Bildung + Gesellschaft

Clemens Magerkurth ist Vermittler zwischen Vorschriften und dem realen Leben: Er arbeitet in Kiel als Chemiker für Arbeitsschutz und Chemikaliensicherheit im Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr.Clemens <link href="#nadc20244140496-fig-0001">Magerkurth hat von 1989 bis 1993 an der Fachhochschule Münster Chemieingenieurwesen studiert. Gereizt hatte ihn daran, was er von Menschen in seiner Umgebung hörte: Die arbeiteten in der chemischen Industrie, „und das konnte ich mir gut vorstellen“, sagt er.<figure xml:id="nadc20244140496-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/LF5gMG0TXag6EFPPFr5C"><figcaption><label>Abb.1: </label>Clemens Magerkurth an seinem Schreibtisch: Innendienst macht 60 bis 70 Prozent seiner Arbeit aus.</figcaption></figure></figure>Im Studium hörte er dann, dass 70 Prozent der Leute, die hier anfangen, hinterher ganz woanders arbeiten als in der chemischen Industrie. Das hat sich auch für Magerkurth bewahrheitet. Er ist inzwischen im öffentlichen Dienst bei der Bundeswehr. Das aber erst seit 1998. In den fünf Jahren davor hat er an der Fachhochschule in Münster gearbeitet: materialwissenschaftliche Forschung zu keramischen Supraleitern. Er hat Cuprate synthetisiert, Röntgenanalytik durchgeführt und anderes. „Als ich 1993 fertig wurde, war gerade die Zeit, in der niemand einen einstellen wollte“, erinnert Magerkurth sich. „Und das war für mich gut: In der Zeit damals habe ich viel von dem gelernt, was ich heute in meinem Job brauche.“ Dazu gehört, Dinge aufzubereiten, sich Wissen anzueignen und dieses Wissen „verkaufen“ zu können.<h2 type="main">Öffentlicher Dienst statt Forschung</h2>Er wäre gerne in der Forschung geblieben. Aber nach etlichen Kettenverträgen war der Zeitpunkt erreicht, entweder eine feste Stelle zu bekommen oder sich wegzubewegen. Dauerstellen gab es nicht, und so beschloss Magerkurth, sich auf dem Arbeitsmarkt umzuschauen. Eine Stellenausschreibung der Bundeswehr klang wie für ihn gemacht. Die Bundeswehr suchte jemanden mit chemischen Kenntnissen. „Die Arbeitsschutzaufsicht ist sonst sehr maschinenbaugeprägt, aber auch zuständig für das Chemikaliengesetz und die Gefahrstoffverordnung. Und kurz zuvor hatte es einen Unfall mit Chemikalien gegeben.“ Für die damaligen Arbeitsschützer war es aufwendig herauszufinden, was genau passiert war. Ob er eine Idee hätte, was passiert sein könnte, wurde Magerkurth in seinem Vorstellungsgespräch gefragt. „Da habe ich gesagt: ‚Wenn das und das miteinander reagiert, dann entsteht Chlor, und das ist halt nicht gesund – ist doch logisch‘ “, erzählt Magerkurth. „Und da waren die ganz froh, dass sie jemanden mit chemischem Verständnis gefunden hatten.“Angst vor zweizeiligen Stoffnamen dürfe man bei seinem Job nicht haben, sagt Magerkurth. Beim Arbeitsschutz reiche es nicht mehr, über umfallende Kräne zu sprechen. Es gehe auch um Chemikalien wie allergisierende oder krebserzeugende Stoffe. Unfallverhütung und -vorbeugung nach dem Sozialgesetzbuch zur Unfallversicherung sind Ziel und Zweck seiner Arbeit.<h2 type="main">Überwachen, prüfen, beraten</h2>Magerkurths genaue Berufsbezeichnung lautet Referent für Gefahrstoffe und Strahlenschutz in der Öffentlich-rechtlichen Aufsicht der Bundeswehr für Arbeitssicherheit und Technischen Umweltschutz der Bundeswehr und bei den Gaststreitkräften, kurz ÖrABw. Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Aufsicht sind staatliche Überwachung nach Arbeitsschutzgesetz, Chemikaliengesetz, Strahlenschutzgesetz und weiteren öffentlich-rechtlichen Vorschriften; zudem Prävention des Unfallversicherungsträgers nach Sozialgesetzbuch 7 zur Gesetzlichen Unfallversicherung. Magerkurth ist zuständig für die Kollegen, die sich mit Chemikaliensicherheit und Strahlenschutz beschäftigen, er steuert und lenkt die Überwachung in seinem Zuständigkeitsbereich, also Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern.Seine Arbeit besteht aus Innen- und Außendienst. Zum Innendienst gehören: Vorschriften und deren Änderungen verfolgen, beratende Telefonate, Anzeigen etwa für Tätigkeiten mit Asbest bearbeiten, Ausnahmen genehmigen und Erlaubnisse erteilen. Etwa 30 bis 40 Prozent seiner Arbeit macht der Außendienst aus, also die Überwachung vor Ort. Das heißt, er fährt zu Dienststellen, wo er guckt und prüft, ob Vorschriften eingehalten werden. „Wenn nicht, wird man halt aufsichtsbehördlich tätig.