Wissenschaft + Forschung

Pflanzen sind von Mikroben abhängig, ebenso wie wir zum Beispiel von unseren Darmbakterien. Obwohl Einzelbeispiele wie die stickstofffixierenden Knöllchenbakterien lange bekannt sind, ist das Gesamtbild komplex. Die Zusammenarbeit beruht unter anderem auf dem Austausch von Nährstoffen und chemischen Signalen.
Wir betrachten Pflanzen oft als Einzelorganismen, insbesondere wenn wir sie im Blumentopf züchten oder auf Feldern anbauen. Diese Sichtweise hat ihre Vorteile. Seit Johan Baptista van Helmont (1580 – 1644) seinen Weidenschössling wog und unter kontrollierten Bedingungen wachsen ließ, hat die reduktionistische, quantitative Biologie viel über Pflanzen und ihren Stoffwechsel herausgefunden, indem sie diese isoliert betrachtete.Inzwischen aber, da die Wissenschaft fundamentale Regeln und viele Einzelheiten der Natur kennt, ist es sinnvoll, nach dem Gesamten zu fragen. Bei Pflanzen bedeutet das, den Organismus im ökologischen Kontext zu sehen. Dazu gehören Bakterien, Archäen und Fungi, die mit der Pflanze unter oder über der Erde assoziiert sind.Ebenso wie die Darmbakterien der Menschen sind manche mikrobiellen Begleiter der Pflanze für deren Ernährung wichtig. Bei vielen anderen ist die genaue Funktion noch zu erforschen. Komplex ist auch, wie die Pflanzen die mikrobiellen Gäste beeinflussen oder gar auswählen – vermutlich durch Nährstoffe und chemische Signale.<h2>Baumschule</h2>Pflanzen bieten ihren mikrobiellen Partnern vier Habitate an. Diese können über oder unter der Erde und dort jeweils inner- oder außerhalb der Gewebestrukturen der Pflanze angesiedelt sein. Die Arbeitsgruppe von Melissa Cregger an der University of Tennessee in Knoxville, USA, hat anhand von <xref rid="nadc20224126066-fig-0001" ref-type="fig">Pappelsetzlingen</xref> verschiedener Genotypen und Arten die mikrobielle Besiedelung dieser vier Lebensräume systematisch untersucht.1) Die Forscher:innen analysierten die Mikrobiome in drei Stadien innerhalb der ersten Wachstumssaison der Pflanzen.<figure><img src="https://media.graphassets.com/tt9fDFISi2u8V85es9wc"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Zweig einer Schwarzpappel. Bild: Vitalii Hulai/Adobe Stock</figcaption></figure>
Wie die Metagenomstudien zeigen, ändert sich die Zusammensetzung der jeweiligen Mikrobiome in den ersten Monaten des Wachstums dramatisch. Die Unterschiede, die sich auf derselben Pflanze im zeitlichen Abstand von wenigen Monaten zeigen, waren oft bedeutender als die Unterschiede zwischen verschiedenen Pflanzen, sogar zwischen verschiedenen Arten (Populus deltoides und P. trichocarpa).Für Archäen und Bakterien bedeuteten diese zeitlichen Veränderungen auf derselben Pflanze, dass sich eine kleinere Gruppe von Arten etablierte. Aus Perspektive der Pflanze lässt sich das so deuten: Sie unterstützt zum Beispiel durch chemische Kommunikation und Nährstoffe die freundlichen Mikroben und züchtet sich so ihr spezifisches, gesundes Mikrobiom. Generell waren diese Veränderungen in der Exosphäre, also außerhalb der Pflanzengewebe, stärker ausgeprägt als in der Endosphäre.Für Fungi sahen die Ergebnisse anders aus. Hier war die Selektion nur schwach ausgeprägt, und die Verbreitungsmöglichkeiten der Pilzarten schien der bestimmende Faktor zu sein. Der Zufall, welche Arten in der Nachbarschaft herumschwirren, spielt also auch eine große Rolle – zumindest in den jungen Jahren einer sich neu etablierenden Pflanze.