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Eine Eigenheit des derzeit grassierenden Coronavirus Sars-Cov-2 ist, dass Infizierte einige Gerüche nicht mehr wahrnehmen. Das lässt sich nutzen, um eine Infektion frühzeitig nachzuweisen.
Sars-Cov-2 ist infektiöser als zwei seiner engen Verwandten, Sars-Cov und Mers-Cov. Zwar sind beide ebenfalls in den letzten Jahren aufgetreten, haben aber unser Leben hier nicht in gleichem Maß beeinflusst.Ein wichtiger Grund für die vergleichsweise hohe Infektiosität ist, dass Personen das Virus übertragen, die keine oder noch keine Symptome zeigen. Fallberichten zufolge befinden sich extrem viele Viruspartikel in der Nasenhöhle und im Nasenrachenraum; Sekrete daraus sind daher eine bedeutende Übertragungsquelle.Es ist deshalb wichtig, Schnelltests zu entwickeln. Diese helfen sowohl niedergelassenen Ärzten als auch den Gesundheitsbehörden, bei Verdacht auf Sars-Cov-2-Infektion rasch Maßnahmen zu ergreifen.Ein Ansatzpunkt für einen Schnelltest ist der Geruchs- und Geschmackssinn, den Betroffene bei einer sonst asymptomatisch verlaufenden Sars-Cov-2-Infektion verlieren.1–6) Ein solcher virusindizierter Riechverlust, die Anosmie, kann den Geruchssinn durch zwei Mechanismen beeinflussen: durch geschwollene Schleimhäute und verstärkten Nasenausfluss sowie eine Schädigung der Nerven in der Nase.<h2>Physikalisch bedingte Geruchsminderung</h2>Durch die Entzündung schwillt das Gewebe der Nasengänge an, und die Schleimhaut wird von einem Film aus Nasenausfluss überdeckt. Dies hindert die Geruchsmoleküle daran, an die entsprechenden Rezeptoren zu binden, was die Geruchsfähigkeit mindert. Darüber hinaus reduziert sich aufgrund einer solchen Atemwegsverengung der Luftstrom, und Geruchsmoleküle gelangen nicht in einer Menge in die Nasenhöhle, die zum Wahrnehmen des Geruchs erforderlich wäre.7)<h2>Nervenschädigung</h2>Ein weiterer Mechanismus beruht auf einer direkten Nervenschädigung durch Viren. Davon sind insbesondere Neuronen im Gewebe des Nasenraums betroffen, in denen die Geruchsrezeptoren sitzen.Vor allem neurotrope Viren wie Masern-, Herpes- und HI-Viren schädigen Neuronen. Allerdings erreichen Viren der oberen Atemwege wie Corona- oder Influenzaviren erreichen ebenfalls das Zentralnervensystem und lösen neurologische Symptome aus, darunter Störungen der Gehirnfunktion, Hirnentzündungen und Krampfanfälle.Sars-Cov, das mit dem aktuellen Sars-Cov-2 am engsten verwandte Coronavirus, wurde in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit von Patienten nachgewiesen, andere Coronaviren wurden im Gehirn Verstorbener gefunden.Den Eintritt in das Gehirn ermöglicht eine beeinträchtigte Blut-Hirn-Schranke oder die Infektion peripherer Nerven oder solcher Neuronen in der Nase, die für das Riechen nötig sind. Über die Nase können Moleküle sowohl das Gehirn als auch das zentrale Nervensystem erreichen (Abbildung rechts unten). Außerdem können große Moleküle wie Viren von der Nase über die olfaktorischen Neuronen unabhängig von der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit direkt in das Gehirn gelangen.8,9)<figure><img src="https://media.graphcms.com/QDh8qRuSz2q7uJ9ZD2dk"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Geruchsempfinden in der Nase.1) Riechapparat und Gehirn sind miteinander verbunden. Riechzellen sind bipolare Neuronen, deren Dendrit sensorische Zilien auf der Oberfläche des Epithels trägt. Unten links: Teil einer isolierten Riechzelle. Unten rechts: Prozesse, die stattfinden, wenn die Zelle einen Geruchsstoff erkennt. Grüne und rote Pfeile: aktivierende beziehungsweise Anpassungsprozesse. AC: Typ-III-Adenylatcyclase; AMP: Adenosinmonophosphat; cAMP: cyclisches Adenosinmonophosphat; [Ca2+]i: intrazelluläre Ca2+ -Konzentration; Golf: olfaktorisches G-Protein; PDE: Phosphodiesterase; R: Geruchsrezeptor.</figcaption></figure>