“ Es gibt eine bestimmte Zahl an Dienststellen, die er zu überwachen hat; für diese gibt es einen Plan, was wann zu kontrollieren ist.Zusätzlich gibt es Schwerpunktprogramme. Ab 2020 lief für drei Jahre im Rahmen des Arbeitsprogramms „Krebserzeugende Gefahrstoffe“ der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) das Überwachungsprojekt „Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Stoffen in der Bundeswehr“. Dabei haben er und seine Kolleginnen und Kollegen sich besonders solche Arbeitsplätze angeschaut, an denen mit krebserregenden Substanzen gearbeitet wird. Für solche GDA-Arbeitsprogramme nehmen sich staatliche Aufsichten und Berufsgenossenschaften bestimmte Themen vor. Dann geht es darum, diese Vorschriften einzuhalten und den Schutz der Beschäftigten zu verbessern.Als Bundesbeamter arbeitet Magerkurth 41 Stunden die Woche. Wie bei jedem anderen Einstieg ins Berufsbeamtenverhältnis wurde auch er vorher auf Herz und Nieren geprüft: Gesundheit, polizeiliches Führungszeugnis, militärische Sicherheit – alles muss stimmen. Nach zwei Jahren Laufbahnausbildung steht eine Laufbahnprüfung an. Es gibt zudem die Möglichkeit, quer einzusteigen. Eine entsprechende Berufserfahrung lässt sich also anrechnen, sodass man direkt in die Laufbahn startet.<h2 type="main">Die Eigenheiten des Berufs</h2>Teilzeit ist möglich, ebenso Telearbeit, je nach Posten. Man sei sehr selbstständig und unabhängig, was die Planung des Außendiensts angeht. Für die Ausbildung zur Aufsichtsperson und die Aufsichtstätigkeit seien allerdings mehrtägige Dienstreisen nötig – Unterwegssein muss man also mögen.Als FH-Absolvent ist Magerkurth im gehobenen Dienst gestartet; als Uni-Absolvent steige man höher ein. Wegen des Fachkräftemangels gebe es gute Aufstiegschancen. Viele Chemiker landen im Strahlenschutz. So auch Magerkurth: „Ich hatte ja viel mit Röntgenanalyse zu tun und darum auch keinen Bammel, wenn da so ein dreißig Jahre altes Gerät steht. Wenn man das richtig betreibt, ist doch alles gut.“ Da freuen sich dann auch die Betreiber, wenn jemand zur Prüfung kommt, der nicht gleich vermutet, dass alles ganz schlimm sei.Magerkurth schätzt die Erfahrung seiner Kolleg:innen: Als Aufsichtsperson hat er bundesweit etwa 100 Kollegen, mit denen er gut vernetzt sei und auf deren Erfahrungsschatz er zurückgreifen kann. Unter ihnen sind Ingenieur:innen aus der Elektrotechnik, dem Maschinenbau und der Umwelttechnik, aber auch Naturwissenschaftler wie Chemiker oder Physikerinnen.Der Job sei sicher nicht jedermanns Sache: „Kontroletti sein muss man mögen“, sagt Magerkurth. „Man muss mit Überzeugung eintreten dafür, dass man etwas Gutes macht für die Menschen, die da arbeiten. Auch wenn einem Vorschriften manchmal sperrig vorkommen: Sie sind gut und sinnvoll. Die Schwierigkeit ist, sie in etwas Handhabbares umzuwandeln.“ Jobs wie seiner sollen Menschen helfen, die Vorschriften einzuhalten und trotzdem ihre Arbeit machen zu können. Dabei helfe Einfühlungsvermögen: „Immer Verständnis haben für das, was der Mensch arbeiten soll. Erstmal gucken, was der Mensch macht, und dann gemeinsam überlegen, wie er das so machen kann, dass weder er noch die Umwelt Schaden nehmen. Das ist dann das spannende Feld.“Arbeitsschutz sei teuer und koste Personal, hört Magerkurth oft. Ein Großteil seiner Arbeit mache daher nicht nur Überprüfung, sondern auch Beratung aus. Mit der überzeugt er die Menschen, ihre Arbeitsplätze sicherer zu gestalten.Etwa elf Jahre Arbeit hat Magerkurth noch vor sich. Das einzige andere, was er sich vorstellen könnte zu machen, sei Forschung, sagt er. „Aber an sich ist meine jetzige Arbeit so spannend und vielseitig, dass ich nichts anderes machen möchte. Sie können sich tief eingraben, auch fachlich. Sie können sich Ihre Themen häufig selbst suchen, wenn es nicht gerade Schwerpunkte gibt. Und das macht richtig Spaß.