Industrie + Technik

<p>Im vergangenen Jahr erhöhte die Coronapandemie den Bedarf an Verbrauchsmaterialien für Labore und bestimmte die Geschäfte der Hersteller von Analysegeräten und -zubehör. Für das laufende Jahr wagen nur wenige Laborzulieferer Prognosen.</p>
<p>Die Life-Science-Branche wuchs im Jahr 2021 weltweit um 10,4 Prozent und mit ihr die Nachfrage nach Laborzubehör. Weltweit investierten Labore im letzten Jahr insgesamt ungefähr 63 Milliarden Euro in Analysentechnik, Ausstattung und Verbrauchsmaterialien.</p><p>Der Verband der Diagnostica-Industrie, VDGH, bezifferte das Marktvolumen allein der Materialien für medizinische Labore in Deutschland auf 6,3 Milliarden Euro im Jahr 2021. Das ist mehr als doppelt so viel wie im vergangenen Jahr. Mehr als 65 Prozent der Umsätze erzielten die Unternehmen mit <xref rid="nadc20224126662-fig-0001" ref-type="fig">Produkten</xref> für die Coronadiagnostik. Den Bedarf der Analysen- und Diagnostiklabore konnten sie nicht immer decken.</p><figure><img src="https://media.graphassets.com/50FMvrZAQ0iqF656XXnr"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Produktion bei Endress+Hauser. Im Jahr 2021 hat das Unternehmen 2,6 Millionen Messgeräte ausgeliefert. Foto: Endress+Hauser</figcaption></figure>
<h2>Ein Teufelskreis</h2><p>Wie eine Umfrage des Laborzulieferers Starlab unter Kunden Ende letzten Jahres ergab, erhielten weniger als ein Viertel der Labore ausreichend Verbrauchsmaterialien wie Handschuhe oder Pipettenspitzen. Ein Jahr zuvor betrug der Anteil noch 39 Prozent. Ein Problem sind die Lieferketten: Zwei Drittel der befragen Starlab-Kunden in Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich und Großbritannien klagen über verspätete Lieferungen. Im Jahr zuvor waren es weniger als die Hälfte. Drei Viertel der befragten Labore beobachten bei ihrer täglichen Arbeit steigende Preise.</p><p>Starlab-Geschäftsführer Klaus Ambos sieht die Branche in einem Teufelskreis: Einerseits werde immer mehr Material benötigt, andererseits fehle es an Nachschub. Gleichzeitig wollen Labore Material bevorraten (<xref rid="nadc20224126662-fig-0002" ref-type="fig">Grafiken</xref>), was die <xref rid="nadc20224126662-fig-0003" ref-type="fig">Nachfrage</xref> erhöhe und damit den Druck auf Lieferanten und Preise.</p><figure><img src="https://media.graphassets.com/uTN5pytFTLKvryy1BXpg"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Zwei Drittel der befragten Labore haben sich Ende im letzten Jahr verstärkt mit Materialien eingedeckt.</figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphassets.com/N3tswqjgSH68HLDleS7y"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Die Hälfte der befragen Labore plant, auch in diesem Jahr einen Vorrat an Materialien anzulegen. Grafiken: Starlab</figcaption></figure>
<h2>Liefern können</h2><p>Der Konzern Eppendorf, zu dem Starlab gehört, hat noch nie so viel produziert wie im vergangenen Jahr. Gleichzeitig sei es noch nie so schwierig gewesen, die Lieferfähigkeit aufrechtzuerhalten, teilt der Vorstand mit. Eppendorf stellt Liquid-Handling-Systeme wie Pipettierhilfen und die Verbrauchsmaterialien dafür her, dazu kommen Geräte wie Zentrifugen, Thermocycler und Tiefkühler, Bioreaktoren sowie Service. Damit überschritt das Unternehmen im vergangenen Jahr eine Milliarde Euro Umsatz. Das Wachstum von fast 14 Prozent bei Umsatz und fast 25 Prozent bei Rendite im Vergleich zum Vorjahr übertraf alle Erwartungen. Das Ergebnis vor Steuern (Ebit) betrug 272 Millionen Euro (2020: 217 Millionen Eur0). Das Unternehmen führt das auf die coronabedingte Nachfrage nach Geräten für Diagnostik und nach Verbrauchsmaterialien zurück.