Industrie + Technik

Prof.Dr.

Zukunftsorientierte Snacks | Ein Verfahren des Start-ups Gryllus der Tokushima Universität in Japan liefert Dipterocarpus-Grillen in Massenkultur. Die Insekten lassen sich zu einer Paste aus etwa 70 Prozent Eiweiß und 20 Prozent Fett verarbeiten. Nach dem Trocknen produziert das Unternehmen daraus Grillenkekse und Würzmittel für Ramen-Nudeln. Als nächstes will es genomeditierte Grillen mit besserem Geschmack und höherem Nährwert züchten.<a href="https://gryllus.jp" target="_blank">gryllus.jp</a>Biotechnik in Tianjin | Am Tianjin Institute of Industrial Biotechnology der Chinesischen Akademie der Wissenschaften synthetisierten Institutsleiter Yanhe Ma und sein Team chemoenzymatisch Stärke aus CO2. Dafür reduzierten sie CO2 mit Wasserstoff und einem ZnO-ZrO2-Katalysator zu Methanol und oxidierten dieses anschließend mit Alkohol-Oxidase zu Formaldehyd. In einem getrennten Modul mit zehn Enzymen, von denen drei durch Computerdesign optimiert waren, wurde dann über zeitliche und räumliche Segregation von Einzelschritten die zellfreie Synthese von Stärke aus Formaldehyd gesteuert. Die Syntheserate ist etwa 8,5-fach höher als die der Stärkebildung in Mais: Ein 1000-Liter-Bioreaktor liefert theoretisch so viel Stärke wie 0,3 ha eines Maisfelds. doi:10.1126/science.abh4049Die Gruppe von Xueli Zhang stellte am gleichen Institut mit einer Bäckerhefe in einem 5-Liter-Bioreaktor etwa 5 Gramm synthetisches Rosenöl her, ein Gemisch von Citronellol, Geraniol und Nerol im Verhältnis 6:3:1. Dazu integrierten sie drei Module des Mevalonsäurewegs in einem Hefe-Wirtsstamm, die sie molekulargenetisch für die drei Komponenten optimiert hatten.doi:10.1039/d1gc00917fPersonalentwicklung in Chinas Forschung | Aufgrund des verbesserten Ausbildungsniveaus tragen immer mehr junge Menschen zu Chinas Forschung in Wissenschaft und Technik bei. Im Jahr 2020 waren dem „China Science and Technology Human Resources Development Report“ zufolge in diesem Sektor etwa 5,1 Millionen Personen in Vollzeit beschäftigt, 1,2 Millionen mehr als 2016. Die Zunahme an Personal in der industriellen Forschung und Entwicklung war aber verhältnismäßig geringer.Mit Synthesegas fermentieren | Weihong Jiang und Kollegen haben am Institute of Plant Physiology and Ecology der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Schanghai den Stoffwechsel des autotrophen Mikroorganismus Clostridium ljungdahlii so verändert, dass er bei kontinuierlicher Fermentation von Synthesegas Isopropanol, 3-Hydroxybutyrat und Ethanol im Verhältnis von etwa 4:1:10 produzierte. Die Gesamtausbeute betrug im 2-Liter-Bioreaktor nach 144 Stunden 46 Gramm pro Liter.doi: 10.1021/acssynbio.1c00235Rolf Schmid, <a href="https://www.bio4business.eu" target="_blank">www.bio4business.eu</a>

Meldung

Blick nach Asien

Zukunftsorientierte Snacks | Ein Verfahren des Start-ups Gryllus der Tokushima Universität in Japan liefert Dipterocarpus-Grillen in Massenkultur. Die Insekten lassen sich zu einer Paste aus etwa 70 Prozent Eiweiß und 20 Prozent Fett verarbeiten. Nach dem Trocknen produziert das Unternehmen darau...

