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Darüber, dass Chemie unser Leben und unsere Zukunft ist, sind sich alle Chemiker einig. Zum Jahr der Chemie gibt es dagegen unterschiedliche Meinungen: Wolfgang Buchberger von der Universität Linz riet im Mai-Leitartikel der Nachrichten, das Jahr der Chemie zu nutzen, um “sich der Öffentlichkeit und den benachbarten Disziplinen in optimaler Weise zu präsentieren”.1 Ferdi Schüth vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung tat dies, indem er bei Zeit online erzählte, wie eng Chemie mit unserem Leben verwoben sei, “ob man nun liebt, sich kleidet oder kocht”.2 Der Schweizer Nobelpreisträger Kurt Wüthrich kritisierte hingegen die defensive Haltung, “aus der heraus man überhaupt auf die Idee komme, ein solches Jahr auszurufen”.3


<h2>100 Jahre und Marie Curie</h2>
Als Anlass für das IJC gerade im Jahr 2011 wählten die Vereinten Nationen ein nun 101 Jahre zurückliegendes Ereignis: Marie Curie erhielt im Jahr 1911 als erste Frau den Chemienobelpreis. Viele, die beim IJC mitmachten, fanden einen eigenen Grund zum Feiern:
Die sächsische Bildungsgesellschaft für Umweltschutz und Chemieberufe Dresden ging “in den Fußstapfen von Marie Curie” ins IJC und nahm dazu ein neues Verfahrenstechnikum in Betrieb.
Ende Mai ließ das Jungchemikerforum der GDCh von Kiel bis Konstanz und von Frankfurt bis Leipzig die Laune etlicher Zuschauer und grüne Ballons steigen: Im IJC gab es Ballonwettbewerbe für Kinder, Jugendliche und alle jung Gebliebenen.4
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) erklärte den seit dem Jahr 1990 jährlich stattfindenden Tag der offenen Tür zu einem Höhepunkt im IJC. Mehr als 420 000 Menschen besuchten 248 Unternehmen und 40 Hochschulen.
BASF feierte in Sao Paulo “zugleich mit dem IJC 100 Jahre BASF in Brasilien”.
Die Deutsche Arbeitsschutzausstellung in Dortmund startete eine Nano-Ausstellung und das Mitmachprogramm für Grundschulkinder “Was stinkt denn da?”.
Die Ausstellung “T-Shirts, Tüten und Tenside” war erstmals im Rahmen des GDCh-Wissenschaftsforums Chemie in Bremen zu sehen. Die Schau der GDCh, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), der Dechema und des VCI gastiert nun seit November am DBU-Standort Osnabrück. Die interaktiven Experimente vermitteln Zusammenhänge zwischen alltäglichen Produkten und chemischen Verfahren. Dieses Konzept bezeichnete das Nationalkomitee der Vereinten Nationen (UN) als “Dekadeprojekt 2012/2013” im Rahmen der UN-Weltdekade “Bildung für nachhaltige Entwicklung”.


