Wissenschaft + Forschung

Neuer Wirkstoff gegen Anthrax | Eine neue Methode soll den Milzbranderreger Anthrax bekämpfen. Dieses Bakterium benötigt Eisen, um zu überleben. Damit der Anthrax-Bazillus die wenigen freien Eisenionen im menschlichen Körper binden kann, produziert er Komplexbildner, die Siderophore. Das menschliche Protein Siderocalin nimmt die Eisensiderophore auf und scheidet sie über die Niere aus. Doch der Milzbranderreger besitzt einen Eisenträger, das Petrobactin, das von Siderocalin nicht erkannt wird. Forscher haben die Struktur des Siderocalins so verändert, dass es Siderophore des Anthraxerregers neutralisiert.<ul><li>
1 Angew. Chem. 2018, 57, 14619</li></ul>
Wie Kalium in die Zelle gelangt | Ein Proteinkomplex transportiert Kalium in die Zelle und vereint die Funktionen von Proteinkanälen und -pumpen. Durch Kaliumkanäle strömen die Ionen passiv in die Zelle, Kaliumpumpen transportieren Kaliumionen aktiv unter Energieverbrauch. Forscher der Universität Frankfurt zeigten den gekoppelten Mechanismus der beiden Funktionen: Ein kanalähnliches Protein bindet Kalium und transportiert es zur Pumpe durch einen nach außen gerichteten Tunnel. Dieser schließt, während sich ein zweiter nach innen gerichteter Tunnel öffnet.<ul><li>
2 Nat. Commun. 2018, doi: 10.1038/s41467-018-07319-2</li></ul>
Grünen Star mit Biomarker erkennen | Neue Biomarker sollen helfen, die Augenkrankheit Glaukom, bekannt als Grüner Star, frühzeitig zu erkennen.Das Gen PTP-Meg2 (protein tyrosine phosphatase megakaryocyte 2) reguliert zelluläre Vorgänge enzymatisch. Wie Forscher feststellten, erhöht sich der Augeninnendruck, wenn PTP-Meg2 mutiert ist. Dadurch verschwinden Sehnervfasern und Netzhautzellen.<ul><li>
3 Mol. Neuro. 2018, doi: 10.1007/s12035–018–1376–2</li></ul>
Lisa Süssmuth

Meldung

Aus den Biowissenschaften

Neuer Wirkstoff gegen Anthrax | Eine neue Methode soll den Milzbranderreger Anthrax bekämpfen. Dieses Bakterium benötigt Eisen, um zu überleben. Damit der Anthrax-Bazillus die wenigen freien Eisenionen im menschlichen Körper binden kann, produziert er Komplexbildner, die Siderophore. Das menschli...

OStR.

