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Mit etwas über 300 000 Euro insgesamt förderte der Fonds der chemischen Industrie im letzten Jahr Projekte für neue Lehr-Lern-Methoden an Hochschulen. Diese schaffen vor allem Soft- und Hardware an – für Automatisierung im Praktikum, virtuelle Laboratorien oder elektronische Laborbücher.
Warum müssen Chemiker noch so experimentieren wie vor 50 Jahren?“, fragten sich Ulrich S. Schubert und Timm Wilke von der Universität Jena. Die Hochschullehrer entwarfen daher Lehrveranstaltungen, in denen sie Robotik – wie Schubert sie in seiner Arbeitsgruppe nutzt – mit der Low-Cost-Analytik und Datenauswertung auf einem <xref rid="nadc20224121989-fig-0001" ref-type="fig">Kleincomputer</xref> koppeln, die Wilke und Manuel Wejner entwickelt haben. Studierende sollen damit beispielsweise im Praktikum in einem Versuch den Reaktionsfortschritt am PC verfolgen.<figure><img src="https://media.graphcms.com/czGS5BQRTXyHj5veJ5jw"><figcaption><label>Abb. 1: </label>lucadp/Adobe Stock</figcaption></figure>
Die Projektbeteiligten konzipieren Versuche, die in Module der organischen und der makromolekularen Chemie eingehen sollen, und zwar in drei für Chemiestudierende und eines für Lehramtskandidaten. Zwei der Module sind bereits für das Bachelorstudium vorgesehen, Robotik und Automatisierung werden für Chemiestudierende damit Pflicht. „Eine Schlüsselqualifikation“ nennt Wilke diese Kenntnisse.Zum kommenden Sommersemester sollen in Jena die ersten automatisierten Versuche starten. Für das Lehrprojekt hat die Universität Jena Anschubfinanzierung aus dem Fonds der Chemischen Industrie erhalten wie 14 weitere Universitäten und 5 Fachhochschulen. Insgesamt 302 584 Euro gab es dafür. Voraussetzung war, dass die Universitäten mindestens 20 Prozent der Gesamtsumme ihrer Projekte selbst aufbringen. Die Mehrheit der geförderten Projekte hat <xref rid="nadc20224121989-fig-0002" ref-type="fig">mehr Digitalisierung</xref> im Chemiestudium zum Ziel.<figure><img src="https://media.graphcms.com/FWs6tFaqQCyhVn2feIm5"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Der Computer nimmt im Chemiestudium in Zukunft größeren Raum ein. Lightfield Studios/Adobe Stock</figcaption></figure>
<h2>Distanzlehre als Beschleuniger</h2>Die Westfälische Hochschule in Recklinghausen richtet mit dem Fördergeld eine Gerätesteuerung für die instrumentelle Analytik ein. Studierende im Bachelorstudiengang sollen damit vom Computer aus Laborgeräte steuern, Versuche durchführen und überwachen, unabhängig davon, wo der Computer steht. Die Versuche sind dabei keine Simulationen, wie Ingo Tausendfreund, Professor an der Hochschule und Leiter der Abteilung für instrumentelle Analytik betont.Aufgrund der Coronapandemie dürfen nur drei bis vier Studierende gleichzeitig in einem Labor arbeiten, das vorher Platz für zehn bis zwölf Praktikanten bot. Also stellt nur einer aus einem Team die Proben vor Ort in den Autosampler, und die anderen erledigen die weiteren Schritte von zu Hause oder einem anderen Ort aus.Die Hochschule hat zusätzlich in eine interaktive Tafel investiert, um Programmierkenntnisse zu vermitteln. Tausendfreund hat beobachtet, dass solche digitalen Lösungen die Studierenden motivieren, und sieht durch die Pandemie eine Chance, das Chemiestudium weiterzuentwickeln.<h2>Laborarbeit virtuell</h2>Ein virtuelles Labor, Labster genannt, führt die Universität Kassel ein. Dieses soll die realen Laborpraktika nicht ersetzen, sondern unterstützen, und das während der gesamten Studienzeit.Im Wintersemester haben David Di Fuccia, Professor für Chemiedidaktik in Kassel, und seine Mitarbeiterin Natalie Ahne das virtuelle Labor in eine Wahlpflichtveranstaltung für Lehramtsstudierende integriert. Die Studierenden sind bereits fortgeschritten und testen den Umgang mit Labster. Sie sollen dabei lernen, ein solches Medium im Chemieunterricht einzusetzen.Im kommenden Sommersemester will die Universität das virtuelle Labor allen Studierenden der Chemie und Nanostrukturwissenschaften zugänglich machen. Labster soll Studienanfängern dabei helfen, sich beim Einstieg in die reale Laborarbeit zurechtzufinden. Zudem soll es dazu beitragen, dass Studierende, die mit unterschiedlichen Vorkenntnissen an die Uni kommen, ihre Wissensstände angleichen können.Die Physikochemiker an der Universität Würzburg schaffen Virtual-Reality-Brillen an. Chemie- und Physikstudierende sollen diese im Praktikum zur Wahlpflichtvorlesung „Ultrakurzzeitspektroskopie und Quantenkontrolle“ nutzen. Eine Testphase mit vier Studierenden gab es bereits im vergangenen Sommersemester. Geplant ist, das VR-Praktikum im Sommersemester zu starten. Ein VR-Experiment soll später Teil des regulären PC-Praktikums werden.<h2>Erprobungsphasen</h2>Für die Lehre in theoretischer und organischer Chemie richtet die Universität Münster ein Computerlabor ein. Masterstudierende sollen damit chemische Reaktionen in Echtzeit simulieren. Dafür können die Studierenden mit der Hardware Moleküle am Computer manipulieren, während diese chemische Reaktionen durchlaufen. Die Arbeit im Computerlabor ist zunächst als Wahlpflichtveranstaltung geplant, berichtet Christian Mück-Lichtenfeld, Institut für Organische Chemie der Uni Münster. Verläuft die Erprobungsphase erfolgreich, soll sie Teil eines Pflichtmoduls werden.<h2>Elektronische Laborbücher</h2>„Elektronische Laborbücher sind der einfachste Weg, Forschungsdaten schon bei der Planung eines Experimentes strukturiert zu erfassen und später auch so abzulegen“, meint Sonja Herres-Pawlis, Professorin an der RWTH Aachen. Entsprechend will die Hochschule Studierenden den Zugang zu elektronischen Laborbüchern (ELN) ermöglichen, etwa für die Bachelorarbeit. Ein digitales Startpaket können Interessierte ab März erhalten.Chemiestudierende in Kaiserslautern lernen in Zukunft ein elektronisches Laborjournal im fortgeschrittene Synthesepraktikum kennen, kurz vor der Bachelorarbeit. Start wird im kommende Wintersemester sein. Das ELN sollen die Studierenden im Masterstudium und in der Promotion weiter nutzten können.Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt bei allen Projekte ist im Moment: die Lieferzeit für Hardware. FZDer Fonds der Chemischen Industrie fördert in diesem Jahr Lehrprojekte zu den Themen Kreislaufwirtschaft und Elektrochemie. Zur Ausschreibung: <a href="https://t1p.de/pl5e" target="_blank">t1p.de/pl5e</a>

