Industrie + Technik

Forschungsförderung I Chinas Förderagentur für akademische Forschung (Natural National Science Foundation of China, NSFC) bearbeitete im letzten Steuerjahr 240 000 Anträge. Danach erhielten etwa 42 000 Antragsteller insgesamt 21 Mrd. Yen, umgerechnet ungefähr 2,7 Mrd. Euro. Personalmittel betragen dabei etwa 15 Prozent, denn fest angestellte Wissenschaftler und Techniker sind aus Hausmitteln zu bezahlen, und Studierende erhalten nicht mehr als ein Taschengeld.Ethanolproduktion I Longlong Ma und Kollegen vom Institut für Energiekonversion der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Guangzhou haben ein Eintopfverfahren entwickelt, um Ethanol aus Cellulose durch Hydrogenolyse herzustellen. Cellulose wird dabei mit wässriger Phosphorsäure zu Glucose hydrolysiert, deren cyclischer Phosphorsäureester in Gegenwart Graphen-aktivierten Nickels (Ni@C) zu Ethanol zerfällt. Die molare Ausbeute an Ethanol betrug 69,1 Prozent.<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://doi.org/10.1002/cssc.201901110" target="_blank">https://doi.org/10.1002/cssc.201901110</a></ext-link>Artemisininforschung I In Peking startete der Bau eines 1600 Quadratmeter großen Artemisinin-Forschungszentrums, das im Jahr 2021 in Betrieb gehen soll. Leiten wird es Youyou Tu, die für die Entdeckung dieses Antimalariamittels im Jahr 2015 den Nobelpreis für Medizin erhielt, den ersten Nobelpreis, der nach China ging. Artemisinin ist Bestandteil des einjährigen Beifußes Artemisia annua, der in der traditionellen chinesischen Medizin seit zweitausend Jahren zur Malariabehandlung bekannt ist.Abwasserbehandlung I Die Reinigung von Kokerei-Abwässern haben Hongbin Cao und Kollegen vom Institute of Process Engineering der Chinesischen Akademie der Wissenschaften verbessert. Sie extrahierten Schadstoffe bereits auf der Stufe einzelner Prozessschritte. Nach diesem Konzept behandeln inzwischen 41 Stahlwerke jährlich insgesamt 55 Mio. Tonnen Kokereiabwässer.Rolf Schmid, <a href="https://www.window-to-china.eu" target="_blank">www.window-to-china.eu</a>

Meldung

Blick nach China

Forschungsförderung I Chinas Förderagentur für akademische Forschung (Natural National Science Foundation of China, NSFC) bearbeitete im letzten Steuerjahr 240 000 Anträge. Danach erhielten etwa 42 000 Antragsteller insgesamt 21 Mrd. Yen, umgerechnet ungefähr 2,7 Mrd. Euro. Personalmittel betrage...