<h2>Briefmarken und andere Kunst</h2>
Viele Länder feierten das Jahr der Chemie, indem sie eine Briefmarke dazu herausgaben. Manche wie Deutschland und die USA haben das in der Kürze der Zeit nicht geschafft. Wer trotzdem eine IJC-Briefmarke nutzen möchte, dem hilft der Briefmarkendesigner. Mit diesem Internetprogramm lassen sich Briefmarken individuell gestalten.5,6 Der kanadische Chemiker und Philatelist Richard Gratton zeigte in Quebec seine Briefmarkensammlung zum Leben von Marie Curie. Zudem erklärte er, wie die Briefmarken sich von Fälschungen unterscheiden lassen. Seinen Vortrag gibt es als PDF-Datei.7
Der Fonds der Chemischen Industrie suchte zum IJC kreative Farbdesigner: Schüler sollten im Wettbewerb “H2O — mach's bunt” pH-Indikatoren in Pflanzen finden. Die Kinder prüften, wie Zitronensaft die Farbe von Tee und wie Essig die von Rotkohlsaft ändert. Gewonnen haben in der Altersstufe 8 bis 12 Jahre die Klasse 5a der Mittelschule “Flöha-Plaue” in Flöha bei Chemnitz und in der Altersstufe ab 13 Jahre die Klasse 9R2 der Johannes-Vincke Schule in Belm bei Osnabrück. Die Schüler der 5. Klasse experimentierten mit Rhododendronsaft und Akelei, die der 9. Klasse erstellten unter anderem eine Eichreihe zur pH-Wert-Bestimmung mit Malventee.
In Philadelphia zeigte eine Ausstellung zum Internationalen Jahr der Chemie 15 neue Arbeiten von sieben Künstlern für das im Jahr 2007 begonnene Periodensystem der Elemente. Jedes Kunstwerk repräsentiert dabei ein Element. Die Grafikerin Jennifer Schmitt trägt die Arbeiten zusammen.
“Radiance: The Passion of Marie Curie” ist der Name eines Theaterstücks vom US-amerikanischen Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur Alan Alda. Die Premiere des Werks über Curies Leben, ihre Arbeit und ihre Liebe fand im November in Los Angeles anlässlich des IJC statt.
Im Dezember wählte das online-Maganzin Chemistry Views aus vier Einsendungen das beste Dreiminutenvideo zu “Chemistry in Every day Life”. Die Siegerin Veronique de Halleux aus Belgien zeigte mit einer Zeichentrickfigur, wie ein Chemiker mit neuen Materialien Leben rettet.8
Die Autorin Maren Bulmahn ist Redakteurin der Nachrichten aus der Chemie.


Das Internationale Jahr der Chemie 2011 und die Germaniumentdeckung im Jahr 1885
Im September 1885 fand der Freiberger Chemieprofessor Clemens Winkler (1838—1904) das Germanium im Silbergermaniumsulfid Ag8GeS6. Dieses stammte aus 459 Metern Teufe im Westfeld der Grube Himmelsfürst im Freiberger Revier. Zum 125-jährigen Jubiläum der Entdeckung gab es im Internationalen Jahr der Chemie eine Silbermedaille. Die Vorderseite (Abbildung) teilen sich Winkler und Kristallformen des Argyrodits: oben links die monokristalline Form, weiter unten mögliche Zwillings- und Drillingsverwachsungen. Die Medaillenrückseite zeigt das Huthaus (Zechenhaus) der Grube Himmelsfürst, in dem die Bergleute beteten und ihre Werkzeuge lagerten.
Die Auflage umfasst 200 Medaillen. Die Initiative dazu kam von Hans Friebe, Freiberg und von Lothar Schumacher, Brand-Erbisdorf, der auch den Entwurf gestaltete.
<a href="mailto:friebe-freiberg@t-online.de">friebe-freiberg@t-online.de</a>



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1 


<source>Nachr. Chem., 
2011, 
59, 
501.

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2 

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.zeit.de/2011/07/Forscher-Chemie" target="_blank">www.zeit.de/2011/07/Forscher-Chemie</a></ext-link>.
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<li>
3 

 
<source>Chem. Rep. AT 
(2011), 
6, 
5.
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4 

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.jungchemikerforum.de/jungchemikerforum.php?seite=Ballonwettbewerb" target="_blank">www.jungchemikerforum.de/jungchemikerforum.php?seite=Ballonwettbewerb</a></ext-link>.
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5 

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://photo.stamps.com" target="_blank">http://photo.stamps.com</a></ext-link>.
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6 

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.post-individuell.de" target="_blank">www.post-individuell.de</a></ext-link>.
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7 

<a href="mailto:grattonrich54@hotmail.com">grattonrich54@hotmail.com</a>.
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8 

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.chemistryviews.org/details/video/1357527/Organic_Materials_Could_Save_Your_Life__ChemistryViews_org_IYC_Video_Competition.html" target="_blank">www.chemistryviews.org/details/video/1357527/Organic_Materials_Could_Save_Your_Life__ChemistryViews_org_IYC_Video_Competition.html</a></ext-link>.
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Artikel

Unser Leben, unsere Zukunft

Darüber, dass Chemie unser Leben und unsere Zukunft ist, sind sich alle Chemiker einig. Zum Jahr der Chemie gibt es dagegen unterschiedliche Meinungen: Wolfgang Buchberger von der Universität Linz riet im Mai-Leitartikel der Nachrichten, das Jahr der Chemie zu nutzen, um “sich der Öffentlichkeit...

