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<p>Probengeber, Spektrometer, Chromatographen, Thermostate und Datenbanken sollen untereinander so kommunizieren wie Menschen und dabei so präzise und effektiv arbeiten wie Roboter. Damit dies gelingt, müssen sich Anwender und Hersteller dafür öffnen, Daten und Know-how in eine gemeinsame digitale Infrastruktur einzubringen.</p>
<p>Der Konzern BASF hat in ihren Analyselaboren bereits Verfahrensschritte und ganze Verfahren automatisiert. Aber auch in einem großen Unternehmen stößt die Digitalisierung an Grenzen, und zwar dort, wo unterschiedliche Systeme miteinander kommunizieren müssen oder die Aufgaben komplex sind.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/FqKg07gT0iGukoZlIS8Q"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Eine Laborantin bestückt in einem BASF-Testlabor einen Hochdurchsatzroboter. Foto: BASF</figcaption></figure>
<h2>Beispiel NMR-Spektroskopie und Elementanalytik</h2><p>Für NMR-Messungen greift schon heute ein Roboter selbstständig Probe um Probe, pipettiert ein bestimmtes Volumen in deuteriertes Lösungsmittel und startet die Messung. Das NMR-Spektrum gelangt über das hauseigene Laborinformations-Management-System (Lims) als PDF-Datei per E-Mail an den internen oder externen Kunden. Input bekommt das System über einen Barcode auf der Probe.</p><p>Bei der Auswertung endet die Automatisierung. Hier könnten die chemischen Verschiebungen noch automatisch mit NMR-Datenbanken abgeglichen und Strukturinformationen abgeleitet werden</p><p>In der Analytik von Schwermetallen in organischen Proben ist die Situation ähnlich wie in der NMR: Die Probe wird automatisch homogenisiert; Roboter schließen sie auf, um organische Komponenten zu entfernen. Die Schwermetalle transferiert das System automatisch zum ICP-OES. Die Ergebnisse werden in das Lims eingespeist – über Nacht bis zu 400 Proben bei Bestimmung von 30 Elementen in jeder Probe.</p><h2>Automatisierung endet bei der Methodenentwicklung</h2><p>In der Chromatographie analysieren Roboter die Proben nach vorgegebenen Methoden. Das schließt die Probenvorbereitung ein, zum Beispiel Derivatisierungsschritte.</p><p>An Grenzen stößt die Automatisierung dort, wo es um die Methodenentwicklung geht: Die Peaks zweier Substanzen sind nicht vollständig getrennt. Was tun: Zusammensetzung des Eluenten ändern? Andere Derivatisierung? Den Detektor wechseln? An dieser Stelle ist immer noch menschlichens Denken gefragt, auch wenn Experten hier an automatisierten Workflows arbeiten.</p><p>Solche komplexen Aufgaben kann kein Unternehmen in absehbarer Zeit allein lösen – auch keines der großen. Stattdessen ist Kooperation gefragt. Chemieriesen wie spezialisierte Anbieter von Labor- und Analysentechnik müssen hier zusammenarbeiten.</p><p>Automatisierung des chemischen Labors bleibt eine der schwersten Aufgaben. Ein Hauptgrund ist das heterogene Equipment: Autosampler, HPLC-Säulen, Detektoren und Greifroboter und andere sind im Einzelnen zwar ausgereift, doch zwischen ihnen herrscht Sprachverwirrung.</p><h2>Kommunizieren können</h2><p>Für Automatisierung und Digitalisierung müssen Laborsysteme lernen, miteinander zu kommunizieren, sich voneinander abzugrenzen, zu sagen, in welchen Zustand sie sich befinden (Maschinendiagnose). Sie müssen weitergeben, in welchem Format sie Daten liefern und aufnehmen. Zurzeit stehen dafür keine ausreichend standardisierten Sprachen, Schnittstellen und Inhalte zur Verfügung. Sie sind auch nicht in Sicht – obwohl man schon seit Jahrzehnten gemeinsam daran arbeitet.