Blickpunkt


<p>Von der Wucht der Krise im Jahr 2008 überrascht, mussten Chemieunternehmen auf die Kostenbremse treten. Härtere Einschnitte vermieden die Unternehmen, indem sie Anlagen temporär stilllegten, Wartungszyklen vorzogen und Investitionen verschoben. Flexible Arbeitszeitregelungen sorgten für zusätzliche Entlastung.</p>
<p>Zudem profitierte die europäische Chemieindustrie von der schnellen Konjunkturerholung in Asien, der damit anziehenden Nachfrage aus China und von staatlichen Förderprogrammen im europäischen Bausektor.</p>
<p>Zurzeit ist die Stimmung eher verhalten — viele Unternehmen fahren “auf Sicht”. Zu ähnlich haben sich in jüngerer Vergangenheit die Konjunkturindikatoren entwickelt, als dass man nicht in manch einer Konzernzentrale bereits Vorbereitungen auf einen neuen Abwärtszyklus erwogen hätte.</p>
<p>Generell wird das Konjunkturrisiko von Unternehmen davon bestimmt, wie stark sie globalen, regionalen, aber auch industriespezifischen Schwankungen ausgesetzt sind und wie gut sie diese vorhersehen und aussteuern.</p>
<p>Ein ganzheitliches Volatilitätsmanagement umfasst dabei drei Kernelemente:</p>
<p>· die langfristige strategische Entwicklung des Geschäftsportfolios unter Volatilitätsgesichtspunkten,</p>
<p>· die kontinuierliche Analyse kurz- und mittelfristiger Marktrisiken für das Portfolio oder Teile davon sowie</p>
<p>· Prozesse zur kurzfristigen Geschäftssteuerung im Krisenfall.</p>
<p>Eine umfassende Risikoanalyse muss die wichtigsten Kundenwertschöpfungsketten zeigen, ihre Zyklizität und die Geschwindigkeit, mit der Veränderungen in der Kette weitergegeben werden.</p>


<h2>Entwicklung des Geschäftsportfolios</h2>
<p>Viele Chemieunternehmen berücksichtigen bei der Entwicklung ihres Geschäftsportfolios die Anfälligkeit für Konjunkturrisiken oder kurzfristige Marktschwankungen. So bewerten sie etwa Akquisitionen auf ihr entsprechendes Risiko hin.</p>
<p>Ein entscheidender Treiber für die Krisenanfälligkeit von Chemieunternehmen ist die Abhängigkeit von zyklischen Branchen wie der Bau- und Automobilindustrie. Aber auch die regionale Ungleichverteilung im Portfolio kann das Risiko erhöhen. Weniger anfällige Kundenindustrien wie die Kosmetik- oder Nahrungsmittelindustrie sowie krisenfestere Regionen wie das Chemical Valley im kanadischen Ontario oder Singapur als Tor zu Asien bieten die Möglichkeit, die Risikoanfälligkeit zu reduzieren.</p>
<p>Allerdings bedeutet der Ausstieg aus Unternehmensteilen mit hohen Schwankungsrisiken oder hoher Krisenanfälligkeit keine absolute Sicherheit. Vielmehr gilt es weiterhin, wichtige Grundregeln zu beachten. Denn das Führen von risikoanfälligen, volatilen Geschäften erfordert andere Voraussetzungen als das von weniger anfälligen Aktivitäten. So sollte sich das Steuerungsmodell des Geschäfts nach den Geschäftscharakteristika richten und eine kontinuierliche Analyse der kurz- und mittelfristigen Marktrisiken enthalten.</p>


