Wissenschaft + Forschung

Erstmals Wanderung durch den Ionenkanal beobachtet | Indem sie Kalium- durch Ammoniumionen austauschten, haben Forschende erstmals beobachtet, wie Ionen einen Ionenkanal in Zellmembranen durchwandern. Dazu nutzten sie Festkörper-NMR-Spektroskopie.Die Erkenntnisse werden helfen, pharmakologische Effekte zu untersuchen: Einige Moleküle und Medikamente beeinflussen nämlich die Ionenkonfiguration; wie, ließ sich aber bisher kaum untersuchen.<ul class="references"><li>
1 J. Am. Chem. Soc. 2022, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.1021/jacs.1c13247</ext-link></li></ul>
Wie mRNA ihre endgültige Form bekommt | Ein Team des Max-Planck-Instituts für Biochemie hat ermittelt, wie mRNA ihre finale Form erhält: Dazu sind 16 Proteine nötig. Vorher war bereits klar, welche Proteine beim Ablesen und Übersetzen der DNA in die Vorläufer-RNA beteiligt sind. Bei der Prozessierung zur reifen mRNA war ein wichtiger Teilschritt aber bislang grob bekannt: Zunächst werden die Ketten der mRNA-Vorläufer an einer bestimmten Stelle gespalten, damit einheitliche Produkte entstehen. Anschließend wird an ein Ende des Strangs eine lange Molekülkette gehängt, der Poly(A)-Schwanz. Seinetwegen wird die mRNA in den Zellen nicht direkt wieder zersetzt, und er ist zudem wichtig für die Proteinsynthese.<ul class="references"><li>
2 Gene Dev. 2022, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.1101/gad.349217.121</ext-link></li></ul>
Narkose: Menschen ähneln Pflanzen | Bislang ist nur bei wenigen Narkosemitteln klar, wie sie wirken. Wie Würzburger Forschende nun zeigen, unterbricht Ether die Reizweiterleitung. Das Team betäubte damit Venusfliegenfallen, die sich durch den Ether ähnlich wie ein Mensch narkotisieren lassen. Sie reagieren in dieser Zeit nicht auf Berührungen. Untersuchungen des Fallengedächtnisses zufolge erinnert sich die Falle nicht an Berührungen während der Narkose. Ihre Reaktion unterscheidet sich also nicht vor der eines Menschen. Die betäubten Fallen nehmen Berührungen zwar lokal wahr, können sie aber nicht weiterleiten: Das ausgeschüttete Calcium, das als Signalmolekül dient, entsteht zwar, kann aber den Berührungssensor nicht verlassen.<ul class="references"><li>
3 Sci. Rep. 2022, 12, 2851</li></ul>
Krebs überwachen mit Organen auf einem Chip | Freiburger Forschende haben ein System entwickelt, das es ermöglicht, die Entwicklung von Tumorzellen außerhalb des menschlichen Körpers im dreidimensionalen Verbund zu untersuchen. Mit Mikrosensoren lassen sich die Kulturbedingungen und Stoffwechselraten der Zellen jederzeit messen und steuern. Mit dem System lässt sich nicht nur die Mikroumgebung eines Tumors abbilden und untersuchen, sondern auch feststellen, wie Medikamente wirken – und das in Echtzeit.Zukünftig könnte das System eine personalisierte Krebstherapie ermöglichen.<ul class="references"><li>
4 Lab Chip 2022, 22, 225</li></ul>
Mit Haemophilus-Bakterien-Erbgut zu gezielter Antibiotikabehandlung | Haemophilus-Bakterien verursachen bei Kindern und Senioren häufig Infektionen, auch schwere. Ein deutsches Forscherteam hat etwa 1500 Genome der Gattung Haemophilus untersucht und die Bakterienspezies bestimmt. Aus den Rohdaten lassen sich Marker ablesen, die auf Antibiotikaresistenzen hindeuten. Sie wollen die Methode nun weiterentwickeln, um in Zukunft direkt aus einer Patientenprobe ein genaues Bakterienprofil mit allen Resistenzgenen (Resistom) und Virulenzfaktoren zu erstellen. Das wird helfen, das korrekte Antibiotikum zu wählen.<ul class="references"><li>