Die Wahrscheinlichkeit, dass Sars-Cov-2 in das Nervensystem gelangt, ist also hoch, obwohl die Nasenhöhle und olfaktorische Neuronen die primären Ziele des Virus sind. Dies ist wichtig in Bezug auf Sars-Cov-2-verknüpfte Anosmie, die zeitlich vor allen anderen Symptomen auftreten kann. Da zu diesem Zeitpunkt der Nasenraum weder geschwollen noch verstopft ist, weist dies darauf hin, dass die direkte Schädigung olfaktorischer Neuronen zu der Anosmie führt.Möglicherweise sind bestimmte olfaktorische Neuronen, die Geruchsrezeptoren exprimieren, anfälliger für einen Virusangriff als andere.<h2>Aromen</h2>Studien der Danube Private University (DPU) in Krems gemeinsam mit der Universität Linz und dem Austrian Institute of Technology wollten jene Stoffklassen zu identifizieren, die Menschen mit durchlaufener Sars-Cov-2-Infektion nicht mehr wahrnehmen. Diese Untersuchungen lassen Rückschlüsse auf die Substanzklassen zu, die sich am besten für die Entwicklung eines Schnelltests eignen. Derzeit entwickeln die DPU Krems und das Unternehmen Genius5 einen Geruchstestapparat, der eine Clusterbildung – also das gehäufte Auftreten lokal abgrenzbarer Infektionsherde – rasch und sicher erkennen soll. Die Tests werden im Rahmen einer Studie in Kürze beginnen.Um dies zu ermöglichen, wurde festgestellt, ob eine Anosmie vorliegt, womit sich ein prä- oder asymptomatischer Patientenpool identifizieren ließ. Unter den als Geruchsstoffen getesteten Verbindungen waren Alkohole, Aldehyde, Ketone, Carbonsäuren, Thiole, Sulfide, Terpene und Steroide.<h2>Ein Dutzend Gerüche</h2>Einen einfach durchführbaren Geruchstest, den Brief Smell Identification Test (B-Sit) haben im Jahr 1984 Richard Doty und die Firma Sensonics entwickelt. Probanden können ihn zuhause durchführen und sollen zwölf Geruchsstoffe wahrnehmen: Menthol, Kirsche, Nelke, Leder, Erdbeere, Flieder, Ananas, Rauch, Zitrone, Seife, Erdgas und Rose.Auch die ebenfalls zertifizierten und zugelassenen Sniffin-Sticks der Firma Sense trading (Vertrieb Burghart Messtechnik) enthalten Geruchsstoffe, nämlich Orange, Leder, Zimt, Pfefferminz, Banane, Zitrone, Lakritz, Kaffee, Gewürznelke, Ananas, Rose und Fisch (Tabelle S. 48).<table-wrap>

<label>Tab. 1</label><h2>Inhaltsstoffe des Screeningtests gemäß Herstellerangaben (Sense Trading) und einige der Inhaltsstoffe als Strukturformeln (Schreibweisen laut Chemikalienkatalog).</h2><img src="https://media.graphcms.com/3FUFu6eQbiYVHm2lPNsj">