<h2>Analyse der kurz- und mittelfristigen Marktrisiken</h2>
<p>Frühwarnsysteme entwickelten sich in den vergangenen Jahren zu einem Industriestandard. Sie versetzen Unternehmen in die Lage, Vorboten einer Marktreaktion rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen.</p>
<p>Ein Frühwarnsystem als Management-Tool zur kontinuierlichen, systematischen Überwachung enthält sowohl makroökonomische als auch kundenindustrie- und regionsspezifische Indikatoren. Makroökonomische Indikatoren sind zum Beispiel Stimmungsbilder aus der Industrie und Wirtschaftsdaten, etwa Arbeitslosenquoten und Bauanträge.</p>
<p>Teilweise nutzen Unternehmen aggregierte Super-Indikatoren wie die CL-Indikatoren (Composite Leading Indicators, CLI) der Weltwirtschaftsorganisation OECD; Indikatoren auf Basis von Rohstoffpreisen dienen als Gradmesser der globalen Wirtschaftsentwicklung. Oft sind regionsspezifische Indikatoren aussagekräftiger, etwa der Ifo-Geschäftsklimaindex als Stimmungsbarometer der deutschen Industrie. Darüber hinaus ziehen Unternehmen Indikatoren aus Kundenindustrien hinzu, die sich durch Wertschöpfungskettenanalysen bestimmen lassen.</p>
<p>Zusätzlich sollte die Industrie interne Indikatoren berücksichtigen, etwa die Entwicklung von Lagerbeständen sowie verändertes Bestell- oder Zahlungsverhalten von Kunden. Häufig ist es sinnvoll, einzelne Produkte oder das Verhalten von Kunden zu beobachten, die der Konjunktur vorauslaufen.</p>
<p>Sinnvolle Frühwarnsysteme kombinieren bis zu 30 monatlich geprüfte Indikatoren. Dabei wird die allgemeine Entwicklung des Indikators im Rahmen von Korridoren analysiert, und es werden vor allem Abweichungen untersucht: ob der Indikator zum Bespiel einen Schwellenwert passiert, stark ausschlägt oder über längere Zeit einem Trend folgt (Abbildung). Die Schwellenwerte lassen sich indikatorspezifisch oder über Standardabweichungsanalysen bestimmen.</p>


<h2>Prozesse zur kurzfristigen Steuerung</h2>
<p>Viele Chemieunternehmen haben im Rahmen der Krise des Jahres 2008 die richtigen Konsequenzen gezogen. Um diese Erfahrungen zu verstetigen, müssen interne Geschäftsprozesse teilweise angepasst sowie die Rollenverantwortlichkeiten für den Krisenfall definiert werden: Wann muss beim Ausschlagen der Frühindikatoren eingegriffen werden? Wer trifft die Entscheidung, was sind die richtigen Maßnahmen und wie ausgeprägt sollten sie sein?</p>
<p>Um diese Fragen im Krisenfall zu beantworten, muss das Management über das notwendige Urteilsvermögen verfügen. Die entsprechenden Prozesse sind jetzt anzupassen, damit später die Fragen zum richtigen Zeitpunkt gestellt und Maßnahmen eingefordert werden können. Die geeigneten Schritte müssen unternehmens- und bereichsabhängig bestimmt werden. Wichtig ist ein abgestuftes, abgestimmtes Vorgehen. So sind bei einer ersten Eintrübung relevanter Indikatoren andere Schritte geboten als im Fall drastischer Einbrüche.</p>
<p>Bei einer leichteren Konjunkturabschwächung und kleineren Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Entwicklung kann es sinnvoll sein, die Transparenz zu erhöhen. Dazu lassen sich beispielsweise unternehmensintern die Berichtsintervalle verkürzen oder der Detaillierungsgrad der zu berichtenden Größen erhöhen.</p>
<p>Bewährt hat sich ein straffes, detailliert vorbereitetes Krisenmanagement, bei dem ein Krisenstab aus vorab bestimmten Teilnehmern das Unternehmen mit detaillierten Maßnahmenplänen enger führt.</p>


