Industrie + Technik

Produktion umgestellt | Chemieunternehmen beispielsweise in Ostdeutschland beliefern Krankenhäuser und Apotheken mit Desinfektionsmitteln. Dazu bauen sie Produktionen auf oder stellen ihre Alkoholgewinnung um. So produziert der Biokraftstoffhersteller Verbio aus Zörbig in Sachsen-Anhalt jetzt 40 000 Liter Desinfektionsmittel pro Woche. Beiersdorf hat im sächsischen Waldheim die Produktion von medizinischen Handdesinfektionsmitteln erhöht. BASF stellt täglich 1000 Liter Handdesinfektionsmittel in seinem Werk in Schwarzheide in der Lausitz her, um damit umliegende Krankenhäuser und Ärzte zu versorgen.Beispiel für Heilmitteltest | Der Schweizer Pharmakonzern Novartis setzt bei der Suche nach einem Mittel gegen das Coronavirus auf Hydroxychloroquin. Wie präklinische Studien mit Tieren sowie erste klinische Studien gezeigt haben, kann das Malariamittel das Coronavirus töten. Derzeit werden in Europa und den USA Patienten für klinische Studien gesucht und zusammen mit den Aufsichtsbehörden in den USA und der Schweiz eine Zulassung per Eilverfahren geprüft.Plattform für Notversorgung mit Desinfektionsmitteln | Die deutsche Pharma- und Chemieindustrie will mit einem digitalen Marktplatz die Versorgung der Gesundheitsbranche mit Desinfektionsmitteln sicherstellen. Dem Verband der Chemischen Industrie zufolge soll die Plattform „Notversorgung Desinfektionsmittel“ als vorübergehende Lösung schrittweise für definierte Zielgruppen – etwa Krankenhäuser oder Pflegeheime – freigeschaltet werden. Dies soll Lieferketten unterstützen, Kontakte zwischen den Akteuren erleichtern und Informationen bündeln.Jörg Wetterau, Labor für Kommunikation

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Coronopandemie: Chemie arbeitet am Vorbeugen und Heilen

Produktion umgestellt | Chemieunternehmen beispielsweise in Ostdeutschland beliefern Krankenhäuser und Apotheken mit Desinfektionsmitteln. Dazu bauen sie Produktionen auf oder stellen ihre Alkoholgewinnung um. So produziert der Biokraftstoffhersteller Verbio aus Zörbig in Sachsen-Anhalt jetzt 40...