Eine Schutzgruppe in Position 4 der Glucose reicht, damit sich die alkalische Zuckerlösung mit Ammoniak oder Methylamin verfärbt. Nun gibt es Hinweise darauf, was chemisch bei positiver Wöhlk-Probe beziehungsweise positivem Fearon-Test passiert.
Bei der Wöhlk-Probe auf Lactose und Maltose aus dem Jahr 1904 und dem sehr ähnlichen Test von Fearon aus dem Jahr 1942 war bisher nicht bekannt, welche Substanz die rote Farbe hervorruft und über welchen Mechanismus sie entsteht. Dazu hat beigetragen, dass sich die Farbstoffe nicht extrahieren lassen.1) Inzwischen haben UV-Vis-spektroskopische Untersuchungen etwas Licht in die Sache gebracht.Die Wöhlk-Probe, eine Reaktion einiger Zucker mit Ammoniak im Alkalischen, war lange Zeit für Urinuntersuchungen in medizinischen Laboren gängig, hat aber dort seit etwa 50 Jahren keine Bedeutung mehr. Ähnliches gilt für Fearons Test, bei dem Methylamin statt Ammoniak als Nachweisreagenz dient.Für den Chemieunterricht in der Schule ist die Wöhlk-Probe nach wie vor attraktiv, so lässt sich damit einfach und anschaulich Lactose in Milchprodukten nachweisen.1)<h2>Ähnlichkeiten</h2>Anfangs galten nur Lactose und Maltose als nachweisbare Substanzen für die Wöhlk-Probe, die in der Urologie und in der Lebensmittelchemie beliebt war. Allerdings ergeben auch Cellobiose (Homodimer aus β-1,4-verknüpften Glucosemolekülen) und Maltotriose einen positiven Test. Diese Zucker enthalten alle ein reduzierendes Monosaccharid; wie der Substituent in der 4-O-Position aussieht, ist für die Proben nach Wöhlk und Fearon offensichtlich unerheblich. Wichtig ist nach Meinung der Autoren, dass die 4-OH-Gruppe substituiert ist.Die Hypothese war nun, dass eine in der Position 4 geschützte Glucose die gleiche Farbreaktion verursachen sollte. Dies wurde nun in Kiel mit 4,6-O-Ethyliden-D-glucopyranose verifiziert (Abbildung 1). Maltulose und Lactulose, die im Alkalischen durch eine Lobry-de-Bruyn-van-Ekenstein-Umlagerung entstehen, reagieren in gleicher Weise. Die Farbe bildet sich sowohl bei der Wöhlk-Probe als auch beim Fearon-Test mit Lactulose schneller als mit Lactose, am schnellsten jedoch mit der geschützten Glucose.<figure><img src="https://media.graphcms.com/g2xubguS7mcRAJdfnTAN"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Fearons Test bei 70 °C im Wasserbad mit jeweils 4 mL Methylaminlösung; von links: mit 8, 4, 2 mg geschützter Glucose (4,6-O-Ethylidene-D-glucopyranose), sowie 8 mg Lactose, 8 mg Lactulose. Foto: Ruppersberg</figcaption></figure>
Zudem ähneln die Reaktionen beim Wöhlk- wie beim Fearon-Test der frühen und mittleren Maillard-Reaktion sowie der bei der Herstellung von Zuckercouleur.<h2>Annäherung an den Reaktionsmechanismus</h2>Für die spektroskopischen Untersuchungen wurde anstelle der an jeder Schule verfügbaren Ammoniaklösung Methylammoniumchlorid eingesetzt, woraus im Alkalischen Methylamin frei wird (Fearon‘s Test). Der hierbei entstehende Farbstoff absorbiert sichtbares Licht der Wellenlänge 541 nm und ist leichter zu untersuchen als der weniger stabile Farbstoff aus der Wöhlk-Probe, der bei 527 nm absorbiert.Die Differenz der Absorptionsmaxima bei 527 nm mit Ammoniak und 541 nm mit Methylamin deutet darauf hin, dass es sich um ein Farbstoffmolekül handelt, dessen Absorption sich durch Austausch von –H gegen –CH3 um 14 nm rotverschiebt.Bei den Reaktionen nach Wöhlk und Fearon entsteht ähnlich wie bei der Maillard-Reaktion nicht nur ein rotes Endprodukt, sondern es bilden sich auch farblose und UV-absorbierende Zwischen- und Endprodukte, aber nur jeweils eines ergibt ein Maximum bei 527 nm beziehungsweise 541 nm. Schlüssel zu den Zwischenprodukten sind die Maxima im UV-Bereich. Weil Fearons Test zuverlässiger abläuft als die Wöhlk-Probe, wird dieser Methode bei den weiteren Untersuchungen der Vorzug gegeben.<h2>Absorptionsmaxima im Sichtbaren und im UV</h2>Lösungen von Lactose, Maltose, Lactulose, Glucose, Fructose wurden nach Fearons Test zwischen 250 nm bis 600 nm spektroskopisch untersucht. Dabei ergaben sich auffällige Banden, die schon im Agnes-Pockels-Schülerinnenlabor bei der Untersuchung von Wöhlk-Proben beobachtet wurden.2)Alle lachsrot gefärbten Lösungen in der Wöhlk-Probe absorbieren intensiv bei 306 nm (Abbildung 2). Zudem zeigen sie ein für den lachsroten Farbeindruck verantwortliches Absorptionsmaximum bei 527 nm mit zirka 1/200 der Intensität der bei 306 nm gemessenen Extinktion.<figure><img src="https://media.graphcms.com/qYOyFkG6SgGw5q8S8YRi"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Absorptionen bei 306 nm (Wöhlk-Probe: Lactulose blau, Lactose rot) und 321 nm (Fearons Test: Lactulose violett, Lactose grün).</figcaption></figure>
Bei Fearons Test liegt die auffällige UV-Bande bei 321 nm sowie bei 541 nm. Derartige Farbbanden resultieren meist aus einem Charge-Transfer und treten bei betainartigen Verbindungen mit Ladungsseparation auf. Das Schimmelpilzgift Moniliformin (Natriumsalz der Semiquadratsäure) sowie Azulene zeigen in Habitus, also in der Form der Banden, und in der Bandenintensität ähnliche Spektren.<h2>Vorschlag für einen Chromophor</h2>Bei Einwirkung von Alkalilauge auf reduzierende Zucker entsteht zunächst ein Endiolatanion, das bei 312 nm absorbiert. Bei weiterer Einwirkung von Alkali fragmentiert es unter Aldolspaltung in Trioseredukton und andere kleine Bruchstücke.3) Dieses Endiolatanion wird vor dem weiteren Zerfall durch Ammoniak oder primäre Amine abgefangen und reagiert dann ohne Eliminierungsreaktionen weiter zu farbigen Verbindungen. Die Redoxprozesse dabei sind noch ungeklärt, die Autoren diskutieren Redoxdisproportionierung als eine Möglichkeit.Da Glucose selbst unter diesen Bedingungen nur gelbe Färbungen ergibt, die offenbar auf Zerfallsreaktionen des Endiolatanions zurückzuführen sind, fungiert das zweite Zuckermolekül in den Di- und Trisacchariden offenbar nicht als Abgangsgruppe. Vielmehr nimmt es an der Bildung des Chromophors teil, indem es als Schutzgruppe den weiteren Zerfall des Endiolatanions verhindert. Die gleiche Farbreaktion von 4,6-O-Ethyliden-d-Glucopyranose wie Lact(ul)ose, Malt(ul)ose und Cellobiose lässt diesen Schluss zu. Auch 4,6-O-Benzyliden-d-Glucopyranose zeigt dieses Reaktionsverhalten.Da der Farbstoff bisher nicht isoliert und gereinigt werden konnte, ist nicht auszuschließen, dass in der Lösung weitere, nicht zum Chromophor gehörende Endiolate in diesem Bereich absorbieren. Das zweite Maximum bei 362 nm könnte auf ein Derivat von Glutacondialdehyd (Chromophor: O-haltige Anteile, Abbildung 3) zurückzuführen sein, der ebenfalls bei dieser Wellenlänge absorbiert. Zurzeit diskutieren wir daher das Alkalisalz von 6-Formyl-pyridin-1-ium-3,4-diolat (Abbildung 3) mit einer geschützten 5-Hydroxygruppe als infrage kommende Struktur.<figure><img src="https://media.graphcms.com/ed8NKhXzQkiIWUpVse6z"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Postuliertes Chromophor: Alkalisalz von 6-Formyl-pyridin-1-ium-3,4-diolat mit einer geschützten 5-Hydroxygruppe als infrage kommende Struktur; R=H für die Wöhlk-Probe, R=Me für Fearons Test; R‘=Galactose mit Lact(ul)ose, R‘=Glucose mit Malt(ul)ose.</figcaption></figure>
<h2>Die Autoren</h2>Manfred W. Kussler, Jahrgang 1949, ist Mitglied der Fachgruppe Seniorexperten Chemie in der GDCh. Nach Chemiestudium und Promotion in Saarbrücken hat er sich vornehmlich mit Hochleistungstechnologiefarbstoffen, Oled und Solarzellen befasst. Ein Artikel in den Nachrichten aus der Chemie machte ihn auf den ungeklärten Farbstoff aus der Wöhlk-Probe aufmerksam. <a href="mailto:manfred.kussler@t-online.de">manfred.kussler@t-online.de</a><div><img src="https://media.graphcms.com/JbMQsnndScI3cFoeU8UM">

