Industrie & Technik

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<p>Das umsatzstärkste Chemieunternehmen sei BASF, schreiben die Chemical &amp; Engineering News (C&amp;EN); in den Nachrichten aus der Chemie führt das fusionierte Unternehmen Dowdupont. Bayer steht hier an 5. Stelle, C&amp;EN nennt die Leverkusener erst an 29. Stelle, der Verband der Chemischen Industrie (VCI) dagegen nach BASF an 2. Stelle. Die Listen der US-amerikanischen Zeitschriften Fortune und Forbes Magazine führen keines dieser Unternehmen.</p><h2>Die beiden Größten</h2><p>C&amp;EN, die Zeitschrift der amerikanischen chemischen Gesellschaft, rechnet für Dowdupont bis zum Zusammenschluss im August 2017 nur die Dow-Umsätze an, erst danach zählen Dupont-Umsätze – das macht 62,5 Mrd. US-Dollar (USD). Dagegen fassen die Nachrichten die Umsätze von Dowdupont und beider Vorgängerunternehmen über das gesamte Jahr zusammen (79,5 Mrd. USD) [Nachr. Chem. 2018, 66, 741]. Mit umgerechnet 69 Mrd. USD Umsatz belegt BASF hier also den zweiten Platz.</p><p>Das laufende Jahr ist wahrscheinlich das einzige, in dem Dowdupont mehr Umsatz als BASF verzeichnet. Denn das amerikanische Unternehmen will sich im kommenden Jahr in drei einzelne teilen: in Dow mit Materialwissenschaften und einem Umsatz von etwa 44 Mrd. USD, in Dupont mit Spezialchemie (21 Mrd. USD) und in das neue Agrarchemieunternehmen Corteva Agriscience.</p><h2>Ist Pharma nicht Chemie?</h2><p>Platz 3 und 4 in der Nachrichten-Liste belegen die Pharmaunternehmen Roche und Novartis, die bei C&amp;EN nicht auftauchen. Denn deren Liste beruht ausschließlich auf Chemie-, nicht auf Pharmaumsätzen. Der VCI dagegen berücksichtigt zwar Pharmaunternehmen, aber nur solche in Deutschland, also nicht die beiden Schweizer.</p><p>Bayer steht beim VCI also an 2. und in den Nachrichten an 5. Stelle. Bei C&amp;EN rutschte das Unternehmen im Jahr 2017 vom 25. auf den 29. Platz. Die Amerikaner ermittelten dafür einen Anteil von knapp 30 % an Chemieumsätzen. Einen Chemieanteil von nur 16 % soll das chinesische Petrochemieunternehmen Sinopec auf dem 3. Platz der C&amp;EN haben. Die Nachrichten listen es wegen des geringen Chemieanteils gar nicht. Allerdings setzt Sinopec mit Chemie immerhin 55 Mrd. USD um.</p><h2>Was sonst noch zählt</h2><p>Unternehmen lassen sich nicht nur nach Umsatz listen, sondern etwa auch nach Ausgaben für Investitionen oder Forschung und Entwicklung (F+E). Bei Investitionen führt nach C&amp;EN BASF knapp vor Dowdupont (3,8 beziehungsweise 3,6 Mrd. USD); bei den F+E-Ausgaben ist es umgekehrt (2,0 beziehungsweise 2,1 Mrd. USD). Betrachtet man, welchen Anteil diese Beträge am jeweiligen Chemieumsatz haben, kommen weitere Unternehmen ins Spiel. So führt die südafrikanische Sasol, indem sie in Chemieanlagen 46 % ihres Chemieumsatzes steckt. Dieser beträgt 7,7 Mrd. USD und macht 60 % des Gesamtumsatzes aus. Es folgen der südkoreanische Konzern Lotte Chemical und der US-amerikanische Gasehersteller Air Products &amp; Chemicals gleichauf mit 12,2 %. Bei den anteiligen Chemie-F+E-Ausgaben führt Bayer mit 12,2 % vor Dupont (6,2 %) und dem niederländischen Unternehmen DSM (3,9 %).</p><p>In Listen, die nicht branchenspezifisch sind – wie die der 100 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen der US-amerikanischen Zeitschrift Fortune – kommt von allen bisher genannten Unternehmen nur Sinopec vor: auf Platz 3 nach dem US-amerikanischen Handelsunternehmen Walmart und dem chinesischen Versorger State Grid. Das erste deutsche Unternehmen ist Volkswagen auf Platz 7.