<h2>Nachbarschaftshilfe</h2>Die Mikroben, zu denen eine neu gekeimte Pflanze zuerst Kontakt hat, kommen aus der Umwelt, also Boden, Wasser und Luft, sowie von anderen, bereits etablierten Pflanzen. Diese können derselben oder einer anderen Art angehören, und ihr Einfluss kann wichtig für das Gedeihen des neuen Keimlings sein.Geneviève Lajoie und Steven Kembel von der Universität von Quebec in Montreal, Kanada, haben bei 33 Baumarten Nordamerikas in verschiedenen Waldarten die Nachbarschaftseffekte auf das Blattmikrobiom untersucht.2) Demnach beeinflusst nicht nur die eigene Artzugehörigkeit einer Pflanze die Zusammensetzung der Mikrobengemeinschaft, sondern auch die ihrer Nachbarn. Insbesondere Baumarten, die sich in der Minderheit befinden – etwa weil sie am Rand ihres Verbreitungsgebiets wachsen –, werden oft von den für andere Arten typischen Mikroben überschwemmt und haben offenbar nur geringe Chancen, ihr eigenes, arttypisches Mikrobiom zu etablieren.<h2>Nachbarschaftseffekte</h2>Kyle Myer und andere an der University of California in Berkeley, USA, haben Nachbarschaftseffekte bei Tomate (Solanum lycopersicum), Paprika (Capsicum anuum) und Gartenbohne (Phaseolus vulgaris) experimentell untersucht.3) Sie pflanzten den zu analysierenden Setzling jeweils in die Mitte eines Sechsecks aus Nachbarpflanzen derselben oder einer anderen Art. Nach 30 Tagen ersetzten sie die Jungpflanze in der Mitte, ließen aber die Nachbarn unverändert weiterwachsen. Dadurch führten sie Größe und Alter der Nachbarpflanzen als Parameter ein.Wie die Analysen zeigen, ist der Erfolg der untersuchten Mittelpflanze bei der Selektion ihres Mikrobioms in der ersten Generation am größten, also solange die Nachbarn nicht älter waren. Neue Setzlinge, die sich zwischen größeren Pflanzen einer anderen Art behaupten mussten, litten hingegen unter der Invasion fremder Mikroorganismen. Dies war insofern zu erwarten, als die größeren Pflanzen mehr Oberfläche als Substrat für Mikroorganismen anbieten und somit eine größere Population zur Ausbreitung bereitsteht.In Experimenten mit kontrollierter Ausbreitung durch Inokulation wiesen die Forscher:innen sogar Großelterneffekte nach; sie erkannten also am Empfänger des Transfers, in welcher Nachbarschaft der Donor aufgewachsen war. Im Einklang mit der Beobachtungsstudie der nordamerikanischen Wälder unterstreicht diese experimentelle Arbeit, wie wichtig der Kontext für das Mikrobiom ist und damit auch für das Wohlergehen von Pflanzen. Diese Wechselwirkungen können bei ökologischen Problemen wie dem Schutz der Wälder und auch in der Landwirtschaft entscheidend sein.<h2>Freund und Feind</h2>Der gesundheitsförderliche Effekt eines guten Mikrobioms liegt zum Teil daran, dass es schädliche Mikroben fernhält, die etwa als Parasiten agieren könnten. Doch das Spektrum von nützlich bis schädlich ist ein kontinuierliches – die Rolle bestimmter Mikrobenarten hat sich im Lauf ihrer Evolution verändert und kann auch je nach Umweltbedingungen unterschiedlich ausfallen. Davon zeugen die molekularen Waffen, die vermeintlich freundliche Organismen noch in ihrem genetischen Arsenal tragen.So untersuchten zum Beispiel Fantin Mesny und Kolleg:innen vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln 41 Proben von Pilzen, die im Freiland mit gesunden Pflanzenwurzeln assoziiert waren.4) Sie fanden zahlreiche Eigenschaften, die für pathogene Fungi charakteristisch sind, zum Beispiel Enzyme, die die Zellwand von Pflanzen verdauen und die Pflanze somit angreifen.Brachten sie diese Pilzarten einzeln mit anderen Pflanzen in Kontakt, beobachteten sie eine Vielfalt von Effekten, sowohl nützliche als auch schädliche. Den größten Erfolg bei der Besiedelung der Pflanzenwurzeln hatten in diesen Experimenten die aggressivsten und schädlichsten Pilzarten. Das ist wohl so zu interpretieren, dass diese im natürlichen Mikrobiom in freier Wildbahn von anderen Arten kontrolliert und gebändigt werden.Krankheitserregende Pilze können gezielt gegen schützende Bakterien des Mikrobioms vorgehen. Der Erreger der Verticillium-Welke etwa, der Schlauchpilz Verticillium dahliae, scheidet ein antimikrobielles Peptid aus. Das begünstigt seinen Angriff auf die Pflanze, indem es ihrem Mikrobiom schadet, wie Nick Snelders und Kolleg:innen an der Universität Köln berichten.5)All diese neuen Erkenntnisse beschreiben nur einen winzigen Teil der vielfältigen Wechselwirkungen, die in natürlichen Ökosystemen stattfinden und den Pflanzen helfen oder schaden. Eine Pflanze auf dem Feld oder im Wald ist kein isoliertes Individuum, sondern Teil eines komplexen Netzwerks.Der promovierte Chemiker Michael Groß ist freier Wissenschaftsjournalist in Oxford, England. <a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a><h2>AUF EINEN BLICK</h2>Die Zusammensetzung von Pflanzenmikrobiomen verändert sich stark in den ersten Monaten.Die Unterschiede auf derselben Pflanze im zeitlichen Abstand weniger Monate sind oft bedeutender als die Unterschiede zwischen verschiedenen Pflanzen oder Arten.Die Selektionsmöglichkeiten der Pflanze stoßen an Grenzen, wenn ihre Nachbarschaft die Ausbreitung artfremder Mikrobiome begünstigt.
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1 N. C. Dove, A. M. Veach, W. Muchero et al., mSphere 2021, 6, e01316–20</li><li>
2 G. Lajoie, S. W. Kembel, Ecol. Monogr. 2021, e01443</li><li>
3 K. Meyer, R. Porch, I. E. Muscettola et al., ISME J. 2022, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.1038/s41396–021–01184–6</ext-link></li><li>
4 F. Mesny, S. Miyauchi, T. Thiergart et al., Nat. Commun. 2021, 12, 7227</li><li>
5 N. C. Snelders, G. C. Petti, G. C. M. van den Berg, B. P. H. J. Thomma, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2021, 118, e2110968118</li></ul>

Artikel

Das Mikrobiom der Pflanzen

Pflanzen sind von Mikroben abhängig, ebenso wie wir zum Beispiel von unseren Darmbakterien. Obwohl Einzelbeispiele wie die stickstofffixierenden Knöllchenbakterien lange bekannt sind, ist das Gesamtbild komplex. Die Zusammenarbeit beruht unter anderem auf dem Austausch von Nährstoffen und chemisc...

Lichtinduzierte radikalische Reaktionen helfen, organische Moleküle ressourcenschonend herzustellen. Aus Übergangsmetall- und Organokatalyse sind Mechanismen der Substrataktivierung und chiralen Induktion bekannt, die bei thermisch-ionischen Prozessen zu hoher Enantioselektivität führen. Einige dieser Prozesse eignen sich dazu, Substrate mit Licht zu aktivieren und stereoselektive Produktbildungen zu kontrollieren.
