Industrie + Technik

Prof.Dr.

Ende 2018 wurde die VCW-Studie „Berufe 4.0“ veröffentlicht.1) Eine wichtige Aussage: „Vorgesetzte in Unternehmen sind gefordert, ihren Humanressourcen sechs bis acht Prozent ihrer Arbeitszeit zur Weiterbildung einzuräumen“.Die Realität sieht leider oft anders aus: Unternehmen, die sich mit Fort- und Weiterbildung nicht auseinandersetzen; Vorgesetzte, die ein Problem damit zu haben scheinen, wenn ihre Mitarbeiter einen höheren akademischen Rang als sie selber haben und Unternehmen, die nicht offen sind für den frischen Wind, den Fort- und Weiterbildung in die Firma trägt.Da ist es nicht verwunderlich, dass laut Gallup Engagement Index2) 75 Prozent der Beschäftigten in Deutschland nur eine geringe emotionale Bindung an den Arbeitgeber aufweisen. Das kommt Unternehmen teuer zu stehen. Denn Arbeitsgruppen mit hoher emotionaler Bindung haben weniger Arbeitsunfälle, niedrigere Fluktuation, höhere Produktivität und Rendite als Arbeitsgruppen mit geringer emotionaler Bindung. Mitarbeiterbindung ist ein zentraler Hebel für Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit. Mangel an emotionaler Bindung führen die Berater von Gallup vor allem auf Defizite in der Personalführung zurück.Besser scheint es da Sandoz Deutschland zu machen. Das Unternehmen wurde im Jahr 2018 zum zweiten Mal in Folge vom Top Employers Institute3) für herausragende Mitarbeiterbedingungen zertifiziert. Und auch in zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen gibt es Initiativen, von denen mancher lernen könnte. Und wie sagte schon John F. Kennedy: „Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung“.Noch ein Wort an die Hochschulen: Keiner von euch nimmt irgendjemandem in der Industrie „die guten Leute weg“. Denn den individuellen Hunger nach Weiterbildung stoppt niemand. Wir können diesem Hunger nur mit Angeboten begegnen. Und wir sollten froh sein, dass es diesen Bildungshunger in Deutschland (noch) gibt.Und Sie? Wie erleben Sie persönlich Weiterbildung und Personalentwicklung in Ihrem Unternehmen? Wie häufig erhalten Sie im persönlichen Gespräch Feedback zu Ihrer Leistung? Und wie offen ist Ihr Arbeitgeber für neue Wege in Fort- und Weiterbildung abseits eingetretener Pfade?<ul><li>
1 W. Keller, Nachr. Chem. 2018, 66, 1204</li><li>
2 <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.gallup.de/183104/engagement-index-deutschland.aspx" target="_blank">www.gallup.de/183104/engagement-index-deutschland.aspx</a></ext-link></li><li>
3 <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.top-employers.com/de/" target="_blank">https://www.top-employers.com/de/</a></ext-link></li></ul>
Thorsten Daubenfeld ist Professor für physikalische Chemie und Dekan des Fachbereichs Chemie &amp; Biologie an der Hochschule Fresenius. Er engagiert sich im Kernteam der GDCh-Vereinigung für Chemie und Wirtschaft (VCW). In dieser Kolumne nimmt er uns mit auf die Reise in die Welt der Wirtschaftschemie.

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Der Wirtschaftschemiker: Bildet Euch weiter

Ende 2018 wurde die VCW-Studie „Berufe 4.0“ veröffentlicht.1) Eine wichtige Aussage: „Vorgesetzte in Unternehmen sind gefordert, ihren Humanressourcen sechs bis acht Prozent ihrer Arbeitszeit zur Weiterbildung einzuräumen“.Die Realität sieht leider oft anders aus: Unternehmen, die sich mit Fort-...