<h2>Wettbewerbsvorteil erzielen</h2>
<p>Ein intelligentes Volatilitätsmanagement soll Risiken nicht nur vermeiden oder abfedern, sondern auch kurz- und mittelfristige Wettbewerbsvorteile erzielen. Lieferungen an weniger finanzstarke Kunden zu reduzieren oder durch veränderte Zahlungsmodalitäten abzusichern, kann gerade in Phasen der Abschwächung Ausfällen in einer länger währenden Rezession vorbeugen. Umgekehrt kann es sich in Phasen des konjunkturellen Aufschwungs anbieten, restriktive Zahlungsbedingungen gegenüber unterfinanzierten Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial zu lockern, um das eigene Absatzpotenzial zur Gänze auszunutzen.</p>
<p>Mit Blick auf die Produktion empfiehlt es sich häufig, sich in Phasen der Abschwächung auf strategisch relevante Kernprodukte zu fokussieren und Lagerbestände nachrangiger Waren abzubauen. Auch die Planung und Prüfung von Anlagegütern (Asset Management) lässt sich auf diese Priorisierung abstimmen: Beispielsweise flexibilisieren Manager die Wartungszyklen und verlegen größere Programme in Phasen schwächeren Absatzes. Ein frühzeitiger Lageraufbau wiederum stellt die Lieferfähigkeit in den entscheidenden Phasen des Aufschwungs sicher. Gerade in Märkten mit hoher Wettbewerbsintensität und großer Wachstumsdynamik kann es Unternehmen so gelingen, Marktanteile auf Kosten der weniger gut vorbereiteten Konkurrenten zu gewinnen.</p>
<p>Aktives Volatilitätsmanagement realisiert so in volatilen Geschäften strategische Wertsteigerungen.</p>
<p>Tobias Lewe, promovierter Chemiker, ist Partner im Beratungsbereich Chemie und Öl bei A. T. Kearney in Düsseldorf. Ulrike Sander, promovierte Historikerin, ist Consultant im Beratungsbereich Chemie und Öl bei A. T. Kearney in Zürich.</p>


<h2>Biobasierte Kunststoffe im Web</h2>
<p>Zahlen zum Biokunststoffmarkt liefert ein frei zugängliches Internetportal. Hier bietet das Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe an der Hochschule Hannover Eckdaten zur Herstellung von Biokunststoffen, etwa Prozessrouten, Flächenbedarf und Ressourcenverbrauch. Weiterhin gibt es Marktzahlen wie Produktionskapazitäten von Biokunststoffen, deren geografische Verteilung und Einsatzbereiche.</p>
<p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.downloads.ifbb-hannover.de" target="_blank">www.downloads.ifbb-hannover.de</a></ext-link></p>


<h2>Urheberrechte beachten</h2>
<p>Die Verwertungsgesellschaft (VG) Wort [<i>Nachr. Chem.</i> 2008, <i>56</i>, 1315] bietet eine digitale Lizenzvereinbarung. Sie erleichtert deutschen Unternehmen, Behörden und Organisationen digitale, urheberrechtlich geschützte Werke aus deutschen und amerikanischen Quellen — etwa Artikel aus wissenschaftlichen, technischen und medizinischen Fachzeitschriften — unternehmensweit zu nutzen. Der Rechtekatalog umfasst unter anderem Nutzungen wie den Versand in E-Mails, die Zugänglichmachung in Intranets und die digitale Archivierung von Texten. Mit der VG-Wort-Lizenz verringern Unternehmen das Risiko von Urheberrechtsverletzungen und befolgen so ihre Corporate-Governance-Richtlinien.</p>
<p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.rightsdirect.com/VGWLizenz" target="_blank">www.rightsdirect.com/VGWLizenz</a></ext-link></p>


<h2>Evonik: deutsches Cyanurchlorid</h2>
<p>Evonik Industries konzentriert die Cyanurchlorid-Aktivitäten in Deutschland und trennt sich vom chinesischen Partner Sanzheng Fine Chemicals. Die stillgelegte Anlage in Chongqing bleibt bei Evonik, den Standort Yinkou behält Sanzheng. Mit Cyanurchlorid versorgt Evonik Kunststoff-, Papier-, Textil- und Fotovoltaikmärkte in Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien.</p>