5 Genome Med. 2022, 14, 13</li></ul>
Listerienbasierter Impfstoff gegen Leberkrebs | Ein neuer listerienbasierter Impfstoff aus Hannover liefert tumorspezifische Antigene gegen Lebertumore. Werden gesunde Mäuse, in denen später Leberkrebs induziert wird, prophylaktisch geimpft, steigt die Überlebensrate bei zweifacher Impfung auf 100 Prozent. Bei Mäusen mit Leberfibrose, einem Risikofaktor für die Leberkrebsentstehung, aktiviert der Impfstoff das Immunsystem. Dieses erkennt und beseitigt dadurch prämaligne Zellen, die sich zu Tumoren formen können.Die Mausdaten liefern Erkenntnisse, die auf menschliche Leberkrebspatienten übertragbar sind.<ul class="references"><li>
6 Oncogene 2022; doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.1038/s41388–022–02222-z</ext-link></li></ul>
Eliza Leusmann

Meldung

Aus Medizin und Biowissenschaften

Erstmals Wanderung durch den Ionenkanal beobachtet | Indem sie Kalium- durch Ammoniumionen austauschten, haben Forschende erstmals beobachtet, wie Ionen einen Ionenkanal in Zellmembranen durchwandern. Dazu nutzten sie Festkörper-NMR-Spektroskopie.Die Erkenntnisse werden helfen, pharmakologische E...

Den meisten Menschen sind die Actinoide lediglich als Elemente in Kernkraftwerken bekannt. Doch seit einigen Jahren werden Koordinationsverbindungen der verschiedenen Actinoide auch in Laboren hergestellt und untersucht.
Seit Enrico Fermis und Emilio Segrès Versuchen in den 1930er Jahren, neue Elemente ausgehend von Uran herzustellen – was aber erst Jahre später Edwin McMillan und Philip Abelson an der University of California in Berkeley gelang –, wurde die Reihe der Transuran-Elemente bis zum Lawrencium komplettiert und auf die Transactinoide bis Element 118 (Oganesson) ausgeweitet.Die ersten Versuche, Transurane herzustellen, produzierten nur einzelne Atome. Durch die Weiterentwicklung der Kernreaktortechnik seit den 1950er Jahren lassen sich inzwischen Mengen im Nanogramm- bis Grammbereich der Elemente Neptunium, Plutonium, Americium, Curium, Berkelium, Californium und Einsteinium herstellen.<h2>Anwendungen</h2>Der größte Anwendungsbereich der Actinoide liegt in der Kernkraft. Die damit verbundene Wiederaufbereitung der benutzten Brennelemente führte zu einem verstärkten Interesse an der Chemie der Actinoide und insbesondere der Transurane, um bessere Trennverfahren für die verschiedenen Nuklide zu entwickeln – jenseits des momentan eingesetzten Purex-Prozesses zur Extraktion von U und Pu.Actinoide kommen nur in kleinen Mengen vor, und der Umgang mit radioaktiven Nukliden ist schwierig. Daher sind viele grundlegende Eigenschaften der Actinoide noch nicht gut verstanden. In den letzten Jahren gab es jedoch einige Durchbrüche, die die Grenzen der synthetischen anorganischen Chemie verschoben haben.<h2>Praktischer Umgang mit Actinoiden</h2>Alle Actinoide sind radioaktiv, jedoch unterscheiden sich die Halbwertszeiten und Zerfallsarten stark zwischen den Nukliden. 