“Nachdem das Überwachungsprogramm zu krebserzeugenden Stoffen Stoffen abgeschlossen ist, hat Magerkurth jetzt einen neuen Schwerpunkt: sensibilisierende Diisocyanate in Lacken, Schäumen oder Klebern.Mit Clemens Magerkurth sprach Nachrichten-Redakteurin Eliza Leusmann.<h2 type="main">INFO: Bundeswehr und öffentliche Einrichtungen</h2>Die Bundeswehr besteht aus den Streitkräften (militärisch) und der Wehrverwaltung (zivil). Dies ergibt sich aus den Vorgaben des Grundgesetzes (Art. 87a: Streitkräfte für die Verteidigung und 87b: Bundeswehrverwaltung für Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte). Die Wehrverwaltung ist unter anderem dafür zuständig, Liegenschaften zu versorgen und zu betreiben. Sie beschafft also Material, schließt Verträge, sorgt für die notwendige Infrastruktur und viele weitere Serviceleistungen, mit denen sie die Streitkräfte unterstützt.Alle Dienststellen, ob zivil oder militärisch, sind als Teil der Exekutive an Recht und Gesetz gebunden. Sie müssen die Rechtsvorschriften etwa im Arbeits- und Strahlenschutz beachten, wenn dies nicht explizit ausgenommen ist oder Ausnahmemöglichkeiten bestehen. Deshalb besichtigt die Öffentlich-rechtliche Aufsicht der Bundeswehr für Arbeitssicherheit und Technischen Umweltschutz der Bundeswehr und bei den Gaststreitkräften (ÖrABw) zivile und militärische Dienststellen, also etwa ein Bundeswehrdienstleistungszentrum oder eine Wehrtechnische Dienststelle beziehungsweise eine Flugabwehrraketengruppe oder ein Panzerbataillon.

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Clemens Magerkurth ist Vermittler zwischen Vorschriften und dem realen Leben: Er arbeitet in Kiel als Chemiker für Arbeitsschutz und Chemikaliensicherheit im Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr.Clemens Magerkurth hat von 1989 bis 1993 an der Fachhochschul...

Bund und Länder sind sich einig – nun kann das größte Bildungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik zum Schuljahresbeginn 2024/25 starten.Mit dem Startchancen-Programm begegnen Bund und Länder der zurückgehenden Kompetenzentwicklung bei Schüler:innen. Das Programm startet wie geplant zum 1. August 2024 und läuft über zehn Jahre. Der Bund fördert es mit einer Milliarde Euro pro Jahr, die Länder beteiligen sich in gleichem Umfang.Unterstützt werden etwa 4000 Schulen und damit rund zehn Prozent aller Schüler:innen in Deutschland. 40 Prozent der Fördermittel sollen für eine bessere und damit lernförderlichere Infrastruktur und Ausstattung der Startchancen-Schulen eingesetzt werden. 30 Prozent gehen als Chancenbudgets in bedarfsgerechte Maßnahmen der Schul- und Unterrichtsentwicklung, etwa für zusätzliche gezielte Lernförderung in den Kernfächern Deutsch und Mathematik. Weitere 30 Prozent sollen multiprofessionelle Teams stärken.Die Höhe der Fördermittel, die vom Bund an ein Land gehen, hängt von den sozialen Rahmenbedingungen ab: Konkret wird hier der Anteil der Kinder und Jugendlichen aus armutsgefährdeten Familien und mit Migrationsgeschichte berücksichtigt; in kleinerem Maß zählt das Brutto-Inlandsprodukt der Länder. Zudem verteilen die Länder die Fördermittel innerhalb des jeweiligen Landes gezielt auf Schulen in besonders herausfordernden Lagen. Welche Schulen das sind, legt jedes Land aufgrund wissenschaftsgeleiteter Kriterien fest.Weil insbesondere in den ersten Schuljahren die Weichen für den Bildungserfolg gestellt werden, werden etwa 60 Prozent der geförderten Schüler:innen Grundschüler sein. Aber auch weiterführende Schulen und berufliche Schulen werden vom Startchancen-Programm profitieren. EL<ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20244142427-bibl-0001"><li xml:id="nadc20244142427-bib-0001">1 <a href="https://kmk.org" target="_blank">kmk.org</a>, Kurzlink: <url href="https://t1p.de/38gjy"><a href="https://t1p.de/38gjy" target="_blank">t1p.de/38gjy</a></url></li></ul>

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