Blickpunkt

Es gibt kaum ein Medikament, das keinen Heterocyclus enthält, kaum ein organisches Material, das nicht solch einem Strukturelement seine Funktion verdankt. Pyridine spielen dabei eine besondere Rolle. In Naturstoffen sind sie vielseitig vertreten.
Die erste Pyridinsynthese führte vor fast 140 Jahren William Ramsay durch.1 Seither wurden zahlreiche Methoden entwickelt, die Pyridinstruktur herzustellen.2 Ob eine Methode jedoch für den Synthesealltag taugt, zeigt sich meistens erst bei der Totalsynthese eines komplexen Naturstoffs. Die meisten Pyridin enthaltenden Naturstoffe werden jedoch ausgehend vom kompletten Pyridingerüst aufgebaut, z. B. durch übergangsmetallkatalysierte Kreuzkupplungen.3
Eine De-novo-Synthese des Pyridingerüsts ist eher selten, bietet aber mitunter einen eleganten Zugang zum Zielmolekül. Einige kürzlich veröffentlichte Beispiele, in denen der Aufbau eines Pyridinfragments im Mittelpunkt steht, illustrieren dies.


<h2>Totalsynthese von Streptonigron</h2>
Die Gruppe um Ciufolini entwickelte eine Pyridonsynthese ausgehend von Enonen oder Enalen (1) und Cyanacetamiden (2) (Abbildung 1).4 Das anfänglich gebildete Michaeladdukt (3) cyclisiert anschließend zum Dehydropyridin (4). Mit einem alkylsubstituierten Cyanacetamid (2) (R4 = Alkyl) entsteht nach Eliminierung von Cyanid das Pyridon (8). Ist das Cyan amid jedoch unsubstituiert in der α-Position, gibt es je nach Reaktionsbedingung zwei Optionen: In Gegenwart von Sauerstoff bleibt die Cyanidgruppe intakt, und es entsteht das Pyridon (9); in Abwesenheit von Sauerstoff wird die Cyanidgruppe dagegen als Abgangsgruppe eliminiert. So sind zwei unterschiedliche Substitutionsmuster am Pyridingerüst zugänglich.
Das Potenzial der Methode zeigte die Ciufolini-Gruppe bei der Darstellung von Streptonigron (16)(Abbildung 1, S. 39).5 Die Synthese beginnt mit dem Aufbau des Chinolinfragments (12)durch eine Conrad-Limpach-Synthese. Dieser Baustein wird anschließend in einer Aldolkondensation in den Vorläufer (13)für den Schlüsselschritt, den Aufbau der Pyridineinheit, überführt. Umsetzung mit 2-Cyanopropan amid (14) liefert in guter Ausbeute das komplette Grundgerüst (15)von Streptonigron. Selektive Entschützung und Anpassung der Oxidationsstufe zum Chinon ergibt schließlich die Zielverbindung (16).


<h2>Totalsynthesen von Caerulomycin A und E</h2>
Die Forschungsgruppe von Reissig entwickelte einen neuen Ansatz, um Hydroxypyridine (20) darzustellen. Er basiert auf einer intramolekularen Aldolkondensation zum Ringaufbau (Abbildung 2).6 Im ersten Schritt kondensiert Ammoniak mit einem Diketon (17)zu einem Enaminon (18), das im Folgenden acyliert wird. Umsetzung mit Trimethylsilyltriflat und Hünigs Base in kochendem 1,2-Dichlorethan liefert die Zielstruktur (20). Mit dieser Strategie synthetisierten Dash und Reissig die Bipyridinnaturstoffe Caerulomycin A und E. Für diese Synthese setzten sie ein Acylierungsmittel abgeleitet von 2-Carboxypyridin (21) ein. Nach erfolgreicher Cyclisierung in 63%iger Ausbeute führt die Oxidation der Methylgruppe zu Caerulomycin E. Reaktion mit Hydroxyl amin ergibt darauf Caerulomycin A. Die letzten beiden Stufen hatte die Gruppe um Quéguiner schon in einer früheren Synthese des Naturstoffes angewandt.