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Das Chemiestudium digitalisieren

Mit etwas über 300 000 Euro insgesamt förderte der Fonds der chemischen Industrie im letzten Jahr Projekte für neue Lehr-Lern-Methoden an Hochschulen. Diese schaffen vor allem Soft- und Hardware an – für Automatisierung im Praktikum, virtuelle Laboratorien oder elektronische Laborbücher. Warum mü...

„Ich möchte zwei Fragen mit Ihnen diskutieren“, gebe ich in einem Karriereseminar in die Runde. „Was ist nötig, um eine gute Qualitätsmanagerin zu werden? Und was ist nötig, um eine exzellente Qualitätsmanagerin zu werden?“ Pauls Gesicht verzieht sich, bevor er antwortet: „Das ist offensichtlich eine Fangfrage, aber mir fällt nichts Besseres ein: Erstens, Liebe zur Erbsenzählerei. Zweitens, große Liebe zur Erbsenzählerei.“ „Erwischt“, gebe ich gespielt gekränkt zu. „Das war eine Fangfrage. Beim ersten Teil stimme ich zu.“ Um ein halbwegs brauchbarer Qualitätsmanager zu werden, würde es reichen, mit Freude exakt und detailversessen zu arbeiten. Was aber macht eine exzellente Qualitätsmanagerin aus? Wo trennt sich der Weizen von der Spreu?Das Alltagsleben von Qualitätsmanagern sieht etwas anders aus als viele meinen. Audits sind der Kern ihrer Arbeit. In stundenlangen Meetings untersuchen sie zusammen mit den Verantwortlichen aus den jeweiligen Abteilungen, ob es in der Dokumentations- und Arbeitsinfrastruktur Schwächen gibt und wie diese zu beseitigen sind. Solche Audits sind klassische Beispiele für „Wichtig, nicht dringend“: Die Verantwortlichen sitzen meist wie auf glühenden Kohlen, um sich wieder dem Tagesgeschäft widmen zu können.„Für so ein Audit braucht man ein dickes Fell“, wirft Geraldine ein. Damit bringt sie die Diskussion auf den rechten Weg. Die Kernfähigkeiten, um sich im Qualitätsmanagement von gut zu exzellent zu entwickeln, sind: Verhandlungsgeschick, Freundlichkeit, verständnisvolles und gleichzeitig nachdrückliches Auftreten, die Fähigkeit, mit den Spezialist:innen pragmatische und dabei regelkonforme Lösungen entwickeln. Dafür müssen sich Qualitätsmanager:innen in verschiedene Arbeitsbereiche eindenken können. Die Anforderungen, um in diesem Berufsfeld lediglich zu funktionieren, unterscheiden sich von denen, um darin richtig gut zu werden.So eine Analyse der Erfolgskriterien sollten Sie mit einer Reihe an Berufsbildern machen, bevor Sie sich entscheiden, in welche Richtung Sie sich entwickeln möchten. Sie können dadurch deutlich besser vorhersehen, ob Sie in dieses Umfeld passen könnten. Und wenn Sie sich bewerben, werden Sie sich nicht nur mit Allgemeinplätzen oder kopierten Formulierungen aus der Stellenanzeige darstellen. Sie können dann das Bild einer erfolgreichen Mitarbeiterin zeichnen, die weiß, worauf sie sich einlässt.Der promovierte Chemiker Philipp Gramlich ist Mitgründer von Natural Science Careers, einem Unternehmen für Karriereberatung und Soft-Skill-Seminare für Naturwissenschaftler. Für die Nachrichten aus der Chemie schreibt er über Beobachtungen aus seiner Beratungstätigkeit. <a href="mailto:p.gramlich@naturalscience.careers">p.gramlich@naturalscience.careers</a>

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