</div>Klaus Ruppersberg, Jahrgang 1959, ist Oberstudienrat und ans Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften an der Universität Kiel abgeordnet. Er entwickelt Experimente und Materialien für kontextorientierten Chemieunterricht. An der Aufklärung der Wöhlk-Probe arbeitet er seit dem Jahr 2016.<div><img src="https://media.graphcms.com/7uoHgRaIT26PTMsDiduR">

</div><a href="mailto:ruppersberg@ipn.uni-kiel.de">ruppersberg@ipn.uni-kiel.de</a><h2>Quergelesen</h2>Bei der Wöhlk-Probe aus dem Jahr 1904 entsteht ein roter Farbstoff, dessen Struktur und Entstehungsmechanismus bislang unerforscht waren.Der Farbstoff entsteht im Alkalischen nicht nur bei der Reaktion von Ammoniak mit Lactose und Maltose, sondern auch mit anderen 1,4-verknüpften reduzierenden Disacchariden.Aufgrund von UV-Vis-spektroskopischen Untersuchungen gibt es nun Vorschläge für eine Struktur des Chromophors.
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1 K. Ruppersberg, Nachr. Chem. 2018, 66, 625–628</li><li>
2 K. Ruppersberg, J. Hain, P. Mischnick CHEMKON, 2017, 24, 302–324</li><li>
3 H. von Euler, B. Eistert, Chemie und Biochemie der Reduktone und Reduktonate, F. Enke Verlag Stuttgart, 1957; G. Hesse, F. Rämisch, K. Renner, Chem. Ber. 1956, 89, 2137 und darin zitierte Literatur</li></ul>

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