</table-wrap>Die Testteilnehmer füllten einen Anamnesebogen aus, der Vorerkrankungen, Lebensgewohnheiten und vorhandene Symptome erfasste. Die Geruchsstoffe sollten möglichst unterschiedlich sein, um die Neigungen zu bestimmten Gerüchen herauszumitteln sowie Alter, Geschlecht und geruchsspezifische Unempfindlichkeiten oder frühere olfaktorische Erfahrungen.Hauptaussage der Untersuchungen: Die Teilnehmer mit durchlaufener Sars-Cov-2-Infektion erkennen die Gerüche Menthol, Kirsche, Erdbeere, Ananas und Zitrone deutlich schlechter als andere Gerüche (Abbildung S, 47, oben). Bei den hier getesteten und wieder genesenen Probanden mit durchlaufener oder asymptomatischer Sars-Cov-2-Infektion war die Fähigkeit eingeschränkt, (monocyclische) Monoterpenalkohole wie Menthol, Aldehyde wie Citronellal im Zitronenaroma; Benzaldehyd, Hexanal, (E)-2-Hexenal, Phenylacetaldehyd, (E,Z)-Nona-2,6-dien-1-al in Kirscharoma sowie die Aldehyde und Alkohole aus Erdbeeraroma wie Hexenal, 2-Hexen-1-ol und Linalool wahrzunehmen.<figure><img src="https://media.graphcms.com/F6rgxE29TZS6FVcVTkaN"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Vergleich des Geruchsvermögens der von Sars-Cov-2 genesenen Probanden sowie von saisonal Erkälteten und Gesunden. Die gesundeten Sars-Cov-2-Studienteilnehmer können Menthol, Kirsche, Erdbeere und Zitrone nur eingeschränkt riechen.</figcaption></figure>
Diese Stoffklassen liefern Hinweise darauf, welche Geruchsrezeptoren bei einer Sars-Cov-2-Infektion betroffen sind. Die Ergebnisse sind daher ein Ansatzpunkt für die Entwicklung geruchsbasierender Tests, mit denen sich auch asymptomatische Sars-Cov-2-Infizierte ermitteln lassen.<h2>Die Autoren</h2>Diesen Beitrag verfassten Christoph Kleber, Achim Walter Hassel und Heike Rebholz. Kleber hat seit 2020 den Lehrstuhl für Medizinische Chemie an der Danube Private University (DPU) in Krems inne. Hassel ist seit 2009 Institutsvorstand am Institut für Chemische Technologie Anorganischer Materialien der Universität Linz. Rebholz leitet seit 2019 eine Arbeitsgruppe am Institut für Psychiatrie und Neurowissenschaften in Paris und ist assoziierte Professorin an der DPU.<a href="mailto:christoph.kleber@dp-uni.ac.at">christoph.kleber@dp-uni.ac.at</a><h2>AUF EINEN BLICK</h2>Sars-Cov-2-Viren schädigen die Nerven in der Nase.Infizierte nehmen einige Gerüchte nur noch schlecht oder gar nicht wahr, darunter Menthol und Citronellal sowie andere Aldehyde und Alkohole in Kirsch-, Erdbeer- und Zitronenaroma.Die Danube Private University in Krems entwickelt zusammen mit einem Industriepartner auf Basis dieser Ergebnisse einen Coronatest.
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1 H. Rebholz, R.J. Braun, D. Ladage, W. Knoll, C. Kleber, A. W. Hassel, Front. Neurol. 2020, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.3389/fneur.2020.569333</ext-link></li><li>
2 J.-F. Gautier, Y. Ravussin, Obesity 2020, 28, 5</li><li>
3 C. H. Yan, F. Faraji, D. P. Prajapati, C. E. Boone, A.S. DeConde, Int. Forum Allergy Rh. 2020, 10, 7</li><li>
4 C. Menni, A. M Valdes , M. B Freidin et al., Nat. Med. 2020, 26, 1037–1040</li><li>
5 S. T. Moein, S.M.R. Hashemian, B. Mansourafshar, A. Khorram-Tousi, P. Tabarsi, R. L. Doty, Int. Forum Allergy Rh. 2020, 10, 8</li><li>
6 A.M. Baig, CNS Neurosc. Ther. 2020, 26, 5</li><li>
7 A. Akerlund, M. Bende, C. Murphy, Acta Otolaryngol. 1995, 115, 88–92</li><li>
8 K. Bohmwald, N. M. S. Galvez, M. Rios, A. M. Kalergis, Front Cell Neurosci. 2018, 12, 386</li><li>
9 J. J. Lochhead, R. G. Thorne, Adv. Drug Deliv. Rev. 2012, 64, 614–628</li></ul>

Artikel

Das Virus und die Nase

Eine Eigenheit des derzeit grassierenden Coronavirus Sars-Cov-2 ist, dass Infizierte einige Gerüche nicht mehr wahrnehmen. Das lässt sich nutzen, um eine Infektion frühzeitig nachzuweisen. Sars-Cov-2 ist infektiöser als zwei seiner engen Verwandten, Sars-Cov und Mers-Cov. Zwar sind beide ebenfall...