Anders als bei thermischen asymmetrischen Katalyseprozessen werden die meisten photochemischen Reaktionen nicht durch das Senken einer Aktivierungsbarriere ermöglicht. Denn das Substrat hat bei der direkten Anregung durch ein Photon genügend Energie, um sowohl die stereokontrollierten als auch die racemischen Hintergrundprozesse unselektiv zu durchlaufen.Eine wesentliche Schwierigkeit in der asymmetrischen Photoredoxkatalyse besteht darin, eine enge Verbindung zwischen der Radikalspezies und einem chiralen Katalysator aufrechtzuerhalten, um die erforderliche Diskriminierung eines Reaktionspfads zu erreichen.1) Photokatalysatoren initiieren in vielen Fällen die Entstehung einer reaktiven Radikalspezies aus einem Ausgangsmaterial mit geschlossener Schale, die anschließend ihrem Schicksal überlassen wird. Dennoch nähert sich die Katalyseforschung seit einigen Jahren der enantioselektiven Photokatalyse. Insbesondere das Verschmelzen von Photoredoxkatalyse mit der Organo- und Übergangsmetallkatalyse beförderte die rationelle, lichtvermittelte Herstellung chiraler Moleküle.2)Die meisten organischen Moleküle absorbieren nicht im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums. Um UV-Licht zu vermeiden und einige der Einschränkungen zu überwinden, die mit der direkten Anregung organischer Substrate verbunden sind – etwa Zersetzungen oder Nebenreaktionen –, sind Strategien entwickelt worden, um Reaktionen mit sichtbarem Licht durchzuführen.Die bei weitem gängigste Strategie ist die Photoredoxkatalyse, die auf der Fähigkeit der Katalysatoren basiert, im angeregten Zustand Einzelelektronenübergänge (single electron transfer, SET) mit organischen Substraten zu ermöglichen. SET-Prozesse sind gut erforscht und in hohem Maße vorhersehbar. Entscheidend sind die Redoxpotenziale der Katalysatoren im angeregten Zustand.Die ständige Entwicklung neuer Photokatalysatoren, die ein breites Spektrum an photophysikalischen Eigenschaften und Redoxpotenzialen im angeregten Zustand abdecken, hat die Anwendungsbreite enorm erweitert.<h2>Multikatalytische Systeme</h2>Ein verbreiteter Ansatz in der asymmetrischen Photokatalyse ist, multikatalytische Systeme zu nutzen, bei denen ein Photoredoxkatalysator durch lichtvermittelten Einzelelektronentransfer ein Substratradikal erzeugt. Die chirale Induktion erfolgt anschließend im Sinne chiraler Enamin- und Iminiumkatalyse, durch N-heterocyclische Carbene (NHCs), chirale Ionenpaarung, Brønsted-Säuren und -Basen sowie durch Lewis-Säure- und -Base-Katalyse.Ein wichtiges Beispiel haben Knowles, Miller und Mitarbeitende beschrieben.3) Im Jahr 2019 veröffentlichten die Gruppen gemeinsam eine Methode, um Imidazolidinone zu deracemisieren. Die Methode basiert auf lichtvermittelter Einelektronenoxidation cyclischer Harnstoffe durch einen iridiumbasierten Photoredoxkatalysator; zusätzlich sind eine chirale Phosphorbase und ein chiraler thiolbasierter Wasserstoffatom-Transferkatalysator (HAT) nötig (<xref rid="nadc20224126221-fig-0001" ref-type="fig">Abbildung</xref> 1).<figure><img src="https://media.graphassets.com/eZJj0rSHT36HetBryPVZ"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Lichtvermittelte Deracemisierung cyclischer Harnstoffe.</figcaption></figure>
