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<p>Ein Technikum für Katalysatorentwicklung und Feststoffverarbeitung der BASF soll bis Mitte 2024 in Ludwigshafen seine Arbeit aufnehmen. Hier bündelt der Konzern Prozessentwicklung und Produktion im Pilotmaßstab für alle Standorte weltweit.</p>

Meldung

BASF: Katalysatortechnikum

Ein Technikum für Katalysatorentwicklung und Feststoffverarbeitung der BASF soll bis Mitte 2024 in Ludwigshafen seine Arbeit aufnehmen. Hier bündelt der Konzern Prozessentwicklung und Produktion im Pilotmaßstab für alle Standorte weltweit....

<p>In Ministerien und Bundesbehörden gestalten Chemiker:innen Reach mit. Auf Landesebene sind sie mit dem Umsetzen der Regelungen beschäftigt, sie überwachen die Auslegung der Vorschriften und arbeiten mit Blick auf ein angemessenes Schutzniveau für Mensch und Umwelt.</p>
<p>Aufgrund der schlechten Datenlage zu Stoffen verabschiedeten die europäischen Umweltminister auf einer Sitzung in Weimar im Jahr 1998 das Weißbuch zu einer neuen Umweltpolitik. Beliebt waren damals Zitate aus dem Buch „Silent Spring“ von Rachel Carson aus dem Jahr 1962: „Wenn wir auf so vertrautem Fuße mit diesen chemischen Stoffen zu leben gedenken – sie essen, trinken und selbst ins Mark unserer Knochen übernehmen –, sollten wir wohl etwas von ihrer Natur und ihrer Wirkungsweise wissen.”</p><p>Im Sommer 2006 hat die Europäische Kommission dann die europäische Chemikalienverordnung beschlossen (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals, Reach). Ein Ziel war, Kenntnisdefizite zu beseitigen. Um das zu erreichen, kehrte Reach das vorher herrschende Motto „no data, no problems“ um in „no data, no market“. Es sollten also nur Stoffe auf den Markt kommen, zu denen je nach Tonnage ein Mindestdatensatz bekannt ist. Tabelle 1 stellt die Datenlage zu Stoffen in den Jahren 2007 und 2021 gegenüber.</p><table-wrap>

<label>Tab. 1</label><h2>Datenlage zu Stoffen in den Jahren 2007 und 2021 (Stand 20.7.2021). AGW: Arbeitsplatzgrenzwerte; DNEL: derived no-effect level.</h2><img src="https://media.graphcms.com/3tYF6vajS6CRfc1sHTIK">