Familiengeführte Unternehmen und die Werte, die bei den meisten dahinter stehen, werden als immer wichtiger wahrgenommen. Warum die chemische Industrie nicht wegsehen sollte.
Fällt der Begriff „Familienunternehmen“, gehen die Gedanken oft zuerst in Richtung Hotellerie, Landwirtschaft oder Handwerk. Dagegen wird die chemische Industrie vorrangig mit großen Konzernen in Verbindung gebracht. Familienunternehmen mit ihrem traditionellen Denken und dem Streben nach Beständigkeit sind schwer vorstellbar in einer Industrie, die von Innovationen, schneller Entwicklung, hohen Investitionen und teurer Forschung geprägt ist. Doch Familienunternehmen haben in der chemischen Industrie einen hohen, wachsenden Stellenwert.<h2>Eigentümergeführt</h2>In der Gesamtwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland ist die Bedeutung solcher Unternehmen schon länger bekannt. Sie zeichnen sich durch ein generationenübergreifendes Denken aus. Höchstes Ziel ist es, ein erfolgreiches Unternehmen an die nächste Generation weiterzugeben. Familiengeführte Unternehmen gelten als verantwortungsvoll, langfristig ausgerichtet und als attraktiver Arbeitgeber.91 Prozent aller deutschen mittelständischen Unternehmen sind nach einer Studie der Stiftung Familienunternehmen familienkontrolliert. Etwa 86 Prozent sind eigentümergeführt.Rund 53 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland arbeiten in Familienunternehmen, und sie tragen zu 44 Prozent des deutschen Gesamtumsatzes bei.1)<h2>Definition</h2>Trotz der volkswirtschaftlichen Bedeutung von Familienunternehmen gibt es bislang keine einheitliche Definition. Die Stiftung Familienunternehmen hat daher Kriterien festgelegt, die ein Unternehmen erfüllen muss, um im Rahmen der Studien als Familienunternehmen zu gelten.Gezählt werden Unternehmen, die mehrheitlich im Besitz einer überschaubaren Zahl natürlicher Einzelpersonen sind. Bei Einzelunternehmen muss der Inhaber das Unternehmen kontrollieren. Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Personengesellschaften dürfen maximal sechs Gesellschafter haben. In Kapitalgesellschaften müssen maximal drei natürliche Personen mindestens 50 Prozent am stimmberechtigten Kapital der Gesellschaft halten, um zu den familiengeführten Unternehmen zu gehören.Eigentümergeführte Familienunternehmen sind eine Untergruppe der familiengeführten Unternehmen und zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich mehrheitlich im Besitz einer überschaubaren Zahl an natürlichen Einzelpersonen befinden und mindestens einer der Eigentümer das Unternehmen leitet.1)<h2>Mehrheit der Unternehmen</h2>Bislang war unklar, wie viele Unternehmen in der chemischen Industrie diese Kriterien erfüllen. Die ersten Ergebnisse unserer Untersuchung im Rahmen einer Masterarbeit an der Hochschule Fresenius in Kooperation mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim zeigen: Auch in der Chemie stellen Familienunternehmen die Mehrheit der Unternehmen. Das ZEW hatte die Daten im Rahmen des Mannheimer Unternehmenspanels erhoben.Von 4500 aktiven chemischen Unternehmen zählen 68 Prozent zu den familiengeführten und 63 Prozent zu den eigentümergeführten. Eine Aussage über Beschäftigungs- sowie Umsatzzahlen ist beim jetzigen Stand der Untersuchungen noch nicht möglich. Bislang ist nur bekannt, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) familien- und eigentümergeführt sind. Der Anteil der Unternehmen mit einem bis neun Mitarbeitern beträgt etwa 87 Prozent, während nur 0,2 Prozent der Unternehmen mehr als 500 Beschäftigte haben.Seit dem Jahr 2002 steigt die Zahl der Familienunternehmen in der chemischen Industrie – anders als in der Gesamtindustrie (Abbildung).<figure><img src="https://media.graphcms.com/Q3DqgeTmQua5OLuVnvOU"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Die Zahl der Familienunternehmen in der deutschen chemischen Industrie (orange, rechte Achse) im Vergleich zu der in der gesamten deutschen Industrie (blau, linke Achse) in den Jahren 2002 bis 2016.</figcaption></figure>
<h2>Trend</h2>Familienunternehmen stehen vor Herausforderungen. Diese beginnen heute bei der Nachfolge und dem Generationenwechsel, der familienintern nicht selten zum Problem wird. Zudem wird er aufgrund einer zunehmenden Zahl von Firmeneigentümern im Alter von über 60 Jahren immer mehr Unternehmen betreffen.2) Auch einen Nachfolger zu finden, gestaltet sich oft schwierig, vor allem wenn die Nachfolge extern erfolgen soll. Die Zahl der Alteigentümer, die keinen passenden Nachfolger finden, steigt nach einer Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertags.3) Zudem sind Familienunternehmen zusätzlich durch Schenkungs- oder Erbschaftssteuer finanziell belastet.4)Es ist geplant, das Thema im Rahmen einer Promotion weiter zu untersuchen. Dies ist unabdingbar, um die Situation der Familienunternehmen in der chemischen Industrie und deren Bedeutung für diesen Wirtschaftszweig beurteilen zu können.<h2>Die Autoren</h2>Laura De Sanctis plant ihre Promotion zum Thema der familieninternen Nachfolge in Unternehmen mit dem Fokus auf der chemischen Industrie. Damit befasste sich bereits ihre Masterarbeit an der Hochschule Fresenius, Idstein, im Fachbereich Wirtschaftschemie.Stephan Haubold ist Studiendekan Wirtschaftschemie und Mintrepreneurship an der Hochschule Fresenius.Sandra Gottschalk leitet das Forschungsdatenzentrum des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW-FDZ).
<ul><h2>Literatur</h2><li>
1 Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen, Stiftung Familienunternehmen, 2017, München</li><li>
2 M. Monstadt, Nachfolge – Stabwechsel im Chefsessel, <a href="https://www.ksk-koeln.de/nachfolge-stabwechsel-im-chefsessel.pdfx" target="_blank">www.ksk-koeln.de/nachfolge-stabwechsel-im-chefsessel.pdfx</a>, Zitat vom 10. 11. 2018</li><li>
3 DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2017, Unternehmensnachfolge – die Herausforderung wächst, Deutscher Industrie- und Handelskammertag, 2017, Berlin</li><li>
4 Fintax policy advice, Die steuerliche Belastung von Familienunternehmen beim Generationswechsel, Stiftung Familienunternehmen, 2014, München</li></ul>

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