Nur mit Referenzmaterialien lässt sich überprüfen, ob Analysenmethoden zuverlässig und Messergebnisse richtig sind. Die Nachfrage nach Materialien mit zertifizierten Gehalten an Kohlenstoff, Schwermetallen oder anderen Analyten steigt. Eine Ursache: neue Grenzwerte und auch Reach.
Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert, dem Höhepunkt der industriellen Revolution, wurde es wichtig, chemisch-analytische Prüfergebnisse abzusichern. Dies veranlasste im Jahr 1906 das National Bureau of Standards (NBS) in den USA, erste Gusseisen-Referenzmaterialien auf den Markt zu bringen. Sechs Jahre später gab das königliche Materialprüfungsamt Berlin-Dahlem, heute Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung BAM, etwa 40 Jahre nach seiner Gründung den ersten Normalstahl zur Kohlenstoffbestimmung heraus. Auch heute noch vertreibt die BAM Stahl-Referenzmaterialien (RM) mit zertifizierten Gehalten für Kohlenstoff und andere Elemente. Die Zahl an unterschiedlichen RM der BAM ist inzwischen auf etwa 300 gestiegen.Referenzmaterialien gewährleisten die metrologische Rückführung von Messergebnissen. Sie dienen dazu, die Messunsicherheit zu ermitteln und Methoden zu kalibrieren. Akkreditierte und zertifizierte Prüf- und Kalibrierlaboratorien sind dazu verpflichtet, in der Qualitätssicherung zertifizierte Referenzmaterialien einzusetzen.1)Mit der Entwicklung neuer analytischer Verfahren und Anwendungen steigen Bedarf und Anspruch an die Rückführbarkeit und die Unsicherheit der zertifizierten Eigenschaften von Referenzmaterialien. Zudem sind heute Referenzverfahren und -daten, etwa Validierungsdatensätze, gefragt.<h2>Neue Grenzwerte, neue Materialien</h2>Klassische Referenzmaterialien gibt es für die chemische Analytik von Metallen, Böden, Keramiken und Gläsern und mit testierten physikalischen Eigenschaften – etwa Porosität, Abriebfestigkeit, Partikelgröße – oder optischen Eigenschaften wie Fluoreszenzspektren.2) In den letzten Jahren sind weitere Gruppen hinzugekommen, darunter Lebensmittel und Bedarfsgegenstände mit zertifizierten Schadstoffgehalten.Häufig sind gesetzliche Regelungen, die Höchstgrenzen für bestimmte Kontaminanten festlegen, Treiber für die Herstellung eines Referenzmaterials. Einige Beispiele:<list list-type="simple"><list-item></list-item></list>Cadmium in Kakao: Grenzwert 0,6 mg·kg–1 (RM ERM-BD513 – 515, Cd in Kakao),3)<list-item>polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe in Spielzeug und Bedarfsgegenständen: Grenzwert 0,5 mg·kg–1 beziehungsweise 1 mg·kg–1 (RM BAM-B001, PAK in Gummi),</list-item><list-item>Mykotoxine in Lebensmitteln,4) hier hängen die Grenzwerte von der Matrix und vom Mykotoxin ab, in der EU sind beispielsweise 400 μg·kg–1 Zearalenon in Maiskeimöl erlaubt,</list-item><list-item>Blei in Legierungen für Trinkwasserinstallationen. So existiert in den USA ein Grenzwert von maximal 0,25 Prozent Blei in Messing. In der EU dagegen ist der Bleigehalt in Wasser reglementiert, also die Abgabe an Blei aus dem Werkstoff an das Wasser ist entscheidend und darf 10 μg·L–1 nicht überschreiten (RMs ERM-EB393a, BAM-M396);</list-item><list-item>Gehalte an Blei, Cadmium, Quecksilber, sechswertigem Chrom und bromierten Flammschutzmitteln in Elektrogeräten und elektronischen Bauelementen nach der RoHS-Richtlinie (restriction of the use of certain hazardous substances in electrical and electronic equipment).</list-item>Neue analytische Anforderungen erfordern immer wieder neue Typen von Referenzmaterialien, zum Beispiel Mikroplastik mit definierter Partikelgröße und -zahl. Erhältlich sind inzwischen Kunststoffe in gealterter und ungealterter Form.5) Nanomaterialien sind seit Jahresbeginn Bestandteil der Reach-Verordnung und damit ebenfalls als Referenzmaterialien gefragt. Ein weiteres Beispiel sind per- und polyfluorierte Alkylverbindungen in Umweltproben und Bedarfsgegenständen, etwa Textilien.