</p><p>Ein grundlegender Zielkonflikt wirkt hier hinderlich: Laborgerätehersteller möchten ihre Produkte verkaufen. Sie haben ein Interesse daran, selbst den Standard zu setzen, den Anwender mit einem geschlossenen System an sich zu binden und das eigene Know-how keinesfalls Anwendern oder gar Wettbewerbern preiszugeben. Teilen? Lieber nicht.</p><p>Das führt allerdings dazu, dass die Systeme geschlossen sind. Sie können zum Beispiel pipettieren, Flüssigkeit erwärmen oder kühlen, aber kein Massenspektrometer steuern. Daher ist in der heutigen, nichtstandardisierten Welt extrem viel Anpassungsprogrammierung zu leisten, um alle Geräte miteinander kommunikationsfähig zu machen. Das beginnt schon bei Temperatureinheiten (Grad Celsius oder Fahrenheit).</p><p>Dem stehen Ideen gegenüber, wie etwa diese: Proben kommen in einer anderen Reihenfolge an. Der Autosampler registriert dies, steuert entsprechende HPLC-Methoden um und gibt Detektor sowie Auswerteprogrammen die nötigen Anweisungen.</p><h2>Schnittstellenmanagement</h2><p>Mit entsprechendem Aufwand lassen sich technisch heute alle Laborgeräte in Netzwerke einbinden – selbst die analogen. Als Werkzeuge stehen Analog-Digital-Wandler zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es zumindest für Touchscreen-Geräte die vom Verein Deutscher Ingenieure, VDI, favorisierte OPC-Schnittstelle oder die weit verbreitete serielle Schnittstelle RS232, gegebenenfalls aufgerüstet mit einem Moxa-Adapter. Eventuell ist noch ein Treiber zu programmieren, und dann funktioniert die Kommunikation.</p><p>Besonders gut gelingt das Auslesen von Daten aus Laborgeräten, weniger zufriedenstellend die Umwandlung zu lesbarer Information (zum Beispiel von Graphiken) für die Laborbücher. Kompliziert machen diesen Schritt im Pharmabereich die Forderungen der Zulassungsbehörden FDA (U.S. Food and Drug Administration) und EMA (European Medicines Agency) nach unveränderbaren Daten, auch bei Transformationsschritten.</p><p>Die Kommunikation in die andere Richtung, also Steuerungsbefehle direkt aus elektronischen Laborbüchern an Laborsysteme, funktioniert heute noch nicht.</p><h2>So einfach wie möglich</h2><p>Ein Lösungsweg – der vielleicht zum Trend wird – setzt auf möglichst simple Geräte. Statt eines integrierten Computers schrumpft das Messsystem bis fast zu einem Sensor, während die Software-Funktionalitäten in eine Cloud verlagert werden. „Sie müssen dort in einer separaten Ebene angeordnet sein, getrennt von der Datenebene“, betont Burkhard Feigel, Geschäftsführer Deutschland von Infors HT, Stuttgart, das Steuerungs- und Vernetzungssysteme für Labore anbietet. Die separaten Ebenen würden verhindern, dass Daten versehentlich hochgeladen und dann von Industriespionen kopiert werden könnten.</p><p>Wenn die Kommunikationsfähigkeit entscheidend ist: Werden die großen Anwender denn proprietäre Laborlösungen einfach nicht mehr kaufen, selbst wenn sie umfangreich sind und sich für viele Anwendungen eignen? „Über kurz oder lang wird es so kommen“, prophezeit Joachim Richert, Vorsitzender der Fachgruppe Analytische Chemie der GDCh. „Als Anwender möchte ich mir mein Gerät frei aussuchen und seine Interoperabilität und komfortable Netzanbindung einfach voraussetzen können.“ Also: Plug &amp; play, wie von der Unterhaltungselektronik gewohnt.</p><p>Vorbildfunktion hat die Prozesstechnik für Großanlagen, denn hier setzen die Namur (Normenarbeitsgemeinschaft für Mess- und Regeltechnik in der Chemischen Industrie) und die daraus hervorgegangenen DIN-Normung (DIN EN 60947–5–6) allgemein akzeptierte Standards. Günstig dabei ist, dass der Nutzerverband Namur auf Herstellerseite mit dem Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie ZVEI einen Gesprächspartner hat.