Industrie + Technik

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Mehr als Lakritz | Das Institut für medizinische Pflanzen des japanischen Zellstoffkonzerns Oji hat die Expression der Gene erforscht, die an der Biosynthese des Saponins Glycyrrhizin in Süßholz beteiligt sind. Mit mechanisierter Anbautechnik baute es dann mehrjährige Süßholzwurzelsorten mit hohem Glycyrrhizingehalt auf 20 Hektar Land in Hokkaido an. Bereits anderthalb Jahre nach der Aussaat brachte dies mehrere Tonnen Ernte.Toshiya Muranaka und Team an der Universität Osaka und am Riken wollen auch Glycyrrhizin erzeugen und nutzen die Backhefe Saccharomyces cerevisiae. Nachdem sie das CSyGT-Gen für eine membranständige Glucuronosyltransferase aus Pflanzen und sechs weitere Gene des Biosynthesewegs exprimiert hatten, bildete die Hefe nach fünf Tagen in einer 2%igen Glucoselösung etwa 0,5 mg·L–1 Glycyrrhizin.Etliche Präparate der traditionellen chinesischen und japanischen Medizin, TCM beziehungsweise Kanpo, enthalten Süßholzwurzelextrakte. Das Glycyrrhizin darin ist süßer als Rohrzucker, und sein Aglykon Glycyrrhetinsäure dient als Entzündungshemmer in Pharmaka und Kosmetikartikeln. Deutschland importiert fast ein Drittel des weltweiten Aufkommens an Süßholzwurzelextrakten, etwa für die Lakritzherstellung.Observatory of Economic Complexity: <a href="https://t1p.de/ydz6" target="_blank">t1p.de/ydz6</a> und Nature 2020, doi 10.1038/s41467-020-19399-0Stabiler Blutzucker | 10-Hydroxy-cis-12-octadecensäure, Metabolit einiger Darmbakterien, verhindert, dass nach einer Mahlzeit der Glucosegehalt im Blut steigt. Das fanden Mitarbeiter des japanischen Unternehmens Nitto zusammen mit der Gruppe von Jun Ogawa von der Universität Kyoto heraus. Nittos Tochterunternehmen Noster hat nun diese funktionelle Fettsäure aus linolsäurereichen Triglyceriden in einem Hochzelldichteverfahren mit Milchsäurebakterien im industriellen Maßstab hergestellt. Ein Produkt, das 50 Prozent der Fettsäure enthält, ist in Japan unter dem Namen HYA-50 mit der Bezeichnung Postbiotikum als Nahrungsergänzungsmittel im Handel.Gold ohne Cyanid | Seit einem Jahr belegt die chinesische Regierung das Entsorgen cyanidhaltiger Schlacken mit einer Umweltschutzsteuer: Pro Tonne macht das 1000 chinesische Yuan (CNY), umgerechnet etwa 130 Euro. Deshalb entwickelten Jiang Bao und Team vom Institut für organische Chemie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Schanghai ein cyanidfreies Verfahren, um Gold zu gewinnen: Sie oxidieren fein gemahlene goldhaltige Mineralien mit Luft aus einem Nanoblasengenerator und komplexieren die dabei entstehenden Goldionen an einem Ionentauscher.Das Verfahren wird bereits im Tonnenmaßstab in einer Goldmine der Provinz Shaanxi in Zentralchina erprobt. Es benötigt für eine 95%ige Auslaugung des Erzes zwei bis drei Tage, verbraucht 30 Prozent weniger Energie als die Cyanidlaugung und senkt die Umweltschutzsteuer auf weniger als 35 CNY pro Tonne.<a href="https://patents.google.com/patent/CN206015040U/en" target="_blank">patents.google.com/patent/CN206015040U/en</a>Rolf Schmid, <a href="https://bio4business.eu" target="_blank">bio4business.eu</a>

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Blick nach Asien

Mehr als Lakritz | Das Institut für medizinische Pflanzen des japanischen Zellstoffkonzerns Oji hat die Expression der Gene erforscht, die an der Biosynthese des Saponins Glycyrrhizin in Süßholz beteiligt sind. Mit mechanisierter Anbautechnik baute es dann mehrjährige Süßholzwurzelsorten mit hohe...