Eine HPLC-Methode für mehrere Analyten zu entwickeln, kostet Zeit. Spezialisierte Softwarepakete können heute die Zahl der erforderlichen Experimente und den Aufwand für die Methodenentwicklung reduzieren. Die Methoden lassen sich robuster gestalten, und die Validität wird für Kontrollbehörden nachvollziehbar dokumentiert.
HPLC hat viele Stellschrauben: die Trennsäule mit der stationären Phase, den Anteil des organischen Lösungsmittels in der mobilen Phase, den Verlauf des Gradienten, den pH-Wert des Puffers, Eluentengemische, die aus zwei, drei oder vier Komponenten bestehen können. In der Praxis sieht es oft so aus: Nach der Methodenentwicklung sollte ein Chromatogramm zum Beispiel zehn Peaks zeigen, in der Routine sind es aber acht oder manchmal zwölf, und einige davon liegen zu eng beieinander. Welche Änderung welchen chromatographischen Parameters bringt schnell das Ergebnis mit zehn basisliniengetrennten Peaks?Man kann dazu aus mehreren unter unterschiedlichen Bedingungen entstandenen Chromatogrammen optimale Bedingungen errechnen. Bei der Trial-and-Error-Vorgehensweise ändert sich immer nur ein Parameter, zum Beispiel der pH-Wert des wässrigen Eluenten (One Factor At the Time, Ofat).Die Alternative ist ein systematischer Plan (Design of Experiments, DoE) mit einem Modellierungswerkzeug wie Drylab (von Molnár-Institut, Berlin). Bei dieser Vorgehensweise spielen die chemischen Strukturen der Analyten keine Rolle, sondern nur ihr Retentionsverhalten in den experimentellen HPLC-Läufen (Abbildung 1, S. 50).Eine andere Software (ChromSword von Dr. Galushko Software Entwicklung, Mühltal) geht von den chemischen Strukturen aus, modelliert die Wechselwirkungen mit der stationären und der mobilen Phase, schlägt zunächst ohne Laborexperiment Optimalbedingungen vor und errechnet das entsprechende Chromatogramm.<h2>Ausgangspunkt: reale Chromatogramme</h2>Im Jahre 1986 begannen die Analytiker mit dem Ofat-Verfahren zu verstehen, wie Peaks im Chromatogramm wandern. Dadurch lassen sich aus Präzisionsmessungen nach Änderung mehrerer Parameter genaue Vorhersagen berechnen. Das Peak-Tracking-Modul der Software Drylab ordnet dabei sicher zu, welcher Peak in Chromatogramm B Peak Nummer 5 in Chromatogramm A entspricht. Die Peakflächen in unterschiedlichen Experimenten bleiben bei konstanter Flussrate gleich und erlauben, bei gleichen Injektionsmengen einzelne Peaks in verschiedenen Läufen zuzuordnen.In etwa fünf von tausend Fällen kommt es vor, dass zwei Peaks gleich groß sind und den Platz tauschen. Dieses Verhalten ist in den weiteren Kontrollläufen zu erkennen. Denn es muss zum Beispiel eine mittlere Bedingung geben, unter der sich die Überlappung zweier gleich großer Peaks mit Verdoppelung der Peakfläche bemerkbar macht.Nach Angaben von Imre Molnár, dem Leiter des Molnár-Instituts, reicht es aus, zwölf Chromatogramme zu erstellen (Abbildung 2, S. 51). Aus ihnen errechnet die Software die chromatographischen Bedingungen für über eine Million Varianten der Chromatogramme, unter ihnen ist das Optimum.Sind dies aber auch die optimalen Bedingungen, wenn im Alltag der pH-Wert, die Fließmittelzusammensetzung, die Gradientenlaufzeit und die Pumpenleistung abweichen? Quality-by-Design (QbD) betrachtet diese Abweichungen, die schnell zu einer Out-of-specification-Meldung (OoS) führen. Für solche Fälle bietet die Software Drylab das Robustheits-Modul: Die genannten Parameter werden in ihren Fehlerbereichen geringfügig verändert und mit Drylab Chromatogramme berechnet (Abbildung 2). Beispiel: Wenn der pH-Wert, die Temperatur, die Flussrate, Gradientenanfang und -ende sowie die Gradientenlaufzeit geringfügig variieren, sind das bereits sechs Faktoren in drei Zuständen (–1, 0, +1); das ergibt 36 = 729 Chromatogramme. Diese Läufe berechnet Drylab in zirka zehn Sekunden zusammen mit den jeweiligen Chromatogrammen.