</p><p>Sollte sich der Markt für Labor- und Analysentechnik in diese Richtung entwickeln, ist ein Verdrängungswettbewerb unter den Herstellern absehbar: Die Nase vorn werden robuste und komfortable Geräte haben, die sich in jede vorgegebene digitale Infrastruktur einfügen. Wer schnell ist und offene Systeme anbietet, läuft womöglich dem Hersteller ausgefeilter geschlossener Systeme den Rang ab, selbst wenn diese in der Praxis Vorteile bieten.</p><p>Neue Geschäftsmodelle eröffnen sich dann durch das Cloud-Computing: Wenn etwa der Anbieter von Labor- und Analysentechnik auch die Instandhaltung der Geräte organisiert oder ein externer Dienstleister die Laborchemikalien verwaltet.</p><p>Christian Ehrensberger ist freier Mitarbeiter der Nachrichten aus der Chemie.</p><h2>AUF EINEN BLICK</h2><p>Unterschiedliche Laborgeräte oder Geräte unterschiedlicher Hersteller verstehen sich in der Regel nicht.</p><p>Eine über Insellösungen hinausgehende Laborautomatisierung erfordert eine übergreifende digitale Infrastruktur.</p><p>Ein Lösungsweg könnten möglichst einfache Geräte ohne internen Computer sein, angeschlossen an eine externe Steuerung.</p>

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Eine neue Aufgabe für Laborgeräte

Probengeber, Spektrometer, Chromatographen, Thermostate und Datenbanken sollen untereinander so kommunizieren wie Menschen und dabei so präzise und effektiv arbeiten wie Roboter. Damit dies gelingt, müssen sich Anwender und Hersteller dafür öffnen, Daten und Know-how in eine gemeinsame digitale I...

<p>Bei der Identifikation zinnorganischer Verbindungen erhöhen Multiple-Reaction-Monitoring-Massenspektren sowie der Abgleich mit entsprechenden Bibliotheken die Nachweissicherheit.</p>
<p>Zinnorganische Verbindungen (Zinnorganyle) finden sich in zahlreichen Anwendungen, etwa als Anti-Fouling-Mittel in den Farbanstrichen für Boote oder als stabilisierendes Additiv in PVC. In der Umwelt sind sie inzwischen überall nachweisbar. Die Substanzen dieser Stoffklasse sind giftig, ihre Toxizität hängt von Art und Anzahl der Substituenten ab.</p><h2>Ähnliche Massenübergänge</h2><p>Organozinnverbindungen werden in der Regel mit Gaschromatographie-Massenspektrometern (GC-MS) nachgewiesen. Hier haben sich aufgrund ihrer Sensitivität und Selektivität Triple-Quadrupol-Massenspektrometer (TQ) durchgesetzt. Dennoch besteht die Gefahr, bei der Bestimmung von Zinnorganylen falsch positive oder falsch negative Ergebnisse zu erhalten, da die Substanzen untereinander sehr ähnliche Massenübergänge aufweisen. Das macht es schwierig, die Einzelverbindungen über das Massensignal zu unterscheiden. Ein vielversprechender Ansatz ist daher, mehrere Multiple-reaction-monitoring-Übergänge (MRM) pro Komponente aufzuzeichnen.</p><p>Aktuelle GCMS-Geräte nehmen problemlos bis zu zehn Massenübergänge pro Komponente auf. Diese zehn Signale werden beim MRM-Spektrum-Modus genutzt, um diese mit zuvor aufgezeichneten Standardspektren abzugleichen. Diese Vorgehensweise ist vergleichbar mit der Spektrensuche über eine Elektronenstoßionisation (EI) bei einem GC-MS-Single-Quadrupol (SQ), mit dem Unterschied, dass die MRM-Signale erst nach Kollision der Fragmente mit einem Stoßgas erhalten werden. Solche MRM-Bibliotheken sind aktuell nicht kommerziell erhältlich, der Anwender muss sie über das Messen von Standardsubstanzen selbst erstellen.