Industrie + Technik

Der Kunststoffhersteller Covestro hat die Übernahme des Geschäftsbereichs Resins &amp; Functional Materials vom niederländischen Unternehmen Royal DSM abgeschlossen. Mit dem Zukauf ergänzen die Leverkusener ihr Portfolio für Beschichtungsharze mit wasserbasierten Polyacrylatharzen und Lösungen für die additive Fertigung. Zudem erweitern sie das Portfolio um wasserbasierte Hybridtechniken, Pulverharze für Beschichtungen und UV-härtende Systeme.

Meldung

Covestro: mehr Harze

Der Kunststoffhersteller Covestro hat die Übernahme des Geschäftsbereichs Resins & Functional Materials vom niederländischen Unternehmen Royal DSM abgeschlossen. Mit dem Zukauf ergänzen die Leverkusener ihr Portfolio für Beschichtungsharze mit wasserbasierten Polyacrylatharzen und Lösungen für di...

Prof.Dr.

Eine Alternative zu organischen Kunststoffschäumen für die Wärmedämmung von Gebäuden können Mineralkunststoffe sein. Sie sind nicht brennbar und im Gegensatz zu Silica-Aerogelen oder Steinwolle gut zu recyceln.
Steigende Energiepreise sowie staatliche Maßnahmen, um Energie zu sparen und klimaschädliche Treibhausgase zu vermeiden, erhöhen den Bedarf an Wärmedämmstoffen. Im Jahr 2025 werden voraussichtlich weltweit 578 Millionen Kubikmeter Dämmstoffe verbraucht werden, davon allein in Europa mehr als 200 Millionen Kubikmeter.1)<h2>Organische Kunststoffschäume</h2>Typische Wärmedämmstoffe sind Kunststoffschäume, von denen expandiertes Polystyrol (EPS) der bekannteste und am häufigsten verwendete ist. Kunststoffschäume sind in den vergangenen Jahren wirtschaftlich wichtiger geworden. Viele Polymerisate lassen sich schäumen – etwa Polyethylen, Polystyrol und Polyvinylchlorid –, ebenso Polykondensate, darunter Phenol-, Harnstoff-, Epoxid- und Polyesterharze sowie Polyaddukte, also Polyurethane.2)Allerdings sind die meisten Kunststoffschäume brennbar, was es schwierig macht, sie bei der Fassadendämmung, im Fahrzeugbau oder als Gehäuse für elektronische Geräte einzusetzen. So haben bei Großbränden in den letzten Jahren möglicherweise die Fassadendämmungen dazu beigetragen, dass sich das Feuer schnell ausgebreitet hat. Ein Beispiel ist der Grenfell Tower in London, in dessen Fassade Aluminium-Polyethylenverbundplatten verbaut waren.Zudem enthalten manche organischen Kunststoffschäume gesundheitsschädliche Additive, etwa Weichmacher. Die Schäume werden auf Basis von Erdöl hergestellt, sind biologisch nicht abbaubar und nur mit großem Energieaufwand zu recyceln.<h2>Der Trick: später schäumen</h2>Ein Mineralkunststoffschaum vermeidet die Nachteile organischer Kunststoffschäume.3,4) Der Mineralkunststoff entsteht als Hydrogel bei Umgebungsbedingungen ohne Energieaufwand aus einer wässrigen Polyacrylsäure-Calciumchloridlösung nach Zugabe einer basischen Natriumcarbonatlösung.Die Frage zu Beginn unseres Projekts war: Lassen sich Mineralkunststoffe schäumen?4–8) Um diese Frage zu beantworten, musste eine neue Syntheseroute entwickelt werden, denn das Hydrogel, das bei der bekannten Synthese als primäres Produkt entsteht, lässt sich nicht schäumen.5–9)Der Trick ist, zu verhindern, dass sich beim Hinzufügen der Natriumcarbonatlösung zur Polyacrylsäure-Calciumchloridlösung direkt das Hydrogel bildet. Denn dieses lässt sich zwar plastisch verformen, aber nicht schäumen. Schäumt man die Lösung jedoch, bevor das Hydrogel entsteht und trocknet, und erhöht anschließend den pH-Wert, bildet sich ein makroporöser Mineralkunststoffschaum (Abbildung S. 44).<figure><img src="https://media.graphcms.com/6DZF4rgIT8i6c6gJ6184"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Herstellung von Mineralkunststoffschäumen:3,4) Eine wässrige Polyacrylsäurelösung (Mw = 100 000 g·mol–1) wird mit einem löslichen Calciumsalz versetzt. Bei alkalischen pH-Werten, etwa mit Na2CO3 einzustellen, entsteht das Hydrogel durch Vernetzung des Polycarboxylats mit Ca2+ und CaCO3 (nicht eingezeichnet).5–9) Zugabe konzentrierter HCl protoniert das Polycarboxylat – Ca2+ wird also nicht gebunden –, und es entsteht eine mit Tensid aufschäumbare Lösung. Deprotonierung mit Base, etwa NH3, führt zu Ca2+-vernetztem Polyacrylat, das nach dem Trocknen den Mineralkunststoffschaum liefert.</figcaption></figure>