Aus Holz entstehen nicht nur Zellstoff und Papier, sondern auch hochfeste funktionale Zellulosekomposite. Dabei bleibt im Prozess die natürliche hierarchische Struktur des Holzes mit seiner charakteristischen Vorzugsrichtung der Fasern erhalten.
Die Zellwände bestehen bei Holz aus drei Makromolekülen: Zellulose, Hemizellulosen und Lignin. Sie bilden einen natürlichen Faserverbund.1,2) Dabei stehen Zellulosefibrillen für die Fasern und Lignin für die einbettende Matrix; die Hemizellulosen fungieren als Haftvermittler zwischen beiden Phasen .Zellulose, das auf der Welt häufigste Biomakromolekül, enthält nur einen Zuckerbaustein: Glukose. Kovalente Bindungen erzeugen lange Ketten, die dann durch Wasserstoffbrücken zu semikristallinen Fibrillen vernetzen. Diese sind zugfest und zugsteif; jedoch können sie bei Druck ausknicken.Um hoch wachsen zu können, lagern Bäume Lignin in die Holzzellwände ein; dies erhöht deren Drucksteifigkeit und -festigkeit. Dazu werden die Ligninbausteine in bestehende Zellwandsegmente aus Zellulose und Hemizellulosen transportiert, um dort in einer Polymerisationsreaktion zu einem Makromolekül zu vernetzen.2,3)<h2>Aus der Holzstruktur herauslösen</h2>So wichtig Lignin für den Baum ist, so ist es für einige holzbasierte Produkte ein Problem. Zum Beispiel für Zellstoff und in der Weiterverarbeitung zu Papier ist Lignin unerwünscht. Deshalb lösen Produzenten dieses über unterschiedliche Delignifizierungsprotokolle heraus. So entstehen einzelne Fasern, vorwiegend aus Zellulose, die in einem weiteren Schritt zu einem stabilen, aber flexiblen Papier verarbeitet werden.Durch eine Fibrillierung der Fasern entsteht Nanozellulose, die eine große Oberfläche hat und sich somit gut modifizieren und funktionalisieren lässt.4) Seit zwei Jahrzehnten forschen Wissenschaftler an der Funktionalisierung von Nanozellulose. So haben sie beispielsweise ölabsorbierende Schwämme, magnetische Nanopapiere oder transparente Folien für Displays entwickelt.5)Beim Auftrennen des Holzes in Fasern oder Nanozellulose wird allerdings die bei der Holzbildung angelegte vorteilhafte hierarchische Struktur des Holzes zerstört. Damit geht die mechanische Leistungsfähigkeit des Verbunds verloren, die sich für viele zellulosebasierte Materialien nur durch aufwendige Verfahren teilweise wiederherstellen lässt.<h2>Zellulosematerialien behalten die Struktur</h2>Eine Alternative zum Vereinzeln und anschließenden Assemblieren ist eine Delignifizierung, bei der die Struktur erhalten bleibt (Abbildung). Diese Art des Delignifizierens ermöglicht eine neue Klasse von Zellulosematerialien.6,7) Da dieser Prozess die Holzfasern nicht vereinzelt, bleibt die anisotrope hierarchische Struktur des Holzes und damit die parallele Faseranordnung erhalten.<figure><img src="https://media.graphcms.com/DWs0qMiNSbSZrz0JnbJh"><figcaption><label>Abb. 1: </label>a) Herstellungsprozess der Zellulosematerialien. Holz (links), Zellulosematerial nach der strukturerhaltenden Delignifizierung (Mitte) und verdichtetes Zellulosematerial. b) Gekrümmte (oben) oder gedrehte Zellulosematerialien lassen sich im nassen Zustand einfach herstellen.</figcaption></figure>