<h2>Herstellungsprozess</h2>Die im ISO Guide 35 beschriebene Herstellung zertifizierter Referenzmaterialien umfasst mehrere Schritte (Abbildung S. 51)6) und kann ein bis zwei Jahre dauern. Sie beginnt mit der Beschaffung des Materials.<figure><img src="https://media.graphcms.com/nbMx7G6qSmrKCQM1yxre"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Herstellschritte von Referenzmaterialien am Beispiel Bodenproben. Foto: Natali/Adobe Stock</figcaption></figure>
Für Böden zum Beispiel sollte es ein gewachsener, schadstoffbelasteter Boden (Altlast) sein. Dieser wird bei Raumtemperatur getrocknet und dann grob gesiebt. Nach der anschließenden Feinsiebung sind die Partikel im Material kleiner als 2 mm. Falls organische Verunreinigungen von Interesse sind, wird das Material nach Größe weiter unterteilt. Sind Schwermetalle das Hauptaugenmerk, wird das Material gemahlen, was es thermisch belastet. Anschließend wird das Material homogenisiert und geteilt, zum Beispiel in 400 Flaschen à 50 g.Es folgen Homogenitäts- und Stabilitätsuntersuchungen.7) Erst wenn diese Untersuchungen zeigen, dass sich das Material als Referenzmaterial eignet, wird es charakterisiert, häufig im Ringversuch mit akkreditierten oder auf dem jeweiligen Gebiet besonders erfahrenen Laboratorien. Mit Daten daraus wird das Material dann zertifiziert, bevor es in den Verkauf geht.Dieser Prozess kann dazu führen, dass benötigte Referenzmaterialien nicht immer zeitnah zur Verfügung stehen. Auch treibt er die Kosten für das Material in die Höhe. Deshalb bevorzugen Nutzer häufig Fit-for-Purpose-Materialien, die weniger hohe Qualitätsstandards einhalten, dafür aber etwa doppelt so schnell und halb so teuer zur Verfügung stehen. Dies können Rückstellproben aus einem Proficiency-Test sein, die nicht in einem größeren Ringversuch charakterisiert und ohne aufwendigen Stabilitätstest präpariert wurden. An Proficiency-Tests müssen Laboratorien in regelmäßigen Abständen teilnehmen, um ihre Kompetenz nachzuweisen.Andere Hersteller von Referenzmaterialien, zum Beispiel das National Institute of Standards and Technology in den USA (Nist), bringen Materialien auf den Markt, die homogen und stabil sind, aber noch nicht vollständig charakterisiert (Research-Grade Test Material, RGTM).8) In einem zweiten Schritt können diese RGTM später zu einem vollwertigen zertifizierten Referenzmaterial weiterentwickelt werden. Ansätze in diese Richtung plant die BAM für biologische Materialien, nicht zuletzt, um Zeit zu sparen. Das NIST hat zum Beispiel Materialien im Zusammenhang mit Covid-19 herausgebracht.<h2>Vernetzung</h2>Um die Nachfrage nach zertifizierten Referenzmaterialien zu erfüllen, arbeitet die BAM mit anderen Referenzmaterialherstellern zusammen. Bereits seit den 1970er Jahren existiert eine europäische Herstellergruppe für Referenzmaterialien für Eisen und Stahl, die ursprünglich in der europäischen Eisen-und-Stahl-Normung European Committee for Iron and Steel Standardization (ECISS) verortet war. Diese Gruppe nutzt Synergieeffekte, um ein breiteres Angebot an Referenzmaterialien zur Verfügung zu stellen, als es ein einzelner Hersteller könnte.Zudem gibt es eine lose Verbindung öffentlich finanzierter RM-Hersteller, unter anderem zwischen Nist in den USA, der BAM, des LGC in Großbritannien, dem Joint Research Centre Europa (JRC) in Brüssel, Korea Research Institute of Standards and Science (Kriss) in Korea und dem National Research Council (NRC) in Kanada. Die Institutionen tauschen sich regelmäßig über ihre Pläne aus, um so Doppelarbeit zu vermeiden.9) Schon heute liegen die Schwerpunkte der Arbeiten zu Referenzmaterialien in den einzelnen Institutionen auf unterschiedlichen Anwendungsfeldern.