Um die eigene Tätigkeit und Prozesse im Unternehmen genau zu beschreiben, helfen gemeinsame Modellierungssprachen für Administration, IT und Fertigung. Sind die Abläufe vom Auftragseingang über die Fertigung bis zum Warenausgang bekannt, lassen sich Produktionsabläufe optimieren.
Detaillierte und durchgängige Beschreibungen der Abläufe vom Auftragseingang über die Fertigung bis zum Warenausgang sind Bausteine der Digitalisierung in der produzierenden Industrie. Ein Lösungsansatz hierfür sind Modellierungssprachen aus der Informationstechnik wie BPMN (business process model and notation). Mit deren Symbolen lassen sich nicht nur administrative, sondern auch fertigungstechnische Abläufe nachvollziehbar darstellen, dokumentieren und schließlich digitalisieren.Das Geschäftsprozessmanagement (business process management, BPM) hat sich in den vergangenen Jahren auf den Dienstleistungsbereich konzentriert, darunter Banken, Versicherungen oder Telekommunikationsunternehmen. Chemie- und Pharmaunternehmen wie Bayer und Roche nutzen die Technik mittlerweile auch. Dieses Vorgehen hat Standards etabliert, die sich herstellerunabhängig nutzen lassen.<h2>Allgegenwärtiges Prozessmanagement</h2>Die Modellierungssprache BPMN stellt Symbole und Verknüpfungen zur Verfügung, mit denen sich nahezu beliebige Geschäfts- und Arbeitsprozesse darstellen lassen. Sie stellen Prozesse grafisch dar und dienen zudem der Prozessautomatisierung. Denn es gibt Softwarekomponenten, die BPMN interpretieren und auf diese Weise Prozesse automatisieren.Die Komponenten lassen sich als Process Engines oder Workflow Engines klassifizieren und leiten wie gewohnt Vorgänge digital von einem Mitarbeiter zum anderen. Darüber hinaus lassen sich damit technische Schnittstellen (Services) koordinieren, Regeln ausführen und große Datenmengen entlang eines Prozesses transportieren.BPMN hebt als gemeinsame Beschreibungssprache die Grenzen und Sprachbarrieren zwischen IT-Ebene und Produktion auf; durchgängige Abläufe entstehen. So lässt sich ein Prozessmanagement realisieren, das alle Unternehmensbereiche überspannt: Ubiquitous Process Management. Die Prozesse an sich kennen keine Grenzen zwischen IT, Fertigung und Verwaltung.<h2>Wertschöpfung prüfen</h2>Als erstes sind alle Schritte im Produktionsprozess auf ihre Wertschöpfung zu prüfen. Es empfiehlt sich, mit dem marktdifferenzierenden Prozess anzufangen, also mit dem Prozess, dessen Verbesserung und Digitalisierung den größten Nutzen bringt. Diesen gilt es dann von Anfang bis Ende funktionsübergreifend zu beschreiben. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt ein vereinfachtes Beispiel (Abbildung S. 31):<figure><img src="https://media.graphcms.com/JYCI1ytpSuqChTJPLIVg"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Eine Modellierungssprache verbindet von der Webshop-Bestellung über die Fertigung bis zu Versand und Rechnungsstellung. Grafik: Minautics</figcaption></figure>
Der Prozess beginnt mit einer Kundenbestellung in einem Webshop und legt die Auftrags- und Produktionsdaten in einem ERP-System an. ERP ist die Abkürzung für Enterprise Resource Planning, übersetzt Geschäftsressourcenplanung. Solche Systeme steuern und verwalten betriebliche Ressourcen wie Kapital, Personal oder Produktionsmittel. In der Produktion wird daraufhin eine Fertigungsmaschine angesteuert. Für den Versand ist ein Mitarbeiter zuständig, und der Prozess endet mit dem Rechnungsversand.Dieses Beispiel zeigt, wie die bisher isoliert betriebenen IT-Lösungen wie Webshop und ERP-System zusammenarbeiten; ebenso sind die Fertigungsmaschine und Mitarbeiter in den Prozess eingebunden.Ein solcher durchgehender Ansatz, der Funktionsbereiche überspannt, bedarf einer detaillierten Beschreibung der Prozesse und der einzelnen Schritte in ihrer logischen und chronologischen Reihenfolge. Ein reales Projekt definiert und analysiert den Prozess deshalb mit wesentlich mehr Details als hier im Beispiel. Standardsoftware leistet dies in der Regel nicht, sondern verlangt, die Unternehmensprozesse an das Produkt anzupassen oder muss selbst angepasst werden.<h2>Stammdaten ermitteln</h2>Ein erfolgskritischer Faktor beim Optimieren von Prozessen ist das Stammdaten-Management. Im Beispiel muss die Steuerung der Fertigungsmaschine auftragsabhängig die passenden Parameter erhalten, etwa Abmessungen und Anpressdruck. Sind solche Daten unsauber, verhindern sie fehlerfreie Prozessabläufe. Es muss klar sein, woher diese Daten kommen und wer für sie verantwortlich ist.Dafür sind Techniken wie Kommunikationsprotokolle oder Feldbussysteme nötig, die am Markt verfügbar sind. Damit ein Unternehmen aber alle Möglichkeiten nutzen kann, bedarf es spezieller technischer Kompetenzen, die sich Unternehmen von darauf spezialisierten Beratern holen. Die Beratungsfirma Minautics etwa unterstützt Unternehmen wie Bayer und Roche. Die Berater arbeiten branchenübergreifend, bieten Seminare zur modellbasierten Prozessoptimierung und helfen vor Ort, Projekte zu realisieren.<h2>Analysieren, dann weiterdenken</h2>Die Prozessketten mit Modellierungssprachen wie BPMN transparent zu machen lohnt sich in mehrfacher Hinsicht: Methoden und Werkzeuge des Prozessmanagements lassen sich anwenden, um Unternehmensziele zu erreichen. Solches Prozessmanagement ist die Grundlage für weitere Digitalisierung und Prozessverbesserungen, etwa um Engpässe in der Produktion zu ermitteln. In der Beispielanwendung begrenzt die Fertigungsmaschine bei „Auftrag fertigen“ den Prozessdurchsatz (Abbildung oben). Passiert das dauerhaft, muss eventuell ihre Kapazität erhöht oder eine weitere Fertigungseinheit in den Prozess integriert werden.<figure><img src="https://media.graphcms.com/Ox5SdG52R6uTZxgPC9av"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Der Ablaufplan zeigt: Die Fertigung ist der Engpass (stockender Betrieb ist farbig gekennzeichnet). Grafik: Minautics</figcaption></figure>
Insgesamt sollte sich die digitale Fertigung oder Industrie 4.0 zunächst mit dem Analysieren, Beschreiben und Optimieren der wertschöpfenden Prozesse beschäftigen. Überlegungen zu Big Data, Augmented Reality, Internet of Things und anderer Schlagworte bauen dann darauf auf.Björn Richerzhagen ist Berater, Trainer und Projektmanager bei Minautics in Berlin. <a href="mailto:bjricherzhagen@mi-nautics.com">bjricherzhagen@mi-nautics.com</a> Ellen-Christine Reiff arbeitet im Redaktionsbüro Stutensee. <a href="https://rbsonline.de" target="_blank">rbsonline.de</a>

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