Das Herauslösen des Lignins hat zur Folge, dass die Bindekräfte zwischen den feuchten Fasern und die transversale Steifigkeit der delignifizierten Zellwände vermindert sind. Daher lassen sich die Zellulosematerialien im feuchten Zustand fast uneingeschränkt verformen.6,8) Dies ermöglicht komplexe Bauteilgeometrien, die einen dem Kraftfluss folgenden optimierten Faserverlauf aufweisen.8) Zudem haben die delignifizierten Zellulosegerüste eine größere innere Oberfläche als das natürliche Holz. Dies begünstigt Ansätze, das Material zu modifizieren und zu funktionalisieren und somit seine Eigenschaften zu verbessern.<h2>Mechanische Eigenschaften</h2>Aufgrund der Reduktion der transversalen Steifigkeit der komplett delignifizierten Zellwände lassen sich diese Zellulosematerialen gut verdichten. Im verdichteten und getrockneten Zustand erreichen sie Zugsteifigkeiten und Zugfestigkeiten, die ungefähr dreimal höher liegen als beim Ausgangsmaterial, dem unbehandelten Holz.6) Allerdings beeinflusst in diesem Zustand die Umgebungsfeuchte die mechanischen Eigenschaften, und dies begrenzt den Einsatz auf Innenräume mit garantiertem Feuchtschutz. Mit einer Polymermatrix lassen sich jedoch wasserabweisende Zellulosekomposite produzieren, und zusätzlich verbessert die Matrix die Zugeigenschaften der verdichteten Komposite bis zum Siebenfachen des natürlichen Holzes.9)<h2>Durchsichtig oder wie ein Stein</h2>Diese Zellulosematerialien eignen sich für eine weitere Funktionalisierung (Abbildung). Hierfür sind unterschiedliche Ansätze möglich, darunter das Einbringen von Polymeren, Metallpartikeln oder Mineralien in das Zellulosematerial.10)<figure><img src="https://media.graphcms.com/4JxTHN7iQSe1jmBI0hHz"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Um Funktionsgradienten herzustellen, werden delignifizierte Holzfurniere zunächst funktionalisiert, etwa magnetisiert. Die funktionalisierten Schichten werden dann treppenartig gestapelt und verdichtet. Die mechanischen und funktionalen Gradienten lassen sich in eine beliebige Form bringen.</figcaption></figure>
So wurden magnetische, stimuli-responsive, leitfähige oder transparente Zellulosematerialien entwickelt mit möglichen Anwendungen in Membranapplikationen oder als „smart materials“, auch intelligente Werkstoffe genannt, die auf Umgebungsreize selbstständig reagieren.Besondere Aufmerksamkeit erfuhr in den letzten Jahren die Entwicklung von transparentem Holz. Dafür wurden Polymere mit einem der Zellulose ähnlichen Brechungsindex in das Zellulosematerial eingebracht. Das Produkt eignet sich für elektronische oder photonische Anwendungen, etwa Photovoltaikzellen.10,11)Da das Zellulosematerial im nassen Zustand beliebig formbar ist, lassen sich zudem Funktionalisierungsgradienten innerhalb des Materials einstellen. Als Proof of Concept wurden durch das In-situ-Ausfällen von Eisensalzen Mineralien wie Maghämit und Magnetit in dem Zellulosematerial geformt. Anschließend wurde der Anteil der Eisenpartikel pro Volumeneinheit durch Verdichten gesteuert und damit ein Funktionalisierungsgradient erreicht.8)<h2>Neues Materialkonzept</h2>Mit der strukturerhaltenden Delignifizierung, Funktionalisierung und Verdichtung lassen sich Zellulosekomposite entwickeln, die bei biobasierten Hochleistungswerkstoffen neue Möglichkeiten eröffnen. Sie verbinden das optimierte Nutzen des Holzes mit hoher mechanischer Leistungsfähigkeit sogar für komplexe Geometrien. Daraus ergeben sich neue Anwendungsmöglichkeiten. Um dies in technische Verfahren umzusetzen, laufen erste Schritte mit Partnern aus der Industrie. Ziel ist, das Konzept in effiziente industrielle Fertigungsprozesse zu überführen und möglichst bald Produkte zu entwickeln.<h2>Die Autoren</h2>Der promovierte Materialwissenschaftler Tobias Keplinger ist Forschungsgruppenleiter an der Professur für Holzbasierte Materialien am Institut für Baustoffe der ETH Zürich.<div><img src="https://media.graphcms.com/pTUelpJjQzC6NzhAGcnS">