Mechanistisch gesehen basiert die Reaktion auf der kinetischen Unterscheidung der Protonenabstraktion vom racemischen Substrat (kPT,R&lt;kPT,S) und dem enantioselektiven Wasserstoffatomtransfer auf ein prochirales C-zentriertes Radikal (kHAT,R&gt;kHAT,S). Diese Sequenz führt zu enantiomerenangereicherten Produkten mit Enantiomerenverhältnissen von bis zu 96:4.In einigen Fällen lässt sich ein basen- oder säureunterstützter SET erreichen, der zu einem protonengekoppelten Elektronentransfer (proton-coupled electron transfer, PCET) führt, der auch thermodynamisch ungünstige Photoredoxtransformationen ermöglicht.4)PCET-basierte Reaktionen erzielen hohe Chemo- und Stereoselektivität, beruhend auf Wasserstoffbrückenbindungen zwischen dem Substrat und der Säure oder der Base im Zuge des Elektronentransfers. Dies ermöglicht selektive homolytische Aktivierungen und Bindungsbildungen. Diese Strategie haben Knowles und Mitarbeitende in der enantioselektiven Aza-Pinacolcyclisierung und enantioselektiven intramolekularen Hydroamidierung von Alkenen angewendet (<xref rid="nadc20224126221-fig-0002" ref-type="fig">Abbildung</xref> 2).<figure><img src="https://media.graphassets.com/qV07PjK4S0mpV5SW4LcB"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Oben: Photokatalytische asymmetrische Aza-Pinacol-Cyclisierung, ermöglicht durch konzertierten reduktiven protonengekoppelten Elektronentransfer (PCET). Unten: Photokatalytische enantioselektive Hydrosulfonamidierung von Alkenen durch oxidativen PCET.</figcaption></figure>
Das erste Beispiel beschreibt eine Ketylradikalcyclisierung durch einen reduktiven PCET-Mechanismus. Dazu sind ein Ruthenium-Photokatalysator, ein chiraler Brønsted-saurer Co-Katalysator und ein stöchiometrischer Wasserstoffatomdonor erforderlich. In einem anderen Beispiel macht eine chirale Phosphatbase (Brønsted-Base) eine asymmetrische intramolekulare Hydroamidierung alkenverknüpfter Sulfonamide möglich. Das hier gemäß oxidativem PCET-Mechanismus erzeugte neutrale Amidylradikal unterliegt einer enantioselektiven radikalischen Cyclisierung, da es mit der chiralen konjugierten Säure der eingesetzten Brønsted-Base Wasserstoffbrückenbindungen bildet.4)<h2>Monokatalytische Systeme</h2>Einkatalysatorsysteme, die auf chiralen Iridium- und Rhodiumkomplexen beruhen, hat kürzlich die Forschungsgruppe von Meggers vorgestellt. Sie realisierte damit hochgradig stereoselektive photokatalytische Reaktionen (<xref rid="nadc20224126221-fig-0003" ref-type="fig">Abbildung</xref> 3). Die Übergangsmetallkomplexe wirken als Lewis-Säuren und führen zu einer stereokontrollierten Reaktion, indem sie einen Lewis-Säure-Substrat-Komplex bilden, der direkt anregbar ist. Die Metall-Enolat-, Metall-Enon- oder Metall-Keton-Komplexe kamen in lichtvermittelten Transformationen zum Einsatz, darunter enantioselektive α- und β-Alkylierungen und -Aminierungen, [2+2]- und [3+2]-Photocycloadditionen sowie enantio- und diastereoselektive Hetero-Diels-Alder-Reaktionen.5)<figure><img src="https://media.graphassets.com/QN4rAZGTJC79FC56W4bF"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Enantioselektive Synthese von 1,2-Aminoalkoholen mit einem chiralen Iridiumkatalysator, den sichtbares Licht aktiviert hat.</figcaption></figure>
