Beruf + Karriere

Früher Chemielehrer, heute kabarettistischer Verbraucherschützer<div><img src="https://media.graphcms.com/B9089RvjQweXpV0AH3tW">

</div>Philipp Weber wurde 1974 in Miltenberg am Main geboren und hat in Tübingen Biologie und Chemie studiert. Heute arbeitet er als Kabarettist und Autor, ist häufig zu Gast in Funk und Fernsehen – oder auch bei Fachveranstaltungen wie im vergangenen Jahr beim Spectaris-Laborforum in Frankfurt am Main.Nachrichten aus der Chemie: Herr Weber, warum haben Sie Chemie und Biologie studiert?Philipp Weber: Eigentlich war es meine zweite Wahl, nachdem ich mit Psychologie und Medizin begonnen hatte. Weil ich aber in meiner Verwandtschaft von lauter Ärzten umgeben bin, fragte ich mich: Ist das der Weg der Familie oder auch mein Weg? So kam ich zu Chemie und Biologie auf Lehramt, was allerdings in Tübingen fast zwei kompletten Diplomstudiengängen entsprach – ein sehr hartes Studium mit teilweise 56 Wochenstunden und parallel laufenden Pflichtveranstaltungen. Viele hielten mich für irre.Nachrichten: Wer hat Sie bei der Entscheidung umzusatteln denn maßgeblich beeinflusst?Weber: Meine Mutter – wie übrigens in allen Entscheidungen meines Lebens.Nachrichten: Was hat Sie im Studium besonders gefesselt?Weber: Cool fand ich immer die Biochemie der Pflanzen, ihre Fähigkeit, diese Fülle von Stoffen zu synthetisieren und beispielsweise über Terpene zu komplexen Alkaloiden und anderen heterozyklischen Strukturen zu gelangen. Meine Abschlussarbeit schrieb ich über Mykorrhizen, über Pilz-Pflanze-Interaktion bei der Vermittlung des Transports von Zucker und Nährstoffen. Ich habe diese Organismen kloniert und sequenziert. Wenn du da mit der Fragestellung herangehst: Wo kommen die einzelnen Biomoleküle wirklich her? – Da zieht es dir die Schuhe aus!Nachrichten: Können Sie den Titel der Arbeit noch aus dem Kopf zitieren?Weber: Sequenzierung und – jetzt fällt mir ein Wort nicht ein – von Monosaccharidtransportern in der Ektomykorrhiza von Amanita muscaria, das ist der Fliegenpilz, und Populus tremula × tremuloides, das ist die Zitterpappel. Das fehlende Wort könnte ich jetzt schwer nachschlagen, denn die Arbeit liegt im Keller ganz unten vergraben. Es ist ganz klar: Ich bin jetzt Künstler.Nachrichten: Wie sind Sie dahin gekommen?Weber: 1999 bin ich etwas zufällig im Blauen Salon in Tübingen in einen Poetry Slam hineingeraten. Ich fand das lustig und dachte gleich: Das kann ich auch! Ich habe dann mitgemacht, bin gleich bei meinem ersten Auftritt Zweiter geworden und habe anschließend vier Poetry Slams hintereinander für mich entschieden. Daraufhin habe ich mir eine Bühne gemietet und merkte: Eigentlich kann ich davon auch leben. Drei Wochen vor meinem Examen saß eine Agentin im Publikum und sagte mir anschließend, sie könne mir mehr Auftritte vermitteln. Ich habe dann meine Mutter gefragt. Sie meinte, ich solle das machen, und ich bin ihr sehr dankbar dafür.Nachrichten: Wie genau sieht Ihr Tätigkeitsfeld heute aus?Weber: Ich betreibe kabarettistischen Verbraucherschutz, das heißt: Verbraucherschutz mit den didaktischen Mitteln der Komik. Da ist Naturwissenschaft dabei, Ernährung, Lebensmittelchemie und Neurophysiologie, aber das Kabarett bleibt eine künstlerische Gratwanderung – zu komplex darf die Darstellung nicht daherkommen.Nachrichten: Werden Sie dennoch zuweilen auch heute noch bei harten Fachthemen zu Rate gezogen?Weber: Ja. Letztes Jahr musste ich meiner Nichte im Grundkurs Chemie helfen. Ich war erschüttert, dass mich nach zehn, zwölf Jahren Pause das Elektronenschieben bei der Redoxreaktion viel mehr Gehirnschmalz kostete, als ich gedacht hatte.

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