</p><p>Fortunes Konkurrent, das US-amerikanische Forbes Magazine, listet die größten börsennotierten Unternehmen nicht nach Umsatz, sondern kombiniert diesen mit weiteren Kennzahlen wie dem Marktwert. Demnach führen zwei chinesische Banken. Walmart und Volkswagen sind auf Platz 24 beziehungsweise 16. Ein Chemieunternehmen ist nicht unter den ersten 25.</p><p>Maren Bulmahn ist Redakteurin der Nachrichten aus der Chemie.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/KaIxJ5cgQf9czTzBuomU"><figcaption><label>Abb. 1: </label><named-content>Abbildung: THesIMPLIFY, Fotolia</named-content></figcaption></figure>


Meldung

Unternehmen: Erster, Zweiter ... oder umgekehrt

undefined Das umsatzstärkste Chemieunternehmen sei BASF, schreiben die Chemical & Engineering News (C&EN); in den Nachrichten aus der Chemie führt das fusionierte Unternehmen Dowdupont. Bayer steht hier an 5. Stelle, C&EN nennt die Leverkusener erst an 29. Stelle, der Verband der Chemischen Indus...

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<p>Die Strukturen in der Arzneimittelforschung wandeln sich:<sup>1)</sup> Die pharmazeutische Industrie zieht sich aus frühen Forschungsphasen zurück und versucht, dies durch externe Forschung (Open Innovation) zu kompensieren. Als Gegenbewegung drängen Akademiker in die Arzneimittelforschung, um ihre Ergebnisse und Ideen aus der Grundlagenforschung in die Anwendung zu bringen. Beide Strömungen kranken daran, dass sie sich oft aneinander vorbei bewegen und intern jeweils wichtige Voraussetzungen und Kompetenzen fehlen. So sucht die Industrie nach der besten Lösung für eine bestimmte Indikation; für viele akademische Forschungsprojekte ist die beste therapeutische Anwendung hingegen noch nicht untersucht oder gar gefunden.</p><p>Die Zusammenarbeit zwischen akademischer Forschung und Industrie ist in der Regel schwierig, vorwiegend weil Anreize und Wertvorstellungen gegenläufig sind und es an Austausch und Vertrauen fehlt. Vor allem im deutschsprachigen und zentraleuropäischen Raum gibt es eine wenig durchlässige Barriere zwischen den beiden Welten, sowohl wissenschaftlich als auch personell.</p><h2>Grundlagenforschung und industrielle Entwicklung</h2><p>Die freie Forschung im akademischen Umfeld ist ein idealer Nährboden für Innovation, während die engen Vorgaben und Planungen in der Industrie diese eher verhindern.<sup>1,2)</sup> Um Innovation planbar zu machen, hatten große pharmazeutische Unternehmen in den letzten Jahrzehnten in grundlegende Forschung investiert, die neue Targets identifizieren sollte. Dies lässt sich als Wettbewerb zur Akademia sehen und brachte nicht den gewünschten Erfolg erhöhter Produktivität.</p><p>Die Industrie möchte eigene Projekte auf akademischen Forschungsergebnissen aufbauen und evaluiert viele Projektideen. Bei der Auswahl tut sie sich aber schwer, weil die internen Bewertungskriterien bezüglich Validierung und Robustheit nicht vollständig erfüllt sind. Den meisten Akademikern dagegen fehlen Infrastruktur und Kompetenz, um Wirkstoffeigenschaften wie Löslichkeit oder metabolische Stabilität so zu optimieren, dass sich die Wirkstoffe verlässlich in Studien an Tieren und Menschen einsetzen lassen. Zudem gibt es keinen Anreiz für sie, lange Versuchsreihen ständig zu wiederholen.