232Th und 238U sind als α-Strahler und mit Halbwertszeiten von 1,4 · 1010 beziehungsweise 4,5 · 109 Jahren im Syntheselabor auch im Grammmaßstab noch handhabbar. Die Transurannuklide hingegen sind deutlich weniger langlebig: 237Np hat eine Halbwertszeit von 2,1 · 106 Jahren, die sich für die schwereren Actinoide reduziert, bis sie für 254Es nur noch 276 Tage beträgt.Eine kürzere Halbwertszeit bringt neben der erhöhten Radiotoxizität weitere Probleme mit sich. Die hohe spezifische Aktivität von beispielsweise Californium führt zur Radiolyse von Wasser, wenn in wässrigen Lösungen gearbeitet wird. Ebenso besteht das Problem, dass Einkristalle von Komplexen stark radioaktiver Nuklide radiolytisch geschädigt werden können (<xref rid="nadc20224127623-fig-0001" ref-type="fig">Abbildung</xref> 1).1) Dann sind die Kristalle nicht mehr messbar, und die Strahlung zerstört die Liganden.<figure><img src="https://media.graphassets.com/9WHnqUv3R2aRjcjV7Fw5"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Strahlungsschäden an Kristallen von 249Cf2(mell)(H2O)10 · 4 H2O (mell = Benzolhexacarbonsäure, liegt hier als mell6– vor): Der intakte Kristall am Morgen nach der Reaktion (links) im Vergleich zum geschädigten Kristall nach 29 Tagen (rechts).1) Abbildung mit Genehmigung der ACS</figcaption></figure>
Aufgrund dieser Schwierigkeiten war es lange nicht möglich, Organometallverbindungen mit den schwereren Actinoiden zu untersuchen. Die Verfügbarkeit schneller Einkristalldiffraktometer und Spektrometer änderte dies jedoch: Sie ermöglichen – bei entsprechend schnellen Reaktions- und Kristallisationszeiten –, die Strukturen im Einkristall aufzuklären und Verbindungen spektroskopisch zu charakterisieren, bevor Radiolyse den Kristall schädigt.Eine weitere Herausforderung ist die Synthese luft- und wasserempfindlicher Verbindungen. Präparative Arbeiten mit Transuran-Nukliden finden aus Sicherheitsgründen in Gloveboxen statt, in denen – anders als in Standard-Gloveboxen – Unterdruck herrscht (<xref rid="nadc20224127623-fig-0002" ref-type="fig">Abbildung</xref> 2). Dadurch ist die Atmosphäre in diesen Gloveboxen schwieriger zu kontrollieren, und die O2- und H2O-Anteile sind oft vielfach höher als in Überdruck-Gloveboxen. Um trotzdem luft- und wasserempfindliche Organometallverbindungen herzustellen, wird manchmal in der Glovebox eine Schlenk-Linie verwendet.<figure><img src="https://media.graphassets.com/nXCGWCE7R0aTXQImgLUD"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Gloveboxen für Arbeiten mit Transuranen im Unterdruckmodus (erkennbar an den eingefallenen, verknoteten Handschuhen) und mit zusätzlichen Filtern für die Abluft auf der Oberseite der Glovebox. Foto: Juliane März, Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf</figcaption></figure>
Je nach Nuklid ist zudem die verfügbare Menge sehr begrenzt. Daher werden Synthese und Aufarbeitung oft zunächst mit ähnlichen Lanthanoidverbindungen optimiert, bevor die Experimente mit dem Actinoid starten.Trotz dieser Schwierigkeiten wurden in den letzten Jahren Organometallverbindungen der Transurane synthetisiert und charakterisiert, was Einblicke in die Chemie der seltensten und am wenigsten verstandenen Elemente ermöglicht.