</table-wrap><h2>Mehr als Umweltschutz</h2><p>Chemiker:innen gestalten Reach mit, sind in Behörden und Institutionen des öffentlichen Dienstes an der Umsetzung der Verordnung beteiligt, überwachen die Auslegung der Vorschriften und geben Auskunft hierzu.</p><p>Die Behörden selbst sind nicht von der Verordnung ausgenommen, etwa wenn sie Stoffe oder Gemische verwenden. Lediglich im Interesse der Landesverteidigung besteht in besonderen Fällen die Möglichkeit einer Ausnahme. Auch hier arbeiten Chemiker:innen mit.</p><p>Reach ist im Schwerpunkt eine Umweltschutz-Verordnung. Mit diesem Beitrag geht die GDCh-Fachgruppe „Chemiker im öffentlichen Dienst“ darauf ein, wie Reach im Arbeitsschutz wirkt.</p><h2>Mehr Daten, mehr Arbeitsschutz</h2><p>Bei einer idealen Umsetzung der Reach-Verordnung war für den Arbeitsschutz davon auszugehen, dass</p><p><list list-type="simple"><list-item></list-item></list></p><p>von Sizilien bis zum Nordkap alle Daten zu Stoffen vorliegen,</p><list-item><p>diese Daten in Sicherheitsdatenblättern aufgearbeitet sind,</p></list-item><list-item><p>alle die entsprechenden Schutzmaßnahmen einhalten und</p></list-item><list-item><p>keine stoffbedingten Berufskrankheiten mehr entstehen.<sup>1)</sup></p></list-item><p></p><p>Die Industrie versuchte, die für Reach beizubringenden Daten nicht zu umfangreich werden zu lassen. Im vom Bundesverband der Deutschen Industrie in Auftrag gegebenen Projekt „Wirtschaftliche Auswirkungen der EU-Stoffpolitik“ hieß es:<sup>2)</sup> „Die Umsetzung des Weißbuchs bewirkt für die deutsche Wirtschaft einen Verlust von etwa 150 000 Arbeitsplätzen.“ Im schlimmsten Szenario seien es 2 350 000 Arbeitsplätze. Viele Stoffe auf dem Markt würden wegfallen, was die deutschen Exporte verringere. Mit Reach sei die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Chemieindustrie gefährdet.</p><p>Dem standen stoffbedingte Gesundheitskosten gegenüber. Auf Basis von Daten für Deutschland haben Betriebswirtschaftler im Jahr 2004 für Europa (damals 15 Staaten) jährliche Kosten von 2,75 Mrd. Euro für Hauterkrankungen im Gesundheitsbereich und in der Metallindustrie errechnet.<sup>3)</sup> Und Arbeitsschützer ermittelten im Jahr 2006 etwa 2,5 Mrd. Euro für beruflich verursachte Hauterkrankungen und Asthma.<sup>4)</sup></p><p>Letztlich wurden die Daten, die für Stoffe notwendig sind, abhängig von der jeweiligen Produktionsmenge pro Hersteller gestaffelt. Seit dem 30. Juni 2018 müssen diese gestaffelten Informationen für alle in der EU vermarkteten Stoffe ab einer Jahrestonne registriert sein. Das Szenario eines nicht konkurrenzfähigen EU-Markts blieb aus, und der Arbeitsschutz verbesserte sich durch die breitere Datenbasis für die Gefährdungsbeurteilung.</p><h2>Grenzwerte am Arbeitsplatz</h2><p>Ende des letzten Jahrtausends überarbeitete der Gefahrstoff-Arbeitsschutz vor allem bestehende Vorschriften. Das Prüfen von Grenzwerten stand im Mittelpunkt. Im Jahr 2005 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fast ein Drittel der damals 600 Grenzwerte zurückgezogen.</p><p>Die Gefahrstoffverordnung fordert zwar eine Überwachung auch ohne Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW). In der Praxis bewirkt das aber wenig, denn es gibt kaum Messverfahren für Stoffe ohne Grenzwerte, und Aufsichtsgremien tun sich ohne Grenzwerte schwer, die Exposition zu bewerten, also wie stark Beschäftigte diesen Stoffen ausgesetzt sind.</p><p>Durch Reach stehen nun für viele Stoffe Grenzwerte zu Verfügung. Denn für alle Stoffe, die nach Reach mit einer Tonnage über tausend Tonnen pro Jahr und Hersteller registriert werden, ist ein Expositionsgrenzwert anzugeben, unterhalb dessen ein Stoff nach Kenntnisstand der Wissenschaft die menschliche Gesundheit nicht beeinträchtigt (derived no-effect level, DNEL). Sie sind in den Registrierungsunterlagen auf der Webseite der Europäischen Chemikalienagentur (Echa) oder über die DNEL-Datenbank der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) einzusehen.