Die Chemie in der Produktion funktioniert; nun gilt es, die Verfahren durch Digitalisieren effizienter zu machen – diesem Motiv folgen viele. Aber klassische chemische Arbeitsweisen vermögen nach wie vor weitere Potenziale zu erschließen.
Digitale Techniken machen vieles einfacher. Das betrifft zum Beispiel Berechnungen zu Kobaltoxidkatalysatoren. Diese zeigen ohne Experimente ziemlich sicher, mit welcher Kobaltatomzahl sich neue Katalysatoren realisieren lassen sollten. Die komplexen Bindungsverhältnisse bei langen Stickstoffketten lassen sich mit Computersimulationen verstehen. So entstehen sichere Prognosen zur Stabilität neuer Ketten.Digitale Techniken beschleunigen den Weg von bekannten Eigenschaften und analytischen Daten zu realitätsnahen Modellen. Bei deren Verfeinerung hilft computergestützte statistische Versuchsplanung, mit weniger Experimenten zum Ziel zu kommen. Und eine konsequente Roboterisierung könnte die schnelle Herstellung vieler α-Aminoketone und damit Arzneistoffkandidaten in kurzer Zeit ermöglichen.Digitalisieren reicht aber nicht. Sechs Beispiele zu Produktionsprozessen von Methansulfonsäure über Aminoketon bis zu Cyclohexadien zeigen, wie klassische chemische Arbeitsweisen helfen, etwa einen Reaktionsmechanismus zu klären oder den passenden Katalysator zu finden.<h2>Initiator und Mechanismus</h2>Methansulfonsäure (MSA) dient als Lösungsmittel und Katalysator in der organischen Chemie; MSA ist eine Komponente von Industriereinigern – weniger schädlich als etwa Ameisen- oder Schwefelsäure –, und einige ihrer Metallsalze sind Elektrolyte in Galvanisierbädern. Zudem funktionieren manche Anti-Parkinson-Mittel und andere basische Arzneistoffe in Form ihrer Methansulfonsäuresalze. Die Methansulfonsäureproduktion summiert sich auf jährlich etwa 50 000 Tonnen, hergestellt aus Methanthiol oder Dimethyldisulfid.Chemiker der Duisburger Grillo-Werke haben MSA mit Methan als Ausgangsstoff produziert. Der Energieeinsatz ist gering, Nebenprodukte gibt es keine. Das Methan kann als Erdgas aus fossilen Quellen stammen oder als Biogas aus landwirtschaftlicher Erzeugung wie Fermentieren von nachwachsenden Energiepflanzen, von Gülle, Klärschlamm oder Speiseresten.Der Reaktionsinitiator Methylsulfonylperoxid erwies sich dabei als besonders geeignet. Beim Reaktionsmechanismus, den die Forscher ermittelten, handelt es sich entgegen der Erwartung nicht um eine radikalische, sondern um eine ionische Reaktion; sie läuft über das Carbeniumion CH3+.1) Mit diesem Wissen ließ sich das Verfahren auf die industrielle Nutzung abstimmen. Grillo hat das Know-how Ende Juli an BASF verkauft.Diese Möglichkeit, Methansulfonsäure zu produzieren, könnte mit Methan aus Kohlendioxid noch attraktiver werden. Gleichzeitig eröffnet die chemische Industrie damit Landwirten neue Perspektiven: Ihr Biogas lässt sich nicht nur thermisch, sondern auch stofflich verwerten.<h2>Kleber und Klima</h2>Einen kleineren CO2-Fußabdruck versprechen sich US-Forscher von einer neuen Herstellungsmethode für Acrylate. Diese sind Ausgangsstoffe für Produkte wie Kleber, Plexiglas und Superabsorber in Windeln. Der jährliche Verbrauch beträgt einige Millionen Tonnen, im Jahr 2013 waren es fünf Millionen.Typischerweise gewinnt die Industrie Acrylate aus Propylen über Acrylnitrilzwischenstufen, wobei Nebenprodukte entstehen, darunter CO2 und HCN. Lässt sich klimaschädigender und giftiger Abfall vermeiden und gleichzeitig bei Temperaturen unter den bisher erforderlichen 450 °C arbeiten?Einen Weg weisen mesoporöse Manganoxidkatalysatoren (meso-Mn2O3).2) Damit lassen sich Allylether unter milden Bedingungen partiell zu Acrylsäureestern oxidieren und selektiv zum Zielmolekül lenken (Abbildung 1).<figure><img src="https://media.graphcms.com/t5U35QDGTq6EkBcjya1n"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Mit mesoporösen Manganoxidkatalysatoren (meso-Mn2O3) lassen sich Allylether unter milden Bedingungen partiell zu Acrylsäureestern oxidieren.2)</figcaption></figure>
Aus wirtschaftlicher Sicht überzeugen weniger Reaktionsschritte und der niedrige Preis des Katalysators. Zudem lässt er sich wiederverwenden. Traditionell werden für partielle Oxidationen teurere Substanzen, etwa Peroxide, eingesetzt, gegebenenfalls zusammen mit edelmetallhaltigen Komponenten. Die Leistungsfähigkeit des meso-Mn2O3-Katalysators lässt sich mit Lithiumspuren verbessern.Um den Katalysator und das gesamte Verfahren für den industriellen Einsatz zu optimieren, nutzen die Forscher nun ihr Handwerkszeug und klären den Reaktionsmechanismus.