<h2>Totalsynthese von Actinidin</h2>
Die Synthese von Actinidin (32)nach Hofferberth und Mitarbeitern basiert ebenfalls auf einer Kondensationsreaktion mit Hydroxylamin für den Aufbau des Pyridinkerns (Abbildung 3).7 Die Möglichkeit, 1,5-Dialdehyde mit Hydroxylamin in Pyridine zu überführen, ist schon vor einigen Jahrzehnten erwähnt worden.8 Durch eine Hetero-Diels-Alder-Reaktion eines a,b-ungesättigten Aldehyd (25)mit einem Enol (26) entsteht das Tetrahydropyran (27), das Intermediat für die finale Kondensationsreaktion zum Pyridin (28). Die kurze Sequenz von nur zwei Schritten zu Actinidin (32) startet mit einer allylischen Oxidation von Citronellal (29). Die folgende Reaktion mit Hydroxylamin ergibt den bicyclischen Naturstoff (32) in einer soliden 70%igen Ausbeute.


<h2>Totalsynthese von Amythiamicin D</h2>
Während klassische Vorgehensweisen zum Pyridinaufbau sich vor allem der Carbonylchemie bedienen, tauchten in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr Reaktionsschemata auf, die auf konzertierten pericyclischen Transformationen beruhen. Moody und Mitarbeiter nutzten eine Diels-Alder-Reaktion für den Aufbau des Pyridinkerns im Antibiotikum Amythiamicin D (43) (Abbildung 4, S. 41).9 Diese Strategie lehnt sich an die postulierte Biosynthese für diese Verbindung an. Sie enthält die Cycloaddition eines Azadiens (33) mit einem Enamid (34). Eine vorläufige Evaluation an einem Testsystem bestärkt die Validität dieser Hypothese. Die Thiazolfragmente — das Azadien (39) sowie das Enamid (40) — für den entscheidenden Schlüsselschritt lassen sich aus den entsprechenden Aminosäuren effizient zusammensetzen. Die entscheidende Reaktion erfolgt dann in Toluol bei 120 ºC in der Mikrowelle und ergibt das gewünschte Intermediat (41) mit 33 % Ausbeute. Die Einführung der restlichen Bausteine mit einigen Schutzgruppenmanipulationen liefert schließlich Amythiamicin D (43).


<h2>Totalsynthese von (+)-Lycopladin A</h2>
Auch Toste und Mitarbeitern nutzten eine pericyclische Reaktion bei der Synthese von (+)-Lycopladin A (55)(Abbildung 5, S. 41).10 Dieses Molekül besticht durch sein tricylisches Ringsystem, das drei Stereozentren — eines davon quaternär — einschließt. Für den Aufbau des Hydrindanonsystem (50)verließ sich das Team um Toste auf eine goldkatalysierte Cyclisierung von Alkinylsilylenolethern. Der Vorläufer (49) für diesen Schritt wird von enantiomerenreinem (R)-(+)-5-Methyl-2-cyclohexen-1-on(47) abgeleitet durch Iodierung und einer B-Alkyl-Suzuki-Miyaurakupplung, gefolgt von konjugierter Propargylierung und wieder Iodierung des terminalen Acetylen. Die goldkatalysierte 5-endo-dig-Cyclisierung ergibt in 95%iger Ausbeute das Hydrindanonvinyliodid (50). Eine weitere Suzuki-Miyaurakupplung führt zum N,N'-Dimethylhydrazon (51), das für den Aufbau des anellierten Pyridinrings notwendig ist. Isomerisierung von (51), 6π-Elektrocyclisierung und Aromatisierung des Cyclisierungsproduktes (52) durch Abspaltung von Dimethylamin liefert die geschützte Zielverbindung (54), aus der dann (+)-Lycopladin A (55) entsteht. Diese achtstufige Synthese mit 17 % Ausbeute ausgehend von Enon (47)kombiniert anschaulich die orthogonale Reaktivität von Palladium- und Goldkatalyse mit einer effizienten Pyridin anellierung durch Elektrocyclisierung.