</p><p>Die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 402 „Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition“ fordert, die Exposition gegenüber Stoffen ohne AGW durch DNEL zu bewerten. Das Dilemma bleibt, dass es Messverfahren meist nur für Stoffe mit AGW gibt, aber es werden verstärkt Messverfahren entwickelt. Zudem gibt es bereits Fälle, in denen aufgrund eines DNEL ein AGW festgelegt wurde.</p><h2>Bei Gefahr ersetzen</h2><p>Die Regelungen im Arbeitsschutz basieren auf dem Stop-Prinzip: Vor allen anderen Maßnahmen steht die Substitutionsprüfung (S), dann wird die Expositionsminderung durch technische (T) oder organisatorische Maßnahmen (O) angestrebt. Zuletzt greift die Anwendung persönlicher Schutzausrüstung (P). Vor Reach gab es wenig Anreiz zu prüfen, ob sich ein Stoff ersetzen lässt – es sei denn, es gab konkrete Forderungen im technischen Regelwerk.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/a3IlsCkqTwCkQAQMsxyq"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Wurde auf Baustellen nie gesehen: So hätte mit dichlormethanhaltigem Abbeizer gearbeitet werden müssen. Fotos: Rühl</figcaption></figure>
<p>Reach hat der Substitution von Gefahrstoffen vor allem durch die Pflicht zur Zulassung einen Schub verschafft. Demnach lassen sich Stoffe in das Zulassungsregime einbringen, die krebserzeugende, erbgutverändernde und fruchtbarkeitsgefährdende (carcinogen mutagen reprotoxic, CMR) Eigenschaften der Kategorien 1A/1B haben. Sie werden ebenso als Stoffe mit besonders besorgniserregenden Eigenschaften (substances of very high concern, SVHC) identifiziert, wie etwa persistente, bioakkumulierende oder toxische Stoffe.</p><p>Schon die Identifizierung als SVHC führt dazu, dass sich Hersteller und Verwender nach weniger gefährlichen Alternativen umschauen.</p><p>Noch weitreichender ist die zwingende Prüfung auf Alternativen im Zulassungsantrag für Stoffe aus dem Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe (Reach-Anhang XIV). Diese Verpflichtung hat eine marktreinigende Wirkung auf EU-Ebene. Betriebe, die an alten Verfahren festhalten, kommen in Erklärungsnot, wenn Konkurrenten funktionierende Alternativen anwenden. So dürfen Chrom-VI-Verbindungen seit September 2017 nicht mehr ohne einen Antrag auf Zulassung für spezielle Verwendungen in Verkehr gebracht werden. Seitdem haben die Erkenntnisse zu Alternativen insbesondere im Bereich der Dekorativverchromung zugenommen, und die Verwendungsbedingungen haben sich dem Stand der Technik genähert.<sup>8)</sup></p><h2>Verbote und Beschränkungen</h2><p>Komplette Verwendungsverbote oder Verbote für Produkte oder Tätigkeiten waren vor Reach auf EU-Ebene eine administrative Hürde mit ungewissem Ausgang. Es gibt nur wenige erfolgreiche Beispiele. So sind seit dem Jahr 2005 europaweit nur noch Zemente mit Chromatgehalten kleiner 2 ppm zulässig. Allein in Deutschland verhindert das jährlich mehrere Hundert zementbedingte Chromatallergien.</p><p>Reach und der Anhang XVII bieten eine Möglichkeit, den Arbeitsschutz zu unterstützen. So hatte Deutschland schon Ende der 90er Jahre vorgeschlagen, dichlormethanhaltige Abbeizer zu verbieten. Erst im Rahmen von Reach passierte dies im Jahr 2012. Seither ereigneten sich keine tödlichen Unfälle mehr bei Abbeizarbeiten.<sup>4)</sup></p><figure><img src="https://media.graphcms.com/UXukAWdJSjKhHLSpAwzw"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Das waren die Falschen: Handschuhe nach dem Abbeizen mit dichlormethanhaltigen Abbeizern.</figcaption></figure>
<h2>Diisocyanate</h2><p>Ein Beispiel einer maßgeschneiderten Beschränkung sind Diisocyanate. Aufgrund ihrer Einstufung als atemwegssensibilisierend hatten einige EU-Länder vorgeschlagen, Diisocyanate mittelfristig zu verbieten. Wie Daten zur Arbeitsplatzbelastung zeigten, gibt es kein flächendeckendes Sensibilisierungsrisiko; diisocyanathaltige PU-Klebstoffe werden für die Parkettverlegung ebenso wie diisocyanathaltige Parkettsiegel sogar als Ersatzstoffe für stark lösemittelhaltige Produkte empfohlen (TRGS 610 und 617).