Lichtvermittelte Reaktionen werden außer durch Einelektronen- auch durch Energietransfer (EnT) initiiert. Der Triplett-Energietransfer dient in der Photochemie dazu, einen verbotenen Spin-Übergang zu erreichen, der über einen Triplett-Photosensibilisator zu einem Triplett-angeregten Substrat führt.6)Die Gruppe um Bach nutzte die Stereoinduktion organischer Triplett-Photosensibilisatoren, die Substrate über ein chirales bicyclisches Lactam koordinieren. Die Struktur der photonensensiblen Katalysatoreinheit entwickelte sich von Benzophenon- zu Xanthonderivaten, die starrer sind, im sichtbaren Bereich des Lichts absorbieren und höhere Enantiomerenüberschüsse liefern (<xref rid="nadc20224126221-fig-0004" ref-type="fig">Abbildung</xref> 4). Das induziert eine hohe Stereokontrolle. Die chiralen Xanthonderivate dienen als Triplettsensibilisatoren in enantioselektiven, lichtvermittelten Transformationen wie intramolekularen β-Alkylierungen, [2+2]-Photocycloadditionen und Allen-Deracemisierungen.6)<figure><img src="https://media.graphassets.com/yfvdc9DUQNyixmvBuhfh"><figcaption><label>Abb. 4: </label>Oben: Organische Triplettenergietransferkatalysatoren mit asymmetrischem, bicyclischen Lactamsubstituenten. Unten: Enantioselektive [2+2]-Photocycloaddition α,β-ungesättigter N,O-Acetale durch Triplettenergietransfer assistiert durch chirale Brønsted-Säuren.</figcaption></figure>
Im Jahr 2021 verknüpften Bach und Mitarbeitende einen Photosensibilisator mit einer chiralen Brønsted-Säure.7) Zwei Thioxanthongruppen wurden über einen Phenyllinker an die 3,3‘-Position des (R)-Binol-Grundgerüsts einer chiralen Phosphorsäure gebunden. Den Katalysator nutzte die Gruppe in einer enantioselektiven [2+2]-Photocycloaddition von N,O-Acetalen, α,β-ungesättigten Aldehyden und Olefinen (Abbildung 4). Die chirale Induktion wurde über ein Wasserstoffbrücken-unterstütztes Ionenpaar erreicht, das aus einem in situ erzeugten Iminiumionen-Zwischenprodukt und der chiralen Säure besteht. Den Mechanismus klärte die Gruppe via NMR-Spektroskopie in Zusammenarbeit mit Gschwind und Mitarbeitenden auf.Zudem entwickelte Bachs Gruppe stereoselektive Lewis-Säure-katalysierte [2+2]-Photocycloadditionen und eine 2,4-Cyclohexadienon-Photoumlagerung zu Bicyclo[3.1.0]hex-3-en-2-onen. Dabei koordinieren sperrige Lewis-Säuren auf Oxazaborolidinbasis Cumarine und Enone. Das führt zu einer starken bathochromen Verschiebung in den Bereich des sichtbaren Lichts und steigert die Lebensdauer des angeregten Zustands ohne zusätzliche Photoredoxkatalysatoren.8)Bei der stereoselektiven organischen Photoredoxkatalyse mit sichtbarem Licht nutzte die Gruppe um Melchiorre die Photoredoxaktivität intermediär erzeugter Elektronen-Donor-Akzeptor(EDA)-Komplexe, um enantioselektive Reaktionen zu initiieren. Diese Strategie wandten sie bei der Enamin- und Iminiumkatalyse an (<xref rid="nadc20224126221-fig-0005" ref-type="fig">Abbildung</xref> 5, S. 83).9)<figure><img src="https://media.graphassets.com/MkWV5uxlSU2e4XrCUbRi"><figcaption><label>Abb. 5: </label>Lewis-Säure-vermittelte enantioselektive [2+2]-Photocycloaddition von Enonen (oben) und photochemische Umlagerungen von 2,4-Cyclohexadienonen (unten).</figcaption></figure>