<h2>Bei Reach registrieren</h2>
<p>Bis Ende Mai müssen die etwa 3000 Chemikalien entsprechend der Chemikalienverordnung Reach registriert sein, die in Mengen zwischen 100 und 1000 Jahrestonnen hergestellt oder importiert werden. Die nächste und letzte Registrierungsfrist läuft Mitte des Jahres 2018 ab und betrifft die Mengen von 1 bis 100 Tonnen pro Jahr. 4900 Stoffe, die in Mengen von mehr als 1000 Jahrestonnen produziert werden, waren bis Ende des Jahres 2010 registriert worden.</p>
<p>Fünf Jahre nach Inkrafttreten von Reach kommt die EU-Kommission zum Ergebnis, dass das Verfahren ordnungsgemäß läuft und alle überprüfbaren Ziele erfüllt. Weitere Informationen sammelt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin mit einer Online-Umfrage bis zum 3. Mai.</p>
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<h2>Wachstum außerhalb Europas</h2>
<p>Im Jahr 2012 wuchs die mit gentechnisch veränderten Pflanzen bestellte Anbaufläche weltweit um 6 % auf 170,3 Mio. Hektar. Die Zahl der Landwirte, die gentechnisch verändertes Saatgut einsetzten, stieg um etwa 600 000 auf 17,3 Mio. Der Markt für transgene Pflanzen wächst vor allem in Nord- und Südamerika sowie in Asien, aber nicht in der Europäischen Union. Matthias Braun, Vorsitzender der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie sagt: “Klimawandel, begrenzte Ressourcen an Rohstoffen, Wasser und fruchtbaren Böden sowie eine stark wachsende Weltbevölkerung machen leistungsstarke und klimaangepasste Nutzpflanzen nötig.” Da die biobasierte Wirtschaft große Mengen Biomasse von hoher Qualität erfordere, sei es fahrlässig, die Pflanzenbiotechnologie nicht anzuwenden. <i>MB</i></p>



Artikel

Wettbewerbsvorteil Volatilitätsmanagement

Von der Wucht der Krise im Jahr 2008 überrascht, mussten Chemieunternehmen auf die Kostenbremse treten. Härtere Einschnitte vermieden die Unternehmen, indem sie Anlagen temporär stilllegten, Wartungszyklen vorzogen und Investitionen verschoben. Flexible Arbeitszeitregelungen sorgten für zusätzlic...


<p>Relativ kleine, flüchtige Verbindungen bis zu einer Molmasse von etwa 300 Dalton rufen Gerüche hervor. Riechende Produkte lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: Einerseits gibt es Produkte, deren Geruch “Character Impact Compounds” prägen. Das sind Verbindungen mit einer meist sehr geringen Geruchsschwelle und einem für ein Produkt typischen Geruchsqualität. Ein Beispiel ist 1-p-Menthen-8-thiol, das nach Grapefruit riecht und ab einer Geruchsschwelle von 20 Pikogramm pro Kilogramm wahrnehmbar ist.</p>
<p>Allerdings ist die Geruchsschwelle kein absoluter Wert, sondern kann von Person zu Person über mehrere Zehnerpotenzen in der Konzentration schwanken. Ebenso spielt die Matrix, in die ein geruchsaktiver Stoff eingebunden ist, eine wesentliche Rolle.</p>
<p>Die zweite Gruppe von riechenden Produkten prägen “Contributing Compounds”. Dabei entsteht erst im Zusammenspiel von mehreren Verbindungen, meist in einem eng definierten Konzentrationsbereich, der typische Geruch eines Produkts. Das wahrscheinlich komplexeste und analytisch am meisten fordernde Beispiel ist gerösteter Kaffee. Die flüchtige Fraktion umfasst mehr als 1000 Einzelverbindungen, von denen keine einzige ein typisches Kaffeearoma aufweist. Erst etwa 40 Verbindungen zusammen lassen Menschen den charakteristischen Geruch wahrnehmen.</p>


<h2>Analytik</h2>
<p>Hochauflösende Kapillargaschromatographie ist sowohl vom Massenbereich als auch von der Trennleistung die Methode der Wahl, wenn es darum geht, geruchsaktive Verbindungen zu bestimmen. Eindimensionale Technik stößt dabei schnell an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, denn es gilt, Substanzen in einem Konzentrationsbereich von Pikogramm bis Milligramm pro Kilogramm in einer komplexen Mischung zu trennen. Diese Mischungen bestehen oft aus mehreren hundert Einzelverbindungen mit unterschiedlichen funktionellen Gruppen und Polaritäten.</p>
<p>Mehrdimensionale gaschromatographische Techniken kombinieren zwei Trennsäulen unterschiedlicher Polarität. Zwei Verbindungen, die auf einer Trennphase X coeluieren, trennt dann die Phase Y. Dafür gibt es in der Praxis zwei technische Lösungsansätze:<sup>1</sup>—<sup>3</sup> die Heart-Cut-Technik und die umfassende zweidimensionale GC (comprehensive GC × GC).</p>