</div>Die Materialwissenschaftlerin Marion Frey ist Postdoktorandin an der Professur für Holzbasierte Materialien am Institut für Baustoffe der ETH Zürich und hat sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit mit der Entwicklung des neuen Materialkonzepts auseinandergesetzt.<div><img src="https://media.graphcms.com/58Ml4XuPRnGQQ6OQuLjJ">

</div>Ingo Burgert ist Professor für Holzbasierte Materialien am Institut für Baustoffe der ETH Zürich und Gruppenleiter in der Abteilung Cellulose &amp; Wood Materials der Empa in Dübendorf.<h2>AUF EINEN BLICK</h2>Lignin macht Holz druckfester und drucksteifer, kann aber für hochfeste Zelluloseprodukte ein störender Faktor sein.Ein Delignifizieren, ohne die Fasern zu vereinzeln, bewahrt die Holzstruktur.Solche Zellulosegerüste lassen sich verformen, verdichten und funktionalisieren.Mit der Zugabe ausgewählter Polymere kann so transparentes Holz oder Zellulosematerial mit Funktionsgradienten entstehen.<h2>Ein anderes Zelluloseprojekt: Verbundmaterial drucken</h2>Forschende um André R. Studart der ETH Zürich und um Gilberto Siqueira von der Empa haben Objekte mit einem Zellulosegehalt von 27 Volumenprozent gedruckt. Das ist höher als der anderer Zellulosedruckobjekte.Dazu nutzten sie die 3-D-Drucktechnik Direct Ink Writing und verdichteten die Produkte anschließend. Die Druckpaste bestand aus Wasser sowie wenigen hundert Nanometer großen Zellulosepartikeln und -fasern, und deren Anteil lag zwischen 6 und 14 Prozent des Tintenvolumens.Nach dem Drucken ging das Objekt in ein Bad aus organischen Lösungsmitteln. Da Zellulose diese abweist, lagern sich die Zellulosepartikel zusammen: Das Objekt schrumpft, und der Zelluloseanteil steigt. Anschließend tauchten die Wissenschaftler das Gedruckte in eine Lösung mit Kunststoffmonomeren. Die Monomere füllten beim Verdunsten des Lösungsmittels die Lücken des Zellulosegerüsts. UV-Licht polymerisierte die Monomere.Wie Röntgenanalysen und mechanische Tests zeigen, richten sich die Zellulosenanokristalle im Verbundmaterial ähnlich aus wie Zellulosefasern in natürlichen Holzmaterialien. Zu möglichen Anwendungen gehören maßgeschneiderte Verpackungen und Knorpelersatzimplantate für Ohren. MB<div>Eine gedruckte Wabe aus Zellulose-Polymerverbundmaterial ist filigran und zäh zugleich. <named-content>Abbildung: ETH Zürich/Empa/Michael Hausmann</named-content><img src="https://media.graphcms.com/Ep7AmxqRtSEYsW3BsDKV">

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12 doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.1002/adfm.201904127</ext-link></li></ul>


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1 J. Brändström, IAWA Journal 2001, 22, 333; J. Fahlen, L.. Salmen, Biomacromolecules 2005, 6, 433; L. Salmen, I. Burgert, Holzforschung 2009, 63, 121; O. M. Terrett, J. J. Lyczakowski, L. Yu et al., Nat. Commun. 2019, 10, 11</li><li>
2 D. Fengel, G. Wegener, Wood – chemistry, ultrastructure, reactions, de Gruyter, Berlin, New-York 1984</li><li>
3 N. Terashima, K. Fukushima, L. F. He, K. Takabe, in Forage Cell Wall Structure and Digestibility, (Eds: H. G. Jung, D. R. Buxton, Hatfield, J. Ralph), ASA-CSSA-SSSA, Madison, USA 1993, 247</li><li>
4 S. J. Eichhorn, A. Dufresne, M. Aranguren et al., J. Mater. Sci. 2010, 45, 1; A. Dufresne, Mater. Today 2013, 16, 220; D. Klemm, F. Kramer, S. Moritz et al., Angew. Chem. Int. Edit. 2011, 50, 5438</li><li>
5 M. Nogi, K. Handa, A. N. Nakagaito, H. Yano, Appl. Phys. Lett. 2005, 87; R. T. Olsson, M. Samir, G. Salazar-Alvarez et al., Nat. Nanotechnol. 2010, 5, 584; Z. Zhang, G. Sebe, D. Rentsch, T. Zimmermann, P. Tingaut, Chem. Mat. 2014, 26, 2659</li><li>
6 M. Frey, D. Widner, J. S. Segmehl et al., ACS Appl. Mater. Interfaces 2018, 10, 5030</li><li>
7 Y. Y. Li, Q. L. Fu, S. Yu, M. Yan, L. Berglund, Biomacromolecules 2016, 17, 1358; J. W. Song, C. J. Chen, S. Z. Zhu et al., Nature 2018, 554, 224; H. Yano, J. Mater. Sci. Lett. 2001, 20, 1127; J. S. Segmehl, V. Studer, T. Keplinger, I. Burgert, Materials 2018, 11</li><li>
8 M. Frey, G. Biffi, M. Adobes-Vidal et al., Adv. Sci. 2019, 6</li><li>
9 M. Frey, L. Schneider, K. Masania, T. Keplinger, I. Burgert, ACS Appl. Mater. Interfaces 2019, 11, 35305</li><li>
10 T. Keplinger, X. Q. Wang, I. Burgert, J. Mater. Chem. A 2019, 7, 2981</li><li>
11 Y. Y. Li, E. Vasileva, I. Sychugov, S. Popov, L. Berglund, Adv. Opt. Mater. 2018, 6, 14</li></ul>

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