<h2>Neptunium und Plutonium</h2>Neptunium war das erste künstlich erzeugte Element, wurde aber lange deutlich weniger untersucht als seine Nachbarn Uran und Plutonium. In den letzten Jahren hat das Interesse an Neptunium wieder zugenommen, da zum Verständnis der Eigenschaften und Trends experimentelle Untersuchungen an analogen Verbindungen der Actinoide unerlässlich sind.Kürzlich synthetisierten Dutkiewicz und Coautoren den ersten Neptuniumkomplex mit einem terminalen Oxoliganden und charakterisierten ihn kristallografisch sowie spektroskopisch.2) Komplexe mit Mehrfachbindungen zwischen dem Actinoid und einem monodentaten Liganden eignen sich gut, um Bindungseigenschaften zu untersuchen, da sich schon geringe Unterschiede in den σ- und π-Bindungsanteilen identifizieren lassen. Die Synthese erfolgt ausgehend von NpCl4 durch Umsetzung mit einem tetradentaten Triamidoaminliganden, anschließender Reduktion mit Kaliumgraphit zum NpIII-Komplex und schließlich einer 2e–-Oxidation durch N2O (<xref rid="nadc20224127623-fig-0003" ref-type="fig">Abbildung</xref> 3).<figure><img src="https://media.graphassets.com/msjwOgrKSNmKUeDCQCKD"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Synthese des terminalen Neptunium-Oxo-Komplexes ausgehend von NpCl4.</figcaption></figure>
Wie sich mit quantenchemischer Bindungsanalyse zeigte, sind die Np-5f-Orbitale an der Np-O-Bindung beteiligt und haben eine wichtige Rolle bei der Entstehung der kovalenten Bindungsanteile der Np-O-Dreifachbindung. Vorherigen quantenchemischen Studien an Actinoidserien zufolge sollte der kovalente Bindungsanteil in Actinoid-Ligand-Bindungen für Pa, U und Np insgesamt gleich sein. Der erwartete Trend ist eine Abnahme der 6d-Orbitalbeteiligung des Actinoids von links nach rechts, den jedoch die Zunahme des 5f-Orbitalanteils ausgleicht. Dies sollte zu gleichen kovalenten Bindungsanteilen in der An-O-Bindung für U und Np führen.Im experimentell untersuchten Np-Oxo-Komplex hingegen ist der 5f-Orbitalanteil deutlich stärker ausgeprägt als erwartet, was insgesamt zu einem größeren kovalenten Bindungsanteil der Np-O-Bindung führt als im analogen U-O-Komplex. Die Bindungssituationen und Trends in den Actinoiden sind also noch immer schlechter verstanden als bei den leichteren Elementen.<h2>Actinoide und Gerüstverbindungen</h2>Experimente mit actionidhaltigen metallorganischen Gerüstverbindungen (metal organic frameworks, MOFs) bieten ungewöhnliche Möglichkeiten: Lv und Coautor:innen berichteten kürzlich über neue MOFs mit Th4+, U4+, Np4+ und Pu4+ als Zentralionen der primären Einheiten.3) Die hochsymmetrische Umgebung der MOFs führte dabei zu einer außergewöhnlich hohen Koordinationszahl von zwölf für die Actinoidionen (<xref rid="nadc20224127623-fig-0004" ref-type="fig">Abbildung</xref> 4). Dies macht die untersuchten An-MOFs ungewöhnlich stabil, was sich daran zeigt, dass die intrinsische Radioaktivität insbesondere der Transuran-Actinoide die Strukturen nur wenig schädigt.<figure><img src="https://media.graphassets.com/uXvFtLlQDPqstGpTCBZg"><figcaption><label>Abb. 4: </label>Zwölffach koordinierte An-Ionen (An = Th4+, U4+, Np4+, Pu4+) in den An-MOFs (links) und Struktur der An-MOFs (rechts).3) Mit Genehmigung der ACS</figcaption></figure>
