wir müssen sicherstellen, dass diese Akademia erhalten und vernetzt bleibt.


<h2>Ein Überblick über die Chemiewirtschaft</h2>
Nachrichten: Der Bericht der Enquetekommission enthält Tabellen über die gesamte wirtschaftliche Situation der Welt, über die Rohstoffsituation Deutschlands. Das Ganze liest sich in Teilen wie ein Lehrbuch der Chemiewirtschaft. Wer sollte das alles lesen?
Dröscher: Ich glaube, der Bericht ist schon ein Nachschlagewerk. Wir haben versucht, ihn wissenschaftlich sauber zu machen. Es gibt, soweit ich weiß, keine einzige Aussage mit einer Zahlenangabe oder Größenordnung, die nicht belegt ist. Das ist die Grundlage.
Nachrichten: Haben Sie damit Arbeit auch für andere Bundesländer erledigt?
Dröscher: Soweit die Fragen die Gleichen sind. Viele Handlungsempfehlungen sind unabhängig vom Land. Der Fokus unserer Arbeit lag zwar immer auf Nordrhein-Westfalen. Aber man kann die Wertschöpfungsketten in der Chemie ja nicht abschneiden, wenn sie über die Landesgrenzen hinaus gehen.
Wir haben die NRW-spezifischen Zahlen angeschaut, wenn verfügbar. Wenn es keine gab, haben wir Zahlen für ganz Deutschland genutzt. Wir haben eine sehr gründliche Analyse gemacht. Wir haben Rohstoffe, Werkstoffe, chemische Verfahren um die Frage der Energiespeicherung herum betrachtet. Themen wie biomimetische Chemie und Biotechnologie sind im Verfahrensteil berücksichtigt.
 Nachrichten: Warum diese umfassende Recherche?
Dröscher: Man muss über die Stoffströme reden und fragen, wo sie herkommen. Wir haben gefragt, wie viel wir später brauchen werden, wo die Engpässe liegen. Wenn es uns nicht gelingt, die Wertschöpfungsketten zu erhalten, werden wir große Probleme bekommen, in 40 Jahren noch wettbewerbsfähig Chemie zu betreiben. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse für alle. Es geht nicht nur um die schöne Spezialchemie und nicht nur um Biotechnologie, sondern es geht ganz einfach darum, Rohstoffe zu beschaffen.
Nachrichten: Wen sprechen Sie mit dem Bericht an?
Dröscher: Politik und Gesellschaft. Alle, die dazu beitragen, dass Chemie eine Zukunft hat. Das geht bis zur Frage nach dem Nachwuchs, also nach der Ausbildung. In den Handlungsempfehlungen steht, dass man sich die ganze Ausbildung anschauen muss. Das duale System, die Ausbildung von Technikern und Laboranten, ist hervorragend. Das müssen wir erhalten und ausbauen.
Nachrichten: Wäre ein Bericht, der sich mit der Zukunft der chemischen Industrie beschäftigt, nicht Aufgabe des Verbands der Chemischen Industrie, des VCI?
Dröscher: Nein. Der Auftrag kam vom Parlament, weil die wichtigen Entscheidungen, die regulativen Entscheidungen, in den Parlamenten fallen. Der VCI ist Lobbyist. Das hier war kein Lobbyismus. Das hier war eine gesellschaftsübergreifende Aktivität von Parlament, Wissenschaftlern und Verbänden, und alle haben gleichberechtigt mitgearbeitet.