<figure><img src="https://media.graphcms.com/yyGgjWnRSFZD4BWXJV8Q"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Zwölf HPLC-Läufe reichen für ein 3-D-Modell zum chromatographischen Verhalten der Analyten: Zuerst werden die Versuche bei der tiefen Temperatur (Nr. 1, 2 1 5, 6 1 9, 10) aufgenommen, dann wird die Säule aufgeheizt (10 1 11), und anschließend werden die Versuche 11, 12 1 7, 8 1 3, 4 durchgeführt. Das Empower-Automatisierungsmodul ordnet die Läufe zu und wählt die optimale Reihenfolge der Läufe. Grafik: Molnár-Institut</figcaption></figure>
Nun folgt eine Sortierung dieser Läufe nach der kritischen Auflösung. Das ist die geringste Auflösung zweier (benachbarter) Peaks. Sie wird unter modellierten chromatographischen Bedingungen weiter kalkuliert. Die Peaks stehen am Ende in relativ gleichmäßigen Abständen („Equal Band Spacing“).Das Ergebnis ist eine optimale Trennung der einzelnen Komponenten sowie eine robuste Trennung, die gegenüber kleinen Schwankungen in den chromatographischen Bedingungen stabil bleibt. In der Regel folgen sechs bis acht Worst-case-Kontrollläufe. Die Präzision der Retentionszeit-Vorhersagen beträgt laut Molnár üblicherweise über 99 Prozent.<h2>Ziel: Qualitätssicherung und Dokumentation</h2>Die Ergebnisse fasst Drylab automatisch im KMD (Knowledge Management Document) zusammen. Dieses macht die Methodenentwicklung nachvollziehbar und kann beispielsweise die Kommunikation mit Behörden erleichtern. Das Dokument enthält sämtliche Experimente, die Peakzuordnung und alle Berechnungen zur Robustheit.Die US-Arzneimittelbehörde FDA arbeitet an mehreren Standorten mit der Drylab-Software. Dies kann in so manchem Fall den Validierungsaufwand senken, etwa bei In-silico-Entwicklungen einer Methode, wenn die Arzneibuchmethode nicht durchführbar ist, zum Beispiel wenn die HPLC-Säule nicht mehr hergestellt wird. Ein weiteres Beispiel ist die Modifikation einer Vorschrift, etwa für eine von 160 auf 3 Minuten verringerte Elutionszeit.1) Darüber gibt es für die Software wissenschaftliche Dokumentation.2)An ihre Grenzen stößt die Software bei Vielstoffgemischen. Hier lassen sich vielleicht die Hauptkomponenten, nicht aber die vielen hundert Nebenpeaks an der Basislinie trennen. Das ideale Anwendungsspektrum ist vor allem die Qualitätsanalytik: 10 bis 40 Komponenten – optimiert auf Basislinientrennung und Robustheit.Den Übergang von der Optimierung zur Bildung eines Drylab-Modells erleichtern die Exportmöglichkeiten der Chromatogramme im AIA-Format. Dieses Format hat die Analytical Instrument Association, ein Verband von Geräteherstellern für die Laboranalytik zum Austausch von Chromatographiedaten festgelegt. Dabei werden die Chromatogramme als Dokumente (*.cdf: chromatographic data file) mit allen benötigten Daten zum Export zur Verfügung gestellt. So lässt sich Drylab mit allen Chromatographiedatensoftwarepaketen verbinden.