</p><p>37 Prozent des Umsatzes erwirtschaftete Eppendorf in Europa, 33 Prozent in Nord- und Südamerika, knapp 16 Prozent in Afrika, im Pazifikraum und in Asien (APA), China (14%) nicht eingerechnet. In diesen beiden Weltregionen wuchsen die Umsätze am stärksten: um 23 beziehungsweise 20 Prozent.</p><p>Auch um die Risiken stockender Lieferketten zu senken, hat Eppendorf im vergangenen Jahr Standorte im Ausland erweitert oder aufgebaut. So baute das Unternehmen die Polymerverarbeitung in den USA aus, errichtete ein Logistikzentrum in Singapur und brachte in China eine eigene Zweitmarke auf den Markt.</p><p>Auch der Göttinger Gerätehersteller Sartorius erweiterte die Produktionskapazitäten an mehreren Standorten, unter anderem in Südkorea, China, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Israel, Slowenien und Tunesien. Das Ziel ist Lieferfähigkeit, selbst wenn die Transportmöglichkeiten beschränkt werden.</p><h2>Wachstumstreiber Forschung</h2><p>Stärker noch als der von Eppendorf wuchs der Umsatz der Laborsparte von Sartorius: Das Unternehmen setze mit Analysengeräten und Laborbedarf im letzten Jahr 722 Millionen Euro um, fast ein Drittel mehr als 2020. Der Konzernteil Bioprocess Solution, der Fermenter und Zubehör herstellt, setzte sogar 53 Prozent mehr um. Zwei Zukäufe trugen hier zum Wachstum bei, beides Unternehmen, die Zellkulturkomponenten herstellen. Das Göttinger Unternehmen wies für das Jahr 2021 insgesamt 3,4 Milliarden Euro Umsatz aus, 49 Prozent mehr als 2020.</p><p>Mit Produkten für Labore möchte Sartorius bis zum Jahr 2025 mehr als eine Milliarde Umsatz erreichen. Das Unternehmen ist optimistisch, da nicht nur der weltweite Labormarkt wächst, und zwar um jährlich 4 bis 5 Prozent, sondern auch die Forschungsausgaben für Pharma um etwa 7 Prozent. Prognosen hält Sartorius zurzeit allerdings für noch unsicherer als sonst. Die Laborsparte soll vor allem in den USA dazugewinnen. Hier sitzen die Hauptwettbewerber von Sartorius, daher waren die Marktanteile geringer als in Asien und Europa.</p><h2>Geschäft mit Verbrauchsmaterial</h2><p>Die wichtigsten Konkurrenten für Sartorius bei Laborgeräten in den USA sind Thermo Fisher Scientific, Danaher und bei Laborwaagen Mettler Toledo.</p><p>Thermo Fisher ist mit 39,2 Milliarden US-Dollar Umsatz (umgerechnet 37 Milliarden Euro) der größte Anbieter von Laborzubehör, diese Position hält der Konzern seit Jahren. Laborprodukte trugen letztes Jahr die Hälfte des Konzernumsatzes bei. Auf Nordamerika entfallen 50 Prozent des Umsatzes, auf Europa 28 Prozent. Dabei tragen Investitionsgüter ein Fünftel des Umsatzes bei; 58 Prozent erzielte Thermo mit Verbrauchsmaterialien.</p><h2>Nachholeffekte</h2><p>Zwei Unternehmen, die im vergangenen Jahr Einbußen hinnehmen mussten, meldeten für 2021 wieder gestiegene Umsätze: Der Schweizer Messgerätehersteller Endress+Hauser sowie die Messtechniksparte von Carl Zeiss. Letztgenannte legte um 10 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro zu.</p><p>Endress+Hauser wies einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro aus (2020: 2,58 Milliarden Euro). Zu dem Unternehmen gehört Analytik Jena, das auch im Jahr 2020 mit Geräten für die chemische und biochemische Analyse gegen den Konzerntrend gewachsen war. Im letzten Jahr legten die Umsätze mit Labortechnik weiter zu, und zwar um 7 Prozent auf 174 Millionen Euro.</p><p><i>Frauke Zbikowski</i></p>