<h2>Die Heart-Cut-Technik</h2>
<p>Die Heart-Cut-Technik nutzt in der Regel zwei Gaschromatographen, die durch ein Interface und ein Säulenschaltventil verbunden sind. Der erste Gaschromatograph ist mit einem Monitordetektor ausgestattet, der zweite meist mit einem Massenspektrometer gekoppelt. Zur Bestimmung sind dabei immer zumindest zwei Trennungen notwendig. Bei der ersten Trennung wird die gesamte Probe zum Monitordetektor geleitet, um die gesamte Information des Elutionsprofils der Probe zu erhalten. Dann wird das Säulenschaltventil so programmiert, dass nur interessierende Retentionsbereiche von der ersten auf die zweite Säule transferiert werden. Dabei sollte das Schneidefenster nicht zu groß sein, damit es nicht zu weiteren chromatographischen Überlagerungen auf der zweiten Säule kommt. Bei dieser Technik wird also nur ein bestimmter, eher kleiner Bereich einer zweiten Trennung unterworfen.</p>
<p>Abbildung 1 zeigt die Trennung der flüchtigen Fraktion von Holunderblüten, die mit Festphasenmikroextraktion angereichert wurde. Ein Retentionsbereich von einer Minute wurde dabei von einer unpolaren Trennsäule auf die zweite, in diesem Fall polare Trennsäule transferiert. Während im eindimensionalen Chromatogramm nur fünf Verbindungen zu erkennen sind, trennt die zweite Dimension mehr als zwanzig Verbindungen.</p>


<h2>Umfassende zweidimensionale Gaschromatographie</h2>
<p>Die comprehensive GC × GC-Technik verwendet nur einen Gaschromatographen, und in ihm ist die zweite Säule direkt mit der ersten Säule verbunden. Dabei ist zu beachten, dass die zweite Trennsäule wesentlich kürzer ist und auch üblicherweise geringere Durchmesser und Schichtdicken hat. Die Säulenlänge bei der zweiten Säule beträgt zwischen 0,5 und 3 Meter. Bei manchen Geräten sitzt die zweite Säule zusätzlich in einem kleinen Ofen, dessen Temperaturen immer etwas über der aktuellen Ofentemperatur liegen.</p>
<p>Die zweidimensionale Trennung entsteht durch eine Modulation. Dabei wird das Eluat von der ersten Trennsäule in Fraktionen zerschnitten, und diese einzelnen Fraktionen werden auf der zweiten Säule schnell getrennt. Die Modulationsfrequenz bewegt sich dabei im Sekundenbereich und sollte so gewählt werden, dass mindestens drei Modulationen pro Peak erfolgen.</p>
<p>Modulation ist durch unterschiedliche Techniken möglich.<sup>4</sup> Eine Lösung ist ein kryogener Modulator. Dieser nutzt eine Kombination von zwei Düsen, die im rechten Winkel aufeinander stehen. Eine Düse bläst kalten Stickstoff oder kaltes Kohlendioxid auf die Säule, wodurch alle Substanzen aus der ersten Säule am Anfang der zweiten Säule ausfrieren. Anschließend wird mit der Modulationsfrequenz von der anderen Düse ein Heißluftstrahl für einige hundert Millisekunden auf exakt die gleiche Stelle geblasen. Dadurch tauen die ausgefrorenen Substanzen auf und werden auf der zweiten Säule getrennt. Dies verbessert das Signal-Rauschverhältnis deutlich, weil sich die Peakbreite in der zweiten Dimension auf 150 bis 400 Millisekunden reduziert. Abbildung 2 (oben links) zeigt die Verbesserung des Signal-Rauschverhältnisses von einer unmodulierten Trennung und zu einer modulierten.</p>
<p>Modulation verlangt jedoch eine entsprechend schnelle Datenverarbeitung, besonders wenn quantitativ gearbeitet werden soll. Lange Zeit waren in diesem Bereich deshalb vorwiegend Time-of-Flight-Massenspektrometer im Einsatz, die eine Datenaufnahmerate von bis zu 500 Fullscan-Spektren pro Sekunde erreichen. Seit einigen Jahren sind Quadrupolgeräte am Markt, die bis zu 50 Spektren pro Sekunde im Scanmodus verarbeiten können.<sup>5</sup>,<sup>6</sup></p>
<p>Um das Potenzial der comprehensive GC × GC voll nutzen zu können, ist es wichtig, die Trennung in der ersten Dimension zu optimieren. Daher sind die Aufheizraten hierbei langsam, sie liegen bei ein bis drei Grad pro Minute.</p>