<h2>Ausgangspunkt: chemische Strukturen der Analyte</h2>Die Software Chromsword nutzt künstliche Intelligenz und numerische Verfahren. Sie lässt sich als voll roboterisiertes System einsetzen (Chromswordauto): Die Software schlägt neue chromatographische Bedingungen vor, der entsprechende Datensatz wird an die HPLC-Hardware geschickt, und die Ergebnisse neuer Läufe erhält wiederum die Software als Input für die Optimierung.Chromsword kommt dem Denken von Chemikern und Pharmaentwicklern entgegen, da diese Software chemische Strukturen einbeziehen kann. So werden auf dieser Grundlage in Kombination mit bekannten Säulenparametern aus einer Datenbank chromatographische Startbedingungen berechnet – ohne einen HPLC-Lauf oder Erfahrungswissen des Anwenders.Diesem Vorgehen liegt die Überlegung zugrunde, dass sich aus chemischen Strukturen das molekulare Volumen und die Wechselwirkungsenergie mit Wasser ableiten lassen. Mit diesen beiden Größen wiederum ist das chromatographische Verhalten der betreffenden Substanz modellierbar.Die optimale Konzentration des organischen Modifiers, die das Programm vorhersagt, weicht in den meisten Fällen vom realen Optimum um maximal 5 bis 6 Prozent nach oben oder unten ab.3)Allerdings gibt es Fälle, in denen die chemischen Strukturen einiger Analyte nicht vorliegen, etwa bei unbekannten Verunreinigungen. Dann liefern experimentelle Daten aus zwei chromatographischen Läufen die Grundlage für die Modellierung. Im Anschluss erfolgt eine numerische Methodenoptimierung über Polynome bis zu sechsten Grades, dabei nutzt die Software weitere reale HPLC-Läufe.<h2>Trennungen mit vielen Komponenten</h2>Die Software kann zwar auch rein numerisch optimieren, doch schöpft sie ihre Möglichkeiten erst dann aus, wenn sie die Wechselwirkung zwischen Analyten, stationärer und mobiler Phase zu Beginn mitmodelliert. Für ein Optimierungsverfahren können bis zu 100 Substanzen mit ihren Strukturformeln eingegeben und Retentionsdaten von bis zu 20 chromatographischen Läufen verarbeitet werden.4)Damit ist diese Software bei Trennproblemen mit vielen Komponenten nutzbar. Dabei kann sie neben dem Anteil der organischen Komponente in der mobilen Phase die Art des organischen Lösungsmittels, den pH-Wert, die Temperatur und den Reversed-Phase(RP)-Säulen-Typ einbeziehen. Über die Optimierung isokratischer Bedingungen hinaus sind auch lineare und Stufengradientenprofile möglich (Abbildung 3).<figure><img src="https://media.graphcms.com/A85WDeyzQsKjLAABqnz5"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Mit chemischen Strukturen der Analyten modelliertes Chromatogramm: Naturstoff mit 91 getrennten Substanzen mit einem Gradienten (grüne Linie: Anteil des Lösungsmittels B in der mobilen Phase steigt während des HPLC-Laufs). Chromatogramm: Dr. Galushko Software Entwicklung</figcaption></figure>