Bilanzen

Nachfrage, Lieferketten, Preise

Im vergangenen Jahr erhöhte die Coronapandemie den Bedarf an Verbrauchsmaterialien für Labore und bestimmte die Geschäfte der Hersteller von Analysegeräten und -zubehör. Für das laufende Jahr wagen nur wenige Laborzulieferer Prognosen. Die Life-Science-Branche wuchs im Jahr 2021 weltweit um 10,4...

<p>Die großen IT-Konzerne wie SAP, Microsoft oder Salesforce nutzen ihre monopolistischen Marktpositionen zu drastischen Preiserhöhungen. Doch Unternehmen können sich wehren.</p>
<p>Bei <xref rid="nadc20224127270-fig-0001" ref-type="fig">Software</xref> zur Unternehmenssteuerung (Enterprise Resource Planning, ERP) hat der Walldorfer Softwarekonzern SAP in Westeuropa einen Marktanteil von 80 Prozent, de facto ein Monopol. Ein Konkurrent, der US-Anbieter Oracle, ist meist nur bei den hiesigen Töchtern amerikanischer Konzerne vertreten. Mit ERP-Software planen, steuern und verwalten Unternehmen ihre gesamten Geschäftsprozesse – Personal, Betriebsmittel, Material. So lassen sich alle Produktionsfaktoren zur richtigen Zeit in der richtigen Menge am richtigen Ort einsetzen.</p><figure><img src="https://media.graphassets.com/nBKtjLdTmOKd5IF8d8bw"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Grafik: Feodora / Adobe Stock</figcaption></figure>
<h2>Chemie und SAP-Software</h2><p>Die Chemieindustrie stellt besondere Anforderungen an eine ERP-Software. Denn sie ist eine der Branchen mit den höchsten regulatorischen und gesetzlichen Anforderungen. Zudem nutzt die Chemieindustrie Verfahren, die in anderen Branchen nicht üblich sind. Ohne Integration solcher Verfahren in die ERP-Software müsste sie spezialisierte Programme einbinden, was die Informationstechnik (IT) des Unternehmens verkomplizieren und die Kosten für den Datenaustausch erhöhen würde.</p><p>Daher werden viele Aspekte des Produktions- und Geschäftsprozesses – von der Rezepturentwicklung, der Produktionsplanung und -kontrolle über die Gefahrstoffverwaltung und die Stoffmengenverfolgung bis hin zum Reklamations- und Chargenmanagement – auf der SAP-Plattform abgebildet. Doch dies hat einen Nachteil: Unternehmen werden abhängig. Ökonomen sprechen hier von einem Lock-in-Effekt: Hohe Wechselkosten machen es den Kunden schwer, den Anbieter zu wechseln.</p><p>Diese Abhängigkeit spiegelt sich im Preis. SAP-Kunden klagen über die Preiserhöhungen, die mit der Umstellung auf die neue ERP-Software S/4 Hana verbunden sind. Die Kunden sind dazu gezwungen umzustellen, weil die bisherige Version ausläuft. Für mittelständische Unternehmen summieren sich die Kosten für Einmalgebühren, Customizing und Wartung auf Beträge von fünf bis zehn Millionen Euro jährlich.</p><h2>Microsoft: Preiserhöhungen</h2><p>Nicht nur der Softwarekonzern aus Walldorf irritiert seine Kundschaft. Auch andere IT-Konzerne spielen ihre Marktmacht aus, um Konditionen zu diktieren und Preiserhöhungen durchzusetzen. So hat Microsoft im März die Preise um 8 bis 25 Prozent angehoben. Inzwischen liegen sowohl bei der EU-Kommission als auch beim Bundeskartellamt Klagen über wettbewerbswidriges Verhalten von Microsoft vor.</p><p>Beim Umgang mit IT-Konzernen sollte man sich vom kollegialen Umgangston der Menschen im Vertrieb nicht täuschen lassen. Die Hoffnung auf ein Entgegenkommen bei Verhandlungen erweist sich meist als trügerisch. Da SAP nach Angaben der <i>Frankfurter Allgemeinen Zeitung</i> Umsatz und Nettoergebnis im Jahr 2021 nur um jeweils zwei Prozent steigern konnte, steht der Vertrieb intern unter massivem Druck, höhere Erlösziele bei den Kunden durchzusetzen.</p><h2>Undurchsichtiges Kostengerüst</h2><p>Mit der Durchdringung des Marktes stoßen Softwarefirmen wie SAP an eine Wachstumsgrenze. Die Nutzerzahlen nehmen nur noch langsam zu, und der Gewinn lässt sich lediglich durch neue Geschäftsfelder oder – wie bei SAP – durch Preiserhöhungen steigern.