<h2>Aufgaben für das Land und den Bund</h2>
Nachrichten: Müssten Ihre Handlungsempfehlungen nicht zuerst nach Berlin gehen?
Dröscher: Wir haben ein paar Dinge in Richtung Berlin gesendet, etwa, wenn es um die steuerliche Regelung von Forschungsaufwand geht, oder darum, dass es Unsinn ist, Biomasse zu verbrennen, Biomasse sollte ein Rohstoff sein. Aber wir haben uns bewusst mit dem Schwerpunkt unseres Denkens auf Dinge fokussiert, die man im Bundesland bewegen kann.
Nachrichten: Rechnen Sie damit, dass alle Handlungsempfehlungen umgesetzt werden?
Dröscher: Nein, nein. Dabei ist auch viel “wishful thinking”. Aber es ist natürlich so, dass einige der Punkte für uns als Chemiker unabdingbar sind.
Nachrichten: Welche zum Beispiel?
Dröscher: Wenn wir uns das Thema Werkstoffe anschauen. Im Bericht steht nicht, dass ein Produkt biologisch abbaubar sein muss. Diese Eigenschaft kann richtig sein, wenn sie dem Gebrauch nutzt. Es stehen aber Aussagen im Bericht, die den Lebensweg eines Produkts betreffen, etwa Handlungsempfehlungen für mehr Kreislauf. Wir müssen bei allem, was wir in der Chemie tun, das Ende bedenken und fragen, was am Schluss mit dem Produkt passiert.
Nachrichten: Wie lange wird der Bericht aktuell bleiben?
Dröscher: Wir haben den Bericht mittel- und langfristig angelegt, auf 15 und 30 Jahre. Die Vorhersagen über die Stoffströme und Werkstoffe allerdings sind kurz- und mittelfristig, damit wir die Handlungsempfehlungen überprüfen können. Wenn etwa in fünf Jahren kein Lehrstuhl für Kohlechemie und Synthesegas eingerichtet ist, wird er nicht kommen. Das muss in den nächsten zwei, drei Jahren geschehen. Wir haben viele Themen angestoßen. Inwieweit die dann wirklich umgesetzt werden, werden wir sehen, aber die Grundaussagen bleiben gültig.
Nachrichten: Welche Aussage zählen Sie dazu?
Dröscher: Die Rohstoffquelle für Chemie wird weiter überwiegend Naphtha sein. Wir bekommen aber ein Problem, sobald die Mobilität vom Benzin weggeht, denn dann fällt der jetzige Zugang zu Naphtha weg. Ob das eine Dekade früher oder später passiert, kann man jetzt noch nicht sagen, das hängt auch von der Weltpolitik ab.
Nachrichten: Wer überprüft, ob die Handlungsempfehlungen der Enquetekommission umgesetzt werden?
Dröscher: Erst muss man sie pushen, damit die Leute verstehen, dass sie wichtig sind.
Nachrichten: Und dann sehen, ob sie irgendjemand umsetzt.
Dröscher: Die Ministerien haben sich die Handlungsempfehlungen, die sie besonders angehen, schon herausgepickt. Der Cluster <a href="https://Chemie.NRW" target="_blank">Chemie.NRW</a>, dessen Manager ich bin, hat die Politik eingeladen, sich in unserem Arbeitskreis Innovation regelmäßig mit der Wissenschaft und der Industrie auszutauschen. Dort sind Akademia, Industrie und auch die Ministerien. Und wir hoffen, dass wir dann ein, zwei Mal im Jahr Bestandsaufnahme machen. Die Arbeit ist ganz klar nicht zu Ende, sondern wird fortgesetzt.


<h2>ZUR PERSON</h2>
Michael Dröscher war von 2013 bis 2015 einer von fünf Sachverständigen in der Enquetekommission zur Zukunft der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen.
Dröscher studierte Chemie in Mainz und promovierte dort im Jahr 1975 in physikalischer Chemie. Bis zum Jahr 2011 arbeitete er im Innovationsmanagement von Evonik in Essen. Seit 2009 ist er Manager des Clusters <a href="https://Chemie.NRW" target="_blank">Chemie.NRW</a>.
In den Jahren 2010 und 2011 war Michael Dröscher Präsident der GDCh, von 2012 bis 3013 war er Vizepräsident.
Als weitere Sachverständige arbeiteten in der Enquetekommission mit: der Bayer-Betriebsratsvorsitzende Thomas de Win, der frühere Leiter des Chemieparks Dormagen Walter Leidinger, der Geschäftsführer des VCI-Landesverbands NRW Hans-Jürgen Mittelstaedt sowie Volker Hessel, Professor für Mikroprozessengineering an der TU Eindhoven.


<h2>Die Chemie-Enquetekommission in Nordrhein-Westfalen und ihr Abschlussbericht</h2>
Der Enquetekommission zur Zukunft der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen gehörten Mitglieder aller Fraktionen des nordrhein-westfälischen Landtags an, das sind SPD, CDU, Bündnis90/ Die Grünen, FDP und die Piratenpartei. Initiiert von den Grünen sammelte die Kommission zwei Jahre lang Zahlen, Daten und Fakten, entwickelte Handlungsoptionen und bewertete sie anhand ökologischer, ökonomischer und sozialer Kriterien. Herausgekommen ist ein etwa 400 Seiten dicker Bericht mit einer Bestandsaufnahme der chemischen Industrie zu Rohstoffen, Werkstoffen, Energieumsätzen und Verfahren sowie 58 Handlungsempfehlungen. Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass die Industrie Emissionen und Landverbrauch reduziert, die Ressourcen schonend einsetzt und dabei innovativ und wettbewerbsfähig bleibt. Zudem sollen die Verbraucher die chemische Industrie und ihre Produkte akzeptieren können, die Beschäftigung soll sicher bleiben, die Qualität der Arbeitsbedingungen hoch, und die Industrie soll der Gesundheit nicht schaden.
Bei Rohstoffen prognostizierte die Kommission eine weitere Diversifizierung, empfiehlt das Prüfen alternativer Quellen, etwa Agrarreststoffe, hält das Phosphorrecycling für erforderlich und fordert den Stopp der energetischen Nutzung von Biomasse.
Bei den Werkstoffen geht es ausschließlich um Kunststoffe, dabei fordert die Enquetekommission den Ausbau des Recyclings und ein Produktdesign, das Recycling fördert.
Zudem empfiehlt die Kommission, solche Verfahrenskonzepte zu fördern, die Abfallstoffe und Restwärme nutzen und Prozesse im Verbund führen. Die Kommission erwartet, dass elektrochemische Synthesen an Bedeutung gewinnen, daher seien elektrochemische Inhalte im Chemiestudium zu stärken.
Sebastian Ritter, Paderborn
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Transport und Logistik

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