<h2>Scouting-Software: zuerst Japan und die USA</h2>Neben Software für Methodenentwicklung gibt es weitere Tools. So screenen Scouting-Programme stationäre und mobile Phasen für eine bestimmte chemisch-analytische Aufgabe (Abbildung 4). Sie können zusammen mit entsprechenden Scouting-HPLC-Systemen aus Chromatographieexperimenten einen Datenreport erstellen und HPLC-Läufe mit einer ausreichenden Auflösung oder einer maximalen Zahl von Peaks heraussuchen. So ermöglichen sie eine automatisierte und effizientere Methodenoptimierung.<figure><img src="https://media.graphcms.com/wVq7bB3SaIZcVIpWzo8g"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Konfiguration eines Method-Scouting-Systems (v.l.n.r): Die mobile Phase wird gemischt und über ein Sechsfachschaltventil auf eine der sechs unterschiedlichen Säulen geleitet. Die Software ermittelt, welche Säule und welcher Gradient sich nach vorgegebenen Kriterien wie „Peak-Auflösung“ und „maximale Peak- Anzahl“ am besten eignen. Grafik: Shimadzu</figcaption></figure>
Darüber hinaus ist ein Up- oder Downscaling von HPLC-Methoden möglich, zum Beispiel mit Method Scouting Solution und Method Transfer (Shimadzu, Duisburg). Diese Lösungen nutzen für eine beschleunigte Methodenentwicklung jedoch nicht die Simulation von Chromatogrammen. Dafür lässt sich Scouting-Software an Methodenentwicklungsprogramme anbinden, im vorliegenden Fall zum Beispiel via AIA/CDF-Datentransfer an Drylab oder an die ACD/Method Selection Suite (Advanced Chemistry Development, Toronto).Um den Überblick zu behalten, rät Chemsword-Entwickler Sergey Galushko dem Anwender, Programme nach interaktiven Offline-Varianten (Drylab) und automatisch arbeitenden Online-Varianten einzuteilen. Zu den Letztgenannten zählen die Scouting-Softwares (darunter Fusion QbD, S-Matrix von Eureka, USA, und Autochrom von Advanced Chemistry Development), DoE-Hilfen zur Experimentenplanung (zum Beispiel Fusion QbD und Autochrom) und schließlich Software zur intelligenten Automatisierung. Chromsword hat den Anspruch, alle Bereiche abzudecken.Insgesamt braucht Methodenentwicklungssoftware nach Einschätzung von Galushko noch Zeit, sich durchzusetzen. Seine Prognose: „In Japan bedarf es dafür noch zwei bis drei Jahre, in den USA drei bis fünf und in Europa sieben bis zehn Jahre.“Der promovierte Chemiker Christian Ehrensberger ist freier Mitarbeiter der Nachrichten aus der Chemie.<figure><img src="https://media.graphcms.com/MNrP5g8TxWuysS0VA90t"><figcaption><label>Abb. 4: </label>Virtuelle Methodenmodellierung: Benutzeroberfläche des Trockenlabors Drylab. Screenshot: Molnár-Institut</figcaption></figure>
<h2>AUF EINEN BLICK</h2>Methodenentwicklungsprogramme modellieren HPLC-Läufe mit Design-of-Experiments-Ansätzen und realen Chromatogrammen oder gehen von den chemischen Strukturen der Analyten aus.Zudem gibt es Scouting-Softwares, die stationäre und mobile Phasen für eine bestimmte chemisch-analytische Aufgabe screenen.Welcher Ansatz die besten Ergebnisse bringt, hängt vom Einsatzgebiet ab: Qualitätssicherung und Dokumentation oder Trennung komplexer Gemische.
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1 A. H. Schmidt, I. Molnár, J. Pharm. Biomed. Analysis 2013, 78–79, 65–74</li><li>
2 Literaturangaben unter <a href="https://molnar-institute.com/fileadmin/user_upload/Publication_List.pdf" target="_blank">molnar-institute.com/fileadmin/user_upload/Publication_List.pdf</a></li><li>
3 S. V. Galushko, A. A. Kamenchuk, G. L. Pit, Am. Lab., 1995, 27, N3, 421–432</li><li>
4 S. Galushko, V. Tanchuk, I. Shishkina, O. Pylypchenko, W. D. Beinert in: HPLC richtig optimiert: Ein Handbuch für Praktiker [Hrsg.: S. Kromidas] Wiley-VCH, Weinheim, 2006</li></ul>

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Das Virus und die Nase

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