<h2>Komplexe Daten aufbereiten</h2>
<p>Um die komplexen Informationen aus der comprehensive GC × GC zu visualisieren, transformiert man die Daten in einen Contourplot (Abbildung 2, oben rechts). Dabei wird in der x-Achse die Retentionszeit und in der y-Achse die Modulationszeit aufgetragen. Verbindungen die parallel zur y-Achse auf einer Linie liegen, werden bei einer eindimensionalen Trennung nicht getrennt und können so zu falsch positiven Ergebnissen führen.</p>
<p>Abbildung 2, links unten zeigt den Ausschnitt aus der Trennung eines Weißweins aus pilzwiderstandsfähigen Rebsorten von nur 10 Minuten bei einer Gesamtlaufzeit des Chromatogramms von 60 Minuten. Allein in diesem Ausschnitt ließen sich über 200 Verbindungen identifizieren.</p>


<h2>Korkgeruch und -geschmack</h2>
<p>Das Beispiel der Bestimmung von 2,4,6-Trichloranisol und 2,4,6-Tribromanisol zeigt die Leistungsfähigkeit der comprehensive GC × GC. 2,4,6-Trichloranisol ist als ein Verursacher des Korktons bei Wein bekannt, jedoch mehren sich Vorfälle mit massiven Geruchsbeeinträchtigungen von unterschiedlichen Produkten durch beide Verbindungen. So waren Anfang der 90er Jahre ungefähr 20 Prozent des brasilianischen Rohkaffees aufgrund hoher Trichloranisolkontaminationen nicht verkehrsfähig.<sup>8</sup> Das Pharmaunternehmen Johnson &amp; Johnson musste in den letzten Jahren Medikamente vom Markt zurückrufen, weil die Verpackungen hohe Werte an Tribromanisol aufwiesen. Die Quelle der Kontamination waren behandelte Transportpaletten.</p>
<p>Beide Substanzen, 2,4,6-Trichloranisol und 2,4,6-Tribromanisol, weisen ähnliche Geruchsqualitäten und Schwellenwerte auf. Der Geruch wird üblicherweise als dumpf, muffig und unangenehm beschrieben, die Schwellen beider Substanzen in Wasser liegen bei 20 bis 30 pg·L—1.</p>
<p>Obwohl die Bestimmung in Trinkwasser mit Festphasenmikroextraktion als Probenvorbereitung problemlos ist, gibt es bei anderen Matrices aufgrund von Interferenzen Schwierigkeiten, im relevanten Konzentrationsbereich zu messen. Negative chemische Ionisation (NCI) verbessert sowohl die Selektivität als auch die Empfindlichkeit der Methode.</p>
<p>Abbildung 2 (rechts unten) zeigt das Chromatogramm einer Mangoprobe, in der sowohl 2,4,6-Trichloranisol als auch 2,4,6-Tribromanisol deutlich über der Wahrnehmungsschwelle festgestellt wurden. Zusätzlich wurden noch eine Reihe weiterer Chloranisole identifiziert: 2,3,4-Trichloransiol, Tetrachloransiol, und Pentachloransiol .</p>
<p>Die Bestimmungsgrenzen der Methode liegen unter 0,1 Nanogramm pro Kilogramm Probe, wobei zur Bestimmung lediglich 100 mg Probe benötigt werden.</p>


<h2>Zusammenfassung</h2>
<p>Mehrdimensionale Gaschromatographie ist eine wichtige und wertvolle instrumentelle Ergänzung in der täglichen Analysenpraxis, wenn es darum geht, geringe Konzentrationen in komplexen Gemischen sicher und interferenzfrei zu bestimmen.</p>
<p>Erich Leitner hat technische Chemie studiert und in Lebensmittelchemie habilitiert. Er leitet die Arbeitsgruppe “Lebensmittelchemie und Humansensorik” am Institut für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie an der TU Graz. Sein wissenschaftliches Hauptinteresse ist die Identifikation geruchsaktiver Substanzen in Lebensmitteln und in Gebrauchsgegenständen. Dazu nutzt seine Arbeitsgruppe moderne instrumentell-analytische Techniken, gekoppelt mit humansensorischen Methoden. <a href="mailto:erich.leitner@tugraz.at">erich.leitner@tugraz.at</a></p>