<h2>Niedrige Reaktionstemperatur – rechtzeitiger Reaktionsstopp</h2>Ein neues Herstellungsverfahren für Cyclohexen und Cyclohexadien aus Cyclohexan braucht hochselektive Katalysatoren und niedrige Reaktionstemperaturen. Cyclohexen ist eine Vorstufe für Adipinsäure und Maleinsäure; Cyclohexadien ist ein Wasserstoffdonor für katalytische Hydrierungen.3) Lassen sich diese Substanzen statt durch eine energieaufwendige endotherme Dehydrierung mit einer exothermen Dehydrierung gewinnen und dabei hohe Selektivitäten erreichen?Forscher des Argonne National Laboratory in den USA haben dies mit Kobaltoxidkatalysatoren geschafft.4) Dabei setzten sie Oxidcluster mit vier oder 27 Co-Atomen ein, wobei die Gesamtgröße im Subnanometerbereich lag. Damit führten sie die Reaktion bei 100 °C durch; die typische Reaktionstemperatur liegt bisher bei mindestens 400 °C.Bei niedrigeren Temperaturen ist darüber hinaus die Selektivität besser zu steuern, wobei das Verhältnis der Edukte Cyclohexan und Sauerstoff die wesentliche Stellschraube ist. Damit lässt sich die Weiterreaktion von Cyclohexen oder Cyclohexadien zu Benzol verhindern.Nach Berechnungen sind unterkoordinierte Kobaltatome die katalytisch wirksamen Punkte innerhalb der Cluster. Diese theoretischen Erkenntnisse könnten den Weg weisen, um das neue Verfahren zu optimieren. Der Industrie bietet es sich als Alternative zur petrostämmigen Chemie an.<h2>Schnell mal eine Aminogruppe</h2>Die Industrie wünscht sich viele Kandidaten für Arzneistoffe, Düngemittel, Pestizide und mehr – und das möglichst schnell. Gern würde sie daher bestimmte Substanzen versuchsweise mit einer Aminogruppe (NH2) funktionalisieren, um zum entsprechenden primären α-Aminoketon zu gelangen. Funktioniert das in einem einzigen Schritt?Für die Herstellung von α-Hydroxyketonen haben Chemiker der Rice University in Texas an ein bekanntes Verfahren angeknüpft. Es nutzt Silylenolether als Edukte, die nach der Rubottom-Oxidation mit meta-Chlorperbenzoesäure reagieren. Beim Aza-Analog dieser Reaktion wird statt der OH-Gruppe eine NH2-Gruppe eingeführt, wobei das Lösungsmittel Hexafluorisopropanol gleichzeitig katalysiert.5)<h2>Schneller zur Stickstoffkette</h2>Bisher mussten Chemiker ein Stickstoffatom ans andere reihen, um eine Stickstoffkette zu erhalten, in der Regel über die Zwischenstufe Ammoniak. Lange Ketten lassen sich jetzt schneller knüpfen.Forschern aus Erlangen und Frankfurt am Main ist es gelungen, dabei immer einen Schritt zu überspringen.6) Sie knüpfen N2 an N2 an N2 und so weiter. Dabei nutzen sie eine durch eine organische Borverbindung vermittelte reduktive Kopplung. So entsteht zum Beispiel aus zwei Stickstoffmolekülen im ersten Schritt ein Sandwich mit zwei Boryleneinheiten als Brötchenhälften und [N4]2– dazwischen.Eine Hoffnung der Forscher besteht darin, ihre langen Stickstoffketten in komplexe organische Moleküle zu integrieren und auf diese Weise schnell zu pharmazeutisch relevanten Verbindungen zu gelangen, etwa zu blutgefäßerweiternden Arzneistoffen. Die Voraussetzungen haben die Forscher geschaffen, indem sie auf einfache Weise Varianten mit dem schweren Stickstoffisotop 15N bauten. Dies hilft, die Proteinumsetzung bei Tieren und Menschen oder den Stickstoffstoffwechsel bei Pflanzen nachzuvollziehen und daraus für die weitere Entwicklung Schlüsse zu ziehen.<h2>Ein Katalysator aus Oberflächen</h2>Forscher der Universität Duisburg-Essen haben ein Verfahren zum Patent angemeldet, das langzeitstabiles Katalysatormaterial für die Nano- und die Elektrochemie liefert.7) Das edelmetallbasierte Material entsteht in einer Plasmabeschichtungsanlage bei etwa 350 °C aus einem kohlenstoffhaltigen Pulver mit Platinanteilen. Es bilden sich selbstorganisiert wenige Nanometer dicke Kohlenstoffwände (Abbildung 2). Dabei setzen sich etwa 1,8 Nanometer große Pt-Partikel direkt in den Wänden ab.<figure><img src="https://media.graphcms.com/lweRCpNQGSixDewf0Kpr"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Kohlenstoffwänden, die nur wenige Nanometer dünn sind. Foto: UDE, N. Wöhrl, S. Tigges</figcaption></figure>
Erste Anwendung soll eine Mikrobrennstoffzelle sein. Sebastian Tigges, einer der beteiligten Forscher, möchte „irgendwann ein Smartphone in der Hand halten, das auf unserem Material beruht“. Er hat nach den Prinzipien von Physik und Chemie ein Material entwickelt, das praktisch nur aus Oberflächen besteht und viele Anwendungen verheißt.Christian Ehrensberger ist freier Mitarbeiter der Nachrichten aus der Chemie.<h2>Auf einen Blick</h2>Digitale Techniken zeigen etwa, wie sich neue Katalysatoren realisieren lassen, und helfen, Bindungsverhältnisse zu verstehen.Computergestützte statistische Versuchsplanung hilft, mit weniger Experimenten schneller zum Ziel zu kommen.Chemische Arbeitsweisen bleiben die Grundlage, um einen Reaktionsmechanismus zu klären oder den passenden Katalysator zu finden.
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1 C. Díaz-Urrutia, T. Ott, Science 2019, 363, 1326</li><li>
2 B. Dutta, R. Clarke, S. Raman et al., Nat. Commun. 2019, 10, 655</li><li>
3 A. M. Felix, E. P. Heimer, T. J. Lambros, C. Tzougraki, J. Meienhofer, J. Org. Chem. 1978, 43, 4194</li><li>
4 S. Lee, A. Halder , G. A. Ferguson et al., Nat. Commun. 2019, 10, Article number 954</li><li>
5 Z. Zhou, Q.-Q. Cheng, L. Kürti, J. Am. Chem. Soc. 2019, 141, 2242</li><li>
6 M.-A. Légaré, M. Rang, G. Bélanger-Chabot et al., Science 2019, 363, 1329</li><li>
7 <a href="https://www.uni-due.de/2019–07–15-patent-" target="_blank">www.uni-due.de/2019–07–15-patent-</a> katalysator</li></ul>

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