</p><p>Die im August 2023 in Kraft tretende und von Deutschland initiierte Beschränkung der Diisocyanate erlaubt nun nur entsprechend ausgebildeten Personen, damit zu arbeiten. Dies ist ein Weg, der auch bei anderen Produkten, etwa Epoxidharzen, sinnvoll wäre. Maßgeblich beteiligt waren Chemiker:innen in Bundesoberbehörden im Austausch mit Chemiker:innen bei Berufsgenossenschaften.</p><h2>Fahrplan für Nachhaltigkeit</h2><p>Reach unterstützt den Arbeitsschutz durch den schieren Schatz an zur Verfügung stehenden Daten, um Risiken an Arbeitsplätzen zu beurteilen. Gleichzeitig ermöglicht die Verordnung, fehlende Daten anzufordern. Besonders besorgniserregende Stoffe lassen sich über das Einstufungssystem regulieren. Insbesondere für gravierende Gesundheitseffekte gibt es Instrumente, welche die Substitution besser fördern, als es der Arbeitsschutz vorher bewirkt hatte. Maßgeschneiderte Beschränkungen, die angemessene Verwendungsbedingungen verpflichtend einführen, sind ebenfalls möglich.</p><p>Zurzeit stehen Reach-Verordnung und Arbeitsschutz vor einer neuen Ära. Die EU-Generaldirektionen für Markt und Umwelt haben im Jahr 2020 einen neuen europaweiten Fahrplan für den Umgang mit Chemikalien veröffentlicht, in dem Ziele wie eine giftfreie Umwelt zentral sind.<sup>9)</sup> Dabei sind alle Überlegungen und Ziele auf dem Vorsorgeprinzip aufgebaut und sollen Umwelt und Verbraucher sowie folgende Generationen schützen.</p><p>Die Generaldirektion Beschäftigung hat am 28. Juni ihr strategisches Rahmenprogramm für 2021 bis 2027 verabschiedet. Immerhin berücksichtigt es die EU-Nachhaltigkeitsstrategie und begründet das Aktualisieren von Grenzwerten, um die Prävention gegen berufsbedingte Erkrankungen, insbesondere Krebs, zu fördern. Dennoch werden erst konkrete Handlungen zeigen, ob der Arbeitsschutz die Harmonisierung der Chemikalienregelungen adäquat berücksichtigt.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/r5LRAjVxTLasJQigtS5k"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Illustration: Adobe Stock / hanohiki</figcaption></figure>
<h2>Die Autorin und Autoren</h2><p>Den Beitrag haben Romy Marx, Clemens Magerkurth und Reinhold Rühl für den Vorstand der GDCh-Fachgruppe „Chemiker im öffentlichen Dienst“ verfasst. Marx ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dortmund. Magerkurth arbeitet im Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr. Rühl war für die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft tätig.</p><h2>AUF EINEN BLICK</h2><p>Die europäische Chemikalienverordnung Reach berücksichtigt Chemikalienaspekte wie Umwelteinfluss, Arbeits- und Verbraucherschutz sowie Toxikologie.</p><p>Für den Arbeitsschutz hat Reach es erleichtert, Arbeitsplatzgrenzwerte zu erstellen.</p><p>Die Verordnung hat Unternehmen veranlasst, Gefahrstoffe durch weniger gefährliche zu ersetzen.</p><p>Reach ist das Akronym für registration, evaluation, authorisation and restriction of chemicals. Die Redaktion folgt der Empfehlung etwa der Deutschen Presseagentur und schreibt wie gesprochen, also „Reach“ statt „REACH“.</p>
<ul class="references"><li>
<sup>1 </sup>T. Hammerschmidt, R. Marx, Environ. Sci. Eur. 2014, 26, 6</li><li>
<sup>2 </sup>Arthur D. Little, Bericht zum BDI-Forschungsprojekt 2002, Wiesbaden</li><li>
<sup>3 </sup>L. Batzdorfer, H. J. Schwanitz, Die BG 2004, 6, 278</li><li>
<sup>4 </sup>R. Rühl, Reinhold, H. Wriedt, Ann. Occup. Hyg. 2006, 50, 541</li><li>
<sup>5 </sup>R. Rühl, R. Dörr, Bauportal 2012, 6, 39</li><li>
<sup>6 </sup><a href="https://echa.europa.eu/documents/10162/" target="_blank">echa.europa.eu/documents/10162/</a> 23557847/registration_statistics_en.pdf (Tabelle)</li><li>
<sup>7 </sup><a href="https://dguv.de/ifa/gestis/gestis-dnel-liste/index.jsp" target="_blank">dguv.de/ifa/gestis/gestis-dnel-liste/index.jsp</a> (Tabelle)</li><li>
<sup>8 </sup>A. Rouw, R. Marx, European Journal of Risk Regulation 2018, 9(01), 154</li><li>
<sup>9 </sup><a href="https://ec.europa.eu/environment/pdf/chemicals/2020/10/Strategy.pdf" target="_blank">ec.europa.eu/environment/pdf/chemicals/2020/10/Strategy.pdf</a></li></ul>


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