<h2>QUERGELESEN</h2>
<p>Gerüche sind vor allem dann chemisch schwierig zu charakterisieren, wenn sie sich aus hunderten von Einzelverbindungen zusammensetzen wie beim Röstkaffee.</p>
<p>Substanzen in Konzentrationsbereichen von Pikogramm bis Milligramm pro Kilogramm in komplexen Mischungen zu identifizieren, erfordert zweidimensionale Gaschromatographie.</p>
<p>Die Heart-Cut-Technik nutzt zwei Gaschromatographen, der zweite trennt einen Ausschnitt aus dem ersten Chromatogramm weiter auf.</p>
<p>Die umfassende zweidimensionale Gaschromatographie (comprehensive GC × GC) verwendet zwei Säulen und erreicht die zweidimensionale Trennung durch Modulation. Die Peakkapazität ist deutlich höher bei der Heart-Cut-Technik.</p>


<h2>Anakon 2015 in Graz</h2>
<p>Die nächste Anakon, die Konferenz für analytische Chemie im deutschsprachigen Raum, die alle zwei Jahre stattfindet, gibt es vom 23. bis zum 26. März 2015 an der TU Graz. Walter Gössler, Karl-Franzens-Universität, Erich Leitner und Helmar Wiltsche, Technische Universität Graz, organisieren die Tagung. Die Österreichische Gesellschaft für Analytische Chemie in der GÖCH, die GDCh-Fachgruppen Analytische Chemie und Wasserchemische Gesellschaft sowie die Division Analytische Chemie der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft beteiligen sich an der Gestaltung.</p>
<p><ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.anakon.at" target="_blank">www.anakon.at</a></ext-link></p>



<ul>
<li>
<sup>1 </sup>

 
L. Mondello, 
A. C. Lewis, 
K. D. Bartle, 
<source>Multidimensional Chromatography, <publisher-name>John Wiley &amp; Sons</publisher-name>, <publisher-loc>West Sussex, England</publisher-loc>, 2001.
</li>
<li>
<sup>2 </sup>

 
L. Mondello, 
<source>Comprehensive Chromatography in Combination with Mass Spectrometry, <publisher-name>John Wiley &amp; Sons</publisher-name>, <publisher-loc>New Jersey</publisher-loc>, 2010.
</li>
<li>
<sup>3 </sup>

 
P. J. Marriott, 
S.-T. Chin, 
B. Maikhunthod, 
H.G. Schmarr, 
S. Bieri, 
<source>Trends in Analytical Chemistry 
(2012), 
34, 
1–<lpage>21.</lpage>
</li>
<li>
<sup>4 </sup>

 
G. Semard, 
M. Adahchour, 
J.-Fr. Focant, 
<source>Comprehensive Analytical Chemistry 
(2009), 
55, 
15–<lpage>48.</lpage>
</li>
<li>
<sup>5 </sup>

 
M. Adahchour, 
L. L. P. van Stee, 
J. Beens, 
R. J. J. Vreuls, 
M. A. Batenburg, 
U. A. T. Brinkman, 
<source>J. Chrom. A, 
(2003), 
1019, 
157–<lpage>172.</lpage>
</li>
<li>
<sup>6 </sup>

 
H. G. Schmarr, 
J. Bernhardt, 
<source>J. Chrom. A, 
(2010), 
1217, 
565–<lpage>574.</lpage>
</li>
<li>
<sup>7 </sup>

 
J. Dallüge, 
M. van Rijn, 
J. Beens, 
R. J. J. Vreuls, 
U. A. T. Brinkman, 
<source>J. Chrom. A 
(2002), 
965, 
2007–<lpage>2017.</lpage>
</li>
<li>
<sup>8 </sup>

 
J. C. Spadone, 
G. Takeoka, 
R. Liardon, 
<source>J. Agric. Food Chem. 
(1990), 
38, 
226–<lpage>231.</lpage>
</li>
<li>
<sup>9 </sup>

<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.knowabouthealth.com/third-tylenol-recall-by-jjs-mcneil/4075" target="_blank">www.knowabouthealth.com/third-tylenol-recall-by-jjs-mcneil/4075</a></ext-link>.
</li>
</ul>


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