<h2>Enzymatische Co-Faktoren</h2>Die Strategie der kooperativen und Einzelkatalysator-Photoredox-Prozesse hat sich auch bei der enzymatischen Katalyse etabliert.10) Bemerkenswert sind die Beispiele von Hartwig und Hyster: Sie berichteten unter anderem über nikotinamidabhängige Doppelbindungsreduktasen (En-Reduktasen) (<xref rid="nadc20224126221-fig-0006" ref-type="fig">Abbildung</xref> 6).11)<figure><img src="https://media.graphassets.com/U6MW9e6iQdKHlDfhs50g"><figcaption><label>Abb. 6: </label>Oben: Asymmetrische Alkylierung über photoaktiven enaminbasierten Donor-Akzeptorkomplex. Unten: Enantioselektive katalytische radikalische 1,4-Addition, angetrieben durch die Anregung eines intramolekularen Elektronen-Donor-Akzeptor(EDA)-Iminiumkomplexes.</figcaption></figure>
Zudem haben Hyster und Team Flavin-abhängige En-Reduktasen als Einzelelektronen-Reduktionsmittel bei der enantioselektiven radikalischen Dehalogenierung von α-Bromoestern untersucht. Dabei haben sie die unterschiedlichen Rollen der Flavinintermediate im Mechanismus aufgedeckt.12) Hierbei kann Flavinhydrochinon (FMNhq) als Einzelelektronen-Reduktionsmittel und Flavinsemichinon als Wasserstoffatomquelle dienen. Die Enzymtasche erwies sich als enantiodiskriminierende Einheit. Diese Eigenschaften nutzten die Chemiker, um stereoselektive Radikalrekombination zu erreichen.Flavin-abhängige Enzyme eignen sich, um Radikalbildungen sowohl im Grundzustand als auch durch lichtinduzierten Elektronentransfer zu katalysieren. Die Stärke dieses biokatalytischen Ansatzes liegt in der Fähigkeit des chiralen Katalysatorsystems, die reaktiven Radikalspezies durch eine Kaskade von Reaktionsschritten zu leiten. Das ermöglicht sowohl eine stereospezifische C-C-Bindungsbildung als auch einen selektiven Wasserstoffatomtransfer. Mit dieser Strategie lassen sich stereoselektiv α-Halogenacetamide reduktiv zu enantiomerenangereicherten Lactamen cyclisieren, was mit anderen Methoden schwierig ist (<xref rid="nadc20224126221-fig-0007" ref-type="fig">Abbildung</xref> 7).13)<figure><img src="https://media.graphassets.com/nVu0uS1T7CP1L0pWasCA"><figcaption><label>Abb. 7: </label>Oben: Sequenzielle kooperative Photoisomerisierung und enzymatische Reduktion. Unten: Photochemische flavoenzymkatalysierte stereoselektive, reduktive Radikalcyclisierung olefingebundener α-Chloramide.</figcaption></figure>
Die Photoenzymkatalyse ist eine leistungsstarke Methode, allerdings sind bei biokatalytischen Ansätzen substratspezifische, spezialisierte Enzymstämme und Opferreagenzien im überstöchiometrischen Maßstab nötig.<h2>Die Autorinnen</h2>Jola Pospech ist unabhängige Nachwuchsgruppenleiterin am Leibniz Institut für Katalyse (Likat) in Rostock. Ihre Gruppe forscht über Photoredoxkatalyse für die Synthese biologisch-aktiver Moleküle. Thea S. Mayer promoviert seit 2021 in der Gruppe von Jola Pospech und Matthias Beller am Likat und entwickelt Syntheseprozesse mit Kohlenstoffdioxid.<div><img src="https://media.graphassets.com/m5FpjwhzReyFkCsGPXNh">

</div><div><img src="https://media.graphassets.com/nGyfSTm9RU6w1lU0OgTL">

</div><h2>AUF EINEN BLICK</h2>Seit einigen Jahren ist asymmetrische Synthese lichtvermittelt möglich.Verschiedene Methoden der chiralen Induktion liefern optisch aktive Substanzen in hoher Reinheit.Photoredoxkatalysatoren, Energietransferkatalysatoren und Elektronendonor-Elektronenakzeptor-Komplexe machen sichtbares Licht als Energiequelle nutzbar.Die Beiträge zur Serie Synthese im Blickpunkt verfassen seit März 2022 im Wechsel Franziska Lissel und Jola Pospech.
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Das Mikrobiom der Pflanzen

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