<h2>Totalsynthese von (+)-Complanadin A</h2>
Auch beim Aufbau von Pyridinen kann die Übergangsmetallkatalyse hilfreich sein. So bietet die [2+2+2]-Cycloaddition von zwei Alkinen (56) und einem Nitril (47)katalysiert durch einen Kobaltkatalysator einen effizienten Zugang zu Pyridinen (Abbildung 6). Diese bemerkenswerte Reaktion geht zurück auf richtungsweisende Arbeiten von Wikatsuki, Bönnemann und Vollhardt.11 Erste Ansätze benötigten noch stöchiometrische Mengen von Kobaltcyclopentadiensystemen für die Reaktion mit Nitrilen, später war diese Transformation schließlich mit Kobalt als Katalysator durchführbar. Heute bietet sie eine milde und ökonomische Alternative zu dem klassischen Repertoire der Pyridinsynthesen.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass diese kobaltkatalysierte Reaktion auch Einzug in die Totalsynthese von komplexen Naturstoffen hielt, etwa bei der kürzliche veröffentlichten Synthese von (+)-Complanadine A (71) durch Siegel und Mitarbeiter (Abbildung 6).12 Dieser Naturstoff hat seinen Reiz nicht nur in seiner strukturellen Komplexität, sondern zeigt auch viel versprechende biologische Aktivität: Beispielsweise induziert er die Sekretion von neurotrophen Faktoren von 1321N1- Zellen. Siegels Synthese verläuft über ein ähnliches Intermediat (59) wie die oben erwähnte Synthese von (+)-Lycopladin A (55) durch Toste und Mitarbeiter. Dem Ringschluss zum gewünschten Alkinnitrilvorläufer (63) geht in Siegels Strategie die selektive Einführung einer Methylennitrilgruppe in 4-Position und Alkinylierung in 2-Position von (59) voraus. Anfänglich hatten die Autoren eine doppelte [2+2+2]-Cycloaddition mit 1,4-Bis (trimethylsilyl)butadiin (64) geplant. Die erste Cycloaddition verläuft auch wie erwünscht zum Alkinylpyridinderivat (66) und in geringen Mengen zum Regioisomer (65). Die zweite Cycloaddition war jedoch trotz intensiver Optimierung nicht möglich. Erst die Entfernung der Trimethylsilylgruppe am Pyridin erlaubte es dann, das erhoffte Dimer zu isolieren — jedoch als das falsche Regio-isomer. Erst die Zugabe von Tri phenyl phosphan kehrt dann überraschenderweise die Selektivität der [2+2+2]-Cycloaddition um. Diese erfolgt hier mit dem Formylderivat (68) zur 2,3'-Bipyridylstruktur (69). Entschützung liefert in drei Schritten abschließend (+)-Complanadin A (71).


<h2>Ausblick</h2>
Die Beispiele zeigen den Fortschritt der organischen Synthese beim Aufbau von Pyridinen. Heute steht dem organischen Chemiker eine reichhaltige Auswahl an Synthesemethoden zur Verfügung. Sie reichen von klassischen Ansätzen basierend auf Aldol-Carbonyl-Chemie über pericyclische Reaktionen zu übergangsmetallvermittelten Transformationen. Auch wenn jedes Molekül in synthetischer Nähe greifbar scheint, ist der Bedarf an neuen effizienten Strategien zur Heterocyclensynthese ungebrochen. Deswegen dürfen wir uns auf weitere interessante Konzepte in der Heterocyclenchemie freuen.
Blickpunkt Synthese will zur Beschäftigung mit neuen synthetischen Verfahren oder eleganten und wichtigen Synthesen aus der Literatur anregen. Die Rubrik betreut in diesem Jahr Hermann A. Wegner. Er ist Habilitand an der Universität Basel und beschäftigt sich mit der Entwicklung neuer Lewis-Säure-katalysierter Reaktionen sowie schaltbaren funktionalen molekularen Materialien.
<a href="mailto:hermann.wegner@unibas.ch">hermann.wegner@unibas.ch</a>