</p><p>Eine Aufgabenteilung in Grundlagenforschung – für neue therapeutisch nutzbare Hypothesen – und in industrielle Entwicklung, um die notwendige Robustheit der Daten und Produkte zu erreichen, ist sinnvoll. Dagegen ist das direkte Vernetzen vor allem wegen fundamental unterschiedlicher Anreize und Ziele schwierig und nicht angemessen etabliert. Die ideale Lösung wäre eine reibungslose Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette, denn Beiträge von beiden Seiten und gegenseitiges Befruchten sind grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt möglich. Dafür müssen die Beteiligten ihre Kultur ändern und sich annähern, was nur über eine längere Zeitspanne zu erreichen ist.</p><h2>Professionell vermitteln</h2><p>Eine Lösung für das Problem der schwierigen Zusammenarbeit bietet ein professioneller Vermittler, der beide Seiten versteht, die Stärken beider Welten synergistisch zusammenbringt und für den Projektfortschritt notwendige experimentelle Daten generiert (Abbildung). Dies macht neue Therapieansätze für die Industrie interessant, reduziert Risiken und gewährleistet weitere Entwickelbarkeit. Entsprechend der translationalen Medizin, die mit interdisziplinären Methoden präklinische Forschung in die klinische Entwicklung bringt, lässt sich diese Vermittlerrolle als translationaler Inkubator sehen.<sup>3)</sup> Obwohl seit vielen Jahren diskutiert, gibt es nur wenige Einrichtungen oder Organisationen, die sich dieser Aufgabe stellen.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/knNbYdXSxOaLGwwuK1vE"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Weg der Medikamentenentwicklung; zwischen akademischen Einrichtungen und der Industrie wirkt das Lead Discovery Center. <named-content>Grafik: LDC</named-content></figcaption></figure>
<p>Die Max-Planck-Innovation, die Wissenschaftler der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) bei Erfindungen, Patenten und deren Verwertung unterstützt, hat zusammen mit der MPG im Jahr 2008 das Lead Discovery Center (LDC) als GmbH in Dortmund gegründet, um Grundlagenforschung in Medikamente umzusetzen. Im deutschsprachigen Raum ist das Zentrum der einzige professionelle translationale Inkubator, der diese Vermittlerrolle und Brückenfunktion akademischen Einrichtungen anbietet; ähnliche Inkubatoren sind CD3/KU Leuven in Belgien sowie CRUK, Lifearc und ICR in Großbritannien. Die Produkte werden von den Inkubatoren gemeinsam mit den akademischen Ideengebern kommerzialisiert – etwa durch Lizenzen, Verkauf oder Firmengründungen –, und die Einnahmen werden geteilt.</p><p>Das LDC bearbeitet nur Projektideen mit einem hochinnovativen Ansatz und bei hohem medizinischen Bedarf. Mit den akademischen Ideengebern eng zusammenzuarbeiten und sie über den gesamten Projektverlauf bis hin zur Kommerzialisierung einzubinden, ist dabei entscheidend. Nur so sind Fachwissen, Werkzeuge, Techniken und Modelle der Akademia optimal nutzbar.</p><p>Am LDC arbeiten Experten aus allen Disziplinen der Wirkstoffforschung zusammen – von Assay-Entwicklung und -Screening über Biologie, Medizinalchemie, Pharmakologie und Antikörperentwicklung bis hin zum Projektmanagement. Dadurch entspricht die Qualität der Ergebnisse und Produkte internationalen Industriestandards.</p><h2>Zusammen erfolgreich</h2><p>Die Zusammenarbeit mit weiteren akademischen und industriellen Partnern weltweit liefert dem LDC Zugang zu vielfältigen Techniken und Ressourcen, etwa Wirkstoffbibliotheken, Tiermodellen oder klinischem Fachwissen. Mit diesem Netzwerk lässt sich für jedes Projekt je nach Anforderungen und Entwicklungsstand die beste Lösung anbieten. Die Produkte sind in der Regel pharmazeutische Wirkstoffe, deren therapeutische Wirksamkeit Tierstudien bestätigt haben (Proof of Concept), und die hohes Potenzial für Weiterentwicklung und Patentierung haben sowie das dazugehörige Know-how.