<h2>Internationale Harmonisierung</h2>In der internationalen Normung existiert ein ISO-Komitee – Remco (Reference material comittee, heute: ISO TC334) –, das sich speziell mit Referenzmaterialien befasst. ISO/TC334 hat die Aufgabe, Verfahren zur Herstellung und Verwendung von Referenzmaterialien zu entwickeln und zu harmonisieren. Es ist das Ziel von ISO/TC334, das globale Kompetenzzentrum für Fragen zu Referenzmaterialien zu sein.So entstanden bisher fünf ISO-Leitfäden und eine ISO-Norm, weitere Leitfäden sind in Arbeit. Darüber hinaus hat ISO Remco die Entwicklung und Verbreitung der internationalen Datenbank für Referenzmaterialien Comar unterstützt.<h2>Datenbanken</h2>Die Datenbank für Referenzmaterialien Comar wurde bereits in den 1970er Jahren vom französischen Laboratoire National d‘Essais (LNE) entwickelt. Heute hostet die BAM diese Datenbank mit zirka 8000 verschiedenen Referenzmaterialien von unterschiedlichen Herstellern. Neue Referenzmaterialien geben die Hersteller in den beteiligten Ländern dezentral ein.Die Datenbank ermöglicht die Referenzmaterialiensuche nach mehreren Kriterien wie Zusammensetzung, Hersteller, Name oder physikalische Eigenschaft. Daneben bieten andere Hersteller und Vertreiber von Referenzmaterialien entsprechende Datenbanken an, in denen Nutzer für ihre Frage das passende Referenzmaterial finden.<figure><img src="https://media.graphcms.com/CUK68OfqTNGvhxy3PbKY"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Polycyclische Aromaten in Gummi als Referenzmaterial. Foto: BAM</figcaption></figure>
<h2>Der Autor</h2>Dieser Beitrag ist Teil einer Reihe über analytische Chemie in der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, BAM, welche vor 150 Jahren gegründet wurde. Geschrieben hat hier Sebastian Recknagel, Chemiker und Leiter des BAM-Fachbereichs Anorganische Referenzmaterialien. Weitere Beiträge aus der Reihe, die Björn Meermann koordiniert hat, sind erschienen in: Nachr. Chem. 2021, 69(6), 64, 69(7), 75 und 69(10), 71.<h2>AUF EINEN BLICK</h2>Mit Referenzmaterialien ermitteln zertifizierte Labore Messunsicherheit und kalibrieren Methoden.Neue analytische Aufgaben erfordern neue Typen von Referenzmaterialien, zum Beispiel mit Mikroplastik oder Nanopartikeln.Um doppelte Arbeit zu vermeiden, gibt es ein internationales Netzwerk öffentlich finanzierter Hersteller von Referenzmaterialien.
<ul class="references"><li>
1 ISO/IEC 17025, General requirements for the competence of testing and calibration laboratories, 2017</li><li>
2 U. Resch-Genger, Nachr. Chem. 2021, 69 (7-8), 75</li><li>
3 S. Recknagel, M. Koch, R. Köppen, et al., Anal. Bioanal. Chem. 2020, 412, 4659–4668</li><li>
4 J. Riedel, S. Recknagel, D. Sassenroth et al., Anal. Bioanal. Chem. 2021, doi: 10.1007/s00216-021-03532-z</li><li>
5 C. Altmann, BAM-Jahresbericht 2020/2021</li><li>
6 ISO Guide 35, Reference materials – Guidance for characterization and assessment of homogeneity and stability, 2017</li><li>
7 W. Bremser, R. Becker, H. Kipphardt, P. Lehnik-Habrink, U. Panne, A. Toepfer, Accredit. Qual. Assur. 2006;11, 489–495</li><li>
8 S. J. Choquette, D. L. Duewer, K. E. Sharpless, Annu. Rev. Anal. Chem. 2020, 13, 453–474</li><li>
9 H. Emteborg, D. Florian, S. Choquette, et al., Accredit. Qual. Assur. 2018, 23, 371–377</li></ul>

Meldung

Blick nach Asien

Überprüfung Ihres Anmeldestatus ...