</p><h2>MRM-Optimierung</h2><p>Als Beispiele für die Analytik von Organozinnverbindungen dienen Tetra-n-propylzinn und Tetrapentylzinn. Sie wurden mit je neun MRM-Übergängen auf einem Shimadzu-GCMS-TQ8050 NX vollautomatisch optimiert. Dieses Gerät kann bei einer Injektion die Kollisionsenergie mehrerer Komponenten gleichzeitig optimieren. Das Gerät war mit dem Flüssigprobengeber AOC20i und PTV-Injektor Optic 4 ausgestattet. Als Trennsäule diente eine SH-Rxi-5MS-Kapillarsäule. Alle weiteren Methodendetails wie Temperaturprogramm, verwendeter Liner, Smart-DB, MRM-Bibliothek (beispielhaft) oder Injektionsmodus sind über den Autor erhältlich.</p><p>Um zu klären, wie die Aufnahme einer höheren Zahl von MRM-Übergängen die Signalstärke beeinflusst, wurden die untersuchten Komponenten mit drei, sechs und neun MRM-Übergängen vermessen (Abbildungen 1 und 2 am Beispiel Tetrapentylzinn). Bei diesen Messungen wurden gleich hohe Signale und identische Peakflächen registriert. Die Empfindlichkeit der Messung hängt also nicht von der Zahl der MRM-Übergänge ab, ebenso war die Korrelation der Kalibrationen mit 0,999 identisch.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/KZWKsiDqQF41bkFKWILA"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Drei Multiple-Reaction-Monitoring(MRM)-Übergänge von Tetrapentylzinn (m/z-Werte oben links).</figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphcms.com/ISrd8PcQVO75v7l1Kr02"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Neun MRM-Übergänge von Tetrapentylzinn (m/z-Werte oben links).</figcaption></figure>
<h2>Das MRM-Spektrum</h2><p>Durch die Messung von mehreren MRM-Übergängen erhält man ein MRM-Spektrum, das – ähnlich wie ein Full-scan-Spektrum – zur Datenbanksuche dienen kann. Voraussetzung hierfür ist eine MRM-Bibliothek. Ist sie vorhanden, so gleicht die Software die Spektren vollautomatisch ab und liefert als Ergebnis die spektrale Übereinstimmung zum Standard. Das erhöht die Sicherheit bei der Zuordnung der Komponenten.</p><p>Tetrapentylzinn wurde mit sechs MRM-Übergängen von 0,2 ng·mL<sup>–1</sup> kalibriert. Auch bei dieser kleinsten Konzentration werden noch alle sechs Übergänge sicher erfasst (Abbildung 3). Die MRM-Verhältnisse befinden sich alle in einem Bereich von §30 % Abweichung zur Standardoptimierung. Das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis liegt bei dieser Konzentration noch über 8000.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/cS5pB37vSoKgZI6dE6VI"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Signale von Tetrapentylzinn mit einer Konzentration von 0,2 ng·mL<sup>–1</sup> mit sechs MRM-Übergängen (m/z-Werte oben links).</figcaption></figure>
<h2>Fazit</h2><p>Die Sicherheit der Analytik steigt, wenn mehrere MRM-Übergänge erfasst werden, pro Komponente sind bis zu zehn möglich. Die Empfindlichkeit der Messung sinkt nicht dadurch. Ebenso bleiben die Linearität und die Qualität der Korrelation unberührt.</p><p>Allerdings eignet sich nicht jede chemische Verbindung dazu, mehrere MRM-Übergänge zu registrieren, da sich die Signalintensitäten zum Teil stark unterscheiden. Zinnorganyle bieten aufgrund ihrer Struktur viele MRM-Übergänge und sind somit nachweisstark detektierbar. Die Methode sollte aber für jede Komponente dynamisch entwickelt werden, um die unterschiedlichen Nachweisstärken zu berücksichtigen.</p><p>Mit dem Abgleich über eine MRM-Bibliothek sinkt die Zahl falsch positiver und falsch negativer Resultate.</p><p>Stephan Schröder hat Biotechnologie an der TU-Berlin studiert und an der Universität Bonn promoviert. Seit 2007 ist er Produktspezialist für GC/GCMS bei Shimadzu Deutschland in Duisburg.</p>

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