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<li>
1 


Über W. Ramsays Entdeckung in: <source>Ber. Dtsch. Chem. Ges., 
1877, 
10, 
736.

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<li>
2 

 
</li>
<li>
2a 


T. Eicher, 
S. Hauptmann, 
<source>The Chemistry of Heterocycles, <publisher-name>Wiley-VCH</publisher-name>, <publisher-loc>Weinheim</publisher-loc>, 2003;

</li>
<li>
2b 

 
M. D. Hill, 
<source>Chem. Eur. J. 
(2010), 
16, 
12052;
</li>
<li>
2c 

 
G. D. Henry, 
<source>Tetrahedron 
(2004), 
60, 
6043.;
</li>
<li>
3 


P. Kiuru, 
J. Yli-Kauhaluoma, 
<source>Pyridine and Its Derivatives, in Heterocycles in Natural Product Synthesis, (Hrsg.: <person-group person-group-type="editor">K. C. Majumdar, S. K. Chattopadhyay</person-group>), <publisher-name>Wiley-VCH</publisher-name>, <publisher-loc>Weinheim</publisher-loc>, 2011.

</li>
<li>
4 

 
L. Carles, 
K. Narkunan, 
S. Penlou, 
L. Rousset, 
D. Bouchu, 
M. A. Ciufolini, 
<source>J. Org. Chem. 
(2002), 
67, 
4304.
</li>
<li>
5 

 
B. K. Chan, 
M. A. Ciufolini, 
<source>J. Org. Chem. 
(2007), 
72, 
8489.
</li>
<li>
6 

 
J. Dash, 
H.-U. Reissig, 
<source>Chem. Eur. J. 
(2009), 
15, 
6811.
</li>
<li>
7 

 
J. S. Beckett, 
J. D. Beckett, 
J. E. Hofferberth, 
<source>Org. Let. 
(2010), 
12, 
1408.
</li>
<li>
8 

 
D. Tatone, 
T. C. Dich, 
R. Nacco, 
C. Botteghi, 
<source>J. Org. Chem. 
(1975), 
40, 
2987.
</li>
<li>
9 

 
R. A. Hughes, 
S. P. Thompson, 
L. Alcaraz, 
C. J. Moody, 
<source>J. Am. Chem. Soc. 
(2005), 
127, 
15644. 
</li>
<li>
10 

 
S. T. Staben, 
J. J. Kennedy-Smith, 
D. Huang, 
B. K. Corkey, 
R. L. Lalonde, 
F. D. Toste, 
<source>Angew. Chem. 
(2006), 
118, 
6137. 
</li>
<li>
11 

 
</li>
<li>
11a 


Für wegweisende Arbeiten zur Pyridinsynthese durch Kobalt(I)-katalysierte [2+2+2]-Cycloadditionen, vergleiche:
Y. Wakatsuki, 
H. Yamazaki, 
<source>J. Chem. Soc. Dalton, 
2011, 
1978, 
1278;

</li>
<li>
11b 


H. Bönnemann, 
<source>Angew. Chem., 
1978, 
90, 
517;

</li>
<li>
11c 


K. P. C. Vollhardt, 
<source>Angew. Chem., 
1984, 
96, 
525; und jeweils darin erwähnte Literaturstellen.

</li>
<li>
12 

 
C. Yuan, 
C.-T. Chang, 
A. Axelrod, 
D. Siegel, 
<source>J. Am. Chem. Soc. 
(2010), 
132, 
5924.
</li>
</ul>

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Unser Leben, unsere Zukunft

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