Trotz der für die verschiedenen Actinoidionen sehr ähnlichen erhaltenen Strukturen lässt sich das untersuchte System basierend auf Anthracenliganden nutzen, um benachbarte Actinoidionen zu trennen: In kompetitiven Reaktionen der Liganden mit Thorium/Uran und Uran/Neptunium wird das jeweils größere Actinoidion bevorzugt in das MOF eingebaut, während das kleinere Actinoidion (U4+, Np4+) in Lösung bleibt. Geringe Änderungen in Bindungslängen- und Winkel beeinflussen folglich die Stabilität der MOFs und damit die Selektivität für größere Actinoidionen. Da die Trennung der Actinoide immer noch schwierig ist, bietet die selektive Bildung und Kristallisation von MOFs einen interessanten Ansatz.<h2>Organometallverbindungen jenseits Plutonium</h2>Um Eigenschaften und Trends in den Actinoiden zu ergründen, werden derzeit einfache metallorganische Komplexe mit den verschiedenen Actinoiden hergestellt. Klassische Liganden dafür sind der Cyclopentadienylligand und seine Derivate. Kürzlich hat ein Team um Batista, Evans, Gaunt, Kozimor und Yang die ersten Americium- und Californiumkomplexe mit einem Tetramethylcyclopentadienyl-Liganden (Cptet) kristallografisch charakterisiert (<xref rid="nadc20224127623-fig-0005" ref-type="fig">Abbildung</xref> 5).4,5) Dies wurde erst durch die vorangehende Optimierung der Reaktionsführung anhand von Lanthanoid-Modellkomplexen möglich: So ließen sich An-Komplexe innerhalb eines Tages herstellen und charakterisieren, was die Gefahr radiolytischer Schädigung der Produkte und Einkristalle verringerte. Für Am wurde so ausgehend von 5 mg Am der [Am(Cptet)3] Komplex erhalten. Mit 2 mg Cf entstand [Cf(Cptet)2Cl2K(OEt2)]n, was zeigt, dass sich auch mit den radioaktiveren Actinoiden geringer Verfügbarkeit Organometallverbindungen experimentell untersuchen lassen.<figure><img src="https://media.graphassets.com/5BQvOKGSr6Oi29De6ccp"><figcaption><label>Abb. 5: </label>Synthese der Americium- und Californiumkomplexe mit Cyclopentadienyl-basierten Liganden.</figcaption></figure>
<h2>Einsteinium</h2>Die frühen Actinoide sind mittlerweile in Mengen für Synthesen im Gramm- oder Milligrammmaßstab verfügbar. Bei den späteren Actinoiden stellt sich die Frage, wie sehr sich Reaktionen herunterskalieren lassen und wo die Grenze für die Synthesechemie liegt. Ein Team um Abergel und Kozimor in Berkeley und Los Alamos in den USA hat diese Frage kürzlich beantwortet, indem es einen Einsteiniumkomplex mit 175 Nanogramm 254Es synthetisiert und charakterisiert hat.6)Neben der geringen Menge verfügbaren Materials ist eine weitere Herausforderung die im Vergleich zu den früheren Actinoiden kurze Halbwertszeit von 276 Tagen. Dies geht mit einer deutlich höheren Radioaktivität von 254Es im Vergleich zu seinem direkten Nachbarn 249Cf einher. Die Aktivität der untersuchten Probe beträgt etwa das 40-fache der jährlich erlaubten Aktivität, der Forschende unter den örtlichen Regularien ausgesetzt werden dürfen. Entsprechend aufwendig sind die Schutzmaßnahmen für die praktische Arbeit mit dem Element. Gleichzeitig müssen Synthese und Charakterisierung innerhalb kurzer Zeit nach Herstellung des Nuklids erfolgen, da sonst bereits ein beträchtlicher Teil des Es zerfallen ist.Die Zerfallsprodukte sind zunächst hauptsächlich 250Bk und 250Cf, was bei der Untersuchung der Verbindungen zu bedenken ist. Als Ligand diente ein oktadentater Chelatligand, der bereits für andere d- und f-Metalle etabliert ist. Zudem fungiert der gewählte Ligand als Lumineszenzantenne und ermöglicht dadurch, Lumineszenzspektren