</p><p>Viele Publikationen wurden erst durch Arbeiten am LDC ermöglicht, und viele neue Assays und Moleküle wurden dort entwickelt. Zehn Projekte erreichten einen targetvermittelten Wirksamkeitsnachweis im Tiermodell; genauso wurden aber einige wissenschaftliche Hypothesen als falsch oder nicht umsetzbar erkannt. Das Zentrum hat mehr als 15 Partnerschaften – in der Regel über Lizenz- oder Optionsverträge –<sup>4)</sup> mit pharmazeutischen Firmen geschlossen, darunter Astrazeneca, Bayer, Boehringer Ingelheim, Daiichi-Sankyo, Grünenthal, Roche, Merck (Darmstadt), Qurient Therapeutics (Südkorea) und Sotio (Tschechien).</p><h2>Chemiker und Förderer</h2><p>Das LDC ist der Max-Planck-Gesellschaft eng und langfristig verbunden, steht aber anderen Forschungseinrichtungen offen. Obwohl viele Projektvorschläge auf biologischen Ergebnissen und Hypothesen basieren, können auch Chemiker mit dem Zentrum kooperieren, indem sie ihre neuen Wirkstoffe in ein Projekt einbringen, ihre wirkstoffähnlichen Substanzen für die Screeningkollektion zur Verfügung stellen oder bei den Synthesen von neuen Substanzen mitarbeiten.</p><p>Zusätzlich zur Projektfinanzierung durch die MPG erhielt das Zentrum meistens gemeinsam mit den akademischen Partnern öffentliche Gelder für die Projektdurchführung – etwa von Bundesministerien wie dem BMBF und dem BMWi, vom Land Nordrhein-Westfalen und dem bayrischen Wirtschaftsministerium sowie aus EU-Programmen. Zudem finanzieren Stiftungen wie die Max-Planck-Förderstiftung und die Michael J. Fox Foundation sowie die Industrie und die Helmholtz-Gemeinschaft einzelne Projekte am Zentrum.</p><p>Um noch mehr akademische Projekte in die Anwendung zu überführen, wäre ein bundesweiter Translationsfonds die Ideallösung. Der Fonds könnte sich durch Rückspeisung von Verwertungseinnahmen nach mehreren Jahren selbst tragen. Erste Gespräche zu einer solchen Möglichkeit laufen.</p><p>Peter Nussbaumer ist promovierter Chemiker sowie Geschäftsführer und Leiter Medizinalchemie beim Lead Discovery Center in Dortmund. Er hatte verschiedene Positionen auf dem Gebiet der Medizinalchemie inne, zuletzt als Executive Director und Senior Unit Head of Chemistry am Novartis Institute for Biomedical Research in Wien. Bert Klebl ist promovierter Biochemiker sowie Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter beim Lead Discovery Center in Dortmund. Er war in verschiedenen Positionen in der Entdeckung und frühen Entwicklung neuer Wirkstoffe tätig, zuletzt als Senior Director Discovery Biology und Head of Biology bei GPC Biotech in Martinsried. <a href="https://www.lead-discovery.de" target="_blank">www.lead-discovery.de</a></p><h2>Quergelesen</h2><p>Ein translationaler Inkubator verbindet Industrie und Akademie. Er überträgt Grundlagenforschung in kommerzielle Produkte.</p><p>Das Geschäftsmodell des Unternehmens LDC zeigt eine neue Strategie in der Arzneimittelforschung.</p><p>Das Unternehmen schöpft so Wert für Patienten, die Gesellschaft, Gesundheitssysteme, die Wirtschaft und akademische Einrichtungen.</p>
<ul><h2>Literatur</h2><li>
<sup>1 </sup>P. Nussbaumer, B. Klebl, Fut. Med. Chem. 2015, 7, 1879–1889</li><li>
<sup>2 </sup>E. F. Schmid, D. A. Smith, Drug Discov. Today 2002, 7, 941–945</li><li>
<sup>3 </sup>C.P.Austin, Nat. Rev. Drug Discov. 2018, 17, 455–456</li><li>
<sup>4 </sup>Deutscher Biotechnologie-Report 2012, Ernst &amp; Young</li></ul>


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