Das Messen mit zweierlei Maß

Nicht erst seit der Wahl zum Wort des Jahres 2016 ist uns das „Postfaktische“ präsent. Der Begriff suggeriert, dass uns statt Ratio bloße Emotionen leiten. Man muss kein Chemiker sein, um darin nichts Neues zu sehen, Fakten sind oft unbequem. An Bildung und Verfügbarkeit von Informationen als Bedingung für freies und ökonomisches Handeln mangelt es heute nicht. Wie steht es aber um die Ethik unseres Handelns? Und wie hängen die Ethik unseres Handelns und die Fakten zusammen?

In der Chemie- und Pharmaindustrie stehen gefühlte und reale Gefahren oft im krassen Missverhältnis zueinander. Ausgehend von Ängsten werden Regeln und Gesetze erlassen, die – ohne Mehrwert für die Gesellschaft – eine Scheinsicherheit schaffen. Dies jedoch zu einem hohen Preis und auf Kosten unserer Wettbewerbsfähigkeit.

So verlangen rechtsverbindliche Good-Manufacturing-Practice-Regeln für die Wirkstoffsynthese nicht nur, dass die Wirkstoffe von einwandfreier Qualität sind, sondern stellen auch Bedingungen für das Ab- und Umfüllen, etwa durch Schleusen abgeschottete Räume mit Reinraumklassifizierung und Schutzkleidung für die Mitarbeiter. Der Patient nimmt aber eine Tablette ein, die den Wirksto

Leitartikel