schon bei Konzentrationen von 1,88 μM (ausgehend von 38 ng Es) zu messen.Zur Charakterisierung des Komplexes diente Röntgenabsorptionsspektroskopie (Xanes und Exafs) kombiniert mit Lumineszenzspektroskopie. Damit lassen sich selektiv die Es-Verbindungen untersuchen, und Verbindungen der Zerfallsprodukte stören nicht.Neben der Bestimmung der formalen Oxidationsstufe auf +3 und der durchschnittlichen Bindungslängen der Es-O-Bindungen auf 2,38(3) Å zeigte sich etwas Ungewöhnliches im Lumineszenzspektrum: Die Emissionsbande des Komplexes ist im Vergleich zum freien Ion blauverschoben. Dies steht im Kontrast zu den früheren Actinoiden, die bei Komplexierung für gewöhnlich eine Rotverschiebung zeigen. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass der EsIII-Komplex eine andere elektronische Struktur hat als AmIII- und CmIII-Komplexe (<xref rid="nadc20224127623-fig-0006" ref-type="fig">Abbildung</xref> 6). Verursacht wird dies vermutlich durch eine Änderung im Spin-Bahn-Kopplungsschema von einer Russel-Saunders-Kopplung (Kopplung der Spins und Bahndrehimpulse zunächst jeweils untereinander, dann Kopplung des Gesamtspins mit dem Gesamtbahndrehimpulsen) zu einer jj-Kopplung (Kopplung des Spin- und Bahndrehimpulses zunächst für jedes Elektron und anschließende Addition aller Gesamtbahndrehimpulse ji). Dies zeigt: Die Modelle, die zur Beschreibung und Vorhersage von Eigenschaften der Actinoide genutzt werden, sind zu verbessern und anzupassen.<figure><img src="https://media.graphassets.com/rGSoB2ApRQGHnjWXH58x"><figcaption><label>Abb. 6: </label>Synthese des Einsteiniumkomplexes mit dem HOPO-Liganden.</figcaption></figure>
<h2>Die Autorin</h2>Lisa Vondung ist seit April 2021 mit einem Liebig-Stipendium Nachwuchsgruppenleiterin an der Universität Göttingen. Ihre Arbeitsgebiete sind Synthese, Charakterisierung und Reaktivität (früher) Actinoidkomplexe sowie quantenchemische Bindungsanalyse von Metallkomplexen und Untersuchung von Reaktionsmechanismen. Sie promovierte 2017 in Marburg und schloss einen Postdoc in Manchester an.<div><img src="https://media.graphassets.com/DPO4zuBRRqTdk0x6ciQ0">

</div><h2>AUF EINEN BLICK</h2>Viele Eigenschaften und Trends in der Reihe der Actinoide sind noch größtenteils unbekannt.Komplexe mit Actinoiden lassen sich inzwischen schnell genug herstellen und kristallisieren, um sie charakterisieren zu können.Mit diesen Untersuchungen lassen sich die Modelle zur Beschreibung und Vorhersage von Eigenschaften der Actinoide verbessern.Blickpunkt Anorganik berichtet über neue präparative Techniken, Analysetechniken, Reinigungsverfahren, den richtigen Umgang mit gefährlichen Stoffen und mehr.
<ul class="references"><li>
1 J. M. Sperling, E. Warzecha, C. J. Windorff et al., Inorg. Chem. 2020, 59, 10794–10801</li><li>
2 M. S. Dutkiewicz, C. A. P. Goodwin, M. Perfetti et al., Nat. Chem. 2022, 14, 342–349</li><li>
3 K. Lv, C. Urbank, M. Patzschke, J. März et al., J. Am. Chem. Soc. 2022, 144, 2879–2884</li><li>
4 C. A. P. Goodwin, J. Su, T. E. Albrecht-Schmitt et al., Angew. Chem. 2019, 131, 11821–11825</li><li>
5 C. A. P. Goodwin, J. Su, L. M. Stevens et al., Nature 2021, 599, 421–424</li><li>
6 K. P. Carter, K. M. Shield, K. F. Smith et al., Nature 2021, 590, 85–88</li></ul>

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