</p><p>Das US-amerikanische Softwareunternehmen Salesforce, Weltmarktführer bei Customer-Relationship-Management-Programmen, hat diese Grenze noch nicht erreicht, sondern wächst schnell. Das Unternehmen hat die Preise bisher stabil gehalten. Entsprechend empfiehlt es sich in den Verhandlungen mit Salesforce, die Preise durch langfristige Verträge abzusichern. Namhafte Kunden, die Salesforce bei der Werbung als Referenz nutzen will, sollten das als Verhandlungsmasse nutzen, statt es unentgeltlich zu erlauben.</p><p>Der Salesforce-Vertrieb ist derzeit in erster Linie darauf bedacht, Neukunden zu gewinnen und technische Lösungen aufzuzeigen. Die Kostenaufstellung rutscht dabei schnell in den Hintergrund. Kunden klagen über ein undurchsichtiges Kostengerüst, was ihnen erschwert, den Gesamtpreis auf einzelne Services herunterzubrechen. Zudem entstehen häufig zusätzliche Implementierungskosten für notwendige Sonderleistungen, die anfangs nicht berücksichtigt wurden und schnell zu einer ungeplanten Budgetüberschreitung führen.</p><h2>Richtige Verhandlungsstrategie</h2><p>Wichtig ist es beim Software-Einkauf, nicht nur auf den Preis, sondern auch auf weitere Konditionen zu schauen. Zudem sollten Unternehmen vom Beginn der Verhandlungen an auf einem Rahmenvertrag inklusive allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) bestehen und die eigene Rechtsabteilung einschalten.</p><p>Neben der technischen Ausgestaltung sollten frühzeitig die kommerziellen Eckpunkte in die Vereinbarung einbezogen werden. Auch sollte man Regeln oder Bedingungen nicht vorschnell akzeptieren, die der IT-Konzern als gegeben postuliert, darunter Mindestumsätze oder Preisuntergrenzen.</p><p>Übliche Instrumente im Einkauf wie Anfragen (Request for Quote, RfQ) helfen im Umgang mit den Softwarekonzernen wenig. Vielmehr bedarf es genauer Kenntnisse ihrer Kultur und der Funktionsweise ihres Vertriebs, um in Verhandlungen mit ihnen Hebel ansetzen zu können.</p><p>Wie sich bei Verhandlungen beispielsweise mit SAP erkennen ließ, unterscheiden sich die Angebote für ähnliche Kunden häufig stark – abhängig von der jeweiligen Vertriebsmannschaft. Denn beim SAP-Vertrieb gibt es keinen Kundenschutz; der Konzern will so den internen Wettbewerbsdruck unter den Vertrieblern erhöhen. Daraus ergeben sich Unterschiede in der Verhandlungshärte einzelner SAP-Vertriebseinheiten – je nachdem, ob sie für ihre Vertriebsziele noch Abschlüsse brauchen oder nicht.</p><p>Wenn der eine Vertrieb nicht nachgibt, empfiehlt es sich, es bei einem anderen zu probieren, der vielleicht noch scharf auf einen Abschluss ist. Allein schon die Ankündigung, einen anderen Vertriebler mit in die Verhandlungen einzubeziehen, macht Druck auf den Vertrieb, der bislang den Kunden betreut.</p><p>Auch das Timing ist wichtig. Häufig starten die Tech-Konzerne gegen Ende ihres Geschäftsjahrs oder Quartals günstige Werbeaktionen, um ihren Umsatz anzukurbeln. Das gibt Kunden einen starken Hebel in den Verhandlungen. Unternehmen sollten sich bei Preisverhandlungen mit monopolistischen Softwaregiganten also rechtzeitig positionieren. Sonst geraten sie in eine Kostenfalle, aus der sie sich nur schwer befreien können.</p><h2>Der Autor</h2><p>René Schumann gründete im vergangenen Jahr die Negotiation Advisory Group (NAG) in Mannheim mit inzwischen 40 Mitarbeitern. Mit Kollegen hat er das Buch „Verhandeln mit System – Spieltheorie und Verhaltensökonomie im Einkauf – die Erfolgsformel für Profis“ bei Springer veröffentlicht.</p><div><img src="https://media.graphassets.com/24xLR32eStCH1Gd9Ltac">

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Bilanzen

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