<h2>Stabil und umweltverträglich</h2>Der Mineralkunststoffschaum hat eine hohe mechanische Stabilität. Bei einer Probe haben wir einen Elastizitätsmodul von ungefähr 50 MPa gemessen. Die Dichte der Probe betrug zirka 330 kg·m–3, also viel weniger als die der ungeschäumten Mineralplastik, die eine Dichte von zirka 1120 kg·m–3 hat.Die mechanischen Eigenschaften eines Mineralkunststoffschaums lassen sich über die Dichte einstellen, da der Zusammenhang zwischen E-Modul und Dichte poröser Materialien bekannt ist.10) Die Mineralkunststoffdichte lässt sich etwa verringern, wenn nur mit Ca2+ ohne Carbonatzugabe vernetzt wird.8)Unser Herstellverfahren ermöglicht es, die Struktur, Dichte und Form des Mineralkunststoffs gezielt zu variieren. Mit unterschiedlichen Aufschäumtechniken11–13) lassen sich Mineralkunststoffschäume mit Porengrößen von ungefähr 100 bis 1000 µm herstellen und damit mit verschiedenen Dichten (Abbildung oben, links). Weil die Zwischenstufe der Synthese über ein mechanisch beliebig formbares Hydrogel läuft, lässt sich zudem jede Form erzeugen.<figure><img src="https://media.graphcms.com/RSUgRBaSB2bYhWZyw6tT"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Rasterelektronenmikroskopaufnahme eines Mineralkunststoffschaums (links); Foto eines Mineralkunststoffschaums (Mitte); Mineralkunststoffschaum über einer Feuerzeugflamme: Die Probe brennt nicht, sondern verkohlt nach einiger Zeit (rechts).</figcaption></figure>
Die Inhaltsstoffe Calciumcarbonat und Polyacrylsäure sind gesundheitlich unbedenklich; Polyacrylsäure ist beispielsweise in Augentropfen und Augengelen enthalten.Ein Mineralanteil von mehr als 30 Massenprozent macht Mineral-kunststoffschaum im Gegensatz zu rein organischen Kunststoffschäumen nicht brennbar (Abbildung oben, rechts). Silica-Aerogele oder Steinwolle sind zwar ebenfalls nicht brennbar. Allerdings sind sie wie die kunststoffbasierten Dämmstoffe nur schwierig und unter Energieaufwand rezyklierbar.<h2>Wiederverwenden durch Lösen</h2>Der Mineralkunststoffschaum lässt sich nicht nur in Wasser herstellen, sondern auch durch Zugabe von Wasser in die Hydrogelform überführen und damit beliebig verformen und recyclen.5) Vollständiges Auflösen in Säuren wie Salzsäure liefert wieder die Ausgangslösung für Mineralkunststoffschäume (Abbildung S. 44). Der Auflösevorgang trennt den Mineralkunststoff zudem von anderen Komponenten und löst ihn aus Verbundwerkstoffen. Dies ermöglicht einfaches Recycling: Der Mineralkunststoff lässt sich reversibel durch Basenzugabe wieder in den Hydrogelzustand überführen und damit in eine neue Form bringen oder nach Auflösen in Säure erneut aufschäumen und mit Base und Trocknen härten.Allerdings muss der Mineralkunststoff wegen der reversiblen Hydrogelbildung trocken gehalten werden, was für die Mineralkunststoffschäume eine wasserabweisende Beschichtung nötig macht. Da dies technisch lösbar erscheint, arbeiten wir daran, dass ein neuartiger und nachhaltiger Kunststoff als Wärmedämmstoff seinen Weg in die technische Anwendung findet und damit den Weg bereitet für eine breite Anwendung dieses Materials.<h2>Die Autorin und Autoren</h2>Diesen Beitrag verfassten Cosima Stubenrauch, Helmut Cölfen (Fotos) und Philipp Menold. Stubenrauch ist seit 2009 Professorin am Institut für physikalische Chemie der Universität Stuttgart. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Schäume, Mikroemulsionen und Templatkonzepte. Cölfen ist seit 2010 Professor für physikalische Chemie an der Universität Konstanz. Er forscht an Bio- und bioinspirierter Mineralisation und fraktionierender Polymer- und Partikelanalytik. Menold arbeitet seit April 2019 an seiner Doktorarbeit in der Stubenrauch-Arbeitsgruppe.<div><img src="https://media.graphcms.com/F1GUe5FFQoCC0sbh3cEh">

</div><div><img src="https://media.graphcms.com/7nDFg6VGQjq4rUk9TX2T">

</div><a href="https://ipc.uni-stuttgart.de/stubenrauch" target="_blank">ipc.uni-stuttgart.de/stubenrauch</a> <a href="https://chemie.uni-konstanz.de/coelfen" target="_blank">chemie.uni-konstanz.de/coelfen</a>
<ul class="references"><li>
1 <a href="https://ceresana.com/de/aktuelles/pressemitteilung-daemmstoffe-welt-2.html" target="_blank">ceresana.com/de/aktuelles/pressemitteilung-daemmstoffe-welt-2.html</a></li><li>
2 N. Mills, Polymer Foams Handbook, Butterworth-Heinemann, Oxford, 2007</li><li>
3 P. Menold, H. Cölfen, C. Stubenrauch, Mater. Horiz. 2021, 8, 1222</li><li>
4 Chemistryworld: <a href="https://t1p.de/53xh" target="_blank">t1p.de/53xh</a></li><li>
5 S. Sun, L.-B. Mao, Z. Lei, S.-H. Yu, H. Cölfen, Angew. Chem., Int. Ed. 2016, 55, 11765</li><li>
6 Z. Lei, Q. Wang, S. Sun, W. Zhu, P. Wu, Adv. Mater. 2017, 29, 1700321</li><li>
7 D. Schupp, H. Cölfen, Nachr. Chem. 2017, 65, 629</li><li>
8 D. J. Schupp, X. Zhang, S. Sun, H. Cölfen, Chem. Commun. 2019, 55, 4913</li><li>
9 A. Li, Y. Jia, S. Sun et al., ACS Appl. Mater. Interfaces 2018, 10, 10471</li><li>
10 L. J. Gibson, M. F. Ashby, Cellular Solids, Structures and Properties, Cambridge University Press, Cambridge, 1999</li><li>
11 W. Drenckhan, A. Saint-Jalmes, Adv. Colloid Interface Sci. 2015, 222, 228</li><li>
12 C. Stubenrauch, A. Menner, A. Bismarck, W. Drenckhan, Angew. Chem. Int. Ed. 2018, 57, 10024</li><li>
13 S. Andrieux, A. Quell, C. Stubenrauch, W. Drenckhan, Adv. Colloid Interf. Sci. 2018, 256, 276</li></ul>

Meldung